Cover-Bild Herz auf Eis
22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: mareverlag
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 224
  • Ersterscheinung: 07.03.2017
  • ISBN: 9783866482562
Isabelle Autissier

Herz auf Eis

Kirsten Gleinig (Übersetzer)

Sie sind jung und verliebt und haben alles, was sie brauchen. Aber ihr Pariser Leben langweilt sie, also nehmen Louise und Ludovic ein Sabbatjahr und umsegeln die Welt. Bei einem Ausflug auf eine unbewohnte Insel vor Kap Hoorn reißt ein Sturm ihre Jacht und damit jegliche Verbindung zur Außenwelt mit sich fort. Was als kleiner Ausbruch aus dem Alltagsleben moderner Großstädter gedacht war, mündet urplötzlich in einen existenziellen Kampf gegen Hunger und Kälte. Nicht weniger aufreibend ist das psychologische Drama, das sich zwischen den Partnern entspinnt. Wer trägt die Schuld an der Misere? Wer behält die Nerven und trifft die richtigen Entscheidungen? Und was wird aus der Liebe, wenn es ums nackte Überleben geht? »Herz auf Eis« wagt sich an die Frage, was mit uns und unseren Beziehungen geschieht, wenn wir unsere Komfortzone verlassen.

Dieses Produkt bei deinem lokalen Buchhändler bestellen

Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.05.2018

Grenzerfahrung - wie weit würdest du gehen?

0

Ludovic ist der Inbegriff der Generation Y: Einzelkind, Eltern in leitender Position, Einfamilienhaus im Vorort von Paris. Es hat ihm an nichts gefehlt.

Ludovic ist schnell gelangweilt, immer auf der ...

Ludovic ist der Inbegriff der Generation Y: Einzelkind, Eltern in leitender Position, Einfamilienhaus im Vorort von Paris. Es hat ihm an nichts gefehlt.

Ludovic ist schnell gelangweilt, immer auf der Suche nach dem nächsten Kick, zieht er Louise, die etwas zurückhaltender ist, mit. Und so brechen die beiden nicht nur für ein Jahr aus, um die Welt zu erkunden, sie stranden auch aus reinem Leichtsinn auf einer unbewohnten Naturschutz-Insel. Eine Grenzerfahrung, denn aus dem Abenteuer wird ein Kampf ums pure Überleben.

Und hier legt die Autorin ihren Schwerpunkt und den Finger in die Wunde. Wie verhält sich ein Paar, das gegen Hunger, Kälte und Tod kämpft? Wie ändert sich die Rollenverteilung und die Charakterstärken mit der Zeit und wo bleibt bei all dem die Menschlichkeit und Liebe? Entscheidungen müssen getroffen werden, man ist sich nicht immer, um nicht zu sagen, selten einig. Und doch muss man zusammenhalten, um zu überlegen oder geht man ein Wagnis ein, dass der andere nicht zu tragen bereit ist....

Dieser Roman geht unter die Haut, denn man kommt nicht umhin, sich immer wieder selbst zu hinterfragen. Wie hätte ich gehandelt? Eine Antwort darauf habe ich nicht gefunden. Dennoch waren diese Überlegungen bei jedem Schritt präsent. Und das macht dieses Buch aus.

Sympathisch war mir in diesem Kammerspiel keiner der beiden Charaktere. Auch der Schreibstil ist sehr klar, knapp und distanziert, dabei aber unheimlich detailliert und sehr realistisch dargestellt. Es gibt keine Romantik oder gar Heldentum. Es geht um Würde, Menschlichkeit, Schuldgefühle, innere Zerissenheit, Zweifel und Liebe. Und diese Eindringlichkeit hat mich tief berührt und lange zum Nachdenken gebracht.

Ein Buch, das man nicht so schnell vergisst.

Veröffentlicht am 08.10.2017

Überragender Roman

0

'Fassungslos stehen sie da, außerstande, auch nur ein Wort zu wechseln. Allmählich breitet sich in ihnen das Entsetzen aus: kein Zuhause mehr, weder Nahrung noch Kleider, keine Möglichkeit die Insel zu ...

'Fassungslos stehen sie da, außerstande, auch nur ein Wort zu wechseln. Allmählich breitet sich in ihnen das Entsetzen aus: kein Zuhause mehr, weder Nahrung noch Kleider, keine Möglichkeit die Insel zu verlassen oder irgendjemand zu erreichen. Sie sind geradezu empört, empfinden ihre Lage als unangemessen.'


Isabelle Autissier hat mich mit 'Herz auf Eis' hellauf begeistert und gleichermaßen nachdenklich zurückgelassen. Man kommt nicht umhin sich zu fragen wie man selber in einer solchen Extremsituation reagieren würde.
Und so finde ich die Art und Weise wie die Autorin die Geschichte gnadenlos ehrlich, authentisch und realistisch erzählt hat sehr gelungen. Es ist ein intensives Leseerlebnis, das mich regelrecht sprachlos gemacht hat. Man bekommt das Gefühl mittendrin zu sein, kann sich dem Sog dieses Romans nicht entziehen und erlebt alles hautnah. Die Beschreibungen kann man geradezu vor sich sehen. Der Schreibstil ist präzise und eindringlich, es wird nicht dramatisiert, beschönigt oder übertrieben, man bekommt einen klaren Blick in die Gedanken- und Gefühlswelt der beiden Protagonisten und begibt sich mit ihnen an die Grenzen des menschlichen. An manchen Passagen musste ich kurz durchatmen weil das Erzählte fast schon zu viel war.
Die beiden Protagonisten Louise, die eher zurückhaltend ist und sich mitreißen lässt und Ludovic, der ein absolut aufgeschlossener Typ ist und mehr die Kontrolle übernimmt, kommen schnell an ihre Grenzen. Sie kämpfen gegen den Hunger und miteinander, versuchen den Trieben nicht die Überhand zu lassen und trotz der Rückschläge optimistisch zu bleiben, planen und möchten einen Alltag heraufbeschwören als wären sie Teil der Gesellschaft um ihre Menschlichkeit beizubehalten. In dieser einsamen Gegend kommen sie nicht umhin sich nacheinander zu sehnen, sie möchten nicht der Einsamkeit ausgeliefert sein und versuchen alles um eine Lösung zu finden und ihr Überleben zu sichern.
Ich interessiere mich sehr für Psychologie und so war das Buch in diesem Bereich absolut ansprechend. Man bekommt einen tiefgründigen Einblick darauf wie sich Louise und Ludovic den Herausforderungen stellen, um ihre Liebe bemüht sind, wie sie mit ihrer Situation psychisch umgehen und was dieses Erlebnis aus und mit ihnen macht.
Obwohl es einige extreme Situationen gab habe ich mich nicht getraut Louise und Ludovic zu verurteilen denn wer bin ich schon ihnen sagen zu können wie sie sich zu verhalten haben. Wer bin ich, auf dem Sofa sitzend, das Ganze beurteilen zu können? Es ist das eine darüber zu lesen, selber diese Erfahrung zu machen wünsche ich wahrlich keinem.

Der Roman überrascht oft, man weiß nie was als nächstes passiert und oft hatte ich wirklich Angst gehabt weiter zu lesen, weil ich nicht im geringsten wusste was mich erwartet und ob ich mich dem überhaupt stellen kann. Hat man zu Beginn noch die Hoffnung auf ein Happy End wird die ganze Situation so schnell extrem, dass man sich fragt ob ein glückliches Ende überhaupt in Frage kommen kann. Es ist unvorstellbar was Louise und Ludo durchmachen müssen und so muss jeder für sich erfahren wie es endet.

Ein Buch das zwar aus nur 224 Seiten besteht dafür aber solch eine immense Wirkung auf mich hatte, dass es unvergesslich bleibt. Ganz klare Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 08.10.2017

Herz auf Eis

0

Louise und Ludovic haben sich dazu entschieden eine einjährige Auszeit zu nehmen und zu einer Reise rund um die Welt aufzubrechen. „Jason“, ihr Schiff, soll Sie an entlegene und außergewöhnliche Ziele ...

Louise und Ludovic haben sich dazu entschieden eine einjährige Auszeit zu nehmen und zu einer Reise rund um die Welt aufzubrechen. „Jason“, ihr Schiff, soll Sie an entlegene und außergewöhnliche Ziele bringen, wie zum Beispiel eine unbewohnte Insel vor Kap Hoorn. Hier entscheidet das Paar an Land zu gehen und die Insel ein wenig zu erforschen. Sie haben hierfür nicht allzu viel Zeit, denn ein Sturm zieht über dem Meer auf, doch der Nervenkitzel und die Abenteuerlust überwiegen, was ihnen jedoch zum Verhängnis wird. Sie schaffen es nicht rechtzeitig von der Insel runterzukommen und der Sturm erfasst diese mit voller Wucht. Beide suchen Zuflucht in einer längst verlassenen Walfangstation und müssen am nächsten Morgen entsetzt feststellen, dass ihre „Jason“ nicht mehr am Horizont zu erkennen ist.
Versteinert stehen beide am Strand und können nicht fassen was ihnen zugestoßen ist. Panik breitet sich aus, diverse Horrorszenarien durchströmen ihre Gedanken und beide wissen, dass nun ein Kampf ums Überleben beginnt. Womöglich wird keine Menschenseele vor dem nahenden Winter diese Insel aufsuchen und schlimmer noch, kein Mensch weiß, wo sich Louise und Ludovic aufhalten.
Schnell realisieren die Gestrandeten, dass sie sich um Nahrung und eine sichere Bleibe kümmern müssen. Schnell kocht die Wut und Verzweiflung hoch und ebenso schnell geraten die Liebenden aneinander. Sie machen sich gegenseitig Vorwürfe, streiten sich, gehen aufeinander los und müssen dem psychischen und physischen Druck dieser enormen Ausnahmesituation standhalten, um nicht verrückt zu werden und unüberlegte Dinge, die sie eventuell das Leben kosten könnten, zu tun. Nichtsdestotrotz müssen gravierende Entscheidungen getroffen werden, die das Überleben womöglich sichern könnten.

Die Autorin hat mich mit diesem Roman definitiv emotional gefesselt und ich bin von ihrer bildlichen Sprache sehr angetan. Es war, als wäre ich selber dabei gewesen und hätte die Insel um mich herum gesehen und all die beschriebenen Gerüche wahr genommen. Ich konnte mit den Protagonisten sehr gut mitfühlen und fand es außergewöhnlich, dass die Autorin weder die Handlungen von Louise noch die von Ludovic verurteilt hat. Hier wird dem Leser ein enormer Freiraum zur Selbsteinschätzung und Meinungsbildung gewährt. In dieser Extremsituation, wo all der bisher gekannte Luxus im Nichts verschwindet, werden ganz existenzielle Fragen in den Vordergrund gestellt. Der Überlebenskampf wird unabdingbar und viele Dinge, wie die Liebe und das Vertrauen, bleiben auf der Strecke, da man sich auf das Wesentliche, hier u.a. der Beschaffung von Nahrung, konzentrieren muss. Die Autorin stellt diese menschlichen Veränderungen deutlich in den Vordergrund, so dass sich Leser noch besser in die Situationen hineinversetzen können. Zudem wirft sie im zweiten Abschnitt des Buches einen ausführlichen und interessanten Blick auf die Zeit nach der Strandung auf der Insel.
Der Psychothriller, welchen ich im Rahmen einer privaten Leserunde gelesen habe, hat bei allen Teilnehmenden lange nachgewirkt und wir haben uns alle gefragt, wie es uns wohl in solch einer Extremsituation ergangen wäre.

Veröffentlicht am 15.06.2017

Überlebenskampf gewonnen, Zuversicht verloren

0

„Sie bleiben sitzen, einer vor dem anderen, vollkommen leer. Eine unwirkliche Stille hüllt sie ein. An diesem Abend rührt kein Wind an der Station und dem großen Haus, nur Stille, als wären sie nicht da, ...

„Sie bleiben sitzen, einer vor dem anderen, vollkommen leer. Eine unwirkliche Stille hüllt sie ein. An diesem Abend rührt kein Wind an der Station und dem großen Haus, nur Stille, als wären sie nicht da, als hätte die Insel sie bereits verschlungen.“

Inhalt

Ludovic und Louise wollen sich eine Auszeit gönnen und fahren mit ihrem Boot über die Weltmeere, um die unendliche Freiheit, die Urigkeit des Lebens vollends auszukosten, weitab jeder Zivilisation nur allein mit sich, ihrer Liebe und den Erfahrungen einer Weltreise. Als sie auf der Insel Stormness, die zu den Falklandinseln gehört haltmachen, ignorieren sie die Tatsache, dass es sich um Naturschutzgebiet handelt und ankern in einer Bucht. Eine alte,halbverfallene Beobachtungsstation dient ihnen als Obdach für die Nacht und sie erfreuen sich für wenige Stunden der Einzigartigkeit ihres Erlebnisses. Doch am nächsten Morgen erwartet sie eine bitterböse Überraschung, denn ihr Schiff ist verschwunden und nicht mehr auffindbar. Niemand weiß, wo genau sie sich befinden und die örtliche Witterung lässt es nicht zu, allzu lange dort zu verweilen. Es beginnt ein bitterer Kampf ums Überleben, geprägt von Hunger, Vorwürfen, Resignation aber auch gemeinsamer Hoffnung. Wird es ihnen gelingen, der Naturgewalt zu entkommen oder verlieren sie den ungleichen Kampf und ergeben sich den Weiten des Universums?

Meinung

Die französische Autorin Isabelle Autissier setzt mit ihrem Roman an einer sehr ungewöhnlichen Stelle an, an den Grundfesten des menschlichen Lebens, an primitiven Bedürfnissen und Verhandlungsweisen bar jeder Überlegung. Ihre geschaffene Extremsituation, die ein junges, verliebtes französisches Paar auf eine eisige, menschenlose Insel am Südpol verschlägt, bringt den Leser ebenso wie die Protagonisten mitten in ein menschliches Drama, aus dem es scheinbar kein Entrinnen gibt, außer dem sicheren Tod.

Besonders nennenswert empfinde ich die sachliche, objektive Erzählweise, die aus der dritten Person Singular ein facettenreiches Bild des Schreckens zeichnet. Die Autorin vermeidet es, eine Wertung zu fällen, sie umschifft die Klippen der Schuldfrage, sie verwischt auch die Konturen, die es normalerweise ermöglichen mit den Protagonisten nachzuempfinden, sich in ihr Schicksal einzuleben. Und doch gefällt mir diese distanzierte Beobachtung wesentlich besser als eine vielleicht vollkommen verzweifelte Ich-Erzählerin, die nur knapp dem Irrsinn Paroli bieten kann. Meine Lesestimmung war irgendwie zwischen immenser Spannung, tatsächlicher Abscheu und kopfschüttelnder Hilflosigkeit anzusiedeln.

Nach dem eigentlichen Showdown, war erst die Hälfte des Buches geschrieben und dann wechselt die Autorin in die Gegenwart, in eine Zeit, in der nichts mehr so ist, wie es war. In ein Szenario, geprägt von sensationssüchtigen Journalisten, vermarktungsfähigen Strategien – ganz so, wie man es auch im echten Leben erwarten würde. Aus der Stille wird nun ein Blitzlichtgewitter und die Medien stürzen sich wie die Aasgeier auf die Menschen hinter dem Drama. Schnell kommt es zu Fragen über Schuld, Reue und Verantwortung, noch schneller wird geurteilt und dennoch bleibt das Interesse an der Person nicht länger als ein Wimpernschlag erhalten. Was gestern die Massen bewegt hat, gerät heute schon in Vergessenheit. Auch diese Richtung der Geschichte hat mich sehr fasziniert, weil sie schonungslos ehrlich ist und den Bogen zwischen Unterlassung, Zweifeln und Aufbegehren spannt.

Fazit
Ich vergebe 5 Lesesterne für diesen bewegenden, ungewöhnlichen Erfahrungsroman, der bröckelnde Werte ebenso wie menschliches Versagen in das Zentrum der Geschichte bringt und den Leser sehr dankbar werden lässt für die Normalität seines alltäglichen Daseins. Eine Erzählung über Mut, Verlust, barbarisches Verhalten und das Zerbrechen einer intakten Liebesbeziehung, deren Existenz sich in den eisigen Wellen des Meeres verliert. Empfehlenswert für alle, die gerne anspruchsvolle Romane mit Tiefgang lesen und auch nach der Lektüre noch das Bedürfnis haben sich über das geschriebene Wort auszutauschen.



Veröffentlicht am 17.04.2017

Überlebenskampf

0

Das Buch "Herz auf Eis" ist die Geschichte eines Existenzkampfes auf einer einsamen Insel, die so dicht und eindringlich geschrieben ist, dass mich das Buch einfach nur überwältigt hat. Das Buch ist ein ...

Das Buch "Herz auf Eis" ist die Geschichte eines Existenzkampfes auf einer einsamen Insel, die so dicht und eindringlich geschrieben ist, dass mich das Buch einfach nur überwältigt hat. Das Buch ist ein moderner Abenteuerromanen, Liebesroman, Extremerfahrung und Überlebenskampf und lässt den Leser nicht mehr los, so packend und spannend erzählt die Autorin Isabelle Autissier.

"Als Kind hat sie geträumt, sie sei eine Heldin. Aber dem Leben sind die Träume egal."

Das Paar Louise und Ludovic, begütert und versorgt, verlassen das Pariser Leben für einen Segeltörn über der Atlantik. Die beiden hatten sich beim Klettern kennengelernt, und die schüchterne, zurückhaltende junge Frau kann es kaum fassen, dass der schöne und begehrenswerte Ludovic sich ausgerechnet in sie verliebte.
Ludovic, vom Leben verwöhntes Einzelkind und genervt vom grauen Job-Alltag, will aussteigen und überredet die auf Sicherheit bedachte und konventionelle Louise, deren Passion und Rückzug das Bergsteigen ist, zum Sabbatjahr für die Atlantik-Segeltour.
Von den Antillen entlang der Südamerikanischen Atlantikküste mit der Yacht "Jason" bis Kap Hoorn ist die Reise für die beiden der Inbegriff von Freiheit, sie fühlen sich stark und überlegen und glauben, der Essenz des wahren Lebens auf der Spur zu sein.
Doch das Reiseglück schlägt im Südatlantik um, als sie ohne vorher ihren Standort zu funken eine einsame Insel anlaufen. Durch einen Sturm, bei dem die "Jason" sinkt, unfreiwillig gestrandet auf der Insel Stromness (Südgeorgien) jenseits des 50. Breitengrades, 1400 km östlich der Falklandinseln gelegen, Naturschutzgebiet mitten im Meer und nur von Pinguinen und Robben bewohnt, stürmisch und eiskalt, felsig und abweisend, müssen sie sich ohne Ausrüstung dem Überlebenskampf stellen.

" Jason, ihr Schiff, ihr Haus, der Inbegriff ihrer Freiheit, ist einfach ausgelöscht, wegradiert wie ein Fehler. ... Sie sind geradezu empört, empfinden ihre Lage als unangemessen."

Das hochdramatische Ringen ums Überleben auf der Felseninsel, das psychologische Drama, das sich zwischen Louise und Ludovic entspinnt, der Versuch der beiden, Menschlichkeit zu bewahren, ist von der Autorin höchst eindringlich und spannend beschrieben. Anfänglicher Aktionismus und großer Elan dienen der Verdrängung der Gedanken an die Zukunft, Überleben scheint möglich.

"Die Gewissensforschung, der Stolz auf die geleistete Arbeit, die Anstrengungen - all das beweist ihr Menschsein, unterschiedet sie von Tieren...Solange sie die Gesellschaft nachahmen, gehören sie ihr noch an."

Anfangs als Partner agierend und die Schuldfrage und die Wut über das Geschehen notwendigerweise zurückstellend entwickelt sich das Verhältnis der beiden im Überlebenskampf immer mehr zu einem Kampf gegeneinander. Ludovic setzt sich durch und gibt wie seit Beginn der Beziehung der beiden den Takt an, schafft damit Situationen, bei denen der partnerschaftliche und zivilisierte Umgang des Paares in reine Abscheu und Gewalt umschlägt.

Dennoch verzehren sich Louise und Ludovic füreinander und brauchen sich gegenseitig. Sie schöpfen erneut Hoffnung aus gemeinsamer Arbeit, doch der sich verschlechternde Gesundheitszustand durch zu wenig und Mangelernährung, Sorge vor dem einsetzenden Winter und weitere Rückschläge schaffen eine ganz unmittelbare Leben-oder-Tod-Situation. Louise, die starke Kämpferin, trifft allein eine Entscheidung, die sie an den Rand und darüber hinaus dessen bringt, das sie aushalten kann.

"Sie hat sich einen Kokon gesponnen, der sie am Leben hält, oder eher zwischen zwei Leben, dem davor und dem danach."

Sprachlich präzise und knapp, sachlich und klar schafft es die Autorin auf dem reichlich 200-Seiten-Roman mit wenigen Worten, den Leser in bedrohliche Situationen zu stellen, ohne ablenkende oder beschönigende Umschreibungen. Die Beschreibung der kargen Insel und der Lebensumstände ist so gut getroffen, dass ich beim Lesen gefroren habe. Eindrucksvoll ist, wie man beim Lesen die Naturgewalten des Meeres, des Sturmes und des Eises ängstlich fühlen kann.

"Nicht mehr kämpfen, den Albtraum beenden, der doch zu nichts führt. Schlafen, schlafen ohne Hunger, ohne diese ständige Angst vor dem nächsten Tag."

Das Lesen des Romanes ist, wie die Geschichte selbst, eine grenzwertige Erfahrung. Man wird an den Rand des Erträglichen geführt, und obwohl man von der Autorin dort nicht allein stehen gelassen wird, ist es extem, insbesondere im Hinblick auf die psychologischen Aspekte. Der Kampf um den Erhalt der Menschlichkeit und Liebe, ums Überleben und gegen die Verzweiflung und gegen das Aufgeben sind derartig nachspürbar und dicht, dass es fast nicht auszuhalten ist.
Bravo dafür, ich bin komplett überwältigt von diesem großartigen, mitreißenden, traurigen und zugleich hoffnungsvollen Roman, der völlig zu Recht für den Prix Goncourt nominiert wurde.

Die französische Autorin Isabelle Autissier, geboren 1956, umsegelte übrigens 1991 als erste Frau selbst die Welt und weiß, wovon sie schreibt. Sie lebt in La Rochelle und schreibt seit den 1990er Jahren.