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Veröffentlicht am 15.06.2022

Die Vertreibung aus dem Paradies

Die Freundinnen vom Strandbad (Die Müggelsee-Saga 1)
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„Eine Blonde, eine Rothaarige, eine Brünette – ihre Leben waren in unterschiedlichen Bahnen verlaufen, doch von einer Sekunde auf die andere hatte das Schicksal sie zusammengeworfen.“ (S. 18) 1956 retten ...

„Eine Blonde, eine Rothaarige, eine Brünette – ihre Leben waren in unterschiedlichen Bahnen verlaufen, doch von einer Sekunde auf die andere hatte das Schicksal sie zusammengeworfen.“ (S. 18) 1956 retten Martha, Betty und Clara im Strandbad Müggelsee zusammen einen alten Mann vor dem Ertrinken, aus den Klassenkameradinnen werden Freundinnen fürs Leben. Und ihr Leben scheint vorbestimmt, denn viele Auswahlmöglichkeiten hat man in der DDR nicht. Sehr gute schulische Leistungen und unbedingte Regimetreue sind nötig, wenn sie ihre Träume verwirklichen wollen – doch in wieweit können und wollen sie sich verbiegen?

Martha ist schüchtern und unauffällig, hält sich stets zurück, beobachtet und protokoliert (wie von ihrem Vater verlangt) was um sie herum passiert. Wenn es nach ihren Eltern geht, wird sie Lehrerin oder studiert Ökonomie (natürlich in Moskau). Dass sie richtig gut schreiben kann und lieber Journalistin werden möchte, lehnen sie kategorisch ab. In der Schule gehört sie zu den Besten, dafür arbeitet sie hart und engagiert sich in der FDJ.
Betty ist die Tochter des Strandbadleiters, die heimliche Königin der Schule, ihr Wort ist Gesetz. Sie ist selbstsicher, wunderschön, ein modisches Vorbild. Und sie möchte Schauspielerin werden, wenn schon nicht in Hollywood, dann wenigstens in der DDR. Diesem Ziel ordnet sie alles unter – auch ihre Partnerwahl.
Clara ist hochbegabt, extrem schlau und sehr fleißig. Sie hätte locker ein Jahr überspringen können, aber weil sie nicht in der FDJ ist, wird es ihr besonders schwer gemacht. Trotzdem ist davon überzeugt, dass sie später als Astronautin ins Weltall fliegen wird.

Auch vier Jahre später, kurz vor dem Abi, verfolgen die Freundinnen noch ihre Berufsziele. Martha leitet eine eigene FDJ-Gruppe und scheint sich damit abgefunden zu haben, Lehrerin zu werden. Betty ist die Freundin eines aufstrebenden Regisseurs, der ihr schon erste Rollen verschafft hat. Clara ist weiterhin die Beste ihres Jahrgangs, wird aber von der Schulleitung schikaniert. Als dann das Gerücht umgeht, dass eine Mauer quer durch Berlin gebaut werden soll, müssen sie sich schnell entscheiden. Bleiben sie bei ihren Familien oder wagen sie den Sprung ins Ungewisse? „Manchmal hat das Schicksal einen besseren Plan als den, den man sich selbst zurechtgelegt hat.“ (S. 301)

Julie Heilands „Die Freundinnen vom Strandbad“ hat mich sofort in meine Jugend in der DDR zurückkatapultiert, auch wenn ich 20 Jahre später geboren wurde. Auch ich war in der FDJ und musste an „freiwilligen“ Nachmittagsveranstaltungen teilnehmen. Und auch meine Zukunft war schon geplant, aber ich hatte damals Glück, denn die Wende kam genau rechtzeitig.
Ich kann ich mich darum gut in die drei Freundinnen hineinversetzen, ihre Sorgen und Probleme, mich an das Gefühl ständiger Beobachtung und Bewertung erinnern. Denn auch wenn ihr Leben perfekt klingt, hinter den Fassaden ihrer heilen Familien verbirgt sich so manches Geheimnis.
Martha fühlt sich zu Hause oft als fünftes Rad am Wagen, Bettys Vater bändelt mit jungen Frauen an und ihre Mutter verlässt kaum noch das Haus, stattdessen betäubt sich die ehemalige Pianistin nicht nur mit stundenlangem Klavierspiel, und Claras Vater darf nicht mehr als Pfarrer arbeiten, außerdem müssen sie zusammen mit ihrem Großvater in einer winzigen Wohnung in einem abbruchreifen Haus wohnen.
Doch so lange sie sich, ihre Freundschaft und Träume haben, halten die drei das alles aus. Sie erleben zusammen scheinbar endlose Sommerferien im Freibad, die ersten Schwärmereien und die erste große Liebe. Aber sie können diese unbeschwerte Jugend nicht lange genießen und müssen schneller als erwartet erwachsen werden, denn „Ehrlich zu sein, ist in diesem Land nicht ohne Risiko.“ (S. 506) Clara lernt als erste und auf die harte Tour, dass sie sich anpassen und verstellen muss. Martha wird durch Zuckerbrot und Peitsche von ihren Eltern auf Kurs gehalten, als sie zum ersten Mal etwas Verbotenes macht, und Betty hat einen anderen Mann kennengelernt, der ihr einfach nicht aus dem Kopf geht.

Julie Heiland schildert in ihrem Buch eine wunderbare Freundschaft und scheinbar perfekte Jugend in einem Staat, der alles kontrollieren und bestimmen wollte. Sie zeigt bewegende Schicksale, wie die drei jungen Frauen und ihre Freunde zusammen erwachsen werden und Entscheidungen treffen müssen, für die sie eigentlich noch zu jung sind, die aber ihr weiteres Leben extrem beeinflussen werden. Außerdem zeigt sie, dass wahre Freundschaft einen fast alles aushalten lässt. Mich hat dieses Buch sehr berührt und ich bin extrem gespannt, wie es mit Martha, Betty und Clara im nächsten Band weitergeht.

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Veröffentlicht am 11.06.2022

Die Amazone

Die Hafenärztin. Ein Leben für das Glück der Kinder (Hafenärztin 2)
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„Die Ehe ist ein Grab für eine Frau mit Geist. Ich ziehe es vor, mein eigenes Geld zu verdienen und über mein Leben selbst zu bestimmen.“ (S. 245)
Helene Curtis steht kurz vor dem Abschluss des Lehrerinnenseminars ...

„Die Ehe ist ein Grab für eine Frau mit Geist. Ich ziehe es vor, mein eigenes Geld zu verdienen und über mein Leben selbst zu bestimmen.“ (S. 245)
Helene Curtis steht kurz vor dem Abschluss des Lehrerinnenseminars und macht ein Praktikum in den Auswandererhallen der HAPAG auf der Veddel. Sie soll den Kindern, die meist aus Osteuropa kommen, Deutsch und Englisch beibringen und sie so auf ihren Neuanfang vorbereiten. Als ihr eine Krankenschwester von einem toten Jungen und dem Choleraverdacht erzählt, fragt sie Dr. Anne Fitzpatrick, die ebenfalls dort arbeitet und den Jungen behandelt hat. Anne kann sie beruhigen, die Cholera hatte der Junge nicht. Trotzdem stimmt etwas nicht mit seinem Tod, meint sie und sieht sich die Aufzeichnungen der Krankenstation an – seit 2 Wochen häufen sich Durchfall und Erbrechen bei Kindern. Das kann kein Zufall sein! Sie vermutet Gift und informiert Kommissar Berthold Rheydt, der in einem anderen Fall auch gerade mit Gift zu tun hat. Bei einem getöteten Zuhälter wurde ein sehr teurer Koffer voller hochwertiger Pflanzengifte gefunden, mit denen man in winzigen Mengen allerdings auch heilen könnte: „Der Besitzer … muss ein interessanter Mensch sein. Er ist entweder Arzt oder Massenmörder oder beides. Oder Apotheker.“ (S. 126). Dem Toten gehörte der Koffer also nicht. Aber wem dann? Und hängen die beiden Fälle irgendwie zusammen?

„Ein Leben für das Glück der Kinder“ ist bereits der zweite Teil der Reihe und hat mich wie schon „Ein Leben für die Freiheit der Frauen“ von Anfang bis Ende mitgerissen. Diesmal beleuchtet Henrike Engels das Geschäft mit den Auswanderern, für die auf der Veddel eine eigene kleine (Quarantäne-)Stadt in der Stadt mit Kirche, Synagoge, Musikpavillon, Hotels und Schlafsälen gebaut wurde, um sie von den Hamburgern zu separieren und die Ausbreitung von Krankheiten im Keim zu ersticken. Ich fand es erschreckend, dass die Menschen in verplombten Zügen „angeliefert“ wurden – wie eine beliebige Ware!

Helene hat im ersten Band ein Geheimnis ihres sittenstrengen Vaters entdeckt und konnte dadurch ihre Ausbildung durchsetzen. Sie hat sich ihre langen roten Haare abgeschnitten und sieht jetzt aus wie eine Amazone mit einem kupferfarbenen Helm – und verhält sich oft auch so, ist dem Verein „Frauenwohl“ beigetreten und marschiert beim ersten Frauentag in erster Reihe mit. Ihr Beruf als Lehrerin füllt sie voll aus. Sie setzt auf die noch umstrittene ganzheitliche Betrachtung der Kinder und ist sehr an Sigmund Freuds Lehren interessiert. Der einzige Nachteil ist das Lehrerinnenzölibat – sie hätte gern eigene Kinder und hat sich in einen Mann verguckt ... Ich traue ihr durchaus zu, dass sie einen Weg findet, trotzdem beides zu bekommen – ihren Beruf und eine eigene Familie.

Auch Anne liebt ihren Beruf als Ärztin, macht sich aber nicht nur bei der HAPAG Feinde, als sie auf die Aufklärung der Todesfälle dringt. Leider scheint den Verantwortlichen mehr an ihrem Gewinn als an einzelnen Menschenleben zu liegen. Zudem muss sie sich immer wieder gegen Anfeindungen auch von anderen Frauen wehren, wie unweiblich ihr Beruf wäre. Und dann ist da noch das Geheimnis ihrer Herkunft, über das bisher nur Berthold Rheydt Bescheid weiß und das sie jetzt einzuholen droht.

Berthold Rheydt ist ein Mann mit Ecken und Kanten, ein brillanter Ermittler, der allerdings nicht nur beim Fußball immer mal übers Ziel hinausschießt und sich rührend um seine Untergebenen kümmert.

Teils zusammen, teils unabhängig voneinander kommen die drei dem Täter immer näher und geraten dabei wieder selber in Lebensgefahr. Die Verflechtung der Fälle mit dem Privatleben der Hauptprotagonisten, aus deren Sicht abwechselnd erzählt wird, hat mir wieder sehr gut gefallen. Man kommt ihnen dadurch besonders nahe und erlebt ihre Entwicklung hautnah mit.

Für mich ist auch die Fortsetzung wieder eine sehr gelungene Mischung aus Krimi, Roman und historisch aktuellen Themen. Henrike Engel schreibt sehr fesselnd, kurzweilig und atmosphärisch, lässt das Veddel vor dem Auge des Lesers auferstehen und geht auf die besondere Situation der (jüdischen) Kinder und Frauen unter den Auswanderern ein.
Ich bin schon sehr gespannt auf den nächsten Fall, der bereits im November erscheint.

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Veröffentlicht am 05.06.2022

Der Mann ihrer Träume

In fünf Jahren
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„Mein Name ist Dannie Kohan. Und ich glaube an ein Leben nach Zahlen.“ (S. 10) Seit Dannie 10 Jahre alt ist, träumt sie davon, Firmenanwältin bei der größten New Yorker Kanzlei zu werden, mit 28 will sie ...

„Mein Name ist Dannie Kohan. Und ich glaube an ein Leben nach Zahlen.“ (S. 10) Seit Dannie 10 Jahre alt ist, träumt sie davon, Firmenanwältin bei der größten New Yorker Kanzlei zu werden, mit 28 will sie verlobt und mit 30 verheiratet sein. Mit ihrem Freund David scheint dieser Lebensplan voll aufzugehen. Als sie 28 ist bekommt sie ihren Traumjob und David bitte sie um ihre Hand. Sie sagt ja, schläft nach der ausgelassenen Feier auf ihrer Couch ein und erwacht kurz darauf in einer fremden Wohnung bei einem Unbekannten mit einem anderen Verlobungsring. Außerdem sind anscheinend 5 Jahre vergangen. Doch schon nach einer Stunde ist der Spuk zum Glück wieder vorbei und sie in ihrem „alten“ Leben zurück. Von da an geht es weiter wie geplant. Nur ihrer Hochzeit mit David kommt in den nächsten 4,5 Jahren immer irgendwas dazwischen. Und dann steht plötzlich der Mann aus ihrem Traum vor ihr und sie muss sich entscheiden. Will sie, dass der Traum wahr wird oder tut sie alles, um genau das zu vermeiden? Leider kann ihr in dieser Situation auch ihre beste Freundin Bella nicht weiterhelfen, da sie ihr nie von diesem Traum erzählt hat und Bella sowieso der Meinung ist, dass Dannie mehr von der Liebe erwarten soll, als nur die gleichen Zukunftspläne: „Bei der Liebe ist es nur wichtig, dass sie existiert. Hier. Jetzt. Liebe braucht keine Zukunft.“ (S. 237)

Dannie und Bella kennen sich seit der ersten Klasse und hatten bisher nie Geheimnisse voreinander. Die beiden sind überhaupt sehr verschieden. Dannie ist in einem liebevollen Elternhaus aufgewachsen, musste schon früh den Verlust ihres älteren Bruders verkraften und sich alles aus eigener Kraft erarbeiten. Sie ist konservativ und geht sehr geradlinig durchs Leben. Für sie sind Wünsche Pläne, die sie umsetzen wird und ihr Verlobter sieht es genauso. Die beiden scheinen das perfekte Paar zu sein, warum also verschieben sie die Hochzeit dann immer wieder?
„Bella ist ein verwöhntes, sprunghaftes Wesen und mehr als nur ein bisschen bezaubernd.“ (S. 15) Sie macht ihrem Namen alle Ehre und ist wunderschön, hält sich allerdings nie lange an einem Ort oder mit einem Partner auf. Sie genießt das Leben in vollen Zügen, verwirklicht sich als Künstlerin und Galeristin, denn wenn ihre Eltern auch nie Zeit oder Interesse für sie hatten, Geld war immer genug da.

„In fünf Jahren“ hat mich überrascht und so gefesselt, dass ich es auf einen Rutsch durchgelesen habe. Das Buch klang nach einer vielleicht etwas mystischen Liebesgeschichte, aber es ist so viel mehr. Es geht um die Beziehung zwischen Lebenspartnern, besten Freundinnen, Eltern und Kindern, und darum, welche Art von Liebe eine Partnerschaft zusammenhält.
Ich möchte hier nicht zu viel spoilern, aber die Geschichte nimmt eine sehr traurige und dramatische Wendung, die mir extrem zu Herzen gegangen ist und mich berührt hat (auch wenn ich es diesmal ohne Taschentücher geschafft habe).

Mein Tipp für alle Fans besonderer Geschichten, die sich nicht nur um die Liebe, sondern auch um wahre Freundschaft drehen.

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Veröffentlicht am 02.06.2022

Emotionen pur! Gefühle, Verrat, Drama – alles was das Herz begehrt

Töchter der Speicherstadt – Der Geschmack von Freiheit
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„… seit zehn Jahren kämpfe ich nun schon um die Firma. Es wird Zeit, dass es endet.“ (S. 123) Seit dem Tod ihres Mannes führt Maria Behmer zusammen mit ihrem Prokuristen das Kaffeekontor in der Hamburger ...

„… seit zehn Jahren kämpfe ich nun schon um die Firma. Es wird Zeit, dass es endet.“ (S. 123) Seit dem Tod ihres Mannes führt Maria Behmer zusammen mit ihrem Prokuristen das Kaffeekontor in der Hamburger Speicherstadt. Sie hatte gehofft, dass ihre Tochter Cläre irgendwann in die Firma einsteigt, aber die träumt von einem Ökonomiestudium und arbeitet so lange lieber in der Hamburger Bücherstube. Cläre ist seit zwei Jahren mit einem Bremer Kaufmann verlobt, der Ambitionen hat und gut in die Firma passen würde, aber die große Liebe ist es nicht. Dann lernt sie den ewigen Studenten und Journalisten Fritz kennen, der viel Leichtigkeit und Sorglosigkeit in ihr Leben bringt und ihr die Welt zu Füßen legt. Erst als Maria gesundheitliche Probleme bekommt, engagiert sich Cläre endlich in der Firma. Doch da kommen die Nationalsozialisten an die Macht und dunkle Wolken ziehen über Deutschland auf ...

Auch Maria Schwägerin Gertrud und deren Familie wohnen immer noch mit in der Villa, obwohl das Zusammenleben nicht einfach ist. Vor allem deren inzwischen verheiratete Tochter Emma „… hatte sich zu einer glühenden Verehrerin des Führers entwickelt. Ihr eigener Mann wirkte daneben unscheinbar wie ein Statist, für den sie eine große Rolle vorgesehen hatte, von der er noch nichts wusste.“ (S. 222) Sie neidet Maria und Cläre die Villa und die Firma und lässt nichts unversucht, sie daraus zu verdrängen. Ich fand es toll, dass es mal wieder eine Protagonistin gibt, die man so richtig schön hassen kann.
Im Gegensatz dazu tat mit Emmas Bruder Willi leid. Der wird sein Kriegstrauma trotz verschiedener Kuren und Behandlungsmethoden nicht mehr los und dadurch zum gesellschaftlichen Außenseiter.
Zum Glück kommt Cläre nach ihrer Mutter und setzt sich für die Schwachen und Ausgestoßenen in der Gesellschaft ein – auch wenn sie das im 2. WK selber in große Gefahr bringt.

Anja Marschall hat es geschafft, mich auch im zweiten Band ihrer „Töchter der Speicherstadt“-Saga sofort wieder in den Kosmos der Behmers zu ziehen und bis zum Ende zu fesseln. „Der Geschmack von Freiheit“ hat alles, was ein richtig gutes Buch braucht – Emotionen pur! Gefühle, Verrat, Drama – alles was das Herz begehrt. Ich bin begeistert.
Sie hat einen extrem mitreißenden Schreibstil. Mir gefällt, wie sie historische Hintergründe oder politische und gesellschaftliche Entwicklungen in die Handlung und die Geschichte der Familie einbindet, sei es das Erstarken des Nationalsozialismus, den Schwarzen Freitag, die Enteignung der Juden und die Ausbürgerungs- bzw. Auswanderungspolitik der Nazis. Es ist beeindruckend, mit wie wenigen kompakten Szenen sie die Grauen der Naziherrschaft und des Krieges schildert.

Das Ende des Buches hat mich dann geflasht – was für ein Plot Twist! Und es ist richtig fies, denn man will unbedingt, wie es bei den Behmers nun weitergeht …

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Veröffentlicht am 30.05.2022

Von Norma Jeane zu Marilyn Monroe

Marilyn und die Sterne von Hollywood
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Wenn der Name Marilyn Monroe fällt, hat wohl jeder sofort ihr gehauchtes „Happy Birthday Mr. President“ im Ohr oder sieht sie in dem Film „Manche mögen`s heiß“ vor sich. Marilyn ist auch heute noch eine ...

Wenn der Name Marilyn Monroe fällt, hat wohl jeder sofort ihr gehauchtes „Happy Birthday Mr. President“ im Ohr oder sieht sie in dem Film „Manche mögen`s heiß“ vor sich. Marilyn ist auch heute noch eine Ikone, eine Legende, ein Sexsymbol. Sie war eine Frau, die nicht nur ihre Generation geprägt hat. Ihren Weg dahin in den Jahren 1942 – 1946 schildern Claudia und Nadja Beinert in „Marilyn und die Sterne von Hollywood“. Sie erzählen kurz von Norma Jeanes Kindheit im Waisenhaus und verschiedenen Pflegefamilien. Wie sie sich bei ihrer Stiefschwester und ihrer Pflegemutter Grace und zum ersten Mal angekommen und geliebt fühlt, wie diese ihre Liebe fürs Kino weckt und die Hoffnung, dass sie Schauspielerin werden könnte, und wie enttäuscht Norma ist, als die Familie später ohne sie in einen anderen Bundestaat zieht und sie mit 16 verheiratet wird. „… sie fühlte sich wieder wie das Kind, das niemand haben wollte.“ (S. 128)
Und obwohl sie und ihr Mann Jim zusammen glücklich werden, kann sie den Traum von der Schauspielerei nie ganz vergessen. Als sie dann ausgerechnet im Krieg von einem Militärfotografen entdeckt wird, sieht sie ihre Chance gekommen. „Es waren magische Momente gewesen, einmal im Mittelpunkt zu stehen und nicht immer nur am Rand wie eine Ersatzspielerin des Lebens.“ (S. 216) Aber noch ist sie keine 21 und verheiratet, also völlig von ihrem Mann abhängig …

Claudia und Nadja Beinert ist es gelungen, sehr fesselnd und lebendig von diesen bewegten Jahren zu erzählen. Sie beschreiben die ersten Schritte eines unsicheren, stotternden Teenagers mit großen Träumen auf dem Weg zum Ruhm.
Norma hat sich zeit ihres Lebens nach einer Familie gesehnt, nach eigenen Kindern. Dafür war sie auch bereit, sich den Konventionen ihrer Zeit zu unterwerfen, sich zu bemühen, eine perfekte Haus- und Ehefrau zu sein und ihre eigenen Bedürfnisse stets hintenanzustellen.
Doch der Krieg und Jims Abwesenheit geben ihr die Chance, sich weiterzuentwickeln – endlich darf sie arbeiten gehen und den Führerschein machen. Endlich wird sie entdeckt. Und sie nutzt das, um sich zu emanzipieren – unterstützt von Grace, die plötzlich wieder zur Stelle ist und ihr zuredet, ihren Karrierewunsch über ihre Ehe zu stellen. „Auch in einer Ehe darfst du deine Bedürfnisse nie vergessen. Ansonsten bist du irgendwann nur noch eine leere Hülle zu Diensten deines Mannes.“ (S. 259)

Mir hat gefallen, wie vielschichtig Norma dargestellt wird. Einerseits ist sie blutjung, schüchtern, leicht zu beeinflussen und harmoniesüchtig. Sie fühlt sich oft zerrissen, weil sie den Erwartungen ihrer Familie oder ihres Mannes unbedingt gerecht werden will, aber sie hat eben auch eigene Träume für ihr Leben. Andererseits ist sie eine Frau, die sich für Schwächere einsetzt, egal ob es sich dabei um Menschen oder Tiere handelt, und Ungerechtigkeiten anprangert. Ich hatte das Gefühl, dass es ihr manchmal leichter viel, für andere zu kämpfen, als für sich.

Ein wirklich beeindruckendes Portrait einer tollen Frau!

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