Die Erinnerung hat ihre eigenen Gesetze. Je länger etwas zurückliegt, desto stärker tritt es einem vor Augen. So geht es dem Erzähler mit seiner Kindheit in der niederbayerischen Kleinstadt A., die abrupt endete, als sein Vater bei einem Unfall starb. Um neu beginnen zu können, muss er sich der Vergangenheit stellen, den Wundern und Schrecken, den Torheiten und der Verklärung.
Das Marterl
erzählt von den innersten Fragen unseres Daseins, einfühlsam, poetisch und mit feinem Humor.
Nach Jahren der Abwesenheit fährt der Erzähler zurück in den Ort seiner Kindheit in Niederbayern. In der kleinen Stadt, die ihm erscheint, als wolle sie mit Folklore, Starkbierfesten und den Denkmälern bedeutsamer Männer die Zeit anhalten, versucht er, sich an seinen Vater zu erinnern. Und an den Verkehrsunfall, bei dem der Vater vor zehn Jahren starb. Doch ein Ort hat nie nur eine Gegenwart. Zwischen die Geschichte des Erzählers drängt sich das Leben eines Jungen. Die Angst vor einem Monster in einem Berg und ein fliegender Bär. Eine Liebe zur Blasmusik und die zu einer Frau. Kann die Erinnerung helfen, mit der Endlichkeit fertigzuwerden? Kann eine Heimkehr jemals gelingen oder muss sie vielleicht ein Mythos bleiben? So wie der Meeresforscher mit Taucherbrille und Regenjacke an einem niederbayerischen Bahnhof.
»Den Vater suchen, der doch längst nicht mehr lebt – eine Verrücktheit? Für Johannes Laubmeier eine notwendige Verwegenheit. Was im Leben nicht geht, gelingt ihm in der Literatur.«
Wolfgang Büscher
Diese Geschichte des jungen Autors ist bewegend, regt zum Nachdenken an und unterhält die Leser gut.
Früh hat er seinen Vater durch einen tragischen Unfall verloren. Jetzt begibt er sich noch einmal ...
Diese Geschichte des jungen Autors ist bewegend, regt zum Nachdenken an und unterhält die Leser gut.
Früh hat er seinen Vater durch einen tragischen Unfall verloren. Jetzt begibt er sich noch einmal auf seine Spuren. Mit dem Abstand einiger Jahre betrachtet, stellen sich jetzt manche Dinge ganz anders dar. Erinnerungen an eine recht glückliche, unbeschwerte und sorgenfreie Kindheit werden wach. Viele gemeinsame Erlebnisse mit den Eltern, Großeltern, alten Freunden und Nachbarn gibt es, die meisten davon positiv. Manches lässt den Protagonisten wie die Leser im Nachhinein schmunzeln. Aber auch alte Konflikte kommen wieder hoch.
Erst jetzt kann der junge Mann endlich seinen Frieden mit dem Schicksal machen, das es besonders einmal nicht gut mit ihm meinte.
„...Nichts von all dem ist wirklich passiert. Und alles immer wieder...“
Diese Worte am Ende des ersten Kapitels stehen für weite Teile des Inhalts. Es geht um ganz persönliche Erinnerungen. Und die verschwimmen ...
„...Nichts von all dem ist wirklich passiert. Und alles immer wieder...“
Diese Worte am Ende des ersten Kapitels stehen für weite Teile des Inhalts. Es geht um ganz persönliche Erinnerungen. Und die verschwimmen mit der Zeit.
Der Autor hat einen berührenden Roman geschrieben. Der Erzähler hatte vor 10 Jahren seine Kleinstadt in Bayern verlassen. Er hat lange in England gelebt und dort geheiratet. Vorkurzem sind beide nach bErlin gezogen. Nun kehrt er für ein paar Tage in seine Heimat zurück – und mit ihm die Erinnerungen. Eines hat er nie verarbeitet. Das war der tödliche Verkehrsunfall des Vaters.
Der Schriftstil ist ausgereift. Der Autor beherrscht das Spiel mit Worten und Metaphern. Die Geschichte gliedert sich in drei Teile. Einer spielt in der Gegenwart, ein zweiter listet Fakten auf und in dem dritten geht es um die Kindheit.
Gerade der dritte Teil grenzt sich durch seinen Schriftstil von den anderen ab. Hier ist von dem Jungen die Rede, dass heißt, der Erzähler wirkt wie ein Beobachter von außen. Das gibt der Geschichte eine besondere Brisanz.
„...Er (Anmerkung: der Vater) zeigt dem Jungen, wie er die Himmelsrichtung ablesen kann und wie er die Karte danach ausrichten muss. Er zeigt ihm ihre Position auf der Karte und erklärt ihm die Höhenlinien...“
Es sind gemeinsame Erlebnisse, die hier verarbeitet werden. Man spürt, dass der Junge seinen Vater mag und an ihm hängt. Dieses Betrachten aus Distanz bleibt auch erhalten, als der Junge älter wird. Manchmal sind die Worte des Vaters für ihn wie in Stein gemeißelt.
„...Also nickt der Junge, einfach weil er sich nicht sicher ist, ob er die zweite Handvoll Bonbons auch dann bekäme, wenn er dem Arzt sagen würde, dass er nur kurze Zeit Angst hatte, weil er ja wusste, dass das wieder wird. Sein Vater hatte ihm schließlich gesagt, dass es wieder wird...“
In der Gegenwart begleite ich den Erzähler durch seine Ort. Auch hier kommen Erinnerungen hoch, die werden aber anders reflektiert. Sie werden eingebunden in das örtliche Geschehen, verknüpft mit den sichtbaren Veränderungen und festgemacht an Personen der Vergangenheit. Dabei lerne ich eine Menge über das Leben in einer bayrischen Kleinstadt. Historische Fakten werden erwähnt und mehr oder weniger ausgeschmückt.
Er trifft alte Freunde. Das gemeinsame Erinnern trägt besser Wahrheit von Einbildung. Dadurch erfahre ich vieles über sein Leben bis zum Tode des Vaters.
Und es gibt Dinge, die ohne Worte deutlich machen, wie tief der Schmerz ist. Er hält es nicht aus, im Hause der Eltern zu übernachten. Er schafft sich im Schuppen eine Unterkunft. Er sucht Personen, die ihm über den Unfall Auskunft geben können. Manche reden mit ihm, andere verweigern sich.
Und dann sind da Worte, die den inneren Zustand des Erzählers beeindruckend wiedergeben.
„...Vielleicht ist es gut, traurig zu sein. Vielleicht wird es dann irgendwann besser. Vielleicht wird es nicht besser, und ich werde nur besser darin, es auszuhalten. […] Ich kann das alles nicht rückgängig machen und an den Punkt zurückgehen, an dem der Ort wie eine Burg im Fluss lag und mein Zuhause war...“
Dem Autor gelingt es, authentisch und glaubhaft seine Rückkehr in seine niederbayerische Heimatstadt zu beschreiben, die er aufsucht, um sich mit dem zehn Jahre zurückliegenden Unfalltod seines Vaters ...
Dem Autor gelingt es, authentisch und glaubhaft seine Rückkehr in seine niederbayerische Heimatstadt zu beschreiben, die er aufsucht, um sich mit dem zehn Jahre zurückliegenden Unfalltod seines Vaters zu beschäftigen und zu verarbeiten. Dabei kommt er seinem Vater näher und das bayerische Kleinstadtleben wird dabei sehr treffend beschrieben. Ich konnte gut nachvollziehen, wie bestimmte Feste oder Rituale an den Verstorbenen erinnern. Auch das eigenartige Gefühl, das bei einer Rückkehr an einen Ort auftritt, den man vor langer Zeit einmal gut gekannt hat, wird eindringlich beschrieben. Die Mischung aus Rückblenden und aktuellem Geschehen finde ich gelungen, ebenso wie kleine Anekdoten, z. B. das Eintauchen in die Hobbies des Vaters. Der Schreibstil ist angenehm und mit einigen englischen Zitaten gespickt. Es ist kein trauriges Buch, sondern streckenweise recht humorvoll und zeigt, dass Trauer und Erinnerung kein Ablaufdatum haben.
Johannes Laubmeier lebt schon lange nicht mehr in seiner Heimatstadt, A. nennt er sie kurz und bündig. Wer es denn wissen will, um welche niederbayerische Kleinstadt es sich handelt, wird sicher fündig. ...
Johannes Laubmeier lebt schon lange nicht mehr in seiner Heimatstadt, A. nennt er sie kurz und bündig. Wer es denn wissen will, um welche niederbayerische Kleinstadt es sich handelt, wird sicher fündig. Ein Bub ist er noch, als seine heile Welt in sich zusammen stürzt. Der Vater verunglückt mit seinem Motorrad tödlich.
„Je länger etwas zurückliegt, desto stärker tritt es einem vor Augen.“ Die Zeit heilt Wunden sagt man, die Erinnerung verklärt so manch traumatisches Erlebnis, anderes tritt in den Hintergrund, man vergisst es und wieder anderes bleibt lebendig, man empfindet es im Nachhinein sehr viel intensiver.
Ein Marterl wird von den Hinterbliebenen zur Erinnerung an ein Unglück aufgestellt, man sieht sie immer wieder am Wegesrand. Ob der Erzähler eines dieser Wegekreuze meint oder ob eher die Bilder seines Vaters in seiner Phantasie geweckt werden, als Metapher sozusagen – wer weiß.
Johannes kommt alleine ins Haus seiner Eltern, in dem seine Mutter nach wie vor lebt, diese sich aber gerade auf Reisen befindet. Er will es so, will ungestört als erwachsener Mann der Vergangenheit nachspüren. Sein Leben sieht so ganz anders aus als das, was er hier immer noch vorfindet. Traditionsbehaftet sind sie schon. Diejenigen, die hier geblieben sind. Fest verwurzelt in A., es ist ihre Heimat.
Und so ziehen seine Kinderjahre an ihm vorüber, die Kapitel erzählen etwa von dem kleinen „Tiefseetaucher“, dessen Bild auf dem Cover sehr authentisch rüberkommt - „der Junge“ wie der Autor ihn nennt, wie er war, wie er mit seinem Vater so einiges erlebt. Viele Erinnerungen kommen wieder an die Oberfläche. Die Jahre der Kindheit wechseln sich ab mit Kapiteln vom heutigen Johannes. Wo und wie er lebt wird kurz angerissen, vor allem aber entdeckt er A. wieder.
Viel hat sich nicht verändert. Es ist eher ein nüchterner Blick ohne Emotionen. Eine Abrechnung mit seiner alten Heimat, so kommt es mir stellenweise vor. Mit dem Mief, dem Althergebrachten. Auf den Spuren seines Vaters habe ich ihn vermutet, aber je mehr ich lese, desto weniger glaube ich es ihm. Als ob er diejenigen verachtet, die hiergeblieben sind, die einen sehr beschränkten räumlichen Radius haben. Er, der aufgeschlossene Weltbürger, fühlt sich denen nicht mehr zugehörig. War er es je? Als Junge vielleicht…
Und dann lese ich weiter, nachdem ich das Buch ein paar Tage zur Seite gelegt habe. Und lerne Johannes und sein Anliegen anders kennen. Schicht für Schicht arbeitet er sich durch die Kartons und die alten Möbel im Schuppen, bis er auf Sachen seines Vaters stößt. Und Seite für Seite lese ich mehr, sehr viel mehr, sehr viel intensiver. Ich meine die Verbundenheit zu seinem zu früh verstorbenen Vater zu spüren. Es ist viel Zeit vergangen, er kann sich gerade an die emotionalsten Momente nicht mehr gut erinnern – ich kann es sehr gut nachempfinden.
Er, der Sohn vom Hans, hat sich die Erinnerung an seinen Vater auf seine Weise zurückgeholt. Es war ihm ein tiefes Bedürfnis.
„Das Marterl“ ist eine Biographie mit mehr oder weniger fiktionalen Elementen. Unsere Erinnerung – spielt sie uns nicht auch ab und an einen Streich, ist eher stellenweise fiktional? Ein Buch, das Emotionen weckt. Das ich gerne gelesen habe, das ich verurteilt habe. Mit dem ich mich versöhnt habe.
Der Autor des Romans „Das Marterl“ ist Johanes Laubmeier. Es ist sein Debütroman und zeigt seine Kindheit und Jugend in Niederbayern.
Das Cover mit dem kleinen Jungen mit Tauchbrille und Regenjacke ...
Der Autor des Romans „Das Marterl“ ist Johanes Laubmeier. Es ist sein Debütroman und zeigt seine Kindheit und Jugend in Niederbayern.
Das Cover mit dem kleinen Jungen mit Tauchbrille und Regenjacke ist einfach gut.
So hat er seinen Vater am Zug abgeholt.
Als er Student war, verunglückt sein Vater mit dem Motorrad und stirbt. Zehn Jahre später kommt er wieder in den Ort und sucht die Orte, die er mit seinem Vater aufgesucht hat, wieder auf. Er trifft auch viele Bekannte, mit denen er über seinen Vater reden kann.
Es ist eine interessante Geschichte über die Erinnerungen.
Der Autor lässt viele verschiedene Dinge einfließen. Er schreibt poetisch und mit Humor.
Dann kommen noch die rein niederbayerischen Dialoge, für mich zwar schwer verständlich, aber genau passend.