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Veröffentlicht am 27.09.2022

Gut, aber ...

Rokesby – Miss Bridgerton und der geheimnisvolle Verführer
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Als riesengroßer Bridgerton-Fan stand es für mich außer Frage, dass ich auch die dazugehörigen Rokesby-Bände lesen muss. Bei "Miss Bridgerton und der geheimnisvolle Verführer" handelt es sich zwar um den ...

Als riesengroßer Bridgerton-Fan stand es für mich außer Frage, dass ich auch die dazugehörigen Rokesby-Bände lesen muss. Bei "Miss Bridgerton und der geheimnisvolle Verführer" handelt es sich zwar um den dritten Teil, doch dank der exzellenten Schreibkünste von Bestsellerautorin Julia Quinn - die jeder Geschichte und deren Figuren stets so viel Individualität einhaucht, dass man felsenfest davon überzeugt sein könnte, einen Einzelband zu lesen - tauchte ich mühelos in die Storywelt ein, begab mich mit Poppy und Andrew auf See, und erfreute mich an dem Gedanken, dass auch diese Quinn'sche Buchreihe mein regencyliebendes Herz beglücken wird.

ABER … so sehr ich die wundervolle Figurenzeichnung und speziell Poppys Charakter geliebt habe … so sehr ich den emotionalen, humorvoll-frechen, bildreichen Schreibstil der Autorin sowie die Authentizität ihrer Beschreibungen rund um das Themengebiet Schifffahrt bewundert habe … muss ich fairerweise eingestehen, dass dieses Werk für mich der bisher schwächste Read aus ihrer Feder war. Ich wage es kaum zu sagen, doch abgesehen von Anfang und Ende - in anderen Worten: abgesehen von den wenigen Passagen, die sich NICHT auf dem Schiff abspielten - war es zwischenzeitlich ziemlich … langatmig. Ich möchte betonen: Es lag am Plot! Schreibtechnisch hat die Autorin das Beste aus einer faden Situation - Poppy ist den Großteil der Handlung in der Kapitänskajüte eingesperrt - herausgeholt. Sie lässt uns die Hauptfiguren intensiv kennenlernen und verwöhnt uns mit Formulierungen, die vor Romantik nur so strotzen:

"Er war kein romantischer Mann, zumindest hatte er sich nie dafür gehalten. Aber dieser Augenblick war zu einem Gedicht geworden, der Wind flüsterte die Zeilen […] Und wenn die Welt unter seinen Füßen ein Sonett geworden war, dann verkörperte sie die schönste aller Melodien."

Ja, ja … der heimlich im Dienst für die englische Krone agierende Kapitän mimt nach außen den harten Captain, hat im Grunde allerdings ein ein butterweiches Herz. Es sorgt sich um das Wohl seiner Crew (ausreichend Ruhezeiten, gutes Essen), speziell um den jüngsten Matrosen, der beinahe noch ein Kind ist (Billy). Obwohl Poppy seinen Alltag durcheinanderwirbelt, ist er äußerst bemüht um ihre Sicherheit und ihre Gemütslage. Als er dem Drang nicht widerstehen kann, sie zum Lächeln bringen zu wollen, nimmt er sie eines Nachts mit an Deck - und wir erleben einen magisch schönen Moment unterm Sternenhimmel mit ihnen.

"Seltsam, wie zufrieden er damit war, ihr einfach ins Gesicht zu blicken. Poppy beobachtete den Himmel, und er beobachtete sie, und es war vollkommen."

Das Geplänkel zwischen Andrew und Poppy habe ich total genossen! Poppy ist echt ein Unikat - so liebenswert chaotisch und wissbegierig, dass man sie einfach mögen muss; Andrew kann gar nicht anders, als ihrem Charme zu erliegen.

"Poppy Bridgerton war irritierend, nervtötend und viel zu klug für seinen Seelenfrieden. Sie war eine Unannehmlichkeit, eine drohende Katastrophe, und trotzdem, wenn er an sie dachte - und das tat er die ganze Zeit, verdammt -, dann lächelte er. Manchmal grinste er sogar."

Nicht so toll hingegen fand ich die endlosen Gedankenschleifen beider Hauptfiguren; ich verstehe jedoch, dass die Autorin - angesichts der relativen Ereignislosigkeit auf See - auf dieses Stilmittel zurückgreifen musste. Apropos Seefahrt: Ich lerne gerne Neues dazu, doch die Vielzahl der nautischen Fachbegriffe hat mich teilweise fast zum Querlesen jener Passagen verleitet.

Nach dieser Lektüre weiß ich: Im realen Leben mag ich eine Wasserratte sein, doch auf literarischer Ebene bevorzuge ich Ereignisse an Land - zumindest im Bridgerton'schon Universum.

Vielleicht war dies der eigentliche Knackpunkt: Abgesehen von den Namen der Figuren war es eher ein allgemeiner historischer Roman, der zufällig zur Regencyzeit spielt; das Vertraute und das, was ein Bridgerton-Werk für mich ausmacht (gesellschaftliche Ränkespiele, rauschende Ballnächte, die besondere Familiendynamik, das Setting - englische Landsitze, Stadthäuser, von Kerzenlicht erleuchtete Ballsäle, etc.) fehlte mir.

𝐅𝐚𝐳𝐢𝐭: 3 ✰ ✰ ✰
Trotz einiger Kritikpunkte - zu viel Schiffsreise, zu wenig Bridgerton - war es ein unterhaltsamer historischer Roman. Band 4 der Reihe steht bereits in meinem Bücherregal und ich freue mich darauf, nach diesem ungewöhnlichen Setting hoffentlich wieder in - wie Andrew es vermutlich ausdrücken würde - 'vertraute Gewässer' zurückzukehren.

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Veröffentlicht am 08.09.2022

Ganz okay

Mr. Malcolms Liste
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Was war ich begeistert, als ich kürzlich diesen Regencyroman entdeckt habe - wenn ich "Ballsaison" und "Junggeselle" höre, springt sofort mein Kopfkino an! Tatsächlich war das Werk, das sogar schon verfilmt ...

Was war ich begeistert, als ich kürzlich diesen Regencyroman entdeckt habe - wenn ich "Ballsaison" und "Junggeselle" höre, springt sofort mein Kopfkino an! Tatsächlich war das Werk, das sogar schon verfilmt worden ist und international auf Netflix Premiere gefeiert hat, bisher komplett an mir vorbeigegangen.

Aufgrund des Covers und des vielversprechend klingenden Klappentextes hoffte ich auf eine romantisch-leichte Lektüre voller Herzklopf-Momente und Bridgerton-Vibes, doch leider entpuppte sich die Geschichte eher als Enttäuschung. In Kürze:

- oberflächlich ausgearbeitete, blasse Figuren, die keine Sympathieträger, dafür aber enorme Stereotypen sind (die gutmütig-naive weibliche Hauptfigur; der arrogante Schnösel; die biestige Schönheit; etc.)
- holprige Perspektivübergänge,
- wenig Spannung, mittelmäßig stimmungsvolles Regencyflair.

So, so schade! Am meisten störte mich allerdings die Tatsache, dass der männliche Hauptprotagonist zu Unrecht verteufelt wird. Mal ehrlich: Wenn ein Mann eine Frau lediglich aufgrund ihres hübschen Aussehens als Partnerin wählt, gilt er als oberflächlich. Aber wehe, er wünscht sich spezielle Charaktereigenschaften im Hinblick auf seine zukünftige Ehefrau (mit der er immerhin den Rest seines Lebens verbringen soll) - dann beschweren sich jene Damen, die diese Kriterien NICHT erfüllen, dass der Herr arrogant und viel zu anspruchsvoll sei. Ziemlich unfair in meinen Augen. Darf ein Mann denn gar keine Ansprüche haben?

"Goodbye, Mr. Darcy, hier kommt Mr. Malcolm!", heißt es auf der Rückseite des Buches. Meine Antwort darauf lautet: "Nein. Einfach nein." … und das meine ich überhaupt nicht böse, sondern ich bin lediglich irritiert über diesen unglücklich gewählten Vergleich, der völlig falsche Erwartungen weckt. Nur weil ein Roman in der Regencyzeit spielt, bedeutet dies noch lange nicht, dass er mit einem Klassiker der Weltliteratur wie "Stolz und Vorurteil" gleichgesetzt werden kann. Die Janeite in mir schlug fassungslos die Hände überm Kopf zusammen.

So, nachdem ich mir dies von der Seele geschrieben habe, möchte ich festhalten: Wenn man den unpassenden Vergleich ausblendet, ist es unterm Strich ein kurzweiliger, an manchen Stellen sogar humorvoller Read für Zwischendurch.

𝐅𝐚𝐳𝐢𝐭: 3 ✰ ✰ ✰
Es war okay; der große WOW-Faktor blieb aus. Angesichts der aktuellen Fülle an Regencyromanen (- Danke, Bridgerton! Möge der Hype noch lange andauern! -) empfehle ich das Buch den absoluten Mega-Fans, die prinzipiell ALLE Werke dieses Subgenres lesen. Ich bin selbst perplex, dass ich (= Bücherwurm) die folgenden Worte schreibe, aber: Mal schauen, vielleicht gefällt der Film mir ja besser. Gut möglich, dass manche der Dialoge (dank Mimik, begleitender Gesten, etc.) im Film durchaus pointierter wirken werden. Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt!

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Veröffentlicht am 21.08.2022

Die Zitronenlady und der Erfinder

Secret Royal
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Soooo lange hatte ich auf den Auftakt der Instantly-Royal-Reihe aus der Feder von Bestsellerautorin Avery Flynn gewartet! … denn hallo, Royal Love Story! - Genau mein Ding! Hinzu kam, dass mein Leseexemplar ...

Soooo lange hatte ich auf den Auftakt der Instantly-Royal-Reihe aus der Feder von Bestsellerautorin Avery Flynn gewartet! … denn hallo, Royal Love Story! - Genau mein Ding! Hinzu kam, dass mein Leseexemplar von der Post verbummelt worden war (- an dieser Stelle vielen lieben Dank an die Bloggerjury für den prompten Ersatz -), sodass meine Neugier schon ihren Zenit erreicht hatte, als ich das langersehnte Werk endlich in den Händen halten durfte.

Brooke hat sich nach einer demütigenden Trennung in ihr Heimatdorf Bowhaven geflüchtet, wo sie als Sekretärin für einen Earl arbeitet. Dieser hält sich selbst für äußerst wichtig und ist der Meinung, dass Adel verpflichtet - in seinem Falle zu snobistisch-herablassendem Verhalten. Gesundheitliche Gründe zwingen ihn, über seine Nachfolge nachzudenken, deshalb soll sein in Amerika lebender Enkel Nick (dessen Eltern er kurz nach Nicks Geburt bewusst entzweit hatte) nun das Familienerbe antreten. Der Erfinder ignoriert zunächst die flehentlichen Nachrichten von Brooke, bitte zeitnah nach England zu kommen; sein Hass auf die Familie seines Vaters sitzt zu tief. Doch Brookes Beharrlichkeit weckt seine Neugier, und bald sitzt er tatsächlich im Flieger, um die "Zitronenlady" mit dem britischen Akzent in Augenschein nehmen zu können und bei der Gelegenheit gleich mal seinem Großvater die Meinung zu sagen, ehe er direkt den Rückflug antritt. Ein guter Plan - in der Theorie. Denn natürlich läuft im Leben nichts nach Plan. Nicht nur, dass das Dörfchen wirklich charmant und Brooke verboten sexy ist, auch der alte Earl hütet ein Geheimnis.

Seufz, die Story hätte echt Potential gehabt. Mir fehlte leider der Tiefgang. Die Figuren waren flach ausgearbeitet, sie blieben mir durchgehend fremd. Dabei fing alles so vielversprechend an - insbesondere die Beschreibung von Brookes Wesen fand ich sympathisch: Sie ist jemand, "für den das Glas immer halb voll ist - nicht auf diese fröhliche, unerträglich dämliche Art, sondern eher nach dem Motto: Lieber Gott, lass das noch nicht alles gewesen sein." Tatsächlich würde ich mich sogar selbst so einschätzen, auch ich bin "eine Realistin mit Hoffnung". Warum ich also im Fortgang der Handlung nicht so recht eine Beziehung zu ihr und Nick aufbauen konnte, lag mehr am insgesamt oberflächlichen Schreibstil, nicht an den Charaktereigenschaften der Figuren. Ich konnte nicht nachvollziehen, warum genau sie sich ineinander verlieben - ja, man fand sich gegenseitig attraktiv, aber ansonsten … Ich fühlte das Prickeln einfach nicht.

Witzigerweise gefielen mir die heißen Szenen zwischen Brooke und Nick noch am besten - diese Intensität hätte ich mir auch für ihre Gespräche gewünscht. Wenn die Charaktere mich allerdings nicht erreichen, fällt es mir schwer, mit ihnen mitzufiebern.

Deutlich besser gefallen hat mir die Ausarbeitung von Brookes quirlig-frecher Schwester Daisy, die vor einiger Zeit ihr Gehör verloren hat, sich aber dennoch nicht in Selbstmitleid suhlt, sondern aktiv und fröhlich durchs Leben geht. Nicht umsonst werden die unterschiedlichen Schwestern von den Dorfbewohnern 'Yin und Yang' genannt. Ich hätte es begrüßt, wenn die Geschwisterliebe zwischen ihnen deutlicher, spürbarer gewesen wäre.

Die Perspektivwechsel innerhalb der Kapitel (erzählt wird in der dritten Person - aus Sicht von Brooke und Nick, aber es ist auch mal die Perspektive des Earls dabei) waren in meinen Augen nicht optimal. Man wusste immer, um wessen Sichtweise es sich gerade handelt, doch ich bevorzuge generell die Einteilung von einer einzelnen Perspektive pro Kapitel, das ist einfach Geschmacksache.

Das Setting war wirklich nett und würde sich prima als Urlaubsort eignen. Der Zusammenhalt der Gemeinde ist rührend. Abgesehen davon plätschert die Story gemächlich vor sich hin, nur gelegentlich unterbrochen durch stimmungsvolle Erotikszenen und ein, zwei humorvolle Momente (Stichwort: Zahnbürste).

𝐅𝐚𝐳𝐢𝐭: solide 3 ✰ ✰ ✰
Es war ganz okay - nicht sonderlich deep, aber für einen kurzweiligen Read zwischendurch absolut passabel. Ich könnte mir vorstellen, dass der Folgeband mich mehr überzeugen wird - den Auftritt der liebenswerten Buchhändlerin Megan (- ihr Hund heißt Mr. Darcy! -) mochte ich nämlich bereits im vorliegenden Werk unheimlich gerne!

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Veröffentlicht am 22.06.2022

Anders als erwartet...

Die Liebenden von Bloomsbury – Virginia und die neue Zeit
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Seit ich das erste Mal ihren experimentellen Roman "Mrs Dalloway" gelesen habe, bewundere ich die feministische Autorin Virginia Woolf; ihr für die damalige Zeit revolutionärer Schreibstil ist einzigartig, ...

Seit ich das erste Mal ihren experimentellen Roman "Mrs Dalloway" gelesen habe, bewundere ich die feministische Autorin Virginia Woolf; ihr für die damalige Zeit revolutionärer Schreibstil ist einzigartig, und ob man sich nun für die von häufigen Perspektivwechseln geprägte Komposition begeistern kann oder nicht, der Roman ist und bleibt ein Klassiker der Weltliteratur. Im Rahmen meines Studiums bin ich immer mal wieder über Details aus Virginias Woolfs Lebenslauf gestolpert, wusste daher bereits von dem ihr widerfahrenen familiären Missbrauch sowie ihrer Bipolaren Störung, die sich in manischen Episoden und Depressionen bemerkbar machte, von ihrer Ehe mit Leonard Woolf und ihrem Freitod. Viele dieser Themen begegnen uns auch im vorliegenden Roman bzw. werfen ihre Schatten voraus.

Vom Auftakt der Bloomsbury-Saga, einer historischen Trilogie aus der Feder von Stefanie H. Martin, hatte ich mir eine fesselnde, emotionale Romanbiografie über das Leben und Schaffen von Woolf, gebürtige Stephen, erhofft, die mir die große Erzählerin auf menschlicher Ebene näherbringen würde - ein liebevoll gezeichnetes Porträt. Leider ließ mich das in ein wunderschönes, passend zum Genre gestaltetes Cover gehüllte Werk diesbezüglich jedoch enttäuscht zurück.

Mindestens die Hälfte der Story handelt nicht von Virginia, sondern von ihrer für die Malerei schwärmenden Schwester Vanessa – deren Eheschließung, bzw. deren Eheproblemen mit Clive, deren Mutterschaft, deren Kunst etc.

Erzählt wird aus mehreren Perspektiven. Wir lesen von der Gründung der Bloomsbury Group, einem Grüppchen junger Intellektueller, deren Zusammenschluss von Virginias und Vanessas Bruder Thoby (der bald an Typhus verstirbt) initiiert wird. Die beiden fortschrittlich denkenden, freiheitsliebenden Schwestern trotzen den gesellschaftlichen Konventionen; normalerweise war es keinesfalls üblich, als Frau (obendrein als unverheiratete), an solchen von 'undamenhafter' Wortwahl und 'unweiblichen' Themen geprägten Diskussionen teilzunehmen, wie sie in der ungewöhnlichen Wohngemeinschaft gang und gäbe sind. So gehört beispielsweise die homophobe Bezeichnung A***f**er "[…] in ihrem Kreis zum guten Ton".

Obgleich sie einander lieben, herrscht zwischen Virginia und Vanessa in gewisser Hinsicht eine unschöne, von Missgunst geprägte Rivalität. Überhaupt ist die Dynamik in der Familie recht komplex. Leider wirkte Virginia - ihr Verhalten, ihre Gedanken - in diesem Roman, der doch eigentlich hauptsächlich von ihr handeln sollte, recht unsympathisch auf mich.

"Vanessa presste die Lippen zusammen und blickte zur Seite. Dann hob sie das Kinn und sah Virginia wieder an. »Für dich gibt es nur Schwarz und Weiß. Tinte und Papier. Ich aber bin Malerin, und ich werde alle Farben nutzen. In der Kunst die im Leben.«"

Mit Vanessa konnte ich mich noch eher anfreunden, auch wenn ich bis zum Schluss zu keiner der Figuren, die durchaus authentisch wirken und über Ecken und Kanten verfügen, eine Bindung aufbauen konnte.

Der Fokus lag für mich zu sehr auf dem Privatleben der Stephen'schen Familie, Virginias literarisches Schaffen wurde in meinen Augen zu nebensächlich behandelt. Erzähltechnisch überwiegt trotz umgangssprachlicher Dialoge ein nüchterner, emotional entrückter Ton; der gesamte Roman hatte irgendwie eine schwermütige, deprimierende Aura - was sicherlich zum melodramatischen Verhalten Virginias passt, aber nicht meine Art von bevorzugter Lektüre ist. Tiefgründig darf (und soll) es gerne sein, langatmig-zäh aufgrund unsympathischer Figuren und unterschwellig düsterer Grundstimmung (wie es hier in einigen Passagen der Fall war) bitte nicht. Für etwas Abwechslung sorgen allerdings diverse eingeflochtene Briefe.

𝐅𝐚𝐳𝐢𝐭: 3 ✰ ✰ ✰

Es wird deutlich, dass dem Werk eine gründliche Recherche zugrunde liegt, insbesondere die damals vorherrschende, noch von veralteten Moralvorstellungen geprägte Gesellschaftsordnung ist glaubwürdig dargestellt worden; doch insgesamt war das Buch nicht so mitreißend wie erhofft und inhaltlich anders als erwartet: Ich war davon ausgegangen, dass jeder Band der Reihe von einer anderen Bloomsbury-Dame handeln würde, beginnend mit Virginias Geschichte in Band 1, welche sich jedoch stattdessen über die gesamte Trilogie zu erstrecken scheint. Von mir gibt es eine bedingte Leseempfehlung für eingefleischte Woolf-Fans.

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Veröffentlicht am 21.06.2022

Atmosphärisches Setting

Im Schatten der Vanille
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Seit ihrer Verliebt-auf-Borkum-Reihe (die übrigens mit dem im Herbst 2022 erscheinenden dritten Band in die heiß ersehnte Verlängerung geht, yayyyy!) bin ich ein Fan der Autorin, die es mit ihren stimmungsvoll ...

Seit ihrer Verliebt-auf-Borkum-Reihe (die übrigens mit dem im Herbst 2022 erscheinenden dritten Band in die heiß ersehnte Verlängerung geht, yayyyy!) bin ich ein Fan der Autorin, die es mit ihren stimmungsvoll formulierten Beschreibungen stets mühelos schafft, das einzigartige Flair eines Handlungsortes einzufangen, und somit habe ich mich riesig gefreut, den Auftakt ihrer neuen Buchreihe lesen zu dürfen!

Bei "Im Schatten der Vanille" handelt es sich um einen atmosphärisch-fesselnden historischen Roman - neben glaubwürdig ausgearbeiteten Figuren und einem angenehmen Erzählton war es insbesondere das außergewöhnliche, beinahe mystisch anmutende orientalische Setting, das mich am meisten fasziniert hat und tief eintauchen ließ in Elisabeths Story.

Auf der Flucht vor ihrem gewalttätigen Ehemann wagt die junge Frau, mit der ich zwar nicht gänzlich warm wurde, vor deren Mut ich aber dennoch den Hut ziehe, im Jahre 1880 einen Neustart fernab von der Heimat. Ihr Ziel: das exotische Sansibar. Zur damaligen Zeit gleicht dies einem Himmelfahrtskommando, schließlich ist die als Handelszentrum geltende Insel vor Afrikas Ostküste nicht gerade the place to be für Frauen, die selbst Geschäfte betreiben wollen, anstatt sich der ihnen zugewiesenen Rolle als folgsame Ehefrau zu fügen. Im Gegenteil, hier haben die Männer das Sagen, und das Wort des Sultans ist Gesetz.

Vor Ort entwickeln sich die Dinge dann zunächst auch noch deutlich problematischer als erwartet - Elisabeths dort residierender Onkel, bei dem sie unterschlüpfen wollte, ist mittlerweile verstorben - er wurde ermordet. Als wäre dies nicht schlimm genug, werden sie und ihr Dienstmädchen in den prunkvollen Palast des Sultans zwangsverfrachtet, Widerrede zwecklos.

Der romantische Aspekt blieb für mich eher nebensächlich, mein Highlight war ganz klar das Setting. Mir fehlte der Fokus auf die Vanille, auch über das nur leicht angeschnittene Thema Sklaverei hätte ich gerne mehr gelesen. Spannungstechnisch hat die Geschichte noch etwas Luft nach oben, und das Ende hätte ich mir etwas runder gewünscht - andererseits ist es eigentlich nur logisch, dass zu Beginn einer Saga nicht direkt in Band 1 alle Fragen beantwortet werden können; fair enough also, dass einige der Handlungsstränge offenbleiben. Eine der Nebenfiguren entwickelte sich übrigens zu meiner Story-Favoritin: Imani; die Elisabeth zugewiesene Dienerin war mir am sympathischsten.

Fazit: Liebevolle 3 Sterne

So interessant es war, zum ersten Mal einen Roman mit Schauplatz Sansibar zu lesen und mir das Aroma der zahlreichen Gewürze um die Nase wehen zu lassen, mein Herz bleibt letztlich doch fest auf Borkum verankert. Insgesamt war es ein solider Read, Sansibar-Fans und -Interessierte werden begeistert sein.

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