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Veröffentlicht am 28.08.2017

Top Thriller

Die gute Tochter
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Der Anwalt Rusty liebt seinen Beruf, er ist ein versierter Redner und Gerechtigkeitsfanatiker und schreckt auch nicht davor zurück, den Abschaum der Menschheit zu verteidigen. Dealer, Vergewaltiger, Mörder ...

Der Anwalt Rusty liebt seinen Beruf, er ist ein versierter Redner und Gerechtigkeitsfanatiker und schreckt auch nicht davor zurück, den Abschaum der Menschheit zu verteidigen. Dealer, Vergewaltiger, Mörder – you name it! Rusty ist der totale Antiheld und anfangs nicht gerade ein sympathischer Zeitgenosse.

Eines Tages ereignet sich im Hause Quinn eine richtige Familientragödie – Mutter Quinn wird von zwei maskierten Einbrechern erschossen, die Töchter Samantha und Charlotte werden in den Wald gebracht, wobei Charlie die Flucht gelingt. Schwester Sam hält man für tot.

Doch Sam hat überlebt und ist ebenso wie ihre Schwester Anwältin geworden und arbeitet in des Vaters Kanzlei, während sich Charlie ihre Brötchen in New York verdient. 28 Jahre nach ihren ersten traumatischen Erlebnissen wird Charlotte Zeugin eines Schulamoklaufs.

Dies ruft natürlich Vater Rusty auf den Plan, der eben auf solche Kriminalfälle spezialisiert ist. Sam und Charlie kommen indes nicht zur Ruhe – als auf ihren Vater ein Anschlag verübt wird, müssen sie sich um ihren Erzeuger und seinen Fall kümmern. Dabei ist das Verhältnis der beiden Schwestern sowieso ein angespanntes.

Zu allem Überfluss werden die Schwestern von ihrer gemeinsamen Vergangenheit eingeholt…



Wer die Romane aus Slaughters Feder kennt, weiß, dass die Schilderungen der Autorin nichts für schwache Nerven sind – so auch hier. Manches war für mich hart an der Grenze.

Trotzdem ist Karins Sprache (in der deutschen Übersetzung) gut lesbar und stilistisch hat sie mich dieses Mal überrascht, denn mit der „guten Tochter“ präsentiert sie dem Leser einen vielschichtigen Thriller, in dem es neben Schuld und Sühne auch um komplizierte Beziehungen geht. Verschiedene Zeit – und Erzählebenen illustrieren die Komplexität des menschlichen Erlebens.

"Die gute Tochter“ ist ein Thriller, in welchem es neben knallharter Gewalt auch um ein Familiendrama und Charakterentwicklung geht. Wie im wahren Leben sind Slaughters Protagonisten und Protagonistinnen vor schlimmen Erfahrungen nicht gefeit, manchmal kommt es eben knüppeldick. So mancher Leser wird Charlies erneute Traumatisierung dick aufgetragen finden.

Mich konnte der Mix aus Familiendrama, Anwaltsroman und Thrill aber überzeugen, denn Slaughter erzählt ihre Geschichte äußerst geschickt, was sich auch im Aufbau der „guten Tochter“ spiegelt. Psychologische Spannung und eine raffinierte Strukturierung des Erzählgerüsts machen das Buch zum Top – Thriller.

Daher vergebe ich für „Die gute Tochter“ von Karin Slaughter 4,5 – 5 Sterne.

Veröffentlicht am 08.08.2017

Rasanter Reihenauftakt

Spectrum
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Worum geht’s?

Dr. August Burke ist hochintelligent, aber er hat auch seine Schwierigkeiten im zwischenmenschlichen Umgang- auf viele Leute wirkt er geradezu wunderlich, was vielleicht daran liegen mag, ...

Worum geht’s?

Dr. August Burke ist hochintelligent, aber er hat auch seine Schwierigkeiten im zwischenmenschlichen Umgang- auf viele Leute wirkt er geradezu wunderlich, was vielleicht daran liegen mag, dass er Asperger – Patient ist.
Seine Andersartigkeit ist Fluch und Segen zugleich für den jungen Mann; doch FBI - Agent Carter erkannt das Potential, das in Burke schlummert, denn Burke kann Zusammenhänge herstellen und er ist blitzgescheit. Als es in einer Bank zu einer Geiselnahme kommt, bei welcher sich die Täter mehr als seltsam verhalten, fordert das FBI Burkes Hilfe an, denn den Tätern gelingt es unerklärlicherweise, aus dem komplett umstellten Bankgebäude zu entkommen.
Burke ist es, der das FBI auf die richtige Spur führt. Unter der Bank befindet sich das eigentliche Ziel der Gangster – ein Geheimlabor, und Burke und Carter bekommen es bald mit einem unheimlichen Feind zu tun, der vor nichts zurückschreckt…

In Film und Literatur hat man die Außenseiter entdeckt…und aus ihrem Nischendasein geholt. Wann fing dies eigentlich an? Mit „Rainman“ Dustin Hoffman? Oder dem zwangsgestörten „Monk“? Spätestens seit Dr. Sheldon Cooper aus „Big Bang Theory“ und Saga Norén, die in der skandinavischen „Brücke“ eine autistische, hocheffektive Kommissarin ist, können auch Menschen mit Inselbegabungen und Störungen Protagonisten und (Anti)helden sein.
Auch Ethan Cross hat mit Dr. August Burke einen faszinierenden Protagonisten erschaffen, der für Ablehnung und Bewunderung sorgt. Mit „Spectrum“ legt Cross (eigentlich ist Ethan Cross ein Pseudonym) einen spannenden und temporeichen Thriller vor, einen richtigen Actionkracher mit wechselnden settings und einem rasanten plot. Stil und Sprache passen meines Erachtens gut zum Inhalt, die Figuren sind gut ausgearbeitet. Ich fand natürlich Carter und Burke am Interessantesten, obwohl diese Figurenkonstellation fast schon konservativ ist. Natürlich hat Cross mit „Spectrum“ das Rad nicht neu erfunden, aber er hat einen Thriller geschrieben, der mich super unterhalten hat!
Ich liebe Antihelden und Figuren mit Ecken und Kanten einfach. Gerne empfehle ich daher „Spectrum“ von Ethan Cross zur Lektüre.

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  • Cover
  • Handlung
  • Figuren
  • Atmosphäre
  • Spannung
Veröffentlicht am 12.06.2017

Spannender britischer Thriller

Totenengel
1

Den Thriller „Totenengel“ habe ich sehr gerne gelesen, er ist aber nichts für Zartbesaitete.
Der Roman ist eigentlich der zweite Teil einer Reihe, und obwohl ich Band 1 („Totenprediger“) nicht kenne, hatte ...

Den Thriller „Totenengel“ habe ich sehr gerne gelesen, er ist aber nichts für Zartbesaitete.
Der Roman ist eigentlich der zweite Teil einer Reihe, und obwohl ich Band 1 („Totenprediger“) nicht kenne, hatte ich bei der Lektüre von „Totenengel“ keine Verständnisschwierigkeiten.

Worum geht’s ?
„ Eine Winternacht in Liverpool. Auf der Straße bricht eine Frau zusammen, wirre Sätze von Blut und Mord stammelnd. Detective Eve Clay wird zu ihrem Haus geschickt und findet dort eine groteske Inszenierung vor: Der Vater der Frau, ein emeritierter Kunstprofessor, wurde ermordet, sein nackter Körper an Ketten aufgehängt, sein Torso von einem Speer durchbohrt. Er war zu Lebzeiten eine Koryphäe auf dem Gebiet der sakralen Kunst und hat sich mit seiner Forschung nicht nur Freunde gemacht. Doch stecken hinter dem Mord tatsächlich religiöse Fanatiker, oder geht es um das älteste aller Motive - um Rache? “

Der Roman beginnt eigentlich mit einem Rückblick auf die Kindheit der Kommissarin. Diese Exposition weckte gleich mein Interesse, und ich hätte gerne mehr über die Vita der Protagonistin erfahren, außer dass sie bei der Polizei arbeitet, Mutter und Ehefrau ist.
Doch der Erzählfokus wird schnell auf Mord und Totschlag gerichtet, der erste Mord scheint bewusst arrangiert worden zu sein, sodass die Ermittler sich fragen müssen, was den Killer antreibt. Wer ist der Täter? Welches Motiv hat er?
Der Autor Mark Roberts setzt erzähltechnisch auf kurze Kapitel, die oft nur wenige Seiten lang sind. Daher kommt man beim Lesen schnell voran, und die Geschichte entwickelt schon nach kurzer Zeit eine starke Sogwirkung. Viele Perspektivwechsel sorgen dafür, dass die Spannung aufrechterhalten wird. Details der Polizeiarbeit werden interessant beschrieben.
Mir gefiel auch das britische setting sehr gut.
Die Figuren sich gut ausgearbeitet und die Protagonistin, Eve Clay, wird differenziert dargestellt. Als eine Frau, die voll im Berufsleben steht, hat sie immer Angst, ihrer Familie nicht gerecht zu werden.
Unterstützung erhält sie aber von ihrem liebevollen Partner.
Eve mit ihrem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn setzt alles daran, den Täter dingfest zu machen…
„Totenengel“ von Mark Roberts ist ein rasanter und routiniert geschriebener Roman, den ich Thrillerfans absolut empfehlen kann!

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Veröffentlicht am 08.10.2024

Zwischenspiel

Intermezzo
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„Intermezzo“ ist der vierte Roman der irischen Erfolgsautorin Sally Rooney. In der Geschichte geht es um Trauerbewältigung und Beziehungslosigkeit, um Emanzipation und Versöhnung.
Der Handlungsort ist ...

„Intermezzo“ ist der vierte Roman der irischen Erfolgsautorin Sally Rooney. In der Geschichte geht es um Trauerbewältigung und Beziehungslosigkeit, um Emanzipation und Versöhnung.
Der Handlungsort ist Irland, der Radius der Figuren ist begrenzt (was aber nicht zu Langeweile führt). Die Grundstimmung ist melancholisch, aber nicht deprimierend. Im Focus der Erzählung stehen Ivan und Peter Koubek, Söhne eines slowakischen Vaters und einer irischen Mutter, die Eltern sind allerdings getrennt, was dazu führte, dass die Jungen eine enge Vaterbeziehung hatten, während die Mutter eine neue Familie gründete.
Als Papa Koubek nach schwerer Krankheit stirbt, fehlt den Brüdern der Anker, der Twen Ivan ist ein sozial gehemmtes Schachgenie mit Zahnspange, der 32jährige Peter das genaue Gegenteil – ein eloquenter, extrovertierter Anwalt. Die offene Geschwisterrivalität ist ein Problem, die Situation eskaliert, als Peter Ivans Partnerwahl kritisiert. Die 36jährige Margaret könne nicht normal sein, so der Vorwurf Peters. Pikant: Peters Freundin ist eine junge Studentin, er hängt allerdings auch an seiner Exfreundin Sylvia, einer Professorin. Seit einem Unfall ist Sylvia sexuell nicht mehr verfügbar, sie beklagt sich über „Schmerzen“ beim Sex, weswegen sie sich von Peter trennt. Margaret lebt nicht mehr mit ihrem problematischen Mann zusammen, sie übt sich in Selbstzensur, hat stets Angst, sich als raubtierhaftes Cougar der sozialen Ächtung auszusetzen, während Naomi, die im selben Alter wie Ivan ist, keine Angst davor hat, auch finanziell von Peter zu profitieren. Im Roman wird die Wichtigkeit von Sexualität betont, es geht im Kern um Generationenunterschiede.
Rooney arbeitet mit dem Stilmittel des Bewusstseinsstroms (was sich bei einer irischen Autorin quasi aufdrängt). Eigentlich ist der Roman recht dialoglastig, da Rooney aber nicht mit Anführungszeichen hantiert, war ich beim Lesen nicht genervt von den Ausführungen der Protagonisten. Anfangs war ich richtig begeistert von der Erzählung, da es um so Vieles geht, um Gott und die Welt, wenn man so will. So viele kluge Gedanken und feinsinnige Beobachtungen werden in der Geschichte geäußert, es geht um individuelle Freiheit, aber auch um das Kollektiv, wenn etwa soziale Ungerechtigkeit angeprangert wird. Als sozialer Aufsteiger ist Peter in gewisser Weise unsicherer als der Nerd Ivan, wenn er über seinen gesellschaftlichen Rang sinniert: „Sein eigener [Vater]: der bescheidene, angepasste Einwanderer. Warum spricht dein Vater so komisch. Ihr seid nicht von hier, oder?“ Trotz aller Bemühungen kann der erfolgreiche Erstgeborene der Koubeks nicht in den inneren Kreis der wahrhaft Privilegierten vordringen – „Sie bekommen Stellenangebote von Freunden, er muss sich kümmern. Ungeschriebene Kleiderordnung, Sprachregeln. […] Und wo bist du zur Schule gegangen. Leben zu Hause in Ranelagh, während er die Hälfte seines Gehalts für Miete ausgibt.“
Mit dem Tod des Vaters fällt auch Peters Beschützerrolle weg. Seinen Kummer ertränkt er in Alkohol, ohne Schlafmittel liegt er wach. Er möchte nur „geliebt“ werden. Ivan spielt schlechtes Schach, und schließlich blockiert er Peters Nummer und es kommt zum großen Showdown. Werden die Brüder sich je versöhnen?


Ich habe „Intermezzo“ regelrecht verschlungen und ich hatte über weite Strecken das Gefühl, das beste Buch des Jahres gelesen zu haben. Den Stil der Autorin mag ich sehr! Die Story ist sehr spannend & an keiner Stelle langatmig. Die Charakterisierung der männlichen Protagonisten ist unglaublich gelungen, diese Figuren sind filigran und vielschichtig gezeichnet. Selbst die Beschreibung eines Haustiers (ich mag Haustiere in Romanen eigentlich nicht) ist prima. Rooney gelingt es, den Weltschmerz der eigentlich privilegierten Protagonisten nachvollziehbar und glaubwürdig abzubilden. Niemandes Leben ist in Gefahr – glücklich sind die Akteure zu Beginn der story dennoch nicht.
Bis zum letzten Drittel des Buches war „Intermezzo“ für mich ein 5 – Sterne – Werk. Der Finalteil hat mich indes enttäuscht. Die Figurenzeichnung der Frauen ist in meinen Augen nicht unbedingt gelungen, Margaret ist zwar älter als Peter, und sie schleppt Altlasten aus der Vergangenheit mit sich herum, sie ist aber auch wunderschön (ergo liebenswert?). Die eine supersexy, die andere superschlau, die Dritte superschön.
Von Sylvias Unfall ist stets die Rede, als Leser erfahren wir jedoch nichts über die genauen Umstände. Eine blitzgescheite Gelehrte mit Handicap, die aber auch selbstsüchtig ist und Peter den Laufpass gibt. Leider greift Rooney tief in die Klischeekiste, wenn sie die Intellektuelle, welche sich großmütig – gütig „arrangieren“ will, schmerzgeplagt mit Kotzkübel in der Nähe auf einem Teppich liegen lässt. Das Plädoyer für Polyamorie scheint eine einfache Lösung zu sein; die Auflösung der Geschichte war mir persönlich zu kitschig, die Qualität des Romans nimmt zum Ende hin leider ab. Lesenswert ist „Intermezzo“ dennoch.

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Veröffentlicht am 31.07.2024

Die Zeichen der Zeit

Signum
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Mit „Signum“ hat John Ajvide Lindqvist den zweiten Band der „Stormland“ – Trilogie vorgelegt. Man muss den ersten Band nicht gelesen haben, um die Handlung zu verstehen, da der Autor alles Wichtige ...

Mit „Signum“ hat John Ajvide Lindqvist den zweiten Band der „Stormland“ – Trilogie vorgelegt. Man muss den ersten Band nicht gelesen haben, um die Handlung zu verstehen, da der Autor alles Wichtige zusammenfasst. Der Auftaktband – „Refugium“ gefiel mir gut, obwohl es sich bei der Reihe im Kern um ein „Millenium“ - Retelling handelt. Da der Autor nicht auserkoren wurde, um eine Fortsetzung des Originals zu fabrizieren (der Erfolg & Tantiemen sind vorprogrammiert), machte er aus der Not kurzerhand eine Tugend. Die Protagonisten Kim Ribbing und Julia Malmros sind Salander & Blomquist mit „vertauschten“ Geschlechtern. Ein auktorialer Erzähler führt durch das Geschehen.
Dr. Martin Rudbeck ist eine Art skandinavischer Josef Mengele. Im zweiten Teil der Reihe will der Hacker Kim endlich Antworten – er hat seinen Peiniger aus Kindertagen entführt. Seine Freundin, die Expolizistin Julia, ermittelt wieder. Aber sie wird auch von Selbstzweifeln geplagt – hat die Beziehung zu dem sehr viel jüngeren Kim überhaupt eine Zukunft? Und kann sie Beruf & Privatleben trennen, muss sie Kim verraten?
„Signum“ ist in meinen Augen ein typischer Mittelband (mit den üblichen Schwächen). Der Roman ist nicht ganz so fesselnd wie der actionreiche Auftaktband, es gibt leider auch Längen in der Erzählung. Die Figuren agieren stellenweise „out of character“, das irritierte mich beim Lesen, wobei mir die Intention des Autors klar war, es ging darum, die Protagonisten menschlich und verletzlich zu präsentieren. Der Thriller ist nichts für schwache Nerven, dies war mir jedoch schon vor Beginn der Lektüre bekannt. Die Story ist mal wieder am Puls der Zeit – die sozialkritischen Ansätze des Autors fand ich spannend, wobei die kaum camouflierte Kritik an rechtsextremen Parteien nicht überrascht. Sehr viel gelungener fand ich die Entzauberung der Götter in Weiß, das Anprangern von institutionalisiertem Machtmissbrauch. Auch die Implementierung einer metafiktionalen Ebene kann überzeugen.
Insgesamt habe ich die Handlung mit Interesse verfolgt, „Signum“ habe ich trotz kleiner Schwächen gern gelesen. Nun bin ich gespannt auf den letzten Band der Trilogie.



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