Wie lange dauert Traurigsein? Das ist eine Frage, die sich wahrscheinlich alle, die schon mal einen Verlust erlitten haben, stellen werden, mich eingeschlossen. Besonders für Kinder, die bereits in jungen Jahren geliebte Personen an den Tod verlieren, ist es schwer, damit umzugehen, und genau hier greift das Buch von Maria Farm.
In verschiedenen Abschnitten wird aufgeschlüsselt, was Trauer eigentlich ist, was der Tod eigentlich ist, wie genau Trauer funktioniert, wie und wann es besser wird, und was man tun kann, wenn es nicht besser werden sollte.
Kindgerecht und die Lesenden immer wieder adressierend arbeitet die Autorin sich langsam durch diese Themen und dabei steht stets im Fokus, dass den Kindern vermittelt wird, ihre Gefühle seien richtig und nachvollziehbar. Es wird wieder und wieder betont, wie du dich fühlst, ist okay. Du darfst dich so fühlen, das ist ganz normal. Das fand ich einen der wichtigsten Aspekte des Buches, dass den Lesenden vermittelt wird, sie sind erstens nicht allein und zweitens ganz normal.
Dann mochte ich, dass zur Stützung des Textes viel mit dem Layout und Illustrationen gespielt wurde. Das verleiht dem Buch wesentlich mehr Lebendigkeit als nur ein stumpfer Fließtext und hat dafür gesorgt, dass ich auch mal ein paar Seiten mehr gelesen habe, als eigentlich geplant war. Anschauliche Metaphern und Bildnisse komplettieren den perfekt für Kinder geeigneten Stil. Aber nicht nur die Jüngeren, auch Eltern können hier noch was lernen, sei es entweder über den besseren Umgang mit der Trauer des Kindes, oder sogar über die eigene.
Was mich trotz all dieser schönen, positiven Aspekte leider massiv gestört hat, war, dass, obwohl das Buch in Titel und Klappentext als allgemein vermarktet wird, hier sehr stark auf den Tod von Eltern und Geschwistern gepocht wird. Immer wieder wird dem Kind gesagt „Wenn deine Mutter oder dein Vater..“, „Wenn deine Geschwister..“, und das fand ich unschön gelöst.
Mit Sicherheit ist der Tod eines so direkten Familienmitgliedes stark traumatisierend für ein Kind. Aber rein von der natürlichen Gegebenheit her wäre es wahrscheinlicher, dass ein Kind zuerst einen Großelternteil verliert, und das wird hier zwei-, vielleicht dreimal erwähnt. Es wird nie direkt Bezug auf einem solchen Todesfall genommen, und das finde ich zum einen aus emotionalen, ganz persönlichen Gründen schade, aber auch, weil ich annahm, dies sei eine übergreifende „Traueranleitung“, ohne so spezielle Bezugnahmen.
Meiner Meinung (und Erwartung) nach, hätte man entweder allgemeiner formulieren oder aber mehr Fälle bearbeiten sollen, wobei letzteres beinahe unmöglich ist. Jede*r hat andere Beziehungen, manche stehen vielleicht engen Freunden viel näher als einem Elternteil, manche einer Tante siebten Grades näher als der eigenen Schwester, überspitzt gesagt.
Ebenso wie mit den Verstorbenen verhält es sich mit den Todesfällen. Es werden viele Arten von Tod thematisiert, doch ich habe mich in dieser Auflistung nicht wiedergefunden. Gerade spezielle Fälle wie Suizid sind hier gut und richtig aufgehoben, für Kinder sicherlich sehr schwer zu verstehen und zu verarbeiten. Aber einen überraschenden, schnellen Tod, der nicht mit Gewalt oder Unfällen zu tun hat, sondern vielleicht einem Herzinfarkt oder einer anderen gesundheitlichen Ursache, sucht man hier vergeblich. Das vermittelte mir ein wenig das Bild, wenn jemand nicht umgebracht wird oder Teil eines Unfalls ist, bleibt nur noch das Dahinsiechen im Krankenhaus. Auch hier bin ich wahrscheinlich zu persönlich unterwegs, aber damit müsst ihr jetzt bitte einfach mal leben.
Alles in allem ist das Buch sicherlich wichtig und hilfreich, schließlich funktionieren Trauer und deren Verarbeitung in ihren Grundzügen immer ähnlich. Aber ich finde die ständige, spezielle Bezugnahme auf den Tod von Eltern und Geschwistern einfach nicht gut. Meiner Meinung nach hätte man dann die Zielgruppe genauer formulieren können und sollen.