„Red Rising“ ist der Auftakt der gleichnamigen Trilogie von Pierce Brown. Mit schroffer, wenig emotionaler und direkter Erzählweise liefert der Autor einen spannenden Debütroman, der gewiss nicht für jedermann geschaffen ist.
In den Tiefen einer fernen Minenkolonie auf dem Mars schuften der sechzehnjährige Darrow und seine Leute, der niedrigsten Klasse der Menschheit angehörig, um mit dem abgebauten Helium-3 die Planetenoberfläche für spätere Siedler bewohnbar zu machen. Jedoch muss der junge Protagonist nach einem traumatisierenden Ereignis feststellen, dass alles eine riesige Lüge ist. Während die unterdrückten Bergleute, noch bedroht von Gasexplosionen, aggressiven Monstern und allerlei anderen Gefahren, ihr ärmliches Dasein fristen, leben die Unterdrücker über ihren Köpfen schon längst in Saus und Braus. Um der Ungerechtigkeit ein Ende zu setzen und das System von innen heraus zu zerstören, wird Darrow in das Institut eingeschleust, in welchem die zukünftige Elite seiner Feinde eine harte Ausbildung durchläuft. Es kommen sowohl zahlreiche körperliche, als auch seelische Belastungsproben auf den Helden zu, wenn es gilt, die Ketten der Unterdrückung zu sprengen.
„Auf dem Mars ist die Schwerkraft nicht sehr gross. Also muss man an den Füssen des Gehängten ziehen, um ihm das Genick zu brechen. Diese Aufgabe überlassen sie den Angehörigen.“
Die Handlung erinnert stark an ‚Die Tribute von Panem’, da zum Beispiel wenig zimperlich mit den Figuren umgegangen wird. Schon bald wir brutal verprügelt, verstümmelt und getötet. Trotz aller Gewalt spielen aber auch strategische Überlegungen, Bündnisse und Intrigen mit den daraus resultierenden, oft unliebsamen, Wendungen eine wichtige Rolle. Während seines Abenteuers stellt Darrow fest, dass es auch unter den Nachkommen der verhassten Oberschicht Personen gibt, die seine Freundschaft und sein Vertrauen verdienen, auch wenn es nicht immer diesen Anschein hat.
Sobald er in die Welt seiner Feinde eintritt, nimmt die Handlung stark an Fahrt auf, sie wird brutaler, grausamer, blutiger. Zugleich gewinnt sie aber auch an Komplexität. Darrow ist besessen von seiner Rache. Sie ist das Einzige was ihn antreibt. Moral verschwimmt in diesem Buch. Pierce Brown erschafft einen Weltenentwurf, in dem es kein Schwarz und Weiß gibt, sondern nur Grautöne. Die vermeintlichen Helden zeigen ebenso Züge von Grausamkeit, wie die Feinde und Antagonisten auf einmal Mitgefühl, Ehre und Freundschaft aufweisen. Dieses Spiel mit den Grundwerten, das Verschwimmen von Gut und Böse ist es, was den Roman so unglaublich packend macht.
Nicht immer trifft Darrow die richtige Entscheidung, ist hinsichtlich seiner Handlungen alles andere als perfekt und muss mit den bitteren Konsequenzen leben. Zwar ist er klug und geschickt, weiss sich anzupassen und lernt schnell dazu, doch er hat Ecken und Kanten, sagt und tut oft das Falsche - und gesteht es auch ein. Gerade diese menschlichen Schwächen machen Darrow trotz aller Brutalität sympathisch, auch wenn er oftmals etwas zu hart im Nehmen scheint.
„Diese Bohrer können einem die Knochen schmelzen, wenn man nicht vorsichtig ist. Und ich bin keineswegs vorsichtig. Nur schnell.“
„Schon komisch, Götter zu beobachten, denen klar wird, dass sie doch nur sterblich sind.“ Da die Menschen dazu neigen, sich selbst zu Göttern zu erheben, werden viele Bezüge zur antiken Mythologie, Kultur, Kriegsführung und Gesellschaft aufgestellt, was schon bei diversen Eigennamen wie Augustus, Cassius und Antonia beginnt und sich bei den militärischen Rängen fortsetzt. Auch bekriegen sich die Jugendlichen eher mit primitiven, historischen Waffen, auch wenn durchaus Details wie schützende Kraftfelder und Schwebeschuhe auftauchen, wo sich die Technologie ihrer Zeit bemerkbar macht.
Der direkte und teilweise etwas brutale Schreibstil lässt sofort erkennen, von wem dieses Buch geschrieben wurde - nämlich von einem Mann. Schimpfwörter, Kampfansagen und blutige Beschreibungen sprechen da für sich. Jedoch war es eine passende Parallele zu der oft rauen Handlung und strotzte an den richtigen Stellen nur so vor Gefühlen - wie bei den Stellen, in denen Darrow an seine Frau denkt.
Um mit den Worten des Autors abzuschliessen: „Sie werden diese dreckverdammten Bücher lieben.“