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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.06.2022

Eine gelungene Fortsetzung

Töchter der Speicherstadt – Der Geschmack von Freiheit
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In diesem zweiten Teil der Reihe rund um die Töchter der Speicherstadt steht vor allem Cläre Behmer, Marias Tochter im Mittelpunkt, die anfangs wenig Interesse am Kaffeegeschäft hat. Cläre will lieber ...

In diesem zweiten Teil der Reihe rund um die Töchter der Speicherstadt steht vor allem Cläre Behmer, Marias Tochter im Mittelpunkt, die anfangs wenig Interesse am Kaffeegeschäft hat. Cläre will lieber studieren, was nur den wenigsten Frauen am Ende der 1920er-Jahre erlaubt ist. Medizin wäre möglich, doch Wirtschaft, wie es Cläres Traum ist, geht gar nicht. Erst als sie den Reporter Fritz Waltershausen kennenlernt, der mit den Sozialisten sympathisiert, scheint es eine Möglichkeit zu geben. Doch die erstarkende NSDAP lassen Cläres Träume wie eine Seifenblase zerplatzen ...

Meine Meinung:

Die Story rund um den Kaffeeimport wird zugunsten der historischen Ereignisse zurückgedrängt. Kaffee wird in den angeblich Goldenen Dreißiger Jahren zum unerschwinglichen Luxusgut für einige wenige Betuchte. Den Löwenanteil der Importe beschlagnahmt das NS-Regime.

Wie wir es von Anja Marschall gewöhnt sind, flicht sie in ihre Romane penibel recherchierte historisch Details ein. So kann sich Leserschaft hautnah ein Bild der Situation machen. Wir erleben mit, wie die jüdischen Kaufleute systematisch zuerst aus dem Wirtschaftsleben gedrängt werden, um wenig später deportiert und ermordet zu werden. Anja Marschall zeigt auch auf, wie viel Chuzpe häufig notwendig war, um überleben zu können.

Einzig die passive Rolle, die Maria spielt, hat mich ein wenig irritiert. Okay, sie hat sich mit der intriganten Schwägerin Gertrud arrangiert. Aber, dass sie duldet, dass Nichte Emma sich mit ihrem Ehemann in der Villa Behmer so breitmacht, hat mich irgendwie gestört. Mag sein, dass Maria des Kämpfens müde ist, aber irgendwie hat das nicht zu ihrem bisherigen Lebenslauf gepasst.

Während der sechzehn Jahre (1929-1945), die dieser zweite Teil umfasst, erleben wir die Höhen und Tiefen in Cläres Leben hautnah mit. Das Buch endet mit einem fiesen Cliffhanger.

Fazit:

Eine gelungene Fortsetzung, der ich gerne 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 16.06.2022

Ein tolles Buch nicht nur für KInder

Was macht die Eintagsfliege morgen? Noch mehr verrückte Fragen und verblüffende Antworten
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Das vorliegende Buch ist das zweite einer Reihe, das ungewöhnliche Fragen aus Kindermund anschaulich beantwortet. Doch nicht nur Kinder erfahren Antworten, sondern auch Erwachsen, die sich vielleicht bislang ...

Das vorliegende Buch ist das zweite einer Reihe, das ungewöhnliche Fragen aus Kindermund anschaulich beantwortet. Doch nicht nur Kinder erfahren Antworten, sondern auch Erwachsen, die sich vielleicht bislang keine Gedanken darüber gemacht haben, was in Wald, Wiese oder Wasser so vor sich geht.

Nachdem der erste Band dem spannenden Titel "Wozu braucht das Klo ´ne Brille"
sich eher mit Fragen rund um Alltagsgegenstände beschäftigt, lockt uns dieses Buch in die Natur.

Zahlreiche Alltagsfragen aus den drei Bereichen Wald, Wiese und Wasser werden hier kindgerecht beantwortet. Dazu gibt es jede Menge Illustrationen von Miriam Kaiser, sodass das Gelesene (Gehörte) besser in Erinnerung bleibt.

Das Buch regt an, nach Jahren des pandemiebedingten Stubenhockens in die Natur hinauszugehen und das Gelesene hautnah zu erleben. Naja, auf die Begegnung mit dem giftigen Bärenklau (S.91) kann getrost verzichtet werden, aber ein Ausflug in den Wald kann den Horizont beträchtlich erweitern.

"Denn das ist das Geheimnis: der neugierige Blick auf die Dinge, von denen du vielleicht dachtest, dass du sie längst kennst und alles über sie weißt." (S. 11)

Fazit:

Antworten auf Fragen, die vielleicht auch Erwachsene stellen wollten, sich aber niemals getraut haben. Gerne gebe ich diesem gelungenen Buch 5 Sterne.

Veröffentlicht am 12.06.2022

Genussvolles Wandern im Waldviertel

Wanderbares Waldviertel
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Franz Wille, gebürtiger Tiroler, studierte Deutsch und Geografie und unterrichtete am Gymnasium Landeck. Seit seiner Pensionierung lebt der passionierte Wanderer im Waldviertel und schreibt Wanderbücher ...


Franz Wille, gebürtiger Tiroler, studierte Deutsch und Geografie und unterrichtete am Gymnasium Landeck. Seit seiner Pensionierung lebt der passionierte Wanderer im Waldviertel und schreibt Wanderbücher über seine liebsten Regionen in Österreich, der Schweiz und Italien.
Diesmal zeigt er uns das wanderbare Waldviertel. Das nördliche Niederösterreich ist bestens geeignet für genussvolles Wandern. Aus der großen Fülle der Möglichkeiten hat der Autor 40 schöne, leichte bis mittelschwere Touren ausgewählt und mit Hintergrundinformationen zu Sehenswertem am Weg und Einkehrmöglichkeiten vorgestellt.

Der Autor teilt das Waldviertel, auch liebevoll „Woodquarter“ genannt in drei Teile:

Nördliches Waldviertel = Thayatalregion
Mittleres Waldviertel = Kamptalregion
Südliches Waldviertel = Kremstalregion

Jede der vorgestellten Wanderungen beinhaltet einen Ausschnitt aus einer Wanderkarte sowie die Beschreibung der Route.

Einen Großteil der Wanderungen der Thayatalregion sind mir gut bekannt. Obwohl die Ausflüge nicht in extreme Höhen führen, sind Wetterprognosen und Sicherheitsangaben zu beachten.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Wanderführer, der zur Reihe „Gehmütliche Touren“ des Verlag Pustet gehört, 5 Sterne.

Veröffentlicht am 12.06.2022

Ein Leben ohne Kompromisse

Tage in Rebibbia
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Um an ihrem Roman „Die Kunst der Freude“ L’arte della gioia) weiter schreiben zu können, gibt die Schauspielerin Goliarda Sapienza (1924-1996) ihren Job auf. Sie wird letztlich 9 Jahre dafür brauchen und ...

Um an ihrem Roman „Die Kunst der Freude“ L’arte della gioia) weiter schreiben zu können, gibt die Schauspielerin Goliarda Sapienza (1924-1996) ihren Job auf. Sie wird letztlich 9 Jahre dafür brauchen und keinen Verlag für ihr Werk finden. Völlig mittellos bestiehlt sie 1980 eine Freundin. Es kommt zur Anzeige, Gerichtsverhandlung, Urteil und Goliarda wird für drei Monate in Rebibbia, im berüchtigten Gefängnis von Rom, inhaftiert.

Hinter den dicken Gefängnismauern lernt Goliarda eine ganz eigene Welt kennen: sadistische oder gleichgültige AufseherInnen und Mitgefangene aus verschiednen Gesellschaftsschichten und/oder Nationalitäten.

In einer nüchternen Prosa berichtet sie über den Gefängnisalltag - von Hofgängen, kargem Essen, überbelegten Zellen, Gefühlen wie Wut, Neid und Erotik. Allgegenwärtig sind aber auch Langeweile, Hoffnungslosigkeit und Übermut.

„Wenn Du rauskommst, heißen sie dich vielleicht mit einem Blumenstrauß willkommen und schließen dich in die Arme, aber sie werden dich nie mehr so ansehen wie zuvor.“ Diese Weisheit erfährt Goliarda Sapienza von ihrer Zellengenossin Ornella.

Es scheint, als wären die Klassenunterschiede hier im Gefängnis aufgehoben. Denn der streng getaktete Tagesablauf und die aufgezwungene Untätigkeit gelten für alle. Doch diese Erfahrung, wie alle andere behandelt zu werden, gaukelt ihr ein falsches Bild des Mikrokosmos Gefängnis vor. Denn ihre Mithäftlinge haben feine Sensoren für Bildung, Sprache und Selbstwertgefühl entwickelt. Für diese Andersartigkeit wird sie gehasst und geliebt.

Meine Meinung:

Goliarda Sapienza ist bislang außerhalb Italiens nur wenigen Menschen ein Begriff. Mit der Neuauflage dieses Buches über ihren Gefängnisaufenthalt und ihrem großen Werk „Die Kunst der Freude“ (L’arte della gioia) wird sich das vermutlich ändern, gelten doch beide Werke als meisterhafte Erzählkunst. Das eine besticht durch den nüchternen Prosastil, das andere durch wortgewaltige Opulenz.

Im italienischen Original heißt das Gefängnistagebuch übrigens „L’Università di Rebibbia", weil die Autorin ihren Gefängnisaufenthalt als Schule des Lebens betrachtet hat.

Fazit:

Ein beeindruckendes Dokument einer beeindruckenden Frau, die zeitlebens kaum Kompromisse eingegangen und ihren Träumen gefolgt ist. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 11.06.2022

Eine gelungene Fortsetzung

Verlassen
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Klaudia Wagners 7. Fall hat es in sich. Zunächst wird einmal Heike Thielmann als vermisst gemeldet. Für gewöhnlich geht die Kripo solchen Vermisstenanzeigen nicht gleich nach, doch in diesem Fall beginnt ...

Klaudia Wagners 7. Fall hat es in sich. Zunächst wird einmal Heike Thielmann als vermisst gemeldet. Für gewöhnlich geht die Kripo solchen Vermisstenanzeigen nicht gleich nach, doch in diesem Fall beginnt Klaudia recht bald mit ihren Nachforschungen. Die Abgängige wurde das letzte Mal schwer alkoholisiert gesehen und ein Unfall wird befürchtet. Die Ahnung trügt nicht, und nur wenig später wird die Leiche Heike Thielmanns gefunden. Allerdings stellt sich heraus, dass sie ermordet worden ist. Von wem und warum?
Je weiter sich Klaudia Wagner mit der Familie von Heike Thielmann beschäftigt, desto mehr Ungereimtheiten und Geheimnisse der Vergangenheit der Toten, die vor Jahrzehnten hier im Spreewald gelebt hat und kurz nach dem Mauerfall in verschwunden ist, kommen ans Tageslicht.

Doch nicht nur die Vergangenheit der Toten spielt eine Rolle, sondern auch die von Klaudia Wagner. Und dann gibt es Geständnisse von zwei Personen. Wer lügt hier? Wer will jemanden anders schützen?

Meine Meinung:

Dieser Krimi ist der 7. der Reihe „Spreewald-Krimi“ mit Klaudia Wagner als Kriminaloberkommissarin und ist im Aufbau-Verlag erschienen. Ich war ein wenig irritiert, denn es gibt bereits eine vierteilige Serie („Ein-Fall-für-Klaudia-Wagner“) von Christiane Dieckerhoff aus dem Ullstein-Verlag. Zunächst habe ich angenommen, dass die Ullstein-Krimis neu aufgelegt worden sind. Doch ich wurde eines Besseren belehrt: „Spreewald-Krimi“ ist eine gelungene Fortsetzung, denn die meisten Protagonisten sind wieder mit dabei.

Die Serie in der richtigen Reihenfolge:

Spreewaldgrab-1 (2016)
Spreewaldtod-2 (2017)
Spreewaldrache-3 (2018)
Spreewaldwölfe-4 (2019)
Vermisst-5 (2020)
Verfehlt-6 (2021)
Verlassen-7 (2022)

Ein interessanter Krimi, der tief in die Geschichte der ehemaligen DDR hineinreicht.
In zahlreichen Rückblenden, in denen wir unter anderem ein Geschwisterpaar begleiten dürfen, das Mädchen knapp vor dem Schuleintritt, der Bruder noch mit Windeln, die von ihrer Mutter alleingelassen und anschließend auf verschiedene Kinderheime bzw. Pflegefamilien aufgeteilt worden sind, erhellt sich das Drama rund um die Familie der Toten. Diese Schilderung des Alltags der Kinder, die verschreckt, misshandelt und indoktriniert, auf sich alleine gestellt sind, ist schwer zu ertragen.

Fazit:

Ein kniffliger Krimi für das Team um Klaudia Wagner, dem ich gerne 5 Sterne gebe.