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Veröffentlicht am 18.06.2022

Wittgenstein

Funkenmord (Kluftinger-Krimis 11)
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Kluftinger hat es dem Verurteilten versprochen. Er glaubt, dass dieser nicht der Mörder war und er wird den wahren Täter finden. Der alte Mordfall einer jungen Lehrerin ist vor Gericht zwar abgeschlossen, ...

Kluftinger hat es dem Verurteilten versprochen. Er glaubt, dass dieser nicht der Mörder war und er wird den wahren Täter finden. Der alte Mordfall einer jungen Lehrerin ist vor Gericht zwar abgeschlossen, aber doch ungeklärt. Für Klufti ist es ein Schatten auf seiner Laufbahn, schließlich hatte er den mutmaßlichen Täter als junger Polizist gefasst. Was ist damals wirklich geschehen? Und das ist nicht das einzige Problem. Seiner Erika geht es nicht gut. Seitdem er entführt worden war, wird sie nicht mehr froh, obwohl doch alles relativ gut ausgegangen ist. Und für den verstorbenen Kollegen Strobl kommt eine neue Kollegin in die Abteilung.

Zum elften Mal ermittelt Kluftinger gemeinsam mit seinem Team und der Neuen Lucy Beer. Dabei hat er es zu hause nicht leicht. Erika hat die Ereignisse des Letzten Falls sehr schwer genommen und hat Mühe, alles zu verarbeiten. Und dieser Fall lässt ihm einfach keine Ruhe. Zusätzlich haben sie ihn zum kommissarischen Polizeipräsidenten gemacht. Das wäre eine Ehre, wenn damit nicht auch administrative und repräsentative Tätigkeiten verbunden wären, was Klufti überhaupt nicht leiden kann. Noch hat er keinen gefunden, auf den er das abwälzen kann. Ein Lichtblick ist das kleine Enkelchen, das bald getauft werden soll.

Die Kluftinger-Krimis bieten routinierte, aber immer gute Unterhaltung. Bei diesem neuen Fall ist Kluftinger persönlich betroffen. Dass er beim letzten Fall wirklich in Gefahr geraten ist, spornt ihn ebenso an, wie die Schuldgefühle, die ihn plagen, weil er damals den Falschen gefasst hat. Hartnäckig macht sich Klufti auf die Suche nach der Wahrheit. Doch Kluftinger wäre nicht Kluftinger, wenn er nicht ein ums andere mal mit den Tücken des Alltags hadern würde. Seine grantelnde Art macht aber gerade einen großen Teil seines Charmes aus. Er und seine Mitstreiter bilden ein sympathisches Team, das man gerne im Regal willkommen heißt.

Veröffentlicht am 16.06.2022

Am Ende des Dorfes

Die Bagage
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Am Ende des Dorfes wohnen die von der Bagage, die armen Leute. Josef und Maria Mossbrugger leben mit ihren vier Kindern leidlich zufrieden. Doch gleich zu Beginn des ersten Weltkriegs wird Josef eingezogen. ...

Am Ende des Dorfes wohnen die von der Bagage, die armen Leute. Josef und Maria Mossbrugger leben mit ihren vier Kindern leidlich zufrieden. Doch gleich zu Beginn des ersten Weltkriegs wird Josef eingezogen. Er bittet den Bürgermeister, auf seine Frau aufzupassen. Als dann der Georg aus Hannover auftaucht, der spricht wie geschrieben, gerät Maria unter Verdacht. Läuft da etwas? Das Dorf ist misstrauisch. Und der Bürgermeister kommt der Bitte Josefs auf sehr ungewöhnliche Art nach. Während seines Heimaturlaubs merkt Josef nichts und als Maria ihm schreibt, dass sie schwanger ist, freut er sich auf das Kind.

Bei der Erzählerin handelt es sich um die Enkelin Marias und die Tochter des Mädchens, mit dem Maria schwanger war. Grete, die den Familienfrieden aufgerührt hat. Die Zeit, in der Josef weg war, in der die Schönheit Marias nicht nur den Fremden durcheinander gebracht hat, sondern auch den Bürgermeister, der Josefs Bitte so eigenwillig auslegt, dass sich ihre Kinder genötigt sehen, die Mutter zu beschützen und zu verteidigen. Und der Verdacht ist da, zu seiner Tochter Grete wird Josef zu seinen Lebzeiten nie ein direktes Wort sagen und ihren Namen nicht aussprechen.

Die Autorin, deren Roman auch autobiographische Züge aufweist, hat eine beeindruckende Art zu erzählen. Sie ist es, die Recherchen anstellt zum Leben ihrer Großmutter und oft ist es die Schwester der Großmutter, die Auskunft gibt. Doch Monika Helfer gibt allen eine Stimme, lässt ihre Sicht der Dinge vor den Augen des Lesers erstehen. Eine Familie, die mit der Außenseiterposition im Dorf klarkommen muss, die Generationen braucht, um das zu schaffen. Eine Familie der Überlebenden, die ihre Geschichten genauso haben, wie die Verstorbenen. Das Leben war hart und manchmal kurz. Trotzdem wurde den Kinder so viel Liebe gegeben wie möglich. An anrührendes Buch, in dem deutlich wird, dass sich die Gegenwart aus der Vergangenheit erklärt.

Veröffentlicht am 13.06.2022

Am Filmset

Mission Blindgänger
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Endlich wird Capitaine Eva Rosiéres Roman verfilmt, sie selbst darf sich als Drehbuchautorin bezeichnen und sie ist auch häufiger am Set anzutreffen. Dass der Regisseur sich in ihre Arbeit gedrängt hat ...

Endlich wird Capitaine Eva Rosiéres Roman verfilmt, sie selbst darf sich als Drehbuchautorin bezeichnen und sie ist auch häufiger am Set anzutreffen. Dass der Regisseur sich in ihre Arbeit gedrängt hat und nun auch noch als Autor vor ihr genannt werden will, begeistert sie nicht. Aber natürlich würde sie deshalb keinen Mord begehen. Trotzdem ist der Regisseur tot und Eva die Hauptverdächtige. Zum Glück erklärt sich Commissarire Anne Capestan bereit, ihre Elternzeit zu unterbrechen und die Ermittlungen zu übernehmen. Es stellt sich heraus, dass der Regisseur des Films nicht besonders beliebt war, doch bis auf wenige scheinen alle Verdächtigen ein Alibi zu haben.

Der dritte Fall von Kommando Abstellgleis, die Brigade der Aussortierten, die erstaunlich gute Arbeit leistet. Commissaire Anne Capestan führt gleich ein neues Teammitglied ein, ihre Tochter Joséphine, für die sie keine Kinderbetreuung gefunden hat. Die Suche nach dem Täter gestaltet sich nicht nur deshalb schwierig, sondern auch weil die Verdachtsmomente gegen Eva schon sehr offensichtlich sind. Das weiß auch der Staatsanwalt, der nicht besonders glücklich über seine Darstellung in ihren Büchern ist. Als junge Mutter kämpft Anne mit dem Schlafdefizit und dem Stillstand im Kopf, dessen Denken so von Jeséphine eingenommen ist. Da müssen die Teammitglieder schon mal für sie einspringen.

Sehr unterhaltsam ist dieser Fall für das schräge, aber erfolgreiche Kommando Abstellgleis. Vielleicht nicht ganz realitätsnah, denn welche hochgestellte Beamtin ist schon als Autorin am Filmset zu finden, auch wenn sie beurlaubt ist. Dennoch ist es spannend zu lesen, wie das Team sich ins Zeug legt, den wahren Mörder zu finden, auch weil sie Eva einfach glauben, dass sie es nicht war. Da zweifelt man als Leser schon eher, doch auch gegen Mitglieder des Filmteams ergeben sich Verdachtsmomente. Hinweise dazu hat die Autorin geschickt gestreut. Etwa, um zu verwirren? Am Ende weiß man es und hat sich während der Lektüre sehr gut unterhalten.

Veröffentlicht am 12.06.2022

Wolf nicht Fuchs

Harriet Wolfs siebtes Buch der Wunder
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Nach ihrer Geburt schreit Harriet Wolf nicht, sie ist blass, fast durchscheinend. Es wird befürchtet, dass sie nicht lange überlebt und wenn doch, dass sie sehr eingeschränkt sein wird. Ihrer Mutter wird ...

Nach ihrer Geburt schreit Harriet Wolf nicht, sie ist blass, fast durchscheinend. Es wird befürchtet, dass sie nicht lange überlebt und wenn doch, dass sie sehr eingeschränkt sein wird. Ihrer Mutter wird daher erzählt, sie sei tot geboren. Harriet wird in ein Kinderheim für zurückgebliebene, körperlich oder geistig behinderte Kinder gebracht. Harriet ist allerdings eine echte Kämpfernatur. Sie überlebt. Im Heim ist ihr bester Freund Epitt Clapp, der Probleme mit der Lunge hat und manchmal ganz Worte verschluckt. Als Harriet das Heim verlassen darf, weil ihre Mutter herausgefunden hat, dass sie lebt, ist Epitt derjenige, den sie schmerzlich vermisst.

Das Leben der Vorfahren ist manchmal interessanter und turbulenter als die Nachkommen es sich vorstellen können. Harriet Wolf wird nach ihrem nicht so vielversprechenden Beginn des Lebens eine gefeierte Romanschriftstellerin. Doch erst ihre Enkelin Tilton, die selbst unter verschiedenen Krankheiten und Allergien leidet und deshalb von ihrer Mutter über die Maßen behütet wird, widmet sich den Geheimnissen ihrer Oma. Gibt es vielleicht ein weiteres Buch? Tilton, deren Schwester Ruth schon mit sechzehn von zu hause abgehauen ist, hat die Gelegenheit, sich dem wahren Leben zu stellen, weil ihre Mutter unerwartet ins Krankenhaus gekommen ist.

Zu Beginn dieses Romans muss man sich erstmal sortieren. Aus vier verschiedenen Sichtweisen kann man Harriet Wolf, ihre Tochter und ihre Enkelinnen kennenlernen. Sich an die sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten anzunähern, fällt manchmal nicht leicht, obwohl sich die Beweggründe der Frauen im weiteren Verlauf gut erschließen. Schließlich versteht man die große tragische Liebe Harriets und ihre Auswirkungen auf ihre Nachkommen. Dann kann man eintauchen in spannende, vielfältige und ungewöhnliche Lebensläufe. Wieso ein Fuchs über das Cover des Buches schleicht, in dem an Tieren eher Katzen, Hunde und Löwen auftauchen, erschließt sich nicht. Ansonsten ist der Umschlag ausgesprochen schön gestaltet. Auf der Suche nach Harriets siebten Wunder kann man die Zeit vergessen.

Veröffentlicht am 09.06.2022

Die Autorin

Die Ladys von Somerset – Die Liebe, der widerspenstige Ambrose und ich
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Die junge Emma Smart nach dem Tod ihrer Eltern zum Glück einen freundlichen Vormund, der ihr ein ruhiges Leben sichert. Insgeheim möchte Emma Theaterautorin werden und sie arbeitet an einem Stück. Ungewollt ...

Die junge Emma Smart nach dem Tod ihrer Eltern zum Glück einen freundlichen Vormund, der ihr ein ruhiges Leben sichert. Insgeheim möchte Emma Theaterautorin werden und sie arbeitet an einem Stück. Ungewollt jedoch bricht das Leben über sie herein. Ihr Vormund hat über seine Verhältnisse gelebt und sitzt nun im Gefängnis. Emma ist verzweifelt, wie soll sie sich und ihren Onkel nur durchbringen. Zum ersten Mal im Leben muss sie ihren Lebensunterhalt selbst verdienen. Das Glück ist ihr hold, sie findet eine Stelle als Gesellschafterin für die junge Anthea, deren Mutter sie unbedingt gut verheiraten will.

Im London des Jahres 1807 haben Frauen wie Emma Smart es nicht leicht, ein eigenes Leben zu führen. Sie müssen zusehen, dass sie die Aufmerksamkeit eines Mannes auf sich ziehen, der am besten noch angesehen und reich sein soll. Der Traum als Autorin tätig zu werden, wird wohl in den meisten Fällen ein Traum bleiben. Männer, die derartige Wünsche unterstützen, sind ebenfalls rar gesät. Emmas Situation ist nach der Pleite ihres Vormundes alles andere als rosig. Doch als sie in ihrer neuen Eigenschaft als Gesellschafterin den arroganten Ambrose Beauchamp wiedertrifft, ist Emma nicht begeistert. In ihrer Vorstellung sollte ein Mann doch bessere Qualitäten haben als dieser Schönling.

Emma Smart ist gewitzt wie ihr Name schon sagt. Aus einer fast aussichtslosen Situation heraus bekommt sie mit Glück eine Stelle. Auch wenn ihre Schutzbefohlene keinesfalls beabsichtigt, ihrer Mutter zu Willen zu sein, so ist sie doch umgänglich. Emmas Gegenpart Ambrose ist auf den ersten Blick hinreichend oberflächlich und auf Geld aus, auf den zweiten Blick hat er auch etliche freundliche Züge. Allerdings ist er von Stand und Emma kommt zwar aus einem guten Haus, mehr aber auch nicht. Werden die beiden eine Chance haben? So wie sie sich manchmal kabbeln scheint dies fast unausweichlich. Doch manche Verwirrungen können durchaus Zweifel hieran wecken. Dieser sonnige Roman über alte Zeiten unterhält bestens. Gerne liest man Kapitel für Kapitel und freut sich, dass Emma damals ihrer Zeit voraus ist und ihre Frau steht. Die Möglichkeit, freie Entscheidungen zu treffen, würde man ihr und eigentlich allen Frauen auch in der heutigen Zeit gerne gönnen.