Profilbild von kikiii04

kikiii04

Lesejury Star
offline

kikiii04 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit kikiii04 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.08.2022

Liebe auf den ersten Blick – und dann?

Wie man einen Lord gewinnt (Regency Romantics 1)
0

Seit dem Hype rund um die Bridgertons gibt es immer mehr Regency-Romance Bücher auf dem Buchmarkt. Mir ist bewusst, dass sich hier die Geister ziemlich scheiden, denn es gibt hauptsächlich zwei Parteien, ...

Seit dem Hype rund um die Bridgertons gibt es immer mehr Regency-Romance Bücher auf dem Buchmarkt. Mir ist bewusst, dass sich hier die Geister ziemlich scheiden, denn es gibt hauptsächlich zwei Parteien, was Regency-Romance betrifft: Entweder man liebt sie oder man hasst sie.
Wer zur ersten Partei gehört, kommt vermutlich generell nicht umhin, WIE MAN EINEN LORD GEWINNT zu lesen. Und auch mir ging es so.
Doch was diesen Roman ausmacht, ist seine eher ungewöhnliche Liebesgeschichte, weshalb ich auch jedem, der sich bisher nicht an Regency-Romance gewagt hat, empfehlen möchte, dem Buch Beachtung zu schenken. Weshalb? Nun, beginnen wir einfach direkt beim Inhalt.

Lady Violet und Lord James Audley haben sich kaum kennengelernt, da waren sie auch schon verlobt. Sie erlebten eine Liebesheirat, wie es nur die Wenigsten in einem London der damaligen Zeit genießen durften. Das erste Jahr der Ehe schien der Beweis ihrer großen Liebe zu sein, doch heute, fünf Jahre nach der Hochzeit, ist all die Liebe verpufft.
Die Ehe der beiden verläuft einsam und schweigsam. Sie haben sich seit einem großen Streit, der all ihre Liebe grundsätzlich in Frage gestellt hat, nichts mehr zu sagen. Vier Jahre lang schon.
Aber nun, als Violet durch einen Brief annehmen muss, dass James nach einem Unfall im Sterben liegt, beginnt eine neue Phase in ihrer Ehe. Zwar ist diese Phase keine Zeit der Entschuldigungen und Versöhnung, sondern ein einziges Duell. Neckereien und mehr oder weniger clevere Streiche bringen die Eheleute auf eine hitzige Art wieder zusammen. Es fliegen erneut die Fetzen. Aber eben auch die Funken.
Mit der Zeit zeigt sich, dass es bei diesem Spiel - denn nichts anderes ist es, was Violet und James tun - am Ende nicht ums Gewinnen oder Verlieren geht, sondern um ein Ende. Ein Ende ihres Streits oder ein endgültiges Ende ihrer Liebe.

Ich denke, anhand dieser Beschreibung erkannt man schon ganz gut, was die Thematik so besonders macht: Es geht nicht darum, dass eine Lady einen geeigneten Ehemann findet und auch nicht darum, sich zu verlieben. Die beiden sind bereits verheiratet und tief in ihrem Inneren sind da immer noch Gefühle füreinander. Was sich neckt, das liebt sich eben. Wovon WIE MAN EINEN LORD GEWINNT tatsächlich handelt, das ist die Liebe. Nicht oder zumindest nicht nur der Part mit Anziehung und Begehren, sondern alles, was es an Emotionen braucht, um mit und in der Liebe glücklich zu werden und zu bleiben.

Diese Grundidee ist ebenso erfrischend, wie romantisch, auf einer Ebene, die weit über Schwärmerei hinausgeht. Ich habe mich direkt für den Grundgedanken begeistern können. Das lag zusätzlich an den versprochenen Streichen und Peinlichkeiten und den damit verbundenen Anzeichen von Humor, unterhaltsamer List und heftigem Funkenflug. Beim Lesen wurde mir schnell klar, dass es sich hierbei nicht um leere Versprechungen und lediglich Anzeichen von Unterhaltung handelte. Durchgehend las sich die Geschichte unterhaltsam und sie hielt jede Menge Überraschungen bereit.

Besonders gelungen sind der Autorin ihre Figuren. Man fühlt sich zwar etwas distanziert von James und Violet und hat beim Lesen das Gefühl, das Geschehen als Zuschauer zu beobachten. Zugleich versteht man sie aber – beide – sehr gut, weshalb die Geschichte durchweg authentisch und logisch klingt. Violet habe ich für ihren Scharfsinn geliebt, James für seine Feinfühligkeit. Beide waren mir jedenfalls unglaublich sympathisch. Zudem habe ich mein Herz an all die Nebenfiguren verloren und freue mich schon sehr auf die anderen Bände der Reihe und die Geschichten all der bisherigen Nebenfiguren.
Generell gefiel mir, dass die Autorin alle Frauenfiguren mir sehr viel Intelligenz und Mut ausrüstet. Ich bin mir zwar nicht ganz sicher, wie wahrheitsgemäß es ist, dass die Frauen zu dieser Zeit ihren Kopf derart durchsetzen konnten, aber wenn das an der Stelle „nur“ künstlerische Freiheit war, macht es mir nicht aus. Denn die leidenschaftlichen Frauen sind es, was Martha Waters Regency Romantics-Reihe für mich ausmacht.

Mein Fazit:
Violet und James‘ Liebe ist eine völlig neue Art von Liebesgeschichte, ich würde es als Lovers-to-Enemies-to-Lovers bezeichnen. Schon der Klappentext verspricht eine solche Geschichte und verspricht damit nicht zu viel. Das Buch wurde allen meinen Erwartungen gerecht und hat großen Spaß zu lesen gemacht. Ich habe gelacht, gegrinst und gekichert. Der Kern der Geschichte besteht darin, dass Liebe nicht ohne Ernsthaftigkeit funktionieren kann. Diese Thematik wird jedoch beinahe ausschließlich durch Amüsement und Unterhaltung vermittelt. Das Buch ist also tiefgründig, aber eher auf den zweiten oder dritten Blick. Wer ein Regency Buch lesen möchte, und nichts dagegen hat, dass die Lachmuskeln dabei beinahe überstrapaziert werden, der sollte sich WIE MAN EINEN LORD GEWINNT auf keinen Fall entgehen lassen. 4,5 Sterne und eine klare Leseempfehlung gibt’s von meiner Seite aus.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.07.2022

Ein Anfang oder ein Ende?

Some Mistakes Were Made
0

Familien sind eine komplexe Angelegenheit. Eigentlich gehört man zu ihnen, so wie Ellis Truman zu den Trumans gehört. Und doch ist Ellis zu anders als die Trumans. Zu dem Albreys, die Familie der drei ...

Familien sind eine komplexe Angelegenheit. Eigentlich gehört man zu ihnen, so wie Ellis Truman zu den Trumans gehört. Und doch ist Ellis zu anders als die Trumans. Zu dem Albreys, die Familie der drei Brüder Dixon, Tucker und Easton, wird Ellis oft automatisch dazugezählt. Jedoch hat Ellis auf eine schmerzhafte Weise lernen müssen, dass ihr Gefühl sie nicht täuscht: Ellis ist weder eine Truman, noch eine Albrey. Sie ist irgendwas dazwischen, und so musste sie ihre Heimat Indiana vor einem Jahr alleine verlassen, ihren Highschoolabschluss alleine meistern.
Und nun soll sie plötzlich doch wieder eine Albrey sein? Ellis würde die Einladung am Liebsten ignorieren, aber ihr Herz sehnt sich zu sehr nach zu Hause, nach Easton. Und so verbringt sie ein paar turbulente Tage zurück in Indiana und eines ist klar: Am Ende dieser Tage muss es einen klaren Schlussstrich geben. Und so stellt sich Ellis die Frage: Wird sie sich von ihrer Vergangenheit oder Heimat endgültig verabschieden?

Für den Leser bleibt es lange ein großes Rätsel, was vor einem Jahr vorgefallen ist. Noch immer ist Ellis voller Wut, Trauer und Enttäuschung. Trotzdem weiß sie:

„Easton ist eine Angewohnheit, die ich einfach nicht loswerde. Ein Gefühl, das ich nicht gehen lassen kann. Eine Wahrheit, die ich mir nur in meinen schwächsten Momenten eingestehe.“

Nur einen Albrey, Tucker, duldet Ellis noch an ihrer Seite. Aber wieso es genau er ist und was der Auslöser für all ihre Gefühle ist, das alles ist sehr komplex. Deshalb möchte ich nicht viel weiter auf den Inhalt eingehen, um auf keinen Fall zu viel zu verrate.

Die Geschichte ist aufgebaut wie eine Spirale. Ich wollte es zunächst als Kreislauf bezeichnen, doch diesen Begriff verwende ich eher, wenn ich sagen möchte, dass eine Geschichte immer wieder an denselben Ausgangspunkt gelangt. Wenn sich etwas bewegt und doch alles stehen bleibt. Bei SOME MISTAKES WERE MADE ist das jedoch anders. Dreh- und Angelpunkt des gesamten Romans ist ein bestimmter Konflikt, der jedoch lange ein Geheimnis bleibt. Auf dem Weg zu seiner Auflösung durchlebt Ellis ein Wechselbad der Gefühle. Hass, Anziehung, Abstoßung, Enttäuschung, Schmetterlinge, Vergebung, Anschuldigungen. Das alles taucht wieder und wieder in vertauschter Reihenfolge auf. Zugleich spitzt sich die Lage immer weiter zu. Mit jedem weiteren Gefühlsausbruch kommt man dem Kern des Problems näher. Und irgendwann ist es dann soweit.
Tatsächlich war ich positiv überrascht, wie lange die Autorin es schaffte, die Spannung zu halten und den Leser derart im Dunkeln tappen zu lassen. Doch bei der Auflösung denkt man sich dann: Na klar, wieso bin ich da nicht früher draufgekommen?! Was ich damit sage möchte: Der Konflikt in sich ist sehr stimmig. Er wirkt nicht konstruiert oder überdramatisiert.

Dennoch, und das möchte ich nicht unerwähnt lassen, hat das Buch seine Schwachstellen. Abwechselnd spielen die Kapitel in der Gegenwart oder in Ellis Kindheit und an diese Wechsel musste ich mich gewöhnen. Außerdem haben die Kapitel aus der Gegenwart einen deutlich überzeugenderen und packenderen Start hingelegt, als die Kapitel aus der Vergangenheit. Letztere waren zu Beginn einen Hauch zu langatmig, was womöglich an meinem Gefühl, die Rückblicke seien zu wenig pointiert, lag. So oder so fand ich es schade, denn Rückblicke lese ich grundsätzlich sehr gerne.

Abgesehen von diesen Phasen der Langatmigkeit, las sich das Buch wie ein Pageturner. Es liest sich flüssig, jedoch nicht unbedingt flott, denn der Schreibstil ist sehr poetisch. Dadurch konnte ich SOME MISTAKES WERE MADE ab einem bestimmten Punkt einfach nicht mehr aus der Hand legen und war vollkommen gefangen von dem Gefühlschaos. Ich wollte mehr darüber herausfinden, wie Ellis denn nun genau zu den Albreys steht. Ich wollte mehr von den unterhaltsamen Szenen mit Tucker und Dixon. Ich wollte mehr von den hitzigen Diskussionen zwischen Ellis und Easton, die zugleich berührend, spannend und sehr schmerzvoll zu lesen waren.

„Gedanken gibt es nicht umsonst. Und du hast nichts mehr, was ich will.“

Kristin Dwyer beschreibt SOME MISTAKES WERE MADE selbst als „zu Tinte und Prosa gewordener Traum“. Und ich glaube das ist es auch, was mir an dem Roman am Allermeisten gefallen hat. Das ist es, was ihn besonders macht, was ihn von anderen Büchern abgrenzt und wofür er mir in Gedanken bleiben wird: die Prosa. Der Schreibstil ist so grandios wie genial und insgesamt sehr kunstvoll. Aber was mich noch mehr beeindruckt hat, das war das unglaubliche Talent der Autorin, so viel zwischen den Zeilen zu vermitteln. Es geht stets darum, die eigenen Taten, Worte und Gedanken zu reflektieren. Das tun die Figuren auch. Sie begehen ständig irgendwelche Fehler und auf diese wird auch explizit hingewiesen. Die Figuren wachsen daran und bleiben doch sie selbst. Und am Ende liegt es am Leser, sich eine Meinung über all die Figuren zu bilden, ein Urteil über ihre Fehltritte zu fällen. Ellis verrät uns ihre Gedanken, sehr tiefgehende Gedanken, aber eine Meinung zwängt sie einem nicht auf. Das ist auch der Grund, weshalb SOME MISTAKES WERE MADE nicht einfach ein Liebesroman ist. Es ist ein überaus durchdachtes Werk, in dem die Liebesgeschichte nicht die Hauptrolle spielt. Daher sind sowohl Happy, als auch Unhappy End bis zum Schluss denkbar. Obwohl ich durch und durch eine Romantikerin bin, muss ich sagen, dass ich beide Arten eines Endes gerne gelesen hätte.

Mein Fazit:
SOME MISTAKES WERE MADE ist nicht makellos. Es besitzt in die Länge gezogenen Passagen. Es mag manchmal sehr dramatisiert oder romantisiert wirken. Doch davon abgesehen ist dieses Buch eine wirkliche Besonderheit. Wer Rätsel und Spannung mag und jeder, dem es nichts ausmacht, eine Weile auf die Folter gespannt zu werden, wird in diesem Roman Unterhaltung auf dem höchsten Niveau finden. Und auch an all diejenigen, die poetische, anspruchsvolle Schreibstile gerne lesen, kann ich den Roman wärmstens empfehlen. Von mir gibt es 4,5 von 5 Sterne.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 07.07.2022

Wieso es sich lohnt, nicht an der Oberfläche hängen zu bleiben

Fünfzehn Tage sind für immer
1

Du liest gerne Gay-Romance? Du bist auf der Suche nach der richtigen Lektüre für den Sommer – erfrischend, süß und witzig? Du willst eine Geschichte über Themen, die endlich einmal angesprochen gehören, ...

Du liest gerne Gay-Romance? Du bist auf der Suche nach der richtigen Lektüre für den Sommer – erfrischend, süß und witzig? Du willst eine Geschichte über Themen, die endlich einmal angesprochen gehören, lesen? Dann bist du bei „Fünfzehn Tage sind für immer“ genau richtig, denn Felipe und Caios Geschichte ist all das:

Ferien – für Felipe ein Grund zum Aufatmen. Endlich muss er sich nicht täglich den fiesen Bemerkungen und abwertenden Blicken seiner Mitschüler stellen. Stattdessen kann er zu Hause bleiben, an dem Ort wo er sich wohlfühlt, er selbst sein kann. Hier ist er allein, niemand gibt ihm das Gefühl aufgrund seines Aussehens weniger wert zu sein.
Aber das gewünschte Aufatmen bleibt aus, als Caio, sein Nachbar und der süßeste Junge, den er kennt, die Ferien über bei ihm wohnen soll. Jeder andere, der wie Felipe schon ewig in Caio verliebt ist, würde diese Chance womöglich nuten. Aber nicht Felipe. Denn wer würde sich schon mit so jemandem abgeben, der aussieht wie er?!

Was ist denn mit Felipes Aussehen, fragt ihr euch nun womöglich. Ich selbst benutze das Wort nur ungern, aber Felipe selbst bezeichnet sich selbst als „fett“. Es ist schwierig bei dieser Problematik die richtigen Worte zu finden, weil alle immer sehr (ab)wertend klingen und auch als Beleidigungen genutzt werden. Nichtsdestotrotz ist es wichtig, dass über solche Themen gesprochen wird, dass sie kein Tabu sind. Bodyshaming betrifft viele (Jugendliche), gerade daher finde ich es wichtig, dass Diversität jeglicher Art in (Jugend)Büchern verkörpert wird. Neuartig ist „Fünfzehn Tage sind für immer“ auch daher, da es von Homosexualität handelt, diese aber nicht derart - wie oft üblich - im Mittelpunkt steht. Neben dem Outing existieren einfach noch viele weitere Probleme und daher fand ich den Ansatz hier erfrischend, den Fokus auf mehr als die Sexualität zu setzen.

Generell sind die vertretenen Themen sehr vielseitig, denn auch Caio hat seine eigenen Schlachten zu schlagen. Niemand ist perfekt, ob man nun den gängigen Schönheitsidealen entspricht oder nicht. All die Botschaften, welche das Buch verkörpert, sind extrem wichtig, wahr und gehen unter die Haut. Aber sie sind perfekt in die Geschichte eingewoben und bringen Ernsthaftigkeit, aber keine Schwere ins Buch. Vielleicht ist hier ein kleines Beispiel angebracht, um euch zu zeigen, was ich meine:

Ich hasse es, über Essen zu reden, denn wenn man dick ist und über Essen redet, denken die Leute immer "Natürlich will der Fettsack nur über Essen reden!"

Felipe bringt seinen Standpunkt hier völlig ehrlich, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, zum Ausdruck. Viele werden sich und ihre eigenen Ängste in seiner Aussage wiederfinden, und es gibt ganz viele solcher Stellen im Buch, an denen ich mir dachte: Ja, genau so ist es! Danke, dass endlich mal jemand das aufschreibt! Auch der Schreibstil trägt viel dazu bei, dass man sich gut in die Geschichte hineinversetzen, alles nachempfinden kann. Er trägt den jugendlichen Charakter der Figuren und damit des gesamten Buches. Er liest sich flüssig und zügig, des Öfteren muss man lachen oder zumindest kichern Aber das bedeutet noch lange nicht, dass dieses Buch nicht zugleich so viel mehr ist. Denn die Geschichte beinhaltet viel Ernsthaftigkeit, Tiefe. Sie ist authentisch, was in manchen Fällen erschüttert. Der Autor Vitor Martins beweist somit ein bewundernswertes Geschick, weil er das Ernste feinfühlig mit dem Schrägen verknüpft, ohne dass eine der beiden Wirkungen abgeschwächt wird.

Doch egal welche Facette der Geschichte im Moment überwiegt – das gesamte Buch ist Unterhaltung pur. Die Story ist extrem kurzweilig und man könnte noch ewig weiter lesen, nachdem das Buch geendet hat. Tatsächlich ist das nicht der einzige Grund, weshalb ich mir noch ein paar mehr Seiten gewünscht habe. Denn für mich bleiben am Ende einige Fragen ungeklärt und die Konflikte rund um Caio rückten zu sehr in den Hintergrund. Das etwas offene Ende passt zum grundsätzlichen Charakter der Geschichte, aber ein etwas umfangreicherer Schluss hätte mir einen Tick besser gefallen.

Mein Fazit: 4,5 von 5 Sterne
Wir haben jeden Tag von neuem die Chance uns zu verändern. Das ist kein Zitat aus dem Buch, sondern stammt nur von mir, aber es trifft einfach perfekt auf den Inhalt und die Thematik von „Fünfzehn Tage sind für immer“ zu. Mit viel Humor werden schwierige Themen und großartige Entwicklungen geschildert. Die Geschichte ist genau das, was ein Jugendbuch ausmacht: Wichtige Botschaften, aber auch eine gewisse Leichtigkeit. Ich hatte somit großen Spaß beim Lesen, weshalb ich den Roman wärmstens empfehlen kann.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Gefühl
Veröffentlicht am 11.06.2022

Tiefsinnig, facettenreich und ziemlich genial

The Stories we write
0

THE STORIES WE WRITE lag nicht lange auf meinem Stapel-ungelesener-Bücher. Nein, ich habe es direkt gelesen, konnte gar nicht mehr aufhören zu lesen – und nun schwirrt mir so vieles in meinem Kopf herum, ...

THE STORIES WE WRITE lag nicht lange auf meinem Stapel-ungelesener-Bücher. Nein, ich habe es direkt gelesen, konnte gar nicht mehr aufhören zu lesen – und nun schwirrt mir so vieles in meinem Kopf herum, was ich über das Buch erzählen möchte, dass ich nicht wirklich weiß, wo ich überhaupt anfangen soll… Vielleicht ganz am Anfang? Genau! Warum habe ich zu dem Roman gegriffen, als ich ihn in der Bücherei entdeckt habe?
Tatsächlich habe ich bereits vor vielen Monaten den Coverreveal des KYSS-Verlags bei Instagram gesehen und freue mich seit diesem Moment darauf, das Buch lesen zu dürfen. Der wichtigste Grund hierfür ist die Thematik: eine junge Frau, die bei weitem nicht den „idealen Körpermaßen unserer Gesellschaft“ entspricht. Man könnte sie mit vielen weiteren Adjektiven beschreiben, die ich aber nicht verwenden möchte, weil diese zu oft als Beleidigung verwendet werden. Aber ich muss auch gar nicht mehr dazu sagen, denn im Buch habe ich ein wundervolles Zitat gefunden, dass all meine Gedanken und Gefühle zusammenfasst:

„Der Hass auf Fettleibigkeit, die Geringschätzung dicker Menschen ist in unserer Gesellschaft so weit verbreitet, dass eine solche Haltung oft unbeabsichtigt zum Ausdruck gebracht wird, und da will ich mich selbst gar nicht ausnehmen. Auch wenn ich selbst fett bin, muss ich überlegt handeln und meine Worte mit Bedacht wählen, wenn es ums Fettsein geht, denn ich bin Teil dieser Gesellschaft.“

Womöglich kann nicht jede betroffene Peron das Buch lesen, weil es sie triggern könnte. Aber ich habe das Buch als einen wundervollen Hoffnungsschimmer empfunden. Als eine Art Bestätigung mit der Botschaft: Jeder ist schön, sexy und begehrenswert. Wer das jedoch nicht anerkennt, der ist selbst schuld und dessen Meinung ist es nicht wert, gehört zu werden. Ich hatte gehofft, dass die Geschichte so eine strake Botschaft verkörpern würde, dass es vielleicht sogar ein bisschen Selbstbewusstsein schenkt. Und ja, das hat die Geschichte und das hat vor allem die Autorin Olivia Dade geschafft. Beim Lesen merkt man, dass die Autorin wirklich weiß, wovon sie schreibt, sie kennt sich in dem Bereich aus wie keine andere. Und das ist eben noch der letzte Feinschliff, um das Thema wirklich so zu vermitteln, wie es ist, wie es sich anfühlt.

Abgesehen von der Thematik, muss natürlich auch die Handlung einen ansprechen. Worum es geht, möchte ich daher nun ebenfalls noch kurz beschreiben, wobei ich nicht allzu viel verraten werde, um niemanden zu spoilern.

April ist Geologin, denn sie liebt es nicht einfach an der Oberfläche zu kratzen, sondern tiefer zu graben, Geheimnisse zu entdecken und Rätsel zu lösen.
In ihrer Freizeit dagegen ist sie durch und durch ein Fangirl. Sie verfasst Fanfictions über ihr Lieblingspärchen ihrer Lieblingsserie und tauscht sich mit anderen Fans darüber aus. Außerdem entwirft sie hin und wieder Cosplay-Outfits – und geht mit ihrem neuesten viral. Nur leider auch wegen ihrer Figur.
Sicherlich aus Nettigkeit lädt sie daraufhin Marcus Caster-Rupp auf ein Date ein – er ist der Darsteller ihrer Lieblingsfigur der Serie. Die geheimen Träume eines jeden Fans gehen für sie also in Erfüllung, allerdings ist April weniger erpicht auf das Date, als man denken würde. Denn Marcus Caster-Rupp ist nichts weiter als ein langweiliger Schönling, unter dessen Oberfläche nichts von April ausgegraben werden könnte.
Oder doch? Doch möchte April überhaupt etwas ausgraben, wenn sie im Gegenzug ihre am tiefsten vergrabenen Ängste offenlegen müsste?

„Ich will geliebt, gemocht und begehrt werden – nicht wegen meines Gewichts, auch nicht trotz meines Gewichts, sondern weil ich ICH bin.“

Das Buch und ich hatten unsere Anlaufschwierigkeiten, vielleicht war die Handlung in den ersten zwei Kapiteln noch nicht packend genug, vielleicht musste ich mich zuerst an den Schreibstil (in der dritten Person erzählt) gewöhnen. Auch das Setting – ein Fandom – mit all den ungewöhnlichen Begriffen wirkte auf mich befremdlich. Wer selbst ein Serienjunkie und Fan von Serien, wie zum Beispiel „Game of Thrones“ ist, fühlt sich hier vielleicht schneller „zu Hause“. Alle anderen werden dagegen ihren Horizont erweitern. Denn es lohnt sich bei dem Buch auf jeden Fall dran zu bleiben. Schließlich präsentiert es einem neben zwei sehr, sehr lieben Protagonisten eine Vielfalt an Themen und eine Vielzahl großartiger Botschaften. THE STORIES WE WRITE ist eines dieser Bücher, die mit jeder weiteren Seite und jedem weiteren Kapitel erst offenbaren, wie genial sie sind. Das Buch ist extrem facettenreich, besteht aber nicht aus wahllos zusammengewürfelten Aspekten, sondern jedes noch so kleine Detail ist clever auf den ganzen Rest abgestimmt und voll und ganz passend. Beispielweise muss der Humor genau so schräg, eine solch schmale Gradwanderung sein, wie er hier gewählt wird. Er ist schon fast zu bissig, zu übertrieben, aber wäre er nur einen Tick anders, könnte er die Schwere der anderen Themen und die Dämonen, welche April und Marcus mit sich rumschleppen nicht so perfekt ausgleichen.

Ein Thema, das bei diesem Roman auch für viele Diskussionen sorgen könnte, ist die Art und Anzahl expliziter Szenen. Ja, das Buch ist definitiv spicy und ich habe generell zwar nichts dagegen, aber es wird dann hin und wieder doch zu viel. THE STORIES WE WRITE hat mich in dieser Hinsicht sehr überrascht. Nicht nur weil Olivia Dade ihr Händchen für solche Szenen gekonnt unter Beweis stellt, sondern weil ich die Szenen sogar sehr geschätzt habe. Denn sie sind notwendig für die Botschaft des Buches: Dinge wie Maße oder Gewicht bestimmen nicht den Wert einer Person. Jede Frau ist sexy.

Mein Fazit: 4,5 Sterne
Auch wenn ich meine Kritikpunkte hatte, die dazu führen, dass ich dem Buch etwas Abzug in der Bewertung gebe, war das Buch eine Art Highlight für mich. Es ist zugleich deep, unterhaltsam und romantisch – aber auch noch viel, viel mehr. Mir ist bewusst, dass die Geschichte nicht jeden Geschmack treffen wird, dennoch sollte man ihr eine Chance geben. Ich kann das Buch wirklich nur empfehlen, natürlich auch besonders, wenn man sich von der Thematik angesprochen fühlt.
Ich freue mich schon auf die Bände zwei und drei!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.06.2022

Wirklichkeitsnah, witzig, wahr

Im Dschungel um acht, bis einer lacht
0

Jung zu sein, jugendlich zu sein – das sollte man genießen. So heißt es immer. Aber jeder war einmal jugendlich und jeder weiß daher, dass diese Zeit nicht das Zuckerschlecken ist, wie es heißt. Denn es ...

Jung zu sein, jugendlich zu sein – das sollte man genießen. So heißt es immer. Aber jeder war einmal jugendlich und jeder weiß daher, dass diese Zeit nicht das Zuckerschlecken ist, wie es heißt. Denn es ist die Zeit, in der man noch nicht so recht weiß, wer man selbst ist und was man vom Leben will, was die Leute von einem erwarten. Man will kein Kind mehr sein, will endlich die Freiheit spüren – und doch herrscht ein wenig Furcht vor dem Moment, in dem man auf sich allein gestellt sein wird. Auch Isabel in „Im Dschungel um acht, bis einer lacht“ macht diese Erfahrungen beim Erwachsenwerden:

Isabel hat sich in ihrer Familie schon immer fremd gefühlt. Niemand beachtet sie wirklich, interessiert sich dafür, was sie zu sagen hat. Zum Glück ist da aber noch Alex, der Einzige, der sie je wirklich geliebt und geschätzt hat. Er interessiert sich dafür, was sie zu sagen hat – meistens zumindest. Daher ist es auch in Ordnung, wenn er manchmal für sie mitredet. Denn was hat Izzy schon zu sagen? Was weiß sie, was andere interessieren könnte?
Ziemlich viel sogar, wie ihr klar wird, als sie aus Versehen in eine Stand-Up-Comedy-Bar gerät. Sie steht auf der Bühne, vermasselt ihren Auftritt total. Aber sie erlebt etwas, verspürt ein Gefühl, das sie immer wieder erfahren und fühlen will: Leute hören ihr zu, messen ihren Worten Bedeutung zu.
Und so wird aus Isabel Izzy. Aus der stillen Highschool-Schülerin eine beliebte College-Studentin. Aus dem Mädchen ohne Freunde wird der Teil einer Clique.
Aber wer ist sie denn nun - Isabel oder Izzy?

„Vielleicht bist du so mutig wie du.“

Der Roman behandelt eine ganze Bandbreite an den verschiedensten Themen – und keines kommt zu kurz. Die Thematiken sie so vielfältig wie komplex. Einerseits geht es um die Suche nach sich selbst. Wie man wird, wer man sein möchte und wie man akzeptiert, wer man ist. Es geht um Familie. Und Freundschaft. Es geht um die erste Liebe – und darüber, wie schmerzhaft sie sein kann. Das Buch berichtet von verkehrten Beziehungen, toxischen Beziehungen, wenn man so will. Es geht aber auch um die Vielfalt von Liebe. Die Vielfalt von Menschen. Stets spielt die Gesellschaft eine große Rolle und müsste ich das Buch mit nur einem Wort beschreiben, so würde ich sagen: gesellschaftskritisch. Sehr viele brandaktuelle Probleme bringt der Roman zielsicher auf den Punkt. Und es geht eben genau um solche Dinge, die die „Jugend von heute“ beschäftig und für die sie sich engagiert.

So ernst die Themen auch sind, so nachdenklich sie den Leser stimmen – die Geschichte besitzt zugleich einen hohen Unterhaltungsfaktor. Spannende, sehr verschiedene Charaktere bringen eine unterhaltsame Dynamik ins Buch, und sorgen für so manche Überraschung. Und natürlich – es geht um Stand-up-Comedy – darf an dieser Stelle der clevere Humor nicht außenvor gelassen werden. Es benötigt echt viel Talent, Geschick, oder wie immer man das nenne mag, was es braucht, um ein Bühnenprogramm als Buch verpacken zu können. Katie Henry jedenfalls ist dies gelungen, und ich durfte beim Lesen sehr oft schmunzeln. Natürlich, der Humor ist etwas eigen, etwas bissig – aber genau dies macht ihn so besonders. Genau dies macht das Buch so einzigartig.

Nicht zuletzt verdient der Schreibstil ein dickes Lob. Denn es ist geradezu Poesie, was dieser Roman uns hier bietet.

„Wenn man niemand ist, kann man sonst jemand sein.“

Dies nur als ein Beispiel dafür, was ich mit „Poesie“ meine. Worte werden mit Bedacht gewählt. Gedankengänge und Entscheidungen werden nachvollziehbar beschrieben. Die reflektierte und reflektierende Erzählweise ist darüber hinaus wirklich gelungen.

Mein Fazit: 4,5 Sterne
„Im Dschungel um acht, bis einer lacht“ hat alles, was ein wirklich gutes Jugendbuch braucht. Es unterhält den Leser und hinterlässt Eindruck. Selbst wenn man das Buch längts beendet hat, denkt man hin und wieder noch daran. An die beeindruckende Entwicklung der Protagonistin. Und an die gegenwärtigen, äußerst wichtigen Themen. Dieses Jugendbuch ist sicherlich anspruchsvoll, aber gerade deshalb äußerst empfehlenswert – nicht nur für Jugendliche.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere