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Veröffentlicht am 05.12.2022

Blieb doch sehr hinter meinen Erwartungen zurück

Happy New Year – Zwei Familien, ein Albtraum
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“Happy New Year” erzählt vornehmlich von zwei früher eng miteinander befreundeten, heute entfremdeten Paaren, die allerdings noch immer daran festhalten, Silvester zusammen zu verbringen. Auch in diesem ...

“Happy New Year” erzählt vornehmlich von zwei früher eng miteinander befreundeten, heute entfremdeten Paaren, die allerdings noch immer daran festhalten, Silvester zusammen zu verbringen. Auch in diesem Jahr begeben sich Nina und Fredrik mit ihren jüngeren Söhnen zu einer entsprechenden Party bei Lollo und Max, während bei ihnen daheim die jugendlichen Töchter der beiden Paare zum ersten Mal eine gemeinsame Party schmeißen dürfen. Doch am Ende der Nacht ist Jennifer, die Tochter von Lollo und Max, spurlos verschwunden… der Roman wird nun abwechselnd aus den Perspektiven von Nina und Fredrik sowie Lollo erzählt, wobei ich es, je weiter die Geschichte voranschritt, immer merkwürdiger fand, dass Max hier außen vor blieb ebenso wie ich es schade fand, dass mit Smilla, der Tochter Ninas und Fredriks, eher beiläufig umgegangen wurde, zumal so deutlich betont wurde, dass die Elternpaare nur noch wenig Bezug zueinander haben, aber die Töchter waren immerhin noch vertraut genug miteinander, um zusammen mit Freund*innen zu feiern. Zudem sah Lollo Nina eher als unnötig überbesorgte Glucke an, die sich schwerer damit tat, ihre Kinder ein bisschen mehr loszulassen, aber statt sich verstärkt um Smilla zu kümmern, die Jennifer als eine der letzten Personen gesehen haben muss, machte sich Nina eher Gedanken um Lollo – und allenfalls noch um Fredrik, den Jennifers Verschwinden offensichtlich direkt in eine depressive Episode stürzt?
Für mich blieb Smilla hier eindeutig die tragischste Figur, zumal sich für mich vor Allem in einer Szene mit zwei weiteren Jugendlichen aus Jennifers Freundeskreis später zeigte, wie sehr da Halt benötigt wurde.

Generell wartete für mich hier niemand der Erwachsenen mit einem höheren Sympathiefaktor auf: Fredrik deutet schnell eine geheime Verbindung zu Jennifer an, die ihn dem Lesepublikum nur noch verdächtiger macht, und ich habe auch Nina hier für sehr schwer von Begriff gehalten, dass sie eher an eine Ehekrise denkt als daran, dass ihr Mann womöglich etwas mit Jennifers Verschwinden zu tun haben könnte, nachdem es ihn direkt regelrecht zu Boden wirft, als bekannt wird, dass Jennifer noch immer nicht heimgekommen ist.
Lollo wurde von Anfang an als ziemliche Diva geschildert, deren Fassade zwar bald ziemliche Risse bekam, aber auch als verzweifelte Mutter einer verschwundenen Teenagerin wirkte sie noch sehr aufgesetzt, und die dritte Freundin Malena wird zwar im Klappentext erwähnt, spielt aber während der Geschichte kaum mehr eine Rolle als irgendwelche Nachbarn von Lollo und Max, die auch auf deren Silvesterparty zu Gast sind.
Dass hier früher mal innigere Freundschaften geherrscht haben sollten, war für mich kaum greifbar; generell blieben auch die Paarbeziehungen sehr blass. Auf diffuse Weise wirkten für mich hier alle Kontakte zueinander wie Zweckbeziehungen, die nur notdürftig für die Erzählung konstruiert worden waren.

Ich hatte eine hochexplosive Geschichte erwartet voller Reibungen, da diese Ausnahmesituation bestimmt alle zermürben und überfordern würde; stattdessen wurde aber komplett auf Abstand zueinander gegangen und jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Ich fand es seltsam, dass diese extreme Stresssituation da nicht eine der Figuren wirklich auf Konfrontationskurs gehen ließ.
Was ich allerdings sehr gelungen fand, war, dass sehr gut herüberkam, wie sich die Zeit hier ziehen konnte; denn eigentlich spielte sich alles innert recht kurzer Zeit ab, aber ich hatte schon am ersten Abend nach Jennifers Verschwinden das Gefühl, als wären alle bereits seit Wochen in dieser Ungewissheit gefangen.

Leider hat sich für mich auch die Lektüre gezogen: Ich habe insgesamt fünf Abende daran gelesen und zwischendrin sogar noch pausiert; dabei hatte ich diesen Roman, den ich eher als Psychodrama und weniger als Thriller ansehe, im Vorfeld als ein Buch eingestuft, das ich bestimmt an einem Abend komplett „fressen“ oder zumindest direkt am nächsten Abend zu Ende lesen würde. Abbrechen wollte ich in diesem Fall aber doch nicht, weil es mich schon interessiert hat, was genau mit Jennifer passiert war. Im Nachhinein hätte ich vor dem letzten Fünftel das Buch aber schließen sollen, und mir mein eigenes Ende ausdenken. Denn die Auflösung fand ich hier absolut schwach und während sich vorher Alles in Allem verlor, war hier plötzlich alles sonnenklar und offensichtlich. Der Schluss wirkte in meinen Augen ein wenig so als wäre die Autorin inzwischen von der ganzen Palaverigkeit ihrer eigenen Figuren gewesen, dass auch sie die Geschichte nur noch schnell zum Ende hatte bringen wollen.

Veröffentlicht am 28.11.2022

Kaum durchschnittliche Geschichte, aber: toll erzählt!

The Dark
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Tanja Geke ist als Synchron- sowie Hörbuchsprecherin derart umtriebig, dass kaum jemand an ihrer Stimme vorbeikommen dürfte, welche ich als sehr angenehm, weil eher belanglos und unauffällig empfinde. ...

Tanja Geke ist als Synchron- sowie Hörbuchsprecherin derart umtriebig, dass kaum jemand an ihrer Stimme vorbeikommen dürfte, welche ich als sehr angenehm, weil eher belanglos und unauffällig empfinde. Ich mag es, wenn Stimmen, die ich im Falle von Hörbüchern teils stundenlang am Stück höre, keine „besonderen Merkmale“ haben, und habe mich daher sehr darüber gefreut, dass Tanja Geke dieses Hörbuch, in dem die Protagonistin zugleich als Ich-Erzählerin auftritt, eingesprochen hat: Das passte für mich auch zur Figur.

Die Rahmenhandlung von „The Dark“ kam mir auf Anhieb sehr bekannt vor; ich mag Locked-In-Thriller sehr gerne und bin mir sehr sicher, dereinst schonmal eine Geschichte rund um Mord in einer abgelegenen Forschungsstation im Polargebiet gelesen, oder als Film gesehen, zu haben, doch nicht zuletzt Meg Goldins „Escape Room“ hat mir bewiesen, dass derartige Handlungen auch komplett neu und anders- sowie einzigartig erdacht werden können. Hauptsächlich war ich neugierig, wie eigen und neu eine Geschichte im ewigen Eis wirken könnte, wo sich schließlich niemand so einfach in einer Höhle einen Kilometer weiter verstecken kann oder Ähnliches.
„The Dark“ spielt sich nun komplett innerhalb der Forschungsstation ab, beginnend mit der Ankunft der Protagonistin Kate bis hin zu ihren letzten Minuten in dieser unwirtlichen Umgebung – und so sehr mir Epiloge häufig auf den Senkel gehen: in diesem Fall hätte ich mir gewünscht, dass es noch ein abschließendes Kapitel gegeben hätte, in dem erläutert worden wäre, wie es den anderen Mitarbeitenden der Forschungsstation weiterhin ergangen ist und wie sie all die Ereignisse so verarbeitet haben. Der Schluss hatte für mich leider so ein „jetzt schnell zurück zum Alltag“-Geschmäckle.

Ich habe das Hörbuch definitiv gerne angehört; ich habe mir die einzelnen Crewmitglieder gut vorstellen können, die ganze abgeschottete Atmosphäre kam gut herüber…; aber: ich fand die Handlung im Gesamten nicht überzeugend. Da schleppt Kate sehr viel seelisches Gepäck aus ihrer Vergangenheit mit sich herum, schnell wird eine Tablettenabhängigkeit ihrerseits offensichtlich, und immer wieder wird erwähnt, welch strenges Auswahlverfahren die Bewerbenden um jegliche Posten auf der Forschungsstation durchlaufen hatten müssen und wie eindringlich geprüft wurde, ob man mit dieser monatelangen Isolation umgehen würde können – sorry, aber Kate mit ihrem Trauma und ihren Tabletten; was sie schluckte, hätte während eines Bluttests auffallen müssen; wäre während des Bewerbungsprozess sofort aussortiert worden, wäre der tatsächlich so krass gewesen. Dass sie von allen Bewerber*innen um die Anstellung als Arzt am Stabilsten gewesen soll, spricht ansonsten definitiv sehr viel mehr gegen ihre Konkurrenz als dass es für Kate spricht.

Nun gibt es bald noch einen weiteren Toten in der Station, deren Technik zudem extrem manipuliert wird, so dass es bald für alle ums Überleben geht, und ich habe zwar relativ begeistert mitgerätselt, wer für das alles verantwortlich wäre, war aber auch sehr fassungslos, weil das alles immer mehr einem Selbstmordkommando glich: Offensichtlich gehörte die Täterperson ja zur Crew und war demzufolge ohne Strom, Wärme, Wasser etc. auch nicht sehr viel sicherer als alle Anderen dort. Da habe ich es übrigens sehr bedauert, dass in dieser Situation häufig auf Expeditionen anno dazumal verwiesen wurde, die komplett ohne die heute verfügbare Technik ins Eis gingen, und überlebten, aber offensichtlich niemand wusste, wie diese Menschen das zu überleben vermocht hatten. Da hätte ich doch etwas mehr „ganz früher haben die Leute das so machen müssen“ als „das geht alles gar nicht“ erwartet und ich fand es auch ein bisschen erschreckend, wie vollkommen abhängig man sich selbst dort von der modernen Technik gemacht hatte und die einzige Notfallvorsorge prinzipiell bloß in „wir haben Generatoren“ bestand. Da führte die Darstellung bei mir eher dazu, dass ich wissen wollte, wie Expeditionen vor 70 Jahren abliefen als dass mich die Täterschaft noch sonderlich brennend interessierte.
Was für mich letztlich übrigens aber vollkommen unerklärlich war: die Motivation der schuldigen Person. Die Auflösung klang für mich nach „strategisch geplantem Durchdrehen“ und ich kann mich nicht erinnern, jemals einen Krimi/Thriller mit einem derart im Unklaren verbleibenden Motiv konsumiert zu haben; „The Dark“ blieb für mich da eine Art Schachtelpuppe, die vollständig aus sinnfreien Verbrechen bestand. Schräg, dass schließlich auch entsetzt beteuert wurde, man würde dieser einen ganz bestimmten Person doch nichts antun wollen – nachdem man längst dafür gesorgt hatte, dass ALLE zu erfrieren drohten.
Da fand ich den Roman doch eher schwach und kaum den durchschnittlichen Locked-In-Thriller rund um „eingeschneit mit einem Killer in einer Berghütte festsitzend“ erreichend, was schade war, denn das Antarktis-Setting, bei dem niemand „so einfach“ den Berg hinabklettern kann, um Hilfe zu holen, hätte hier für so viel mehr Spannung(en) sorgen können.

Ich tue mich ein wenig schwer mit der Einstufung dieses Romans: Den Plot an sich fand ich vielversprechend, die Geschichte ist wirklich gut erzählt; ich habe mich an keiner Stelle gelangweilt; aaaaaber: ich fand die Handlung an sich halt eher fehlkonstruiert. Bedauerlich.

Veröffentlicht am 21.07.2022

Vergangenheit: spannend; Gegenwart: sinnlos

Das Haus der stummen Toten
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Ich habe bereits „Das Dorf der toten Seelen“ der Autorin gelesen gehabt und jener Roman hatte mir aufgrund des düsteren Settings, der Lost-Place-Atmosphäre, der Verwobenheit mit der Vergangenheit ziemlich ...

Ich habe bereits „Das Dorf der toten Seelen“ der Autorin gelesen gehabt und jener Roman hatte mir aufgrund des düsteren Settings, der Lost-Place-Atmosphäre, der Verwobenheit mit der Vergangenheit ziemlich gut gefallen, auch wenn die Auflösung bzw. der Schluss mir nicht wirklich authentisch schien. Dass nun ein weiteres Buch Stens erschien, habe ich erfreut zur Kenntnis genommen, aber nachdem ich „Das Haus der stummen Toten“ gelesen habe, hat sich in mir doch der Eindruck verstärkt, dass letztliche Auflösungen einfach nicht das Ding dieser Autorin sind, denn während sich „Das Dorf der toten Seelen“ deutlich in Richtung Mystery/Paranormalität/Okkultismus bewegte, verblieb „Das Haus der stummen Seelen“ zwar im rationalen Bereich, aber letztlich habe ich von diesem Roman einen nur leicht anderen Gesamteindruck als vom Dorf-Debüt.
Auch hier kommt wieder eine gewisse Lost-Place-Atmosphäre auf, da die Protagonistin Eleanor zusammen mit ihrem Freund Sebastian nach Solhöga, einem abgelegenen Gutshof, fährt, wo sie mit ihrer Tante ebenso wie einem Notar zusammentrifft: Während ihre Tante Veronika Solhöga aus ihrer frühsten Kindheit kennt, war dessen Existenz Eleanor bis zum Tode der Großmutter, bei der sie aufgewachsen war, vollkommen unbekannt. Jene hatte sie unmittelbar nach ihrem Mord bzw. schwerverletzt, aber noch lebend, aufgefunden und auch den flüchtenden Täter gesehen, ihn aber aufgrund ihrer Gesichtsblindheit nicht identifizieren können. Auf Solhöga soll die Erbmasse archiviert werden, aber nicht nur ist vom eigentlichen Gutsverwalter weit und breit nichts zu sehen, sondern außerdem ist Eleanor bald sicher, dass eine weitere Person dort umherschleicht. Als sie ein altes Tagebuch von einer früheren Hausangestellten ihrer Großeltern findet, eröffnet sich ihr Stück für Stück ein komplett neuer Blick auf ihre Familiengeschichte – hier hat man als Leser*in den Vorteil, dass „Das Haus der stummen Toten“ parallel von zwei Zeitsträngen erzählt und während Eleanor nur fragmentarisch von Annuschka, der erwähnten Hausangestellten, liest, da das vergilbte Tagebuch auf Polnisch verfasst ist und Eleanor hier mit einer nur halbwegs zufriedenstellenden Übersetzungsapp arbeiten muss, bekommt das Lesepublikum die kompletten Tagebucheinträge Annuschkas geliefert.

Ich fand es wirklich spannend, was Annuschka von damals über die bei ihren Arbeitgebern vorherrschenden Verhältnisse erzählte: da entsponn sich ein richtig schönes Familiendrama. Aber es wäre wohl wirklich besser dabei geblieben, denn auch wenn alles Andere zuletzt zusammengepuzzelt wurde: diese ganze Geschichte rund um diesen gegenwärtigen Kurzaufenthalt auf Solhöga ergab rein gar keinen Sinn. Es gab einen krassen Showdown, bei dem ich in Hinblick auf eine Figur nur dachte: „Wieso zum Geier bist du nu überhaupt hier? Wieso bist du nicht einfach früher schonmal dahin und hast beim Verwalter nachgefragt? Du hast doch von Solhöga gewusst?!“
Schade fand ich zudem, dass zuvor Eleanors Verwandtschaft großväterlicherseits ganz klar angeschnitten wurde, aber auch im Epilog absolut keine Rede davon war, wie sich das nun ausgegangen hatte.

Neben der Familienhistorie fand ich allerdings gelungen, wie Camilla Sten hier mit dezent gestreuten falschen Fährten arbeitete: Ich habe nie daran gezweifelt, dass Eleanor wirklich einen „echten“ Schatten gesehen hatte und dort noch jemand abseits des kleinen Grüppchens herumstromerte, zumal Eleanor doch sehr aufmerksam beobachtete und in Folge ihrer Gesichtsblindheit jedes besondere optische Merkmal von Personen genau hervorhob, sofern es ihr helfen konnte, Leute zu erkennen. Entsprechend aufmerksam gelesen habe ich mir bestimmte Beschreibungen gemerkt und hatte dann nach ca. 60% des Romans auch eine vage Ahnung, wer (warum auch immer) ganz bestimmt der echte Bösewicht hier sein müsste – und während ich noch überlegte, wie der nun mit der Familie in Zusammenhang stünde und was seine Beweggründe sein könnten, ging die Erzählung mehr und mehr in eine völlig andere Richtung.

Insgesamt erzählt „Das Haus der stummen Toten“ für mich ein leicht mysteriöses Drama, auf welchem die Geschichte der Familie fußt, und den Teil rund um die Vergangenheit der Familie habe ich echt gerne gemocht, aber nee, diese Bedrohungslage auf Solhöga war für mich einfach nur völlig sinnlos und konstruiert. Ich würde von der Lektüre nun zwar nicht abraten wollen, aber groß weiterempfehlen möchte ich dieses Buch nu auch nicht. Für mich ist dies definitiv ein Roman, der sich hauptsächlich dann zu lesen lohnt, wenn man Fan von gelüfteten, alten Familiengeheimnissen ist.

Veröffentlicht am 14.06.2022

Hinter meinen Erwartungen zurückgeblieben

Schallplattensommer
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Vor geraumer Zeit hatte ich „Barbara stirbt nicht“ der Autorin gelesen, wobei mir jener Roman ausnehmend gut gefallen hat, und nachdem dort ältere Personen im Mittelpunkt standen, war ich (da mich dereinst ...

Vor geraumer Zeit hatte ich „Barbara stirbt nicht“ der Autorin gelesen, wobei mir jener Roman ausnehmend gut gefallen hat, und nachdem dort ältere Personen im Mittelpunkt standen, war ich (da mich dereinst „Der Zopf meiner Großmutter“ auch schon recht angesprochen hatte) ganz besonders neugierig auf diese Geschichte rund um jugendliche Figuren, zumal mich eine zuvor erhaltene Leseprobe nicht nur aufgrund des ungewöhnlichen Vornamens der Protagonistin fasziniert hatte, sondern auch aufgrund des schwermütigen und doch dahintreibenden Stils: Die Geschichten sind grundsätzlich unterschiedlich, aber ich muss sagen, dass mich die Atmosphäre dieses Romans in ihrer Dichte von Anfang bis Ende sehr an den Film „Sommersturm“ von 2004 erinnert hat.

„Schallplattensommer“ habe ich zudem auch eher als Momentaufnahme empfunden und gar nicht so sehr als Liebesgeschichte. Mich erinnerten Maserati und die neu Zugezogenen Caspar und Theo eher an drei, aus unterschiedlichen Gründen, teils sehr in sich gekehrten Eigenbrötler, die eine zarte Freundschaft aufbauen, in deren Rahmen sie sich etwas weniger introvertiert bewegen und sich einander gegenüber öffnen.
Der erzählerische Fokus liegt dabei klar auf Maserati, die mit ihrer Oma zusammenlebt und –arbeitet, und deren Konterfei von Theo auf einer alten Schallplatte entdeckt wird, wobei es offensichtlich ist, dass Maserati selbst aufgrund ihres Alters dort nicht abgebildet ist, sie dem Covermodell aber derart aus dem Gesicht geschnitten ist, dass außer Frage steht, dass es dort ein verwandtschaftliches Verhältnis gibt. Im Verlauf des Romans sieht sich Maserati so auch immer wieder mit ihrer Mutter und der Vergangenheit konfrontiert und dem Lesenden wird Stück für Stück offenbart, dass und warum Maserati sich jeglicher Bezugnahme in Hinblick auf ihre Mutter sperrt. Letztlich zeigt sich auch noch eine oberflächliche, aber doch weitgreifende, Verbindung zur Familie der beiden neuen Freunde.
Jene Verbindung war für mich auch das einzig überraschende Element, wobei es in meinen Augen aber nicht nötig gewesen wäre, hier noch eine Linie zwischen den beiden Familien zu ziehen; der ganz genaue Hintergrund von Maseratis Kindheit war ein kleiner „oh“-Moment, aber ich empfand „Schallplattensommer“ schon ein wenig vorhersehbar bzw. es interessierte mich ebenso wenig, was früher mit Maseratis Mutter gewesen war, wie es Maserati interessierte, was heute mit jener war.

Aufgrund der Kürze, die „Schallplattensommer“ eher Novelle als Roman sein lässt, und Bronskys kurzweiligem Erzählstil ist die Geschichte auch sehr schnell ausgelesen; mir hat sie einen netten Nachmittag auf dem Balkon, bei dem ich mich zwar leicht schwermütig, aber durchaus gut, unterhalten gefühlt habe. Allerdings gehe ich nicht davon aus, dass mir dieser Jugendroman nun groß im Gedächtnis bleiben wird und ich hatte im Vorfeld definitiv erwartet, hier doch etwas beeindruckter zurückgelassen zu werden.

Veröffentlicht am 11.06.2022

Hübsches Äußeres, wenig Inneres

Saftig vom Grill
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„Saftig vom Grill“ scheint mir eher ein passendes Accessoires zum eventuell neuangeschafften Grill zu sein als ein nützliches Koch- bzw. Grillbuch: recht GU-typisch ist der Umfang eher gering und so sind ...

„Saftig vom Grill“ scheint mir eher ein passendes Accessoires zum eventuell neuangeschafften Grill zu sein als ein nützliches Koch- bzw. Grillbuch: recht GU-typisch ist der Umfang eher gering und so sind auch nicht allzu viele Rezepte enthalten, die sich hier zudem vor Allem an Omnivore richten – der Buchrücken spricht zwar von „Mit Fleisch und Fisch, veggie oder vegan […]“, meint aber definitiv nicht dieses Buch, in dem ich zwei vegane Grillgerichte entdecken konnte, wobei es allerdings auch noch die gegrillten Süßkartoffeln gab, zu denen ein Mangosalat gereicht werden soll, der mit Fischsauce verfeinert wird und den man dabei bestimmt auch leicht frei von tierischen Produkten hätte lassen können.
Etwas unglücklich fand ich auch, dass der Mangosalat ebenso wie der Tomaten-Paprika-Salat zur gegrillten Avocado genau mitangeführt war, im Falle der türkischen Hackbällchen aber nur als „magischer Tipp“ erwähnt wurde, dass ein Bulgursalat vorzüglich hierzu passen würde. Wieso gab es da denn kein entsprechendes Rezept?

Was ich von diesem ganzen „Magic Cooking“-Drumherum halten soll, weiß ich ohnehin nicht. Die Besonderheit dieser Reihe liegt augenscheinlich darin, dass die Rezepte mit irgendeinem „magischen Hinweis“ versehen sein sollen, der dem Gericht noch mehr Zauber verleiht. Aber wenn DER Lifehack darin besteht, dass man übriggebliebenes Pesto aufbewahren und auch später noch verzehren kann, runzelt sich meine Stirn bereits automatisch und besonders kurios ist es, wenn das „magische Geheimnis für mehr Aha“ die Verwendung eines Salzsteins ist – beim Rezept „Plattes Huhn unter dem Salzstein“. Fleisch vor der Zubereitung selbst zu würzen würde ich persönlich nun auch nicht als den ganz großen Trick ansehen und da schienen mir die magischen Tricks und „Geheimnisse“ häufig ganz normales Verhalten und Wissen von Leuten zu sein, die sich bereits regelmäßig in der Küche betätigen, von daher wäre „Saftiges vom Grill“ da in meinen Augen eher für Kochneulinge geeignet, die auf der anderen Seite aber mit ihrem Grill längst vertraut sein sollten, denn außer „Fleischthermometer benutzen“ gibt es da kaum Anleitung. Das Buch ist dabei übrigens auf die Verwendung eines Gasgrills ausgelegt, wobei eingangs beteuert wird, die Gerichte ließen sich bestimmt auch auf einem Kohlegrill zubereiten, woran ich aber mitunter Zweifel habe.

Somit ist dieses Buch also für die Gasgrillbesitzenden konzipiert, die bisher in erster Linie einfach Wurst und Steak direkt aus der Verpackung auf den Grill geknallt haben und nun etwas „besonderer“ brutzeln wollen.
Da erkenne ich an, dass die enthaltenen Gerichte an keiner Stelle allzu schwierig wirken und vor Allem auch, dass es hier keine seltsamen, schwer beschaffbaren Zutaten gibt und das Buch optisch einfach sehr schön gestaltet ist.

Alles in Allem ist „Saftig vom Grill“ für mich eher ein Geschenkbüchlein, in dem vermutlich zur Grillsaison hin gerne mal geblättert werden wird, das aber nicht ständig genutzt wird. Ich habe nun zwischenzeitlich einige Leute aus meinem Umfeld meine Ausgabe durchblättern lassen und tatsächlich fanden es alle „ganz interessant“, aber niemand hat von mehr als maximal zweien der enthaltenen Rezepte gesagt, dass er das demnächst gerne auch mal nachgrillen möchte.
Das Dessert vom Grill aus der Kurzbeschreibung habe ich dabei übrigens aber auch immer noch nicht gefunden…