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Veröffentlicht am 07.07.2022

Die Vergangenheit aufarbeiten, um die Zukunft zu gestalten …

Die Ewigkeit ist ein guter Ort
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Elke, eine junge Pastorin, wohnt bei ihrem Freund Jan in Köln, wo sie ehrenamtlich den Seelsorge-Dienst im Seniorenheim übernommen hat. Als sie nun am Sterbebett einer alten Dame sitzt um mit ihr zu beten, ...

Elke, eine junge Pastorin, wohnt bei ihrem Freund Jan in Köln, wo sie ehrenamtlich den Seelsorge-Dienst im Seniorenheim übernommen hat. Als sie nun am Sterbebett einer alten Dame sitzt um mit ihr zu beten, hat sie plötzlich das Vaterunser vergessen – und nicht nur das, sondern alle Gebete und alles, was mit Gott zu tun hat. Eine Blockade, die für eine Theologin eine Katastrophe bedeutet. Um Klarheit in ihre Gedanken zu bringen und ihre Zukunft zu ordnen, reist sie zurück in ihre norddeutsche Heimat. Doch auch dort will sich die erlösende Befreiung nicht einstellen. Der vierte Platz am Tisch der Eltern ist leer, das Verhältnis zu ihrer und ihres Bruders früherer Freundin Eva ist gestört – und unten am See kommen die quälenden Gedanken über das damalige Unglück zurück. Doch Elke ahnt, dass sie sich der Vergangenheit stellen muss, um in der Gegenwart den Glauben an Gott wieder zu finden …

Die Autorin Tamar Noort wurde 1976 in Göttingen geboren und wuchs in den Niederlanden auf. Nach dem Studium von Kunst- und Naturwissenschaften absolvierte sie die Masterclass Non-Fiction an der Internationalen Filmschule in Köln und erstellt seit 2009 wissenschaftliche Dokumentationen für ZDF, Arte und 3sat. Für einen Auszug aus ihrem Debüt-Roman „Die Ewigkeit ist ein guter Ort“, der am 19.07.2022 erschienen ist, gewann sie bereits 2019 den Hamburger Literaturpreis. Tamar Noort lebt in der Nähe von Lüneburg.

„Gottdemenz“ nennt die Protagonistin ihre seltsame Störung. Die Autorin lässt diese als Ich-Erzählerin zu Wort kommen und berichten, sodass man als Leser ganz nahe am Geschehen ist. Allerdings dauerte es bei mir eine geraume Zeit, bis ich mich mit den Handlungen der Protagonistin anfreunden und diese auch verstehen konnte, zu seltsam kamen mir anfangs ihre Motivation und ihre Beweggründe vor. Doch dann entwickelte das Buch einen Sog, dem ich mich nicht mehr entziehen konnte. Ein großes Lob gebührt der Autorin dafür, dass sie, obwohl der Roman im kirchlichen bzw. religiösen Milieu handelt, den Fokus auf das weltliche Geschehen mit seinen mannigfachen Problemen gelegt hat. Das Buch kann somit bedenkenlos von jedem gelesen werden, ob Christ oder Atheist, es frömmelt nichts. Auch der Schluss befriedigt - die Vergangenheit ist geklärt, die Zukunft ist offen.

Fazit: Eine gut und fesselnd erzählte Geschichte über Verlust und Verlassen, Hoffnung und zu sich selbst finden. Meine Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 26.06.2022

Der lange Weg zur Selbstfindung

Was man sieht, wenn man über das Meer blickt
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Andrea Luna, 37jähriger Aushilfslehrer für Kunstgeschichte, ist schon länger mit seinem Leben unzufrieden. Als dann seine Frau noch eine Fehlgeburt erleidet und seine Ehe dadurch ein eine Krise gerät, ...

Andrea Luna, 37jähriger Aushilfslehrer für Kunstgeschichte, ist schon länger mit seinem Leben unzufrieden. Als dann seine Frau noch eine Fehlgeburt erleidet und seine Ehe dadurch ein eine Krise gerät, wird es noch schlimmer. Da trifft er zufällig einen alten Freund, mit dem er während des Studiums in New York die beste und glücklichste Zeit seines bisherigen Lebens verbracht hatte. Dieses Gefühl will er zurück haben und beschließt, nach New York zu fliegen. Dort angekommen ist er jedoch genau so unstet wie zuvor. Er versucht sich selbst und was er wirklich will zu verstehen und landet dabei im Metropolitan Museum, wo er seine Tage sinnierend vor einem Gemälde Rembrandts verbringt. Es stellt die Beziehung zwischen Vater und Sohn dar, ein Gefühl, das ihm vom Schicksal verwehrt wurde. So vergeht die Zeit und am Tag seines Rückflugs schafft er es mental nicht, in den Flieger zu steigen. Er lässt sein Ticket verfallen und ist nun ein Gestrandeter, ein Illegaler in den USA …

Der italienische Schriftsteller und Journalist Fabio Geda wurde 1972 in Turin geboren. Er arbeitete als Lehrer im sozialen Bereich und schrieb für Zeitungen, ehe er mit der Veröffentlichung seiner Romane „Im Meer schwimmen Krokodile“ und „Ein Sonntag mit Elena“ zum Bestsellerautor wurde. Fabio Geda lebt in Turin.

„Was man sieht, wenn man über das Meer blickt“ („Se la vita che salvi è la tua“) ist keine leichte Sommerlektüre, wie Titel und Cover evtl. vermuten lassen, sondern die Geschichte eines Mannes, der sich treiben lässt und seine innere Mitte noch nicht gefunden hat. Es ist eine Fülle an Gefühlen, die der Autor dem Protagonisten hier mitgegeben hat und die auf den Leser einstürzen. Andrea Luna handelt meist unüberlegt und impulsiv und ohne darüber nachzudenken, welche Folgen sein Handeln bei seinen Mitmenschen auslöst. Er macht Fehler, trifft falsche Entscheidungen und verletzt dabei unwissentlich die Gefühle derer, die ihn lieben und ihm zugetan sind und bringt dabei sich selbst in Gefahr.

Fabio Gedas Schreibstil ist sehr ausdrucksstark, dabei harmonisch und stimmungsvoll, die Themen sind sehr vielschichtig. In rascher Folge wechseln Tragik und Dramatik, Niedergeschlagenheit und Frustration mit humorvollen und versöhnlichen Szenen, sodass durchweg eine gewisse Spannung vorherrscht. Wir reisen mit Andrea Luna von Italien nach New York, erleben gefährliche Abenteuer in Mexiko, durchqueren die Wüste von Arizona und trampen quer durch die USA - um dann in New York vielleicht das Glück zu finden? Das Ende bleibt der Fantasie des Lesers überlassen.

Fazit: Ein einfühlsamer und außergewöhnlicher Roman über die Psyche eines Mannes in einer Lebenskrise, den ich mit Interesse gelesen habe und sehr gerne weiter empfehle.

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Veröffentlicht am 05.06.2022

Neuanfang in der Lebensmitte

Morgen kann kommen
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Ruth Westphal ist frustriert. Es ist ihr 51. Geburtstag und gleichzeitig ihr 15. Hochzeitstag – und ihr Mann ist wieder mal nicht da, auf Reisen, wie so oft. Im Drogeriemarkt sucht sie nach einer neuen ...

Ruth Westphal ist frustriert. Es ist ihr 51. Geburtstag und gleichzeitig ihr 15. Hochzeitstag – und ihr Mann ist wieder mal nicht da, auf Reisen, wie so oft. Im Drogeriemarkt sucht sie nach einer neuen Haarfarbe, sie möchte sich umstylen, doch sie findet etwas anderes. Ein vergessenes Foto, das ihre mühsam aufrechterhaltene Scheinwelt einstürzen lässt. Völlig kopflos steigt sie in ihr Auto, um 6oo km weit von München nach Hamburg zu ihrer Schwester Gloria zu fahren. Sie weiß nicht mal warum, denn sie hat seit 15 Jahren, seit dem Eklat an ihrer Hochzeit, keinen Kontakt mehr zu ihr. Doch Ruth möchte zurück in ihre Kindheit, in die Villa ihrer Großeltern, die nun Gloria bewohnt. Nur dort kann sie Ruhe und Frieden finden – und sich vielleicht auch mit ihrer Schwester aussöhnen …

Die 1968 in Aachen geborene deutsche Schriftstellerin Ildikó von Kürthy veröffentlichte seit 1999 neun Romane und etliche Kurzgeschichten, die in rund 30 Sprachen übersetzt, mehr als sechs Millionen Mal verkauft und auch teilweise verfilmt wurden. Sie lebt mit ihrem Mann und zwei Söhnen in Hamburg.

„Morgen kann kommen“ ist ein Roman für die reifere Frauengeneration, der besonders die essentiellen Themen der Lebensmitte aufgreift. Es geht um Rückblick, Neuanfang, Trennung, Versöhnung und um das eigene Wohlbefinden. Ruth muss erkennen, dass sie die ganzen Jahre nur angepasst war und den Wünschen anderer entsprochen hat. Sie lernt dabei, dass man Missverständnisse aus dem Weg räumen kann, indem man sich zusammensetzt und drüber redet. Sie erfährt auch, dass das Leben endlich ist – zu kurz um nur zu träumen.

Der Schreibstil der Autorin ist sehr plastisch und voller Gefühl. Sie schafft es, die Leserschaft gleich zu Anfang zu fesseln und neugierig zu machen. Was ist auf dem Foto aus dem Drogeriemarkt zu sehen? Was geschah an Ruths Hochzeit zwischen ihr und Gloria? Wird die Aussöhnung zwischen den Schwestern gelingen? Wir lernen beide näher kennen und stellen fest, dass auch die lebenslustige Gloria ihre Probleme zu bewältigen hat. In der alten Villa Ohnsorg treffen wir auch Erdal Küppers wieder, den sympathischen Egozentriker, den wir bereits aus dem vorigen Roman „Es wird Zeit“ noch gut in Erinnerung haben und lernen auch Rudi, den liebenswerten totkranken Freund von Gloria kennen.

Das Buch ist sehr ansprechend mit Lesebändchen gestaltet. Das moderne, ganz in rosa gehaltene Cover interpretiert das frühmorgendliche Rot am Himmel und im Innern findet man zahlreiche liebevolle bunte Zeichnungen, die das jeweilige Geschehen näher verdeutlichen.

Fazit: Eine Geschichte zwischen Komik und Tragik - über Freundschaft und Liebe, über entschwundene Jugend und verpasste Gelegenheiten, über Krankheit und Tod – zum Lachen und zum Weinen.

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Veröffentlicht am 03.06.2022

Wohin ziehen die Vögel im Winter?

Schatten ohne Licht
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Wohin ziehen die Vögel im Winter? Das fragen sie sich oft, die beiden Geschwister Seonghan und Jeongah Ban. Sie leben mit ihren Eltern im diktatorischen Nordkorea und kennen nichts anderes als harte Arbeit, ...

Wohin ziehen die Vögel im Winter? Das fragen sie sich oft, die beiden Geschwister Seonghan und Jeongah Ban. Sie leben mit ihren Eltern im diktatorischen Nordkorea und kennen nichts anderes als harte Arbeit, Armut und Hunger – und die Verehrung des Ewigen Präsidenten und Geliebten Führers. Als junger Erwachsener sieht Seonghan zum ersten Mal verbotene Bilder aus dem imperialistischen Saigon. Er kann nicht fassen, was er da sieht: fließend Wasser in jedem Haus, überall Licht, schöne Menschen in sauberer Kleidung und Essen im Überfluss. Sein Entschluss steht fest, da will er hin, zusammen mit seiner Schwester und seinem besten Freund. Nachdem Großvater, ein Kriegsveteran, im nächsten harten Winter verhungerte, sind auch die Eltern mit den gefährlichen Plänen der Jugendlichen einverstanden. Sollte die Flucht scheitern, droht ihnen lebenslange Zwangsarbeit oder gar die Todesstrafe. Ist ein Leben in Freiheit dieses Risiko wert? Bis zur chinesischen Grenze müssen sie sich alleine durchschlagen, dann sollten sie von einer christlichen Hilfsorganisation weiter begleitet werden. Doch schon an der Grenze zu China läuft alles schief …

Der Autor Marcus S. Theis wurde 1994 in Koblenz geboren und wuchs in der Nähe von Andernach auf, wo er auch seine Schulzeit verbrachte. Nach dem Abitur 2014 studierte er zunächst Jura, um dann zu Politik- und Sozialwissenschaften zu wechseln. Nach mehrmonatigem Aufenthalt in Neuseeland und diversen Backpacking-Reisen nach Korea, Japan und in die USA entdeckte er seine Leidenschaft zum Schreiben. „Schatten ohne Licht“, das 2017 erschien, ist sein Roman-Debüt.

Zu Beginn erfahren wir über die Kindheit und die Familie der Geschwister, erhalten Einblick über das Leben in Nordkorea und verstehen bald, warum Seonghan, Jeongah und Freund Joonho diese gefährliche Flucht wagen. Obwohl hier eine fiktive Geschichte erzählt wird, ist sie doch sehr authentisch. Als Vergleich empfiehlt sich evtl. das Buch „Meine Flucht aus Nordkorea“ von Yeomni Park, in dem diese in einer Biografie ihre eigene Flucht schildert.

Der Schreibstil des Autors ist flüssig, gut zu lesen und ganz den Ereignissen angepasst. Er spart nicht an Brutalität und schont uns Leser nicht. Gräueltaten werden bis ins kleinste Detail beschrieben, so dass die Geschichte stellenweise einem Thriller nahekommt. Wenn man bedenkt, dass alles dem Alltag in Nordkorea entspricht und auch die geschilderten Ereignisse auf der Flucht so oder so ähnlich vorkommen, dann erfordert das Lesen dieses Buches starke Nerven und ein robustes Gemüt. Dennoch empfehle ich es gerne weiter, wenn auch mit einem Stern Abzug, da bereits am Anfang darauf hingewiesen wird, dass alles frei erfunden und Ähnlichkeiten rein zufällig wären.

Fazit: Eine Geschichte die nachdenklich stimmt und dankbar macht, in einem Land wie Deutschland leben zu dürfen.

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Veröffentlicht am 15.05.2022

Was ist Glück?

Die Definition von Glück
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Zwei Frauen um die Fünfzig - Clarisse in Paris und Ève in New York. Sie kennen sich nicht, ihr Leben verlief in verschiedenen Bahnen - und doch haben sie eine Gemeinsamkeit. Clarisse wuchs als Einzelkind ...

Zwei Frauen um die Fünfzig - Clarisse in Paris und Ève in New York. Sie kennen sich nicht, ihr Leben verlief in verschiedenen Bahnen - und doch haben sie eine Gemeinsamkeit. Clarisse wuchs als Einzelkind auf, heiratete früh, trennte sich bald wieder, wurde von den Männern ausgenutzt und musste viele Schicksalsschläge hinnehmen. Ève hingegen wuchs sehr behütet auf, hatte drei Brüder und ist seit vielen Jahren mit Paul glücklich verheiratet. Eines Tages erhält sie einen Anruf aus Paris …

Die französische Autorin Catherine Cusset wurde 1963 in Paris geboren, wo sie auch ihre Jugend verbrachte. Sie studierte an der Universität Paris Diderot und an der Yale University, wo sie jeweils einen Doktortitel erwarb. Von 1991 bis 2002 unterrichtete sie an der Yale University französische Literatur des 18. Jahrhunderts, bevor sie sich ganz dem Schreiben zuwandte. Inzwischen schrieb sie zahlreiche Romane, die besonders in Frankreich großen Anklang fanden und vielfach ausgezeichnet wurden. Seit 30 Jahren lebt sie in den USA und wohnt mit ihrem amerikanischen Ehemann und ihrer Tochter in Manhattan – ihre Sommer verbringt sie in der Bretagne.

Der Roman „Die Definition von Glück“ lässt uns sehr intensiv teilhaben am ereignisreichen Leben zweier sehr unterschiedlichen Frauen und deren verschiedenen Auslegungen von Glück. Während eine ihr Glück in vielen wechselnden Beziehungen sucht, schätzt die andere ihre beständige Partnerschaft. Zunächst verlaufen ihre Lebenswege getrennt voneinander, bis ein Zufall ihr Schicksal miteinander verknüpft und einige Jahre parallel laufen lässt.

Den Schreibstil empfand ich zu Beginn der Geschichte als sehr schlicht und einfach, was sich jedoch mit fortlaufendem Geschehen wohltuend änderte. Die Ausdrucksweise wurde präziser und anschaulicher und erzeugte somit ein wunderbar klares Bild der Menschen und ihres Umfelds. Nicht immer waren mir die Protagonisten sympathisch, doch immer sind sie lebensecht beschrieben. Der Roman verursacht eine Achterbahnfahrt der Gefühle, Hochs und Tiefs wechseln ab und man schwankt ständig zwischen Komik und Tragik. Neben der Suche nach Liebe und Glück, neben Enttäuschung und häuslicher Gewalt, lässt uns die Autorin ganz nebenbei auch am Zeitgeschehen teilhaben. Die Terroranschläge vom 11. September 2001 sind ebenso in die Handlung eingeflochten wie Mee-Too, Präsidentenwahl in den USA und Auswirkungen der Corona-Pandemie.

Fazit: Ein interessanten Buch mit vielseitigen Themen, das ich gerne weiter empfehle!

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