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Veröffentlicht am 05.07.2017

Warum Feminismus auch heute noch wichtig ist!

Wenn Männer mir die Welt erklären
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Der Einstieg ist eigentlich mehr oder weniger amüsant. Ein Kerl, der große Töne spuckt. Er meint, der Autorin von einem großartigen neuen Buch erzählen zu müssen, weil sie über das Thema geschrieben hat. ...

Der Einstieg ist eigentlich mehr oder weniger amüsant. Ein Kerl, der große Töne spuckt. Er meint, der Autorin von einem großartigen neuen Buch erzählen zu müssen, weil sie über das Thema geschrieben hat. Das Buch, das er meint, stammt von ihr, aber er merkt es nicht. Ein Idiot vor dem Herrn, der sich profilieren wollte, der Frau vor seinen Augen nicht zugetraut hat, etwas Großes und Wichtiges geschafft zu haben, und dabei gepflegt auf die Nase gefallen ist. Ja, das kennen viele Frauen. Der Einstieg ist auf den zweiten Blick nicht mehr amüsant, wenn ich daran denke, wie oft Frauen klein geredet werden, ihnen die Chance gar nicht gewährt wird, aus eben den Gründen, die auch jener Mann hatte. Bewusst oder unbewusst, Frauen werden längst noch nicht gleichbehandelt. Und doch ist dieses Beispiel ein harmloses im Vergleich zu denen, die noch kommen.
Rebecca Solnit ist Journalistin und Autorin. Sie beschäftigt sich schon lange mit Umweltschutz und Menschenrechten, dabei auch immer wieder mit Frauenrechten. 2010 war sie eine der 25 Visionäre, die Utne Readers gekürt hatte. Ja, sie ist Feministin. Und dieses Buch zeigt, warum es wichtig ist, dass unsere Welt auch heute noch Feministinnen wie sie kennt.
Im Sammelband steht neben dem lockeren Einstieg ein erschütternder Text über Vergewaltigung, ein grandioser zu Strauß-Kahn. Sie hat zur Ehe für Alle, zu Virginia Woolf, zu Feminismus und Weiblichkeitsbildern geschrieben und diese Texte sind zum Teil hier zu finden. Es sind kleine reale Horrorgeschichten. Es ist Realsatire. Texte, die mich nicht losgelassen haben, die erschütternd waren, faszinierend, bewegend, energetisierend. Denn so wie es ist, kann es nicht bleiben.
Die Absurdität beispielsweise, dass Frauen „zu ihrem eigenen Schutz“ weggesperrt werden, statt die Welt so zu verändern, dass dieser Schutz unnötig ist. Sei es bei jungen Studentinnen, denen geraten wird, bei Einbruch der Dunkelheit ihre Wohnungen nicht mehr zu verlassen, statt dass den Männern erklärt wird, warum Vergewaltigung falsch ist. Dem krankhaften Machtanspruch der Vergewaltiger wird einer gegenübergestellt, der die Frauen wegsperrt. Diese Welt gehört noch immer dem Mann und er sorgt dafür, dass es so bleibt. Auf die eine oder andere Weise. Die Frau wird zum Objekt, das begehrt wird, beschützt werden muss. Zum Besitz.
Dieser Anspruch wird auch in der Ehe noch immer geführt. Die Öffnung der Ehe für alle ist für Solnit darum auch die Möglichkeit, Gleichstellung innerhalb der Ehe zu erreichen. Die Vorstellung von einem „männlichen“ und einem „weiblichen“ Part in einer Beziehung – die nichts anderes meint, als einen dominanten und einen unterwürfigen Teil – abzulegen. Es ist der Traum von Beziehungen zwischen gleichwertigen Menschen – und nein, der ist leider oft keine Realität.
Solnit schmeißt hier nicht mit angeblich feministischen Kapriolen um sich. Sie zeigt auf. Ihre Essays beschreiben reale Geschehnisse, zitieren Studien, Artikel, Menschen. Sie kommentiert diese auf eine sehr nüchterne, durchdachte Art und Weise. Damit reißt sie mich mit. Sie plakatiert nicht, sie nimmt den Leser mit durch ihre Überlegungen, auf eine Reise, die holprig ist, weil das Ziel ein Kriegsgebiet ist. Im Grunde bleibt sie die ganze Zeit die Autorin, die erzählt bekommt, jemand habe zu ihrem Thema ein bahnbrechendes Buch geschrieben. Ruhig, nachdenklich, fragend. Da sind Selbstzweifel und die Erkenntnis danach, dass es ihr Buch ist. Die Erkenntnis, dass nicht sie falsch ist oder das falsche Geschlecht hat, sondern die Welt. Eine Welt, die bewertet, ohne hinzusehen, aufgrund von Geschlechtsteilen.
Ich habe schon oft gehört, die Welt bräuchte keine Feministen. Oder dass Feministen ein Ungleichgewicht gegen ein Ungleichgewicht eintauschen wollten. Dieses Buch wertet nicht. Manchmal, wenn ich mir gedacht habe, dass zu viel „Männer“ über einen Kamm geschert werden, genau dann, greift die Autorin zurück und relativiert. Dass es nicht „die Männer“ gibt. Aber die Täter, Vergewaltiger, Denkmuster. Das ist sehr gut gemacht. Sehr wichtig. Ich lege jedem dieses Buch ans Herz, denn es geht uns alle an, aus der einen oder anderen Perspektive.

Veröffentlicht am 10.06.2022

Erster Einblick in Informatik

Big Fat Notebook - Alles, was du für Informatik brauchst - Das Starterkit für angehende Programmierer
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Hier wird niemand ins kalte Wasser geworfen, sondern die ersten Kapitel klären Benennungen und Relationen. Wie viele Bit hat ein Byte, was ist CPU, was ist coden?

Tatsächlich zieht das Tempo an. Nach ...

Hier wird niemand ins kalte Wasser geworfen, sondern die ersten Kapitel klären Benennungen und Relationen. Wie viele Bit hat ein Byte, was ist CPU, was ist coden?

Tatsächlich zieht das Tempo an. Nach jedem Kapitel gibt es einen kleinen Überblick mit „Test“, sodass ich selbst prüfen kann, ob ich die Inhalte verstanden habe. Das ganze ist im Notebook-Stil, mit Sketchnotes und kleinen Illustrationen und einer Schrift, die an Handgeschriebenes erinnern soll. Ein leicht comichafter Zugang, der für Jugendliche gut geeignet ist.

Kleine Codes und Tricks, vor allem aber ein einfaches Verständnis für die Materie liegt dem Buch zu Grunde. Richtige Profis lernen hier wohl nicht mehr viel Neues, aber Jugendliche, die sich neu für Informatik oder Programmieren interessieren, und Erwachsene, die endlich mal einen Blick in die große Welt der Codes werfen wollen, finden hier einen lockeren Einstieg. Viele Beispiele und Anregungen helfen, Zugang zu erhalten und schaffen Verständnis.

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Veröffentlicht am 26.01.2020

Ubuntu für alle

I am because you are
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Während einige Lektionen sehr nach an Persönlichkeitsentwicklungen, Achtsamkeitstraining und inneren Einstellungen sind, gehen andere anhand historischer Belege und Beispielen einen anderen Weg. Diese ...

Während einige Lektionen sehr nach an Persönlichkeitsentwicklungen, Achtsamkeitstraining und inneren Einstellungen sind, gehen andere anhand historischer Belege und Beispielen einen anderen Weg. Diese Mischung fand ich sehr gelungen, um zu zeigen, wie Ubuntu jeden Lebensbereich durchdringt. Denn zur Philosophie gehört nicht nur, dass jeder Mensch sich aus seinen oder ihren Mitmenschen selbst erkennt, sondern auch, dass er/sie/es jeden anderen Menschen mitprägt. Ubuntu predig also Reflexion über unsere eigene Individualität, sondern auch die über die Auswirkungen, die unser Handeln bei anderen hat.
Jedem Kapitel geht ein weisendes Zitat voran und jedes wird durch eine kurze Zusammenfassung abgeschlossen. So erzeugt das Eingangszitat bereits bestimmte Stimmungen, die durch Erklärungen, Anekdoten und Geschichten ausgeführt werden und am Ende übersichtlich und prägnant auftauchen. Eine gelungene Mischung, um das Gelesene auf sich wirken zu lassen und die Erkenntnisse auf mehreren Ebenen zu verinnerlichen.
Faszinierend fand ich vor allem den historischen Bezug zur Anti-Apartheit-Bewegung und der gesellschaftlichen Aufarbeitung des kulturellen Trauma. Ein Bereich in dem ich – shame on me – nur rudimentäre Kenntnisse habe und das hier über unterschiedliche Fakten und Bezüge immer wieder angerissen wird. Gerade hier wird die Bedeutung und Auswirkung von Ubuntu beeindruckend deutlich und wichtig gemacht. Die Möglichkeiten zur Aussöhnung und zur persönlichen wie gesellschaftlichen Weiterentwicklung finde ich großartig.

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Veröffentlicht am 09.10.2019

Ausführliche Übungen

Yoga nach der Schwangerschaft
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Nach der Geburt ihres Kindes war Romana Lorenz-Zapf schnell frustriert. Ihre Vorstellung, wie einfach es sein würde, nach der Geburt weiterhin Yoga zu machen und zu unterrichten, entsprach nicht der Realität. ...

Nach der Geburt ihres Kindes war Romana Lorenz-Zapf schnell frustriert. Ihre Vorstellung, wie einfach es sein würde, nach der Geburt weiterhin Yoga zu machen und zu unterrichten, entsprach nicht der Realität. Sie musste nicht nur mit der Versorgung ihres Kindes einen neuen Alltag kennenlernen, sondern sich auch mit den Veränderungen ihres Körpers durch die Schwangerschaft und die Geburt klarkommen. Von diesen Erlebnissen ist die Einführung in das Buch geprägt. Immer wieder wird dabei darauf zurückgegriffen, dass Yoga dem eigenen Körper und den eigenen Möglichkeiten angepasst werden darf und soll.
Dabei gilt den psychischen Veränderungen und der nötigen Reflexion genauso viel Platz wie den möglichen körperlichen. Auf die Belastung des Beckenbodens und des Gewebes wird ebenso eingegangen, wie auf mütterliche Erschöpfung und die Verantwortung, mit der die Mutter durch die Geburt des Kindes konfrontiert wird. Etwas verloren geht mir dabei eine kritische Betrachtung gerade des zweiten Punktes. Mutterschaft wird teilweise als höhere Aufgabe mystifiziert. Gelungen fand ich dagegen die Einführung in Yoga selbst, die Bedeutung der Atemtechniken und die Philosophie dahinter.
Den Überlegungen schließen sich ausführliche Beschreibungen von Übungen mit Bildern an. In verschiedenen Schwierigkeitsgraden haben die Autorin und der Autor Yoga-Einheiten zusammengestellt, die unterschiedliche Körperregionen ansprechen. Je nach eigener Einschätzung, Zeit und Trainingsgrad kann man so ein individuelles Training absolvieren. Auch eine leichte Reihe für den Einstieg oder sehr stressige Tage ist dabei, genauso aber auch regelrechte Profi-Übungen.

Veröffentlicht am 14.09.2019

Piraten, Freundschaft und eine durchmischte Zeit

Timeless - Retter der verlorenen Zeit
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Eine Welt, in der Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart parallel zueinander existieren finde ich zutiefst beeindruckend und extrem verwirrend. Neue Naturgesetzte machen bestimmte technische Geräte, wie ...

Eine Welt, in der Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart parallel zueinander existieren finde ich zutiefst beeindruckend und extrem verwirrend. Neue Naturgesetzte machen bestimmte technische Geräte, wie Tablets oder Handys, unmöglich. Dass Diego dabei ein besonderes Talent hat, sogar diese Gesetzt zu umgehen, gibt dem SciFi-Motto der Geschichte einen Fantasy-Touch. Die Mischung ist faszinierend. Sie zeigt sich auch in den unterschiedlichen Figuren, ihren Handlungen und Reaktionen.
In gewisser Weise ist Timeless eine Adoleszenz-Geschichte. Nicht nur Diego, sondern auch seine Freunde, reifen unter den Anforderungen ihrer Reise und erfahren auch eine Art Ausbildung. Sie legen kindliche Verhaltensmuster ab und wachsen.
Generell ist bei Timeless der Weg das Ziel. Die Handlung selbst macht Schlenker auf der Zielgeraden und schafft es so, verschiedene Probleme anzusprechen, darunter auch Rassismus und Sexismus. Gerade für jüngere Hörer – die Geschichte ist ab 12 – gelungen.