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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.07.2022

Genau mein Ding!

Über Menschen
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Nachdem mich „Unterleuten“ der Autorin Juli Zeh noch nicht ganz überzeugen konnte, muss ich sagen, dass ich nach „Über Menschen“ das Gefühl habe, wir beide könnten Freunde werden. Das Thema ist dem im ...

Nachdem mich „Unterleuten“ der Autorin Juli Zeh noch nicht ganz überzeugen konnte, muss ich sagen, dass ich nach „Über Menschen“ das Gefühl habe, wir beide könnten Freunde werden. Das Thema ist dem im erstgenannten Buch nicht unähnlich. Wieder geht es um ein Dorf im Niemandsland in Brandenburg. Wieder handelt es sich um eine Art Aussteigerin, die vom Leben in der Großstadt die Nase voll hat und doch ist es ganz anders. In ihrer selbstgewählten Einöde angekommen stellt Dora fest, dass sie eigentlich gar nicht genau wusste, was sie erwarten würde. Nach und nach lernt sie ihre Nachbarn kennen, um schließlich an sich selbst zu zweifeln, ob sie die richtige Entscheidung getroffen hat. Oder verzweifelt sie an ihren Nachbarn? Allmählich entwickelt sich ein inniges Verhältnis zwischen dem kleinen Nachbarsmädchen Franzi und Doras Promenaden-mischung Jochen-der-Roche, wobei es sich hier wohlgemerkt um ein kleines Hundemädchen handelt. Das Eis scheint gebrochen und so kommt sie schließlich auch Franzis Vater Gote, der sich selbst ganz offen als Dorfnazi bezeichnet, näher. Näher als sie sich das vielleicht einst gewünscht hätte …
Natürlich werden in diesem Roman alle Klischees bedient. Hier gibt es das schwule Pärchen, das „in Blumen macht“, die alleinerziehende Mutter, die überarbeitet aber unterbezahlt ist und wie gesagt Gote, der früher gerne auch mal „Linke klatschen“ ging und seine Ausbrüche nicht immer richtig im Griff hat. Aber irgendwie haben sie alle das Herz am rechten Fleck und halten zusammen, wenn Zusammenhalt wichtig ist. Sukzessive merkt Dora, dass es in der Großstadt wie auf dem Land menschelt und das Leben eigentlich gar nicht so verkehrt ist. Mir persönlich jedenfalls sind die Charaktere jeder auf seine eigene Art beim Hören ans Herz gewachsen. Manchmal hätte ich schreien können, doch oft genug schlich sich auch ein fettes Grinsen in mein Gesicht. Punkt um, von mir gibt es volle fünf Punkte für diese kleine Gesellschaftsstudie, gut gemacht Frau Zeh!

Veröffentlicht am 07.07.2022

Grausame Morde auf der idyllischen Insel Guernsey ...

Das tote Mädchen vom Strand
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Es hätte perfekter nicht sein können. Ich habe diesen Guernsey Krimi während meines Urlaubs auf Guernsey gelesen und fühlte mich sofort abgeholt. Gemeinsam wandelte ich mit den Protagonisten auf der Insel ...

Es hätte perfekter nicht sein können. Ich habe diesen Guernsey Krimi während meines Urlaubs auf Guernsey gelesen und fühlte mich sofort abgeholt. Gemeinsam wandelte ich mit den Protagonisten auf der Insel und dachte beim Lesen immer wieder: „Hier bin ich auch schon gewesen, ich weiß genau, wo das ist!“ Einfach nur klasse.
In ihrem Debütroman stellt uns Lara Dearman, selbst auf der Insel Guernsey geboren und groß geworden, die Journalistin Jennifer Dorey und den DCI Michael Gilbert vor, die fast ein wenig unfreiwillig Verbündete in der Aufklärung eines vermeintlichen Selbstmords werden. Ein junges Mädchen, ihr Leben noch vor sich, kein Abschiedsbrief, so wirklich glauben Beide nicht an ein freiwilliges aus dem Leben scheiden. Unabhängig voneinander beginnen Jenny und Michael tiefer zu graben. Gleichzeitig bekämpfen die Beiden auch noch ihre eigenen Dämonen. Michael, der selbst den Verlust einer Tochter zu beklagen hat und Jenny, die ein dunkles Trauma zu verarbeiten zu versucht. Je tiefer sie in dem aktuellen Fall graben umso unheimlicher werden die Spuren …
Ich habe mich ja in letzter Zeit intensiv mit der Insel Guernsey, ihren Bewohnern, Gebräuchen und ihrem Glauben beschäftigt, so dass dieser Roman für mich eine wahre Bereicherung darstellte. Langsam aber sicher baut die Autorin Spannung auf, scheut sich nicht auch den folkloristischen Aberglauben mancher Inselbewohner mit einfließen zu lassen und flicht die deutsche Besatzung während des letzten Kriegs ohne erhobenen Zeigefinger ganz nebenbei mit ein. Die Auflösung ist schlüssig und macht Lust auf mehr Jennifer, Michael und die Insel Guernsey. Ich vergebe hier gerne die volle Punktzahl und freue mich auf den nächsten Teil.

Veröffentlicht am 27.06.2022

Wer nicht wagt, der nicht gewinnt ...

Palais Heiligendamm - Ein neuer Anfang
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Fast meinte ich mich selbst leise stöhnen zu hören und zu sagen: „Mal wieder ein Roman um eine Hotelier Familie, der im Krieg angesiedelt ist. Hatten wir das Thema nicht schon zur Genüge ausgeschlachtet?“ ...

Fast meinte ich mich selbst leise stöhnen zu hören und zu sagen: „Mal wieder ein Roman um eine Hotelier Familie, der im Krieg angesiedelt ist. Hatten wir das Thema nicht schon zur Genüge ausgeschlachtet?“ Wie froh war ich dann doch mich selbst zu Räson gerufen und dem Palais Heiligendamm eine reelle Chance gegeben zu haben, denn die Familie Kuhlmann hat mein Herz im Sturm erobert!
Gespannt habe ich die hochtrabenden Pläne des Vaters verfolgt, der sich in Gedanken schon das Grandhotel überflügeln sieht. Gesegnet ist Heinrich Kuhlmann neben seinem unerschütterlichen Ehrgeiz mit seiner Frau Ottilie, und den Kindern Paul, Johanna, Elisabeth und Luise. Den „Hofstaat“ zieren neben dem Chefkoch Franz Brandmüller und Oberkellner Robert Breitscheider auch Liese, die Zofe, und Bertha und Minna, die beiden Stubenmädchen, die alle eine kleinere oder größere Rolle zugeteilt bekommen. Zu Wort kommt die mittlere Tochter Elisabeth, die sich gerne als Geschäftsführerin des Palais sehen würde, da ihr Bruder Paul sich lieber der Musik und den feinen Künsten widmet. Doch sie ist eine Frau und ihre Eltern machen ihr unmissverständlich klar, dass eine gute Heirat viel wichtiger als eine mögliche Karriere ist. Aber so schnell gibt sie sich nicht geschlagen und kämpft auch weiter als Julius Falkenhayn, Sekretär des Grafen von Seitz, auf der Bildfläche erscheint …
Betroffen gemacht hat mich die Beziehung zwischen Paul und Robert, die so fein und rein und doch so verboten ist. Ich konnte nicht anders als mitleiden, denn dass diese Liebe zum Scheitern verurteilt ist, ist ja leider unumgänglich ..
Und last but not least ist mir die junge Minna ans Herz gewachsen, die ihrer Dienstfamilie stets treu mit Rat und Tat zur Seite steht und auch von Höherem träumt. Eine Mamsell möchte sie werden, Kochen möchte sie lernen, das ist ihr innigster Wunsch …
Das großartig gesprochene Hörbuch endet – wie soll es anders sein – mit einem Cliffhanger. Doch ich brauche nicht zu verzagen, denn Teil zwei steht bei mir schon in den Startlöchern. Es geht gar nicht anders, die spannende Geschichte bekommt von mir die Bestnote verbunden mit einer Hör- bzw. Leseempfehlung. Freue mich schon aufs Weiterhören …

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Veröffentlicht am 02.06.2022

Fly women, fly ... up, up in the sky ... !!!

Kreiseziehen
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Ich gestehe, mir gingen schon ein wenig die Augen über als mir der Postbote das gut 860 Seiten dicke Hardcover überreichte. „Ziegelstein“ schoss es mir durch den Kopf doch beim Lesen merkte ich, dass mich ...

Ich gestehe, mir gingen schon ein wenig die Augen über als mir der Postbote das gut 860 Seiten dicke Hardcover überreichte. „Ziegelstein“ schoss es mir durch den Kopf doch beim Lesen merkte ich, dass mich die Geschichte schnell gefangen nahm. Als Leserin durfte ich eintauchen in die Geschichte einer eigenwilligen Frau, die trotz nicht immer einfacher Bedingungen immer ihren Mann stand und das im wahrsten Sinne des Wortes. Marian und ihr Zwillingsbruder Jamie, geboren im Jahr 1914, verlieren jung Mutter und Vater, erste verstarb und letzterer machte sich aus dem Staub. So wuchsen sie bei ihrem Onkel auf, der ihnen zwar ein Dach über dem Kopf bot, doch die Elternrolle nicht wirklich ausfüllen konnte. Als Marian schließlich ihre Liebe zum Fliegen entdeckt, ist sie nicht mehr zu halten. Immer höher, immer weiter und immer rasanter zieht sie ihre Kreise, bis ihr schließlich das letzte Abenteuer zum Verhängnis werden soll …

Hundert Jahre später soll die in Ungnade gefallene Schauspielerin Hadley Baxter, die in jungen Jahren ein ähnliches Schicksal erlitt wie die Graves Zwillinge, die verschollene Marian Graves zu neuem Leben erwecken. Zu spannend war das Leben der Fliegerin, zu sagenumwoben, um es einfach im ewigen Eis versteckt zu lassen. Für Hadley die Chance ihres Lebens, ihren Ruf wieder gerade zu rücken. Und so begibt sie sich auf Spurensuche und überwindet ihre innersten Ängste, um schließlich ungeheuerliche Entdeckungen zu machen …

Wer bei dieser Kurzbeschreibung nun an Langeweile und zähe Passagen denkt, könnte falscher nicht liegen. Immer wieder führte mich die Autorin Maggie Shipstead auf neue Spuren, deckte neue und alte Geheimnisse auf und fesselte mich über Stunden ohne Pause. Wie beim Fliegen erleben die Charaktere dieses großartigen Romans Höhen und Tiefen, treffen gute und schlechte Entscheidungen, bleiben sich treu oder geben sich auf, getreu dem wahren Leben. Auf mich wirkte das Buch authentisch und immer wieder musste ich mir ins Gedächtnis rufen, dass es sich doch „nur“ um einen Roman, eine erfundene Geschichte handelte. Obwohl Hadley anfangs eine solch kleine Rolle im großen Ganzen einnahm und ich mich schon fragte, warum man sie überhaupt eingebaut hatte, schließt sich am Schluss alles zu einem runden Kreis. Beide Darstellerinnen erwachen durch die jeweils andere zu neuem Leben. Eine beeindruckende Leistung der Autorin, für die ich gerne mit fünf Sternen die volle Punktzahl vergebe. Ich habe gesehen, dass es auch durchaus kritischere Bewertungen zu diesem Buch gibt, aber ich für mich möchte eine Empfehlung aussprechen für diese Lektüre, die nicht „von der Stange“ ist.

Veröffentlicht am 14.05.2022

Wenn es keinen anderen Ausweg zu geben scheint ...

Die verstummte Liebe
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Wenn man den Klappentext liest, fragt man unwillkürlich, wie kann das möglich sein? Wie kann eine Mutter mit ihrem geliebten Sohn und Ehemann brechen und jahrzehntelang kein Lebenszeichen von sich geben? ...

Wenn man den Klappentext liest, fragt man unwillkürlich, wie kann das möglich sein? Wie kann eine Mutter mit ihrem geliebten Sohn und Ehemann brechen und jahrzehntelang kein Lebenszeichen von sich geben? Krieg hin oder her, der Erste Weltkrieg dauerte vier Jahre und eine Rückreise in das ihr inzwischen so vertraute Hamburg hätte definitiv im Bereich des Möglichen gelegen. Doch die von ihrem Mann Fritz Ellerweg zärtlich „Leni“ genannte Helen lässt sich zu einem Fehltritt hinreißen, aus dem sie keinen anderen Ausweg sieht als zu schweigen …

„Die verstummte Liebe“ ist eigentlich, wenn auch Band drei in der Reihe „Die leisen Helden“, der erste Teil einer wunderbaren Trilogie um die beiden Ärzte Richard und Fritz, denn er erzählt die Vorgeschichte von „Die Stimmlosen“ und „Im Lautlosen“. Wie schon in allen vorangegangenen Büchern der talentierten Autorin Melanie Metzenthin ist auch diesmal die Recherchearbeit wieder unglaublich. Ich bin immer beeindruckt, wie sie es schafft Fiktion mit Tatsachen zu einer stimmigen Geschichte zu verbinden, die ihresgleichen sucht. Ich habe fast alle von Melanies Büchern gelesen bin jedes Mal begeistert. Mit den fünf Sternen, die ich vergebe, spreche ich zeitgleich eine absolute Leseempfehlung aus und freue mich heute schon auf weitere Bücher aus ihrer Feder!

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