Das Leben der Fauen im Italien der sechziger Jahre
Die Geschichte eines neuen NamensDas Cover des Buches vermittelt mir eine große Einsamkeit.Eine Braut (wahrscheinlich Lila) steht einsam im Wind an einer Brüstung mit Blick auf das Meer und die Berge in der Ferne.Ihr Schleier ...
Das Cover des Buches vermittelt mir eine große Einsamkeit.Eine Braut (wahrscheinlich Lila) steht einsam im Wind an einer Brüstung mit Blick auf das Meer und die Berge in der Ferne.Ihr Schleier weht im Wind und von ihrem blutroten Brautstrauß haben sich Blütenblätter gelöst,die vom Wind über das Meer getragen werden...
Interessant finde ich,daß es der gleiche Ausblick ist wie zuvor schon auf dem Cover des ersten Bandes und wenn die dem Buch beiliegende Postkarte das Cover des nächsten Bandes zeigt,dann bleiben Brüstung Meer und Berge wieder gleich,jedoch wieder in einer anderen Farbe.
Es ist das Neapel der Sechziger.Lila und Elena wollen der Armut und der sowohl geistigen und auch räumlichen Beengtheit ihres Viertels, dem Rione, entfliehen.
Jede versucht dies auf ihre eigene Art. Lila heiratet mit gerade mal 16 Jahren den Kaufmann Stefano Carracci.
Sie erkennt mit großem Entsetzen jedoch bereits am Tage ihrer Hochzeit,daß dies ein großer Fehler war. Schlagartig wird ihr klar,daß ihr Ehemann keineswegs der nette Kerl ist,den er während ihrer Verlobungszeit gespielt hat. Er macht Geschäfte mit den von Lila so verhassten Solara Brüdern,die der Camorra angehören.
Außerdem verlangt Stefano die vollkommene Unterwerfung seiner Ehefrau,die mit der Vergewaltigung Lilas in der Hochzeitsnacht beginnt....
Fortan ist Lila gefangen im goldenen Käfig,aus dem sie verzweifelt versucht zu entfliehen.
Elena wählt einen ganz anderen Weg. Sie stürzt sich in ein Leben des Lernens und der Bildung und trotz aller wiedriger Umstände gelingt es ihr,das Abitur zu machen und ein Stipendium für ein Studium in Pisa zu bekommen. Trotz ihrer Armut und auch der sprachlichen Barrieren entwickelt sie sich mit viel Biss und Durchhaltevermögen zu einer hervorragenden Studentin und schließt ihr Studium mit Bestnoten und Auszeichnung ab.
Nebenbei schreibt sie auch noch einen Roman,der wie durch ein Wunder das Interesse eines Verlages weckt und verlegt wird. Leider hat auch sie kein Glück in der Liebe.Obwohl sie zweimal verlobt ist liebt sie keinen ihrer Freunde,weil sie jahrelang heimlich ihrer großen Liebe Nino hinterherrennt. Nino jedoch scheint nur mit ihr zu spielen und lässt sie quasi am langen Arm verhungern.
Schließlich muß Elena sogar noch dabei zuschauen,wie er während eines Urlaubs ,den sie mit Lila,ihrer Schwägerin Pinuccia und Lilas Schwiegermutter auf Ischia verbringt,ein Verhältnis mit Lila beginnt.
Dieses Werk von Elena Ferrante ist viel mehr als eine neapolitanische Saga und auch viel mehr als die Lebensgeschichte von Lila und Elena und deren Freundschaft.
Der Leser wird in das Italien der sechziger Jahre hineinkatapultiert und erfährt viel über das Leben und die Stellung der Frauen in dieser Zeit.
Damals war es üblich jung zu heiraten,schnell viele Kinder zu bekommen und sich um Haushalt, Familie und die Bedürfnisse des Ehemannes zu kümmern.Eigene Bedürfnisse,Wünsche und Träume waren den Frauen bis dato nicht erlaubt.
Lila tut mir furchtbar leid. Sie ist jung,schön,stolz und intelligent und tappt trotzdem in die Ehefalle.Ihr Mann ist brutal.Er schlägt und vergewaltigt sie und möchte eine Schwangerschaft erzwingen,um nach Außen sein Gesicht zu wahren. Lila versucht auf ihre Art und Weise aus diesem Gefängnis auszubrechen und verschlechert damit zusehends ihre Situation.Sie lebt stets an der Grenze dessen,was sie ertragen kann und es ist mir ein Rätsel woher sie die Kraft nimmt um nicht vollständig zu zerbrechen.
Als sie sich Nino zum Liebhaber nimmt,von ihm schwanger wird und ihren Mann verlässt bricht sie damit ein Tabu. Es kommt sogar noch schlimmer.Nino wird das wiederspenstige und sprunghafte Wesen Lilas bald zuviel.Er verlässt sie und Lila kehrt zu ihrem Mann und in die Ehehölle zurück.
Die Freundschaft zu Elena ist für mich mehr eine Hassliebe. Die beiden können nicht miteinander,aber auch nicht ohne einander.Stets ist eine der Beiden eifersüchtig auf die Andere,was zu Streit und Phasen der Trennungen führt. Beide finden jedoch immer wieder eine Ebene,auf der sie weiterhin ihre Freundschaft fortsetzen können.
Für Elena hege ich große Bewunderung,denn sie schafft ess mit viel Disziplin dem Rione aus eigener Kraft zu entkommen und entwickelt sich von einem stets durch Lila eingeschüchterten Kind zu einer jungen erfolgreichen Frau.
Für mich steht Elena für das neue emanzipierte Frauenbild,das sich in dieser Zeit zu entwickeln beginnt.Elena ist für mich eine Gallionsfigur der Emanzipation der italienischen Frau.
Ich muß zugeben,daß auch mich das Ferrante- Fieber gepackt hat und ich es kaum erwarten kann,wieder in das Leben Lilas und Elenas einzutauchen.