Eine philosophische Reise
Andreas Eschbach gehört schon lange zu meinen Lieblingsautoren, da er schwierige Themen aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Seine Art zu erzählen finde ich sehr faszinierend.
In „Eines Menschen ...
Andreas Eschbach gehört schon lange zu meinen Lieblingsautoren, da er schwierige Themen aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Seine Art zu erzählen finde ich sehr faszinierend.
In „Eines Menschen Flügel“ erzählt Eschbach von einem Ort, der ähnlich unserer Erde ist. Der Boden ist verseucht von einem Monster, so dass jeder, der den Boden berührt, innerhalb von Sekunden stirbt. Die Bewohner dieses Planeten haben Flügel, und schlafen in den Bäumen. Doch nicht nur der Boden ist unbewohnbar, auch die Sterne sind hinter einer dichten Wolkendecke versteckt. Keiner hat je die Sterne gesehen, sie gehören zu den Legenden und den Geschichten, die man sich am Lagerfeuer in den Bäumen erzählt. Owen ist einer der Bewohner, doch ihm reicht sein Leben als Signalraketenhersteller nicht. So übt er und forscht, wie er die Wolkendecke durchbrechen kann. Eines Tages gelingt ihm das. Doch seine Tat hat weitreichende Folgen: Erst glaubt man ihm, dann glaubt man ihm nicht. Seine Worte werden angezweifelt, und beim zweiten Versuch, die Wolkendecke zu durchbrechen, stirbt er, weitere Mitstreiter geben entkräftet auf. Sein Sohn Oris fühlt sich von der Kritik der Weltbewohner angegriffen, geht auf Reise zu den anderen Stämmen und versucht diese, von Owens Tat zu überzeugen. Das wiederum stößt negativ einem Geheimbund auf. Dieser entführt Oris und seine Freunde. Im Literaturarchiv des Geheimbundes stößt die Truppe auf sehr seltsame Aufzeichnungen. Es soll ein Sternenschiff auf dem Planeten existieren, was aus dem All kam. Das wirkt auf alle sehr seltsam, da die geflügelten Menschen kaum bis keine Technik kennen, geschweige denn nützen dürfen. Owen gelingt die Flucht, und er findet mit seinen Freunden den Sensationsfund, womit er noch schlimmere Folgen auslöst, als er und sein Vater jemals voraussehen konnten.
Dieses Buch ist mit über 1200 Seiten ein Klopper. Und doch: diese Geschichte hätte keine Seite weniger gebraucht. Es benötigt seine Zeit, in diese Geschichte hinein zu finden, wobei ich das bei jedem Eschbach-Buch so empfinde. Eschbach baut gemütlich sein Umfeld auf, in dem er seine Geschichte platziert. In diesem Buch erzählt er eine mögliche Entwicklung, wohin die Menschheit reisen könnte. Der Mensch ist neugierig und mutig genug, um die Reise ins All zu wagen. Die Frage ist jedoch, wohin geht der Mensch? Selbst wenn wir einen Planeten finden, der unserer Erde sehr ähnelt, haben wir die gleichen Möglichkeiten wo anders, oder sind genetische Anpassungen nötig, dass wir dort überleben? Was passiert mit unserem alten Planeten? Überlassen wir ihn einer bestimmten Menschengruppe, und unter welchen Bedingungen? Welche Regierungsform kann hier die Fäden der Macht ziehen? Aber auch auf einem neuen Planeten muss überlegt werden, wie man neu starten kann. In diesem Buch hat sich der Autor dafür entschieden, einzelne Stämme zu gründen, die untereinander durch Boten kommunizieren konnte. Die Technik war limitiert, die Bewohner gleichen eher Handwerkern als Technikern und Forschern. Sie bewirtschafteten Felder, stellten Kleidung und Dinge ganz analog her. Jeder tat das, was er am besten konnte. Selbst die Menschen, die mit kleinen oder zum Teil ohne Flügel geboren wurden, wurden in die Gemeinschaft integriert. Zwischen den Stämmen gab es auch Austausch für genetische Vielfalt. Und doch lies sich eine Sache nicht ausblenden: vereinzelte Menschen strebten nach den Sternen, sie wussten, dass das nicht alles sein konnte, was sie auf ihrem Planeten sahen. Einige waren mutig genug, ihre Flügel (ob die physischen oder die gedanklichen) auszubreiten, und sich auf etwas neues einzulassen. Diese Reise in eine neue Welt birgt viele Risiken. Eschbach hat den beschriebenen Planeten aus bestimmten Gründen abgeschottet, was bis zu einem Punkt gut ging. Das mag unter diversen Gründen funktionieren. Tatsächlich gibt es einige Völker, die noch sehr abgeschottet in Urwäldern leben. Der Autor hat sich aber die Frage gestellt: unter welchen Bedingungen wollen wir in Zukunft leben, bzw. wie könnten wir auf einem neuen Planeten neue Zivilisationen starten? Es mag für meine Begriffe keine abschließende Lösung geben. Diese ist viel zu schwierig zu beantworten, da das Thema so umfassend ist. Uns mögen zwar Flügel gewachsen sein, und wir entdecken gerade die Möglichkeiten, ins All vorzustoßen, aber wir haben längst noch nicht alle Hausaufgaben auf diesem Planeten gemacht. So sind wir – meiner Meinung nach – auch noch längst nicht so weit, auf einem anderen Planeten Fuß zu fassen.
Dieses Buch hat mir sehr gut gefallen. Auch wenn es ein Klopper ist, es ist eine wundervolle Geschichte. Es ist ein Buch über das Wunder Mensch. Uns sind Flügel gewachsen, wir sind neugierig, und können mit so vielen Mitteln alles mögliche Erkunden, sei es auf unserem wundervollen Planeten (den Eschbach in diesem Buch sehr toll abbildet mit Gebirge, Flussdelta, usw.) oder im All auf neuen Wegen. Jeder sollte sich fragen, welche Werte er den nächsten Generationen mitgeben möchte. Denn darauf werden die neuen Welten gegründet werden können. Ob sie dann gut oder schlecht sind? Das werden wir wohl nicht mehr erleben. Klare Leseempfehlung