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Veröffentlicht am 13.11.2022

Ein Buch für Groß und Klein

Der Junge, der die Welt verschwinden ließ
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Ach, man kennt das im Alltag zur Genüge: es gibt diese unliebsamen Dinge, die man sooo gerne verschwinden lassen würde. Nicht nur Kinder haben das Gefühl, sondern auch Erwachsene. Der blöde Staub, die ...

Ach, man kennt das im Alltag zur Genüge: es gibt diese unliebsamen Dinge, die man sooo gerne verschwinden lassen würde. Nicht nur Kinder haben das Gefühl, sondern auch Erwachsene. Der blöde Staub, die Steuerabrechnung, vielleicht ein Kollege, der nervt oder Rechnungen. Schon als Kind hat man dieses Gefühl: man möchte das Gemüse nicht essen, sein Zimmer nicht aufräumen, oder die lästigen Schulaufgaben, von nervenden Schulkameraden oder uninteressante Schulbücher. Gründe gibt es viele, unliebsame Sachen verschwinden zu lassen. Doch nur wie?

Harrison ist ein typischer Junge: zwar liebt er seine Familie ziemlich sehr, aber auch er hat seine Macken. Sobald er seinen Willen nicht bekommt, gibt es kein Halten mehr und er bekommt einen Tobsuchtsanfall. Der ist kaum zu bremsen. Als er auf einer Geburtstagsfeier seines unliebsten Schulkameraden Hector auch wieder einen Wutanfall bekommt, bekommt er von der Astrophysikerin Shelley einen besonderen Luftballon geschenkt. Denn das ist kein normaler Luftballon, sondern ein schwarzes Loch! Wahnsinn, was man darin alles verschwinden lassen kann: Schulbücher, der nervtötende Nachbarshund, Schulaufgaben, der eklige Brokkoli oder die Leber, oder: sogar Hector. Schnell schwinden die Wutanfälle, denn schneller als man schauen kann, ist die Ursache für Harrisons Wutanfälle weg. Schnell wird aber Hector klar: nur weil er jetzt froh ist, dass Hector oder der Nachbarshund weg ist, muss das andere nicht ebenso glücklich machen. Und spätestens, als seine Eltern im schwarzen Loch verschwunden sind, muss Harrison erkennen: er muss was ändern. Er begibt sich auf die Suche nach Shelley, denn die hat die Lösung für seine Probleme.

Dieses Buch hat mich begeistert. Ich konnte mich so gut in Harrison hinein versetzen. Man fragt sich oft, wie man unliebsame Dinge für immer verschwinden lassen kann. Dann wäre manches doch viel einfacher, oder? Die lästige Steuererklärung, der nervige Nachbar… und doch muss man sich der Konsequenzen bewusst sein. Wenn man gewisse Dinge ausblendet, dann heißt das nicht, dass das gut ist. Im Falle von Harrison sind die Nachbarn total traurig, dass der Hund verschwunden ist. Auch wenn Hector total garstig ist, seine Eltern sind traurig, dass er nicht da ist. Auch seine eigenen Eltern vermisst er schnell. Mir gefällt die Veränderung, die Harrison durchlebt. Er lernt, dass sein Verhalten Konsequenzen hat. Er versteht, dass weder seine Wutanfälle noch sein Wunsch, alles zu verschwinden lassen, nicht die Lösung ist. Sondern dass auch er Brücken schlagen muss, und ihm seine Umwelt und Umgebung genauso Brücken baut, die er nützen kann.

Für dieses Buch – finde ich jedenfalls – braucht es fast keine Altersangabe. Für kleinere Kinder ist dieses Buch ebenso hilfreich wie für uns Erwachsene. Mag ein schwarzes Loch eine hochkomplexe Wissenschaft sein, Ben Miller schafft es, das Prinzip Perspektivenwechsel uns allen nochmal verständlich aufzuarbeiten. Manchmal muss man sich drehen und wenden, um festzustellen: man war total festgefahren und in einem schwarzen Loch gefangen. Mit dem richtigen Schwung kann man durchaus die richtige und neue Perspektive einnehmen. Eine Leseempfehlung für Groß und Klein.

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Veröffentlicht am 13.07.2022

blutiger Start einer neuen Reihe

Despina Jones und die Fälle der okkulten Bibliothek
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Despina Jones lebt bei ihrem Onkel Barbarossa. Dieser betreibt eine Bibliothek für okkulte Literatur. Barbarossa bekommt immer wieder mysteriöse Anrufe eines sogenannten Priesters, der auf der Jagd nach ...

Despina Jones lebt bei ihrem Onkel Barbarossa. Dieser betreibt eine Bibliothek für okkulte Literatur. Barbarossa bekommt immer wieder mysteriöse Anrufe eines sogenannten Priesters, der auf der Jagd nach einem ganz bestimmten Buch ist. Während Barbarossa mit dem Priester telefoniert, fährt ein Motorradfahrer in die Auslage der Bibliothek. Als kurz darauf Despina zu einem Mord in einer Kirche gerufen wird, bei dem sich ein Mann selbst gekreuzigt hat, begibt sie sich mit der Hilfe von Barbarossa und ihrer Familie auf der Suche nach dem Täter. Der steckt tief im Okkultismus und der Fall wird blutig, gruselig und spannend.

Zugegeben, ich habe bei dem Buch einen Fall Richtung Sherlock Holmes erwartet aufgrund der Aufmachung des Buches. Das Cover ist wunderschön gestaltet und hat mich eher an Cosy Crime erinnert. Es finden sich fast alle Aspekte aus dem Buch auf dem Cover wieder. Etwas überrascht war ich von der Blutrünstigkeit des Falles. Allein die Eingangsszene hat durchaus eine gruselige Art und startet sozusagen mit einem Knaller, denn ein Mensch kreuzigt sich selbst.

Und doch: gerade deswegen hat mir das Buch gut gefallen. Es erhält seine Brisanz durch das ganze Buch hinweg, und entführt den Leser in eine düstere Welt, die auf mich faszinierend gewirkt hat. Es sind kirchliche Themen, aber auch Okkultismus und familiäre Zwiste eingearbeitet, die eine gute Mischung ergeben haben. Ab einem gewissen Grad war mir zwar klar, wer der mögliche Drahtzieher war, aber: der Umgang mit der Auflösung des Falles hat mich überzeugt.

Wer damit umgehen kann, dass ein Buch etwas blutiger ist, und auf eine etwas düstere Stimmung steht, darf hier beherzt zugreifen. Ich freue mich jedenfalls auf den Folgeband.

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Veröffentlicht am 27.06.2022

Erschreckend und mahnend

Das Alphabethaus
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Deutschland, 1944: zwei junge Männer stürzen im Osten über Deutschland mit ihrem Flugzeug ab. Schnell sind die Feinde ihnen auf der Spur, aber beide können fliehen. Sie landen mit einem Zug in Freiburg, ...

Deutschland, 1944: zwei junge Männer stürzen im Osten über Deutschland mit ihrem Flugzeug ab. Schnell sind die Feinde ihnen auf der Spur, aber beide können fliehen. Sie landen mit einem Zug in Freiburg, wo sie in einem Sanatorium für verletzte Soldaten landen. Da sie sich nicht als Engländer outen wollen, nehmen sie die Identitäten von zwei deutschen SS Leuten an, und simulieren eine psychische Krankheit. Schnell merken die beiden, dass sie nicht die einzigen Simulanten sind. Diese Information birgt große Gefahren, denn auch die andren Simulanten trauen den zwei Briten nicht. Bryan gelingt alleine die Flucht, während James benebelt von Medikamenten zurück bleibt.

Jahrzehnte später wird Bryan nach Deutschland zu den Olympischen Spielen als ärztlicher Betreuer eingeladen. Nach anfänglichem Zögern will er die Chance nützen, um nach seinem alten Freund James zu suchen. Ihn hat immer bewegt, was aus James geworden ist. Doch damit weckt Bryan nicht nur alte Geister, sondern bringt auch seine Frau in mörderische Gefahr.

Dieses Buch hat mich in den letzten Wochen sehr beschäftigt. Es beschreibt intensiv die Wirren des Krieges, und ist fast schon verstörend. So viele Geschichten schreibt ein Krieg, in dem die Menschen versuchen, irgendwie zu überleben. Man hat so oft von versteckten Menschen gehört, von unglaublichen Fluchtversuchen, die irgendwie gelungen sind. Aber so eine Geschichte wie sie Jussi Adler-Olsen beschrieben hat, hat ein schweres Gefühl hinterlassen. In der heutigen Zeit des Ukrainekrieges wiegt dieses Buch umso schwerer.

Ein Sanatorium, das schlimmste Medizinversuche an Menschen ausprobiert, Menschen foltert und fern von Menschenwürde ist: es ist ein grausamer Schauplatz. Es hat mich fassungslos zurück gelassen, und ich knabbere an diesem Buch. So eindringlich, persönlich, tiefgründig, aber auch schockierend und wachrüttelnd: Krieg darf nicht sein. Ein Krieg trägt faule Früchte, offenbart die schaurige Seite der Menschen. Jussi Adler-Olsens Buch „Das Alphabethaus“ offenbart einen kriegerischen Schrecken, der einen nicht los lässt. Bis zum Ende möchte man wissen, ob die zwei Freunde wieder zusammen finden, ob James überlebt hat. Was macht so eine gelungene Flucht mit dem einen und eine gescheiterte Flucht mit dem anderen? Wie geht man mit der Schuld des Krieges um?

Das Alphabethaus scheint ein sehr persönliches Buch zu sein. Der Vater des Autors konnte aufgrund seines Berufes sicherlich viel an Wissen beisteuern. Und das konnte man beim Lesen auch spüren. Es ist tiefgründig, abgründig, und doch: es bewegt. Gerade weil es auch in Freiburg gespielt hat, fand ich es sehr bildhaft. Wer den Schwarzwald und seine Geographie, die kleinen Ortschaften und die Umgebung kennt, wird sich ganz anders einfügen in dieses Buch.

So erschreckend es ist, es war ein sehr spannendes Buch. Nichts für zarte Nerven. Diese Geschichte wirkt, und zwar nach und heftig. Und doch: zur Mahnung eine klare Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 27.06.2022

dunkel, spannend

Mordlichter
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Nordische Krimis haben ihren eigenen Charm für mich. Eine gewisse düstere Stimmung macht sich breit und hat ihren eigenen Charm.

Das gilt auch für das Hörbuch Mordlichter. Ein junger Mann trennt sich ...

Nordische Krimis haben ihren eigenen Charm für mich. Eine gewisse düstere Stimmung macht sich breit und hat ihren eigenen Charm.

Das gilt auch für das Hörbuch Mordlichter. Ein junger Mann trennt sich von seiner Gruppe und wird kurze Zeit später von seiner Familie als vermisst gemeldet. Anelie nimmt die Ermittlungen auf und erkennt schnell, dass das Verschwinden kein Einzelfall ist. Der Junge taucht zwar auf, und kann nur bedingt helfen. Die Spurensuche gestaltet sich aufgrund der Witterungsverhältnisse sehr schwierig. Wenige helle Stunden, die zur Spurensuche genützt werden können stehen einem erhöhten Schneefall entgegen. Tief im Wald findet Anelie ihre Spuren, und gerät dabei in die Fänge ihres Täters. Dank ihrer Kollegen und ihrer Schwägerin in spe kann sie den Täter stellen. Und der Täter kann einiges zu seinen Motiven erzählen. Denn die Motive sind vielschichtig.

Die Athmosphäre hat mir sehr gefallen. Es wird auf die Sorgen der Sami eingegangen, die ihre alte Kultur in Gefahr sehen. Zudem stimmt die Jahreszeit einen sehr auf die grausamen Morde ein. Viel Schnee und viel Dunkelheit verlangen den Einwohnern von Jokkmokk einiges ab. Aber doch führt der Zusammenhalt zum Erfolg, auch wenn es erst anders scheint.

Die Sprecherin Rebecca Madita Hundt fängt die Stimmung gekonnt ein. Ich habe gespannt gelauscht und habe das Hörbuch kaum ablegen können. Die Spannung spitzt sich entsprechend zu und macht dieses Hörbuch nicht nur zum Pageturner, sondern zum Kapitelturner. Hörenswert!

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Veröffentlicht am 23.06.2022

Wundervoller Roman über einen Außerirdischen

Der Mann, der vom Himmel fiel
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Eine Frage, die die Menschheit schon lange fasziniert, ist die Frage, ob außerirdisches Leben existiert. Wenn es außerirdisches Leben gibt, wie finden wir es? Oder hat bereits das außerirdische Leben uns ...

Eine Frage, die die Menschheit schon lange fasziniert, ist die Frage, ob außerirdisches Leben existiert. Wenn es außerirdisches Leben gibt, wie finden wir es? Oder hat bereits das außerirdische Leben uns gefunden?

Dieser Frage ist der Autor Walter Tevis nachgegangen. Wie könnte eine Zusammenkunft aussehen? Sehen uns die Außerirdischen ähnlich, was unterscheidet sie von uns? Und welchen Effekt hat so ein Zusammentreffen, wenn nicht sogar zusammen leben?

In dieses Setting platziert Tevis den außerirdischen Thomas Jerome Newton. Dieser landet auf der Erde, um den Menschen zu helfen. Innerhalb von 5 Jahren hat er ein riesiges Vermögen aufgebaut. Ihm selbst und seinem Gespür für neuartige Technik umgibt eine gewisse Mystik. Schnell sind Kritiker und Zweifler vor Ort und durchleuchten Newtons Leben. Es fällt auf, dass er nicht so menschlich wirkt wie gedacht. Und so wird es für Newton sehr gefährlich.

Die letzten Jahrzehnte waren geprägt von Weltuntergangsszenarien, wenn Außerirdische uns besucht haben. Das Überleben der Menschheit ist angezählt, der Planet wird spektakulär ja fast schon zerstört, oder in einen Zustand gebracht, der kaum ein Überleben zu lässt. Doch hier ist es ganz anders. Genau das reißerische Verhalten der Menschen, sich gegenseitig auszulöschen durch Kriege oder Umweltsünden hat Newton von seinem Planeten weggeführt. Ihn plagen die gleichen Probleme wie die heutigen menschlichen Probleme. So sucht er auf dem Planeten Erde um Hilfe, versucht die Menschheit vor ihren eigenen Fehlern zu bewahren. Zwar kann er der Menschheit einiges an Wissen vermitteln, und doch scheint er an der wichtigsten Frage zu scheitern: wie geht es weiter?

Gleichermaßen zeigt sich die Menschheit von ihrer wahren Seite: während die eine Seite versucht, das Beste aus der Situation zu machen, den Außerirdischen zu schützen und den eigenen Planeten vor dem Ende zu bewahren, treibt die andere Seite ihre eigenen Vorteile zum Schaden anderer voran.

Das Buch wurde 1963 das erste Mal veröffentlicht und ist als Neuübersetzung erschienen. Es hat mich sprachlos hinterlassen, wie aktuell dieses Buch ist, trotz seiner 59 Jahre. Tevis hält einem so gekonnt den Spiegel vor, so zeitlos, dass es in jede Generation passt. Äußere Einflüsse wie zwischenmenschliche Probleme sind damals wie heute ein wichtiges Thema. Sicherlich liest jeder in einem Buch etwas anderes, und doch habe ich viele Probleme wiedererkannt, die damals wie heute gelten. Wie offen sind wir für neues? Was machen wir mit unserer Willkommenskultur und was wird aus der kleinen runden Kugel, die wir unseren Planeten nennen?

Ein wirklich starkes Buch, das ohne Blockbuster auskommt, ohne Action. Es ist ein Buch, das auf den ersten Blick fast schnöde wirkt, und doch hat es mir sehr gefallen. Diese Geschichte kommt ohne Endzeitstimmung aus, und weckt sehr spezifisch auf.

Klare Leseempfehlung nicht nur für SciFi Fans!

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