Heimkehr in den Tod
Durch die Welt ein RissDas Schweigen der Waffen hält schon seit 9 Wochen an und der Krieg ist zu Ende. Die überlebenden des Kriegsgefangenenlagers können kaum glauben, dass es nach jahrelangem Kämpfen, Hungern und Frieren und ...
Das Schweigen der Waffen hält schon seit 9 Wochen an und der Krieg ist zu Ende. Die überlebenden des Kriegsgefangenenlagers können kaum glauben, dass es nach jahrelangem Kämpfen, Hungern und Frieren und den desolaten Verhältnissen im Lager nur noch einen Weg für sie gibt - zurück nach hause. Am 16.Juli 1945 besteigen 1200 Soldaten den Zug, der Träume wahr werden lässt. Doch es ist für viele eine Heimkehr in den Tod....
Geprägt nach von den aktuellen Bildern des schrecklichen Zugunglücks von Garmisch-Partenkirchen, brennt sich dieses Buch in die Herzen der Lesenden und hinterlässt tiefe Spuren. Simon Viktor gibt all denjenigen eine Stimme, die am 16.Juli 1945 für immer verstummt sind.
Er erzählt von einem bayerischen Dorf, das immer noch geprägt ist von den alten Denkweisen, die sich so schnell nicht abschütteln lassen. Gegen die Vorurteile und den Zusammenhalt einer eingeschworenen Dorfgemeinschaft anzukommen ist schwer, wenn gar unmöglich. Und doch versucht Tierarzt Marra mit seinem Sohn in Aßling ein neues Zuhause zu finden.
Hass und Häme sind an der Tagesordnung, wenn Paul, durch einen Klumpfuß gehandicapt, versucht, ein Teil der Klassengemeinschaft zu werden. Kinder können grausam sein und der Autor zeigt eindringlich, wie die Mitschüler Paul verbal und körperlich zusetzen.
Die Tragödie nimmt ihren Lauf und der Autor lässt die Unglücksnacht mit ihren unheilschwangeren Gewitterwolken wieder lebendig werden. Zuerst ist das monotone Rattern der Rädern auf den Gleisen zu hören, um dann jäh in einer Kackophonie aus berstenden Waggons, die ineinander geschoben werden, herumfliegenden Holz- & Eisenteilen und markerschütternden Schreien der Verwundeten und Sterbenden zu enden.
Die Dorfbewohner:innen helfen, wo sie können und doch gleiten ihnen die Leben der Soldaten durch die Hände. Machtlos müssen sie mit ansehen, wie aus denen, die lebend aus einem sinnlosen Krieg heimgekehrt sind, das Leben entweicht. Die Eindrücke dieser Nacht verändern alles....
Simon Viktor schildert die tragischen Ereignisse so wirklichkeitsnah, sodass Panik, Angst und Entsetzen unter die Haut kriechen und den Leser:innen immer wieder der Atem stockt. Es fällt schwer, hier die Grenze zwischen Wahrheit und Fiktion zu erkennen, da die Bilder, Handlungen und Figuren einfach zu real erscheinen.
Ausgelöst durch ein tragisches Missgeschick, ist dieses Zugunglück eine der schlimmsten Bahnkatastrophen in der Deutschen Nachkriegsgeschichte und leider in Vergessenheit geraten. Simon Viktor setzt mit seinem Debütroman Opfern und Helfenden ein eindrucksvolles Denkmal.