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Veröffentlicht am 22.06.2017

Eine Bärengeschichte – Abenteuerliche, bunte Kurzgeschichte von Irvings Garp

Die Pension Grillparzer
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John Irvings Garp schrieb in Garp und wie er die Welt sah, als 19-jähriger seine erste Erzählung Die Pension Grillparzer. Irvings Fans erinnern sich gern daran, dass Garp damit das Herz seiner geliebten ...

John Irvings Garp schrieb in Garp und wie er die Welt sah, als 19-jähriger seine erste Erzählung Die Pension Grillparzer. Irvings Fans erinnern sich gern daran, dass Garp damit das Herz seiner geliebten Helen eroberte, die er später heiratete.

Irving erfüllte sich einen Wunsch, in dem er diese Kurzgeschichte als stand alone veröffentlichte.

In Die Pension Grillparzer lässt Irving es äußerst kurzweilig zugehen. Eine Familie, mit zwei Söhnen und einer Großmutter, reist in die Pension Grillparzer, um sie unter fremdenverkehrstechnischer Sicht zu beurteilen. Vaters Beruf zwar, aber die ganze Familie mit einbezogen, nächtigen sie in der Pension, für die sich der Besitzer ein Sternchen mehr erhofft. Der majestätischen Großmutter ist diese Pension nicht würdig genug und sie fühlt dies bestätigt, als sie nachts Schemen wahrnimmt, von jemanden der auf Händen vor einer Toilette steht.

Um Spoiler auszuschließen nur so viel: Abenteuerlich, bunt und verrückt geht es in dieser Kurzgeschichte zu. Sie wimmelt von merkwürdigen Umständen und Begebenheiten, die verzweifelte Akrobaten, ein depressiver Bär und ein Traumerzähler gestalten.

Leser die Irvings Garp Romane kennen, werden den Ausflug in diese Kurzgeschichte besonders mögen und sich erinnern. Alle anderen werden kurzweilig unterhalten sein, schmunzeln und hier und da einen magischen Moment in sich aufnehmen. Aber, auch Traurigkeit spielt in dieser kurzweiligen Handlung eine Rolle und so zaubert Irving eine unterhaltsame und emotionale Lesezeit.

Der Autor:

John Irving, geboren 1942 in Exeter, New Hampshire, lebt in Toronto. Seine bisher dreizehn Romane wurden alle Weltbestseller und in mehr als 35 Sprachen übersetzt, vier davon verfilmt. 1992 wurde Irving in die National Wrestling Hall of Fame in Stillwater, Oklahoma, aufgenommen, 2000 erhielt er einen Oscar für die beste Drehbuchadaption für die Verfilmung seines Romans ›Gottes Werk und Teufels Beitrag‹. 2013 erhielt er die weltweit wichtigsten Auszeichnungen für seine Darstellung von sexueller Toleranz und Gleichbehandlung in seinem literarischen Werk. (Quelle: Diogenes)

Kurzgeschichten sind nicht meine Vorliebe. Es fällt mir stets schwer, mich so zügig aus einer Geschichte wieder verabschieden zu müssen. An Irvings Die Pension Grillparzer konnte auch ich nicht vorbeigehen, aber dennoch wäre ich gern noch länger geblieben.

Fazit und Bewertung:

Leser die Irvings Garp Romane kennen, werden den Ausflug in diese Kurzgeschichte besonders mögen und sich gern erinnern. Alle anderen werden kurzweilig unterhalten sein, schmunzeln und hier und da einen magischen Moment in sich aufnehmen. Aber, auch Traurigkeit spielt in dieser kurzweiligen Handlung eine Rolle und so zaubert Irving eine unterhaltsame und emotionale Lesezeit.

©nisnis-buecherliebe

Veröffentlicht am 15.06.2017

Vernichtung – Spannend, tiefgründig, brutal

Mit Zorn sie zu strafen
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London: Unbegreifliche Geräusche durchschneiden die eiskalte Nacht in einer geschlossenen Wohnanlage, als die Geschwister Wood gewaltgeschwängerte Schreie der Eltern hören. „Ich will, dass du zusiehst“, ...

London: Unbegreifliche Geräusche durchschneiden die eiskalte Nacht in einer geschlossenen Wohnanlage, als die Geschwister Wood gewaltgeschwängerte Schreie der Eltern hören. „Ich will, dass du zusiehst“, brüllt die fremde, männliche Stimme!

In letzter Minute kann sich der Sohn Bradley Wood mit einem Sprung aus dem Fenster retten, doch wenig Zeit später, wird er auf der Straße von einem Auto überrollt und verschwindet dann spurlos.

Als Detective Max Wolfe am Tatort erscheint, findet er die auf bestialische Weise zugerichteten Leichen der Eltern und der Tochter vor. Sie sind mit einem Bolzenschussgerät regelrecht hingerichtet worden. Max Wolfes Ermittlungen führen ihn zu einem Täter, der vor 30 Jahren ebenfalls mit einem Bolzenschussgerät getötet hat, dass man in der Regel für die Schlachtung von Tieren benutzt. Doch Peter Nawkins ist schwer an Krebs erkrank und kann das furchtbare Verbrechen an der Familie Wood nicht begangen haben. Trotzdem ist sich Max Wolfe sicher, dass Nawkins mehr weiß als er preisgibt und eine gefährliche Jagt auf Zeit beginnt.

Tony Parsons Bestseller-Krimi-Reihe geht weiter: Der zweite Fall für Detective Wolfe

Der Autor:

Tony Parsons wurde am 6. November 1953 in Romford, Essex (UK), als einziges Kind einer Arbeiterfamilie geboren. Nach seinem Schulabschluss begann er seine Freizeit für seine literarische Begabung zu nutzen und veröffentlichte eine Untergrundzeitung, die er „Skandalblatt“ nannte.

Seine Karriere begann er als Musikkritiker. Heute ist er einer der erfolgreichsten Kolumnisten und Fernsehjournalisten Großbritanniens. Er schrieb u.a. für das Musikmagazin NME, den Daily Telegraph und 18 Jahre lang für den Daily Mirror.

Zudem gehört er zu den ganz großen Stars der englischen Literaturszene, denn alle seine Werke schafften es auf die nationalen und internationalen Bestsellerlisten.

Er lebt mit seiner Frau, ihrer gemeinsamen Tochter und ihrem Hund in London. Sein erster Kriminalroman Dein finsteres Herz mit Detective Constable Max Wolfe wurde von der Presse frenetisch gefeiert. (Quelle: Bastei Lübbe)

Reflektionen:

Zu Lebzeiten füllten die sportlich erfolgreichen Eheleute Wood mit zahlreichen Videos YouTube. Für Max Wolfe und sein Team von der Metropolitan Polizei liegt die Vermutung zunächst nahe, den Täter unter der anonymen Masse der Zuschauer zu suchen, die sich über das Glück der betuchten Familie neidvoll erzürnt haben. Doch als die Ermittler auf den ehemaligen Schlachterburschen Peter Nawkins aufmerksam werden, der vor 30 Jahren ebenfalls, wie der Täter der Familie Wood, mit einem Bolzenschussgerät getötet hat, erhält der Fall eine neue Wendung, die jedoch kaum greifbar, zunächst nur eine Ahnung ist.

Tony Parsons Stil ist federleicht und äußerst leicht zu lesen. Mit seinem Ausdruck, schnörkellos und dennoch reich an Details, füttert er die spannende Geschichte mit umfassenden Informationen zu den Legenden, der durchaus außergewöhnlich intensiv gezeichneten Protagonisten.

Die bestialischen Verbrechen die geschehen sind atemraubend und blutig beschrieben. Nichts für schwache Nerven und dennoch füllen sie keine ellenlangen Seiten.

Schlaf jetzt.
Schließ die Augen.
Denk an nichts.
Gleite in die Dunkelheit, die absolut und nahtlos ist und alles, was du je kennen wirst.
Lass deinen Atem die Arbeit tun.
Lass es vorbei sein.
Begrüße die Finsternis und das Ende all deiner Leiden.
Beende es. Beende es. Beende es. (Zitat)

Max Wolfes Perspektive wird in der Ich-Erzählweise dargestellt und wechselt lebhaft innerhalb eines Kapitels. Er ist ein sympathischer Ermittler, der mit kaum einem Klischee behaftet, seine kleine Tochter Scout aufrichtig liebt und gefühlsbetont mit ihr umgeht. Auf der anderen Seite ist er ein knallharter Polizist.

Tony Parsons erlaubt immer wieder maßvolle Ausflüge, zu dieser anmutigen Vater Tochter Beziehung. Durch diese schönen und emotionalen Einschübe, entschleunigt Tony Parsons bewusst und gut pointiert die Anspannung des Lesers, die sich durch die grausamen Verbrechen angestaut hat.

Mit Zorn sie zu strafen, sicher platziert im Genre Kriminalroman, beherbergt ebenso Thriller-Elemente. Diese sorgen dafür, dass sich die Spannungskurve intelligent entwickelt, obwohl sie auch immer mal wieder abreißt, und sich die Tiefe der Handlung verdeutlicht.

Eine glaubhaft gezeichnete Kluft zwischen arm und reich und eine Darstellung und Aufschlüsselung der oftmals emotionalen Handlungsweisen der Figuren, lassen den Leser interessiert und gefesselt lesen, bis die letzte Seite umgeblättert ist.

Ansatzweise verschachtelt, führen Wendungen in eine Richtung, die Tony Parsons mit manch einer Überraschung und Figuren-Fassade über den Haufen wirft, bevor man als Leser glaubt, Motiv und Täter für sich definiert zu haben.

Fazit und Bewertung:

Mit Zorn sie zu strafen ist ein spannender Kriminalroman, der ansatzweise verschachtelt einige Wendungen bereithält. Besonders gelungen ist die Darstellung einer lesenswerten Handlungstiefe, die jedoch mit einer bestialischen Portion Gewalt einhergeht.

©nisnis-buecherliebe

Veröffentlicht am 15.06.2017

Die Ohnmacht ausgeliefert zu sein – Ein intelligentes Netz aus spannenden Wendungen

Schwarzwasser
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Im Haus von Polizeiobermeister Kreuthner hat es vor kurzem gebrannt und so muss er mit seiner weiblichen Errungenschaft vom Faschingsball, für ein Stelldichein, auf das Heim eines anderen zurückgreifen. ...

Im Haus von Polizeiobermeister Kreuthner hat es vor kurzem gebrannt und so muss er mit seiner weiblichen Errungenschaft vom Faschingsball, für ein Stelldichein, auf das Heim eines anderen zurückgreifen.

Der Großvater von Kommissar Wallner, chauffiert mit 86 Jahren und im Kostüm des Sensenmanns, die beiden Turteltäubchen zu einem Haus, dessen Hauseigentümer vereist sein soll. Doch als die drei das Haus betreten, finden sie eine junge, verstört wirkende und orientierungslose junge Frau vor, die eine Schusswaffe in der Hand hält. Neben an im Schlafzimmer entdecken sie dann den erschossenen Hausherrn Klaus Wartberg in seinem Bett.

Als die Polizei Ermittlungen anstellt, findet sie heraus, dass es einen Klaus Wartberg nie gegeben hat. Seine Legende ist frei erfunden und es gibt keine Hinweise auf seine wahre Identität. Man hält die junge Frau für die Täterin, bis polizeiliche Recherchen im Nachlass des Toten Zeitungsausschnitte zu Tage fördern, die auf einen Immobilienskandal in Berlin hindeuten.

Ein verworrenes Spiel beginnt.

Der Autor:

Andreas Föhr, Jahrgang 1958, gelernter Jurist, arbeitete einige Jahre bei der Rundfunkaufsicht und als Anwalt. Seit 1991 verfasst er erfolgreich Drehbücher für das Fernsehen, mit Schwerpunkt im Bereich Krimi. Zusammen mit Thomas Letocha schrieb er u.a für „SOKO 5113“, „Ein Fall für zwei“ und „Der Bulle von Tölz“. Für seinen Debütroman „Der Prinzessinnenmörder“ ist Andreas Föhr mit dem begehrten Friedrich-Glauser-Preis ausgezeichnet worden. Mit „Schwarze Piste“ stand Föhr monatelang unter den Top 10 der Spiegel-Bestsellerliste. Andreas Föhr lebt bei Wasserburg.

Reflektionen:

Nach dem brillanten Kriminalroman Eisenberg von Andreas Föhr, bin ich mit einer hohen Erwartungshaltung an Schwarzwasser herangegangen und wurde kaum enttäuscht.

Der Einstig gelingt spielend leicht. Im Verlauf der Handlung entpuppt sich dieser Kriminalroman jedoch zu einem komplexen Plot Konstrukt, dem man nur folgen kann, wenn man eine gehörige Portion Konzentration mitbringt.

Andreas Föhr gelingt es meisterhaft, ein von Wendungen und Verschachtelungen wahrhaft strotzendes Werk literarisch gut in Szene zu setzten. Gekonnt entwickelt er interessante Legenden für zahlreiche Protagonisten, deren Handlungen irgendwie alle miteinander verknüpft sind.

Einigen Figuren hat Andreas Föhr mundartigen Dialekt zugeschrieben, wodurch die Figuren lebhaft und authentisch wirken, vor allem aber sorgt er damit für einen hohen Wiedererkennungswert der im Detail gezeichneten Charaktere, während spritzig gepfefferte Dialoge das Lesetempo beschleunigen. Für meinen persönlichen Geschmack war das ein too much an Dialekt-Gebrabbel, dass mich manchmal sogar störte und auch kaum amüsierte, denn schließlich handelt es sich um einen Kriminalroman und nicht um eine Komödie.

Dem Dialekt entsprechend fließt auch in diesem Wallner-Krimi einiges an Lokalkolorit ein. Schauplätze werden gut beschrieben und für Insider der Örtlichkeiten sind diese sicher ein Highlight.

Schwarzwasser stellt für den Leser eine komplexe Geschichte dar, in der zahlreiche Figuren miteinander hadern und Konflikte austragen, die mit Emotionen wie Angst und Wut, vor allem aber mit dem Gefühl der Ohnmacht ausgeliefert zu sein, einhergehen. Auch unter den Kollegen der Polizei kriselt es gewaltig. Der Eine sucht ständig nach Fehlern des Anderen und der Andere schlittert ständig am Rande der Legalität entlang. All diese konfliktgeschwängerten Situationen sind auf authentische Weise und wirklichkeitsgetreu inszeniert. Die Polizeiarbeit liest sich glaubwürdig, aber manche Handlungen, vor allem die von Polizeiobermeister Kreuthner, sind überflüssigerweise überzogen. Damit wirkt die unblutige Handlung leider etwas überladen.

Auch wenn man fleißig miträtselt, bis die letzte Seite gelesen ist, wartet Andreas Föhr immer wieder mit neuen, intelligenten Überraschungen auf, bevor man sich als Leser für Täter und Motiv festlegen kann. Er bleibt seinem literirischen Stil treu. Sein flüssiger Schreibstil und sein wohlgeformter Ausdruck begleiten genussvoll durch einen spannenden und intelligenten Kriminalroman.

Fazit und Bewertung:

Schwarzwasser ist ein intelligenter, unblutiger und spannender Kriminalroman, der von Verschachtelungen und Wendungen nur so strotzt. Ein schöner literarischer Stil und spritzige Dialoge formen Legenden der interessant gezeichneten Figuren, die scheinbar alle miteinander agieren.

Veröffentlicht am 09.06.2017

Profiteure des Terrors - Abschluss der Trilogie um Journalistin Lena Halberg

Lena Halberg: London '05
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London, King’s Cross: Eine Bombe erschüttert die unterirdischen Tunnel der britischen U-Bahn. Zahlreiche Tote und Verletzte, bieten ein verheerendes Bild.

Journalistin Lena Halberg stößt zehn Jahre nach ...

London, King’s Cross: Eine Bombe erschüttert die unterirdischen Tunnel der britischen U-Bahn. Zahlreiche Tote und Verletzte, bieten ein verheerendes Bild.

Journalistin Lena Halberg stößt zehn Jahre nach dem Anschlag in der Londoner Underground auf Hinweise, dass dieser Anschlag nicht der einzige war. Die chemische Zusammensetzung der verwendeten Bombe führt sie in ein Forschungsinstitut nach Haifa (Israel). Mit ihren Recherchen rüttelt sie Geheimdienste auf und ehe sie sich versieht, landet sie in dem berüchtigten Militärgefängnis Facility, aus dem sie nur knapp entkommt.

Eine spannende Jagd nach Hintermännern und Profiteuren der Waffenlobby, Geheimdienste und der Politik beginnt.

Der Autor:

Ernest Nybørg studierte Musik und Literatur. Bereits während seiner Studienzeit entwickelte er Stücke fürs Theater. Nach ersten erfolgreichen Bühnenproduktionen arbeitete er als Autor und Regisseur für Bühne und Film. Bis heute betreute er erfolgreich mehr als vierzig Produktionen. Nebenbei ist er seit vielen Jahren Gastlektor für Dramaturgie und berät Filmproduktionen in der Stoffentwicklung.

Seit einigen Jahren widmet er sich ausschließlich der Literatur. Mit Thrillern, die reale politische Geschehnisse als Hintergrund verarbeiten, erweiterte er seine schriftstellerische Tätigkeit auch auf das Gebiet des Kriminalromanes. Hier erkennt man eine Leidenschaft für menschliche Abgründe. Seine Stoffe gehen unter die Haut und zeigen, dass er auch in diesem Genre zu Hause ist.

Durch seine vielfältigen Aktivitäten lebte er an verschiedenen Plätzen in Europa und Nordamerika, was seine Lust an der Beschäftigung mit anderen Kulturen und deren Lebensart prägte. Die Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen, sozialen Strukturen beeinflusst auch die Intensität seiner Stoffe. (Quelle: ernetnyborg.com)

Reflektionen:

Zum Abschluss der Trilogie um die taffe Journalistin Lena Halberg gelingt es Ernest Nybørg noch einmal, eine wahrlich geschickte und spannende Jagd nach den Hintermännern und Profiteuren von Politik, Geheimdiensten und Waffenlobby zu inszenieren.

Auch wenn Nybørg seine fiktive Story mit tatsächlich geschehen Ereignissen intelligent verknüpft, was die Geschichte an sich sehr interessant gestaltet, konnte sie nicht vollumfänglich überzeugen. Zwar beschert die Handlung durchweg spannende Lesestunden, aber anfänglich sind die Übergänge zu den Kapiteln zunächst nicht klar nachvollziehbar. Als wenn man in einem luftleeren Raum schwebt, liest man Kapitel um Kapitel und Perspektive um Perspektive, ohne Verflechtungen ansatzweise nachvollziehen zu können. Im Laufe der Weiterentwicklung der Story schlüsseln sich die Perspektiven zwar auf, aber der Weg dorthin bremst den Lesefluss ein wenig.

Gewohnt gut und interessant sind die Charakterzeichnungen der Figuren. Eine jede Figur besitzt eine Legende, die den Thriller lesenswert gestaltet und die die Spannungskurve dadurch noch einmal hochschnellen lässt. Besonders hervorzuheben ist die Zeichnung der Journalistin Lena Halberg, da sie entgegen eines jeden Klischees eigenwillig, stark und unerschütterlich für die Wahrheit kämpft. Ab und zu handelt Lena allerdings äußerst risikoreich und leichtsinnig, was ihre Authentizität etwas mindert.

Erschreckend empfindet man Ernest Nybørgs Vermischung von Fiktion und Realität, denn sie spiegelt ansatzweise das wieder, was wir tagtäglich den Nachrichten entnehmen. Authentizität ist in diesem Thriller wieder einmal sehr groß geschrieben, sodass man sich sehr gern fesseln lässt.

Schreibstil und Ausdruck sind klar und flüssig. Unverblümt und in einer schönen Sprache, führt Ernest Nybørg durch eine komplexe Geschichte, die genau so hätte passiert sein können.

Lena Halberg – London’05 kann ohne weiteres als stand alone gelesen werden.

Fazit und Bewertung:

Der Abschluss der Trilogie um Journalistin Lena Halberg bietet erneut eine erschreckende Mischung aus Realität und Fiktion. Nicht so überzeugend wie die beiden Vorgänger, aber dennoch ein interessanter Thriller, der spannende Lesestunden verspricht. Journalistin Lena Halberg jagt erneut Hintermänner und Profiteure der Waffenlobby, Geheimdienste und Politik.

©nisnis-buecherliebe

Veröffentlicht am 07.06.2017

Historischer Krimi zu Zeiten der Invasion durch die Deutschen auf den britischen Kanalinseln – Top recherchiertes Debüt

Crossroads
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1940: Nachdem die deutsche Wehrmacht Frankreich erobert hat, besetzt sie nun die britischen Inseln (Guernsey, Jersey, Sark, Alderney, Harm) im Ärmelkanal. Die britische Regierung hatte sich entschlossen, ...

1940: Nachdem die deutsche Wehrmacht Frankreich erobert hat, besetzt sie nun die britischen Inseln (Guernsey, Jersey, Sark, Alderney, Harm) im Ärmelkanal. Die britische Regierung hatte sich entschlossen, nicht um die Inselgruppe zu kämpfen. Nach den britischen Soldaten sollte eigentlich auch die Zivilbevölkerung evakuiert werden, dazu kommt es aber nicht mehr. Die Wehrmacht ist schneller.

Als auf Guernsey die Leiche einer jungen Frau entdeckt wird, muss der ehemalige Ermittler des Yard, Chief Inspector Charles Norcott, unter besonders erschwerten Bedingungen ermitteln, da die Insel vollständig vom Festland abgeschnitten ist. Ohne die Möglichkeit der üblichen Kommunikationsmöglichkeiten zwischen den Inseln und dem britischen Festland, muss Norcott mit der geringen Anzahl von Insel-Polizisten den Mordfall aufklären.

Als ein weiterer brutaler Mord geschieht, überschlagen sich die Ereignisse dramatisch. Chief Inspector Norcott kann niemandem mehr trauen, denn er vermutet eine Verschwörung zwischen der deutschen SS und der IRA.

Eine spannende Jagd beginnt.

Der Autor:

Jürgen Albers erkundete bereits als Jugendlicher den Süden Englands. Die Heimat seines britischen Großvaters kennenzulernen war ein starker Antrieb, sich mit den Menschen und der Geschichte zu beschäftigen. Sein beruflicher Start als Luftwaffenoffizier bescherte dem Autor mehr als ein Jahrzehnt Wanderleben, u.a. mit Stationierungen in Italien und den U.S.A. Nach einigen Jahren als Personalleiter arbeitet Albers heute als freier Hochschuldozent. Die Liebe zu den britischen Inseln ist geblieben und so wird auch der nächste Roman, „Erased“ wieder mit dem Ermittler Charles Norcott, in England, genauer in Oxford, spielen

Reflektionen:

Autor Jürgen Albers hat mir mit seinem 616 seitenstarken Debüt-Kriminalroman nicht nur eine spannende Lesezeit geschenkt, sondern mich zusätzlich noch auf eine historische Reise, zu Zeiten des zweiten Weltkriegs, geschickt. Diese Zeit unserer Geschichte interessiert mich immer wieder auf das Neue und wenn sie dann noch sehr gut, bis ins kleinste Detail top recherchiert, in einen Kriminalroman eingearbeitet ist, dann bin ich ein zufriedener Leser.

Die gewissenhaften Recherchen für Crossroads müssen sehr zeit- und arbeitsintensiv gewesen. Autor Jürgen Albers erwähnt nicht nur hin und wieder Daten, Fakten und Geschehnisse dieser Zeit, sondern er verschachtelt sie fundiert und kompetent mit seiner Krimi-Handlung.

Alles in dieser Geschichte ist historisch authentisch und entsprechend verlässlich zeitgemäß wiedergegeben. Die Sprache der Protagonisten, ihre Kleidung, das technische Equipment und die Möglichkeiten der Polizei, die Fahrzeuge und natürlich nicht zu vergessen die damalige Lebensweise der Menschen um das Jahr 1940 herum, finden sich originalgetreu in diesem Kriminalroman wieder.

Die Geschichte spielt, wie erwähnt, auf den britischen Kanalinseln. Schauplätze und Örtlichkeiten werden mir im Verlauf der Handlung immer vertrauter, so als hätte ich Guernsey oder Jersey längst einmal besucht.

Der Schreibstil von Jürgen Albers hat mich sehr angenehm durch die Seiten begleitet. Besonders gut empfand ich die Umsetzung der verlässlichen Ausdrucksweise und Sprache der damaligen Zeit um 1940.

Der Mord, den der ehemaligen Ermittler vom Yard, unter den besonderen Bedingungen der Invasion der Deutschen, aufzuklären hat, ist ein schweres Los. Nur mit wenigen Insel-Polizisten muss Chief Inspector Norcott ermitteln und gerät dabei auch noch dramatisch zwischen die Fronten.

Die eingeschränkten Handlungsmöglichkeiten der Ermittler sind nachvollziehbar erläutert und so wird die Story äußerst interessant, als Norcott unglaublicher Weise Unterstützung durch einen deutschen Offizier und einen deutschen Kriminalbeamten erfahren darf. Dennoch, Norcott muss ständig auf der Hut sein, denn wem kann man in diesen Zeiten vertrauen? Ein heikles Unterfangen, das der Autor sehr interessant erzählt. Auch die zwischenmenschlichen Konflikte, die durch den Krieg und die Zusammenarbeit mit der anderen Seite entstehen, werfen ein besonderes Licht auf die damaligen, schwierigen Bedingungen. Dies alles hat mich sehr aufmerksam lesen lassen. Ich habe es genossen so einen tiefen Blick in die damalige Zeit erhaschen zu dürfem. Das Ineinandergreifen der wahren historischen Ereignisse mit der eigentlichen Krimi-Handlung fand ich hier sehr gelungen.

Inspector Norcotts Verstand ist messerscharf. Er ist Perfektionist und kein Mann der vielen Worte. Er produziert Ermittlungsergebnisse zunächst für sich in seinem Kopf, bevor er taktisch klug und weitsichtig agiert. Er ist menschlich, ohne weich zu sein und er besitzt ein Ehrgefühl, dass sein direktes Umfeld zu würdigen weiß. Er ist ein sympathischer, stets korrekt gekleideter, etwas kauziger Typ, dessen Leben nicht immer in glücklichen Bahnen lief. Seine Legende fließt maßvoll in die Geschichte ein und verleiht der Figur so eine angenehme Tiefe. Auflockernd nett bandelt er mit einer Lehrerin an, die in ihm ein aufloderndes Flämmchen aus Zuneigung entfacht.

Überhaupt sind die Figuren und ihre Charaktere sehr fein, fast liebevoll gezeichnet, ob gut oder böse. Es sind einige Figuren, die die Geschichte durchwandern, aber nur so konnte ich tiefe Einblicke in die komplexe Handlung erlangen, in der mehrere Protagonisten Motive besaßen, brutale Morde begangen zu haben.

Die Perspektiven wechseln zur Mitte des Buches schneller und die einzelnen Erzählstränge werden kürzer. Der zu Beginn noch gemächliche Perspektivwechsel ist gut, um in einzelne Abschnitte einzutauchen, aber der schnellere Wechsel bringt dann doch eine erfrischende Lesewirkung.

Wer ist Freund und wer ist Feind, dass ist die Kernfrage dieses Kriminalfalls. Politische Intrigen und Verschwörung, von allem findet sich etwas in dieser facettenreichen Geschichte wieder, die bis zu Letzt spannend erzählt ist und dessen Fortsetzung mir sehr gefallen würde.

Fazit und Bewertung:

Crossroads ist ein authentisches, glaubwürdiges und gelungenes Debüt, dessen Kriminalfall mich in
eine historisch längst vergangene Zeit entführt hat. Ich empfehle diesen Kriminalroman gern denjenigen, die es lieben historisch interessant und kriminell gut unterhalten zu werden.

©nisnis-buecherliebe