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Veröffentlicht am 07.07.2022

Deutlich überzeugender als der Auftakt!

The Damned
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Seit im April mit "The Beautiful - Tödliche Dämmerung" eine brandneue vierbändige Reihe aus der Feder von Renée Ahdieh startete, von welcher ich bisher die Dilogie um "Zorn und Morgenröte" und "Rache und ...

Seit im April mit "The Beautiful - Tödliche Dämmerung" eine brandneue vierbändige Reihe aus der Feder von Renée Ahdieh startete, von welcher ich bisher die Dilogie um "Zorn und Morgenröte" und "Rache und Rosenblüte" kannte, war ich gespannt auf die Fortsetzung. Der Auftakt konnte mich ja leider trotz düsterer Atmosphäre, einem lebendigen Setting, einem tollen Schreibstil und einer starken Hauptfigur nicht überzeugen. "The Damned" entführt abermals in die nun abermals in ein düsteres, magisches New Orleans im späten 19. Jahrhundert, welches von Kreaturen wie Vampiren, Werwölfen, Dämonen und anderen Nachtwesen der Anderswelt heimgesucht wird und nutzt die historischen Romantasy-Zutaten diesmal aber deutlich besser als der erste Teil!

Das beginnt schon mit dem Cover: Mit dem von Blumen umrankten weißen Schädel und dem geschwungenem weißem Titel ergibt sich ein düsteres, sinnliches Gesamtbild, welches deutlich besser wirkt als das Motiv des Covers des ersten Bandes. Positiv sticht an der Gestaltung abermals die integrierte Karte des French Quarters in New Orleans hervor, welche sowohl in roter Farbe in den beiden Leselaschen als auch in Schwarz-Weiß-Druck vor den ersten Kapiteln zu finden ist.

Erste Sätze: "Zuerst ist da nichts. Nur Stille. Ein Meer des Vergessens."

"The Damned" schließt direkt an den Showdown von "The Beautiful" an und beginnt mit Bastiens Verwandlung zum Vampir. Nachdem Nigel den Hof der Löwen verraten und mithilfe von Bastiens abtrünniger Schwester Émilie versucht hat, Bastien zu ermorden, wäre letzterer beinahe an seinen Verletzungen erlegen, wäre Celine nicht ein Tauschhandel mit Nicodemus Sait Germain eingegangen: ihre Erinnerungen an alles Übernatürliche gegen Bastiens Verwandlung. Während Bastien also mit den Nachwirkungen seiner Verwandlung kämpft und sich entscheiden muss, was für eine Art Vampir er sein möchte, versucht eine verwirrte Celine, ihre Gedächtnislücken zu füllen. Zwar ist sie mit einem eigenen Bekleidungsgeschäft für Pariser Mode gut ausgelastet und auch die Aufmerksamkeit des Detectives Michael gefällt ihr, sie hat jedoch immer wieder Déjà-vus, seltsame Träume und fühlt eine Leerstelle in ihrem Herzen, die sie sich nicht erklären kann. Ist ihre Liebe so stark, dass sie die Amnesie überwinden und die beiden wieder zusammenführen wird...?

Bastien: "Wer bin ich? Aus den Flammen seiner Wut erhebt sich ein Name. Bastien. Mein Name ist Sébastien Sait Germain."

Die Autorin lässt uns Celines Erlebnisse abermals aus der Sicht eines personalen Er-Erzählers beobachten. Zusätzlich gewährt uns die Autorin in einigen Kapiteln Einblicke in das Leben von anderen Mitgliedern des Hofs der Löwen wie zum Beispiel Odette und Jae, lässt uns einige Blick hinter den Plan von Émilies werfen - die in Band 1 enthüllte Killerin zieht hier abermals die Strippen und plant, einen Krieg zwischen den Werwölfen und den Vampiren vom Zaun zu brechen - und vertieft das Gefühlsleben von Celines Freundin Pippa. Außerdem gibt es zwei Einschübe aus einer unbekannten Erzählperspektive. Anders als in Band 1 lesen wir diesmal jedoch einen Großteil der Geschichte aus Bastiens Perspektive, wofür die Autorin einen Ich-Erzähler gewählt hat. Damit man beim Lesen bei diesen vielen Erzählperspektiven nicht den Überblick verliert, ist über jedem Kapitel angezeigt, aus welcher Erzählperspektive wir den folgenden Abschnitt lesen werden. Dennoch hat mich der ständige Wechsel zwischen Er- und Ich-Erzähler ein wenig irritiert.

Odette: "Durch all das, was passiert ist, habe ich gelernt, mich selbst mehr zu lieben", sagte sie. "Und ist das nicht das schönste Geschenk, das dir eine Prüfung im Leben machen kann?".

Diese Irritation hinsichtlich der Erzählperspektive verzeiht man der Geschichte aber gerne, da hier anders als in Band 1 die Handlung deutlich geradliniger erzählt ist und das Worldbuilding durch die überfällige Beantwortung offener Fragen endlich weiter ausgebaut wird. In meiner Rezension zu "The Beautiful" hatte ich kritisiert, dass die Autorin bis zum Ende verklärende Metaphern beibehielt und den Schleier über der Magie nur für vage Andeutungen lüftete. An einigen Stellen wurden in Band 1 zwar Worte wie "Mentalisten", "Gefallene" und die "Bruderschaft" fallen gelassen und als aufmerksame/r LeserIn konnte man sich nach einigen hundert Seiten auch erschließen, dass es sich hier um Variationen von Werwölfen und Vampiren handelt, aber wer nun genau was ist und mit wem verfeindet ist und wieso blieb sehr undurchsichtig und ist auch nach dem Ende der Geschichte schwer zu sagen. In "The Damned" nimmt die Autorin sich nun endlich Zeit, die Regeln der Welt zu erklären, klarzustellen, welche Person welches magische Wesen ist und wie und weshalb die Fronten durch New Orleans verlaufen. So erhalten wir einen besseren Überblick über die Handlung und können jener viel besser folgen als in Band 1.

Bastien: "Für einen Moment verlor ich jedes Gefühl für Zeit und Ort. Es gab nur sie, eine einsame Kerze in einem dunklen Raum. Aber hinter diesem betörenden Lächeln sah ich weit mehr. Eine Welt der Geheimnisse, die sich hinter einem Paar grüner Augen verbarg."

Am meisten von den zusätzlichen Details profitiert jedoch das Setting, welches zuvor für mich zwar durch die geheimnisvolle Atmosphäre und die bunten Schauplätze interessant, aber nicht wirklich rund gewesen ist. Zeit, zusammen mit Celine die Stadt zu erkunden, die Karnevalsumzüge zu besuchen und ganz in die schillernde Unterwelt der Stadt einzutauchen bekommen wir leider auch hier nicht. Das Worldbuilding und das Vampir-Motiv werden hier aber deutlich ausgebaut. Sehr schön ist auch, dass wir hier einen Ausflug in die Anderswelt machen und sich die Autorin neben dem rauschartigen, sündhaften New Orleans noch einen zweiten interessanten Schauplatz erschließt. Ich bin schon sehr gespannt, wie die Autorin die beiden Welten in den kommenden Romanen nutzen wird. Fest steht, dass ich durch die Kombination aus spannendem Krimiplot, sich entwickelndem Krieg, wachsendem Worldbuilding und dem lebendigen Schreibstil der Autorin eine Menge Szenen und Zitate markiert habe. Etwas schade ist nur, dass viele der hier vorkommenden französischen (teilweise vereinzelt auch italienischen und spanischen) Aussprüche genau wie in Band 1 nicht übersetzt und somit nur beizeiten im Zusammenhang verständlich sind. Mit guten Sprachkenntnissen kann man das als anregend empfinden, ohne diese geht beim Lesen leider etwas verloren.

Odette: "Süßes Blüten, scharfes Eisen, schwüler Wind. Das Schlagen der Herzen. Das Wiehern der Pferde, das Klappern der Hufe aus den Pflastersteinen. Dunkle Schönheit, überall um sie herum. Reif, sie zu ernten."

Sehr gefreut hat mich wieder, dass in "The Damned" nicht nur Renée Ahdiehs typischer mit Metaphern und Wortbildern angereicherter Schreibstil, sondern auch ihre weibliche Hauptfigur wunderbar zur Geltung kommen. Genau wie schon bei Shahrzad aus ihrer 1001-Nacht-Reihe hat sie es wieder geschafft, eine Figur zu erschaffen, welche ihrer Zeit in gewisser Hinsicht weit voraus ist, aber dennoch auf glaubwürdige Art und Weise mit den Einschränkungen der Gesellschaft kämpft. Celine ist leidenschaftlich, mutig, entschlossen, selbstbewusst und trägt auch eine dunkle Seite in sich, womit sie in kürzester Zeit mein Herz im Sturm erobert hat. Während Bastien in Band 1 noch ein wenig blass bleib und unter der Undurchsichtigkeit der Handlung litt, tauchen wir hier tief in sein Gefühlsleben ein und verfolgen seine Entwicklung nach seiner Verwandlung. Dadurch, dass wir nun mehr über seine Vergangenheit, seine Beweggründe und seine Beziehung zu Nicodemus erfahren, bekommt er deutlich mehr Tiefe und hat nun auch seinen Weg in mein Herz gefunden. Positiv überrascht hat mich auch, dass die Autorin hier bereits sehr eindeutig das in Band 1 aufgebaute Liebesdreieck auflöst und die Beziehung zwischen Celine und Bastien auf die nächste Ebene hebt, ohne dabei die Handlung auszubremsen.

Celine: "Ich habe in der Zeit, in der ich meine Erinnerungen verloren hatte, etwas gelernt", sagte Celine. "Ich sollte mich nicht an andere wenden, um meine Wahrheiten zu finden, egal wie dunkel oder verdreht sie sein mögen. ich muss nur ich mich selbst schauen. Alles, was ich brauche, ist hier."

Auch mit Celines Freundinnen aus dem Konvent, Sébastians Freunden vom Hof der Löwen und den Polizisten der New Orleans Metropolitan Police einen ganzen Strauß an interessanten Nebenfiguren geschaffen, über die man gerne mehr erfahren will. Neben dem Ätherischen Arjun und der abgründigen Émilie haben es mir vor allem die rätselhafte Odette und Celines Freundin Pippa sehr angetan, welche hoffentlich auch in den kommenden Bänden noch viele Auftritte haben werden! Ich bin jetzt auf jeden Fall schon sehr gespannt auf Band 3, welcher auf Englisch schon unter dem Titel "The Righteous" (frei übersetzt: "Die Gerechten") erschienen ist, für den aber noch kein Erscheinungstermin der Übersetzung feststeht.


Fazit:

Renée Ahdieh entführt hier abermals in ein düsteres, magisches New Orleans im späten 19. Jahrhundert, welches von Kreaturen wie Vampiren, Werwölfen, Dämonen und anderen Nachtwesen der Anderswelt heimgesucht wird und bereitet so die Bühne für eine historische Romantasy-Reihe. In "The Damned" beantwortet Renée Ahdieh überfällige Fragen und baut ihre Figuren, ihr Worldbuilding und ihre Handlung stark aus, sodass mich die Fortsetzung deutlich besser überzeugen konnte als der Auftakt "The Beautiful".

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Veröffentlicht am 18.06.2022

Trotz bekannter Märchen-Vorlage die bisher lebendigste Handlung

Bridgerton – Wie verführt man einen Lord?
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Handlung: Nachdem ich in den letzten zwei Jahren ein Fan der Netflix-Adaption von Julia Quinns Buchreihe um die acht Geschwister Bridgerton geworden bin, war für mich klar, dass ich unbedingt auch die ...

Handlung: Nachdem ich in den letzten zwei Jahren ein Fan der Netflix-Adaption von Julia Quinns Buchreihe um die acht Geschwister Bridgerton geworden bin, war für mich klar, dass ich unbedingt auch die Buchvorlage lesen muss. Mittlerweile bin ich schon bei Band 3 angelangt, welcher mir handlungstechnisch bisher am besten gefällt. Zwar greift Julia Quinn auf den oft verwendeten Cinderella-Trope zurück und lässt ihre Hauptfigur Sophie unter einer bösen Stiefmutter leiden, auf einer verstohlenen, rauschenden Ballnacht einen Gentleman kennenlernen und dann um Mitternacht fluchtartig verschwinden, trotz der bekannten Vorlage gelingt es der Autorin aber, eine abwechslungsreiche Handlung daraus zu entspinnen, in dem sie die Figuren ganze zwei Jahre später mit neu gemischten Karten abermals aufeinandertreffen lässt. Anders als Band 1 und Band 2 liegt "An Offer From A Gentleman" also ein sehr substanzieller Hauptkonflikt zugrunde und die beiden trennen mehr als nur rein gedankliche Hürden.

Figuren
: Dafür hatte ich mit der männlichen Hauptfigur einige Probleme. Während ich Sophie nur für ihre Standhaftigkeit, ihr Selbstbewusstsein, ihren Stolz, ihre Prinzipien und ihre Unerschütterlichkeit im Angesicht der schlechten Karten, die das Leben ihr zugespielt hat, bewundern konnte, hat Benedict durch einige sehr fragwürdige Handlungen im Mittelteil ordentlich Sympathiepunkte verloren. Ich weiß, dass es sich hier um einen historischen Roman handelt, aber wie hier Sexismus und Gewalt gegen Frauen einfach wegromantisiert wird, ist mir in diesem Band und bei diesem Bridgerton Bruder besonders negativ aufgefallen. Vielleicht bin ich aber auch konfundiert, da er schon in der Serie nicht gerade meine Lieblingsfigur war... Schön ist hingegen, dass hier endlich mal die jüngeren Bridgerton-Geschwister zur Geltung kommen und wir auch die Kinder der beiden Paare aus den vorherigen Bänden kennenlernen dürfen.

Schreibstil
: Der Schreibstil des dritten Bandes ist gewohnt locker, humorvoll und atmosphärisch. Damit das Setting seinen ursprünglichen Flair behält, habe ich mich dazu entschieden, die Reihe in Originalsprache zu lesen. Schon in der Serie habe ich den britischen Akzent der DarstellerInnen und die köstlich hochgestochene Sprache genießen können und auch hier war das humorvolle Schwelgen in höflichen Floskeln wieder "delightful, ideed"! Julia Quinn entführt hier in eine strahlende, perfekt anmutende Welt, die nur selten getrübt wird durch kurzes Aufblitzen von Realismus. Genau wie in Regency-Romanzen üblich, bekommen wir auch hier nicht besonders viel von geschichtlichen Entwicklungen mit und verbleiben in einer gemütlichen Blase aus aufwändigen Kleidern, opulenten Bällen, Anstandsdamen, Gentleman-Clubs, Kutschen und frühlingshaften Gärten voller Blumen. Während Englands Agrargesellschaft mit revolutionärer Wucht zur Industriegesellschaft wächst und dabei alle sozialen, kulturellen, politischen Fundamente durchschüttelt, beschränkt sich die Geschichte ganz auf das vorherrschende Problem des "Tons": reich heiraten.


Die Zitate:


“They say that a smart person learns from her mistakes,” she interrupted, her voice forcefully ending his protest. “But a truly smart person learns from other people’s mistakes.”

“I can live with you hating me," he said to the closed door. "I just can't live without you.”

“What do you feel?" he asked. "Everything!" she said, laughing.


Das Urteil:


"An Offer From A Gentleman" hat trotz bekannter Märchen-Vorlage die bisher lebendigste Handlung der Reihe und glänzt mit einer starken weiblichen Hauptfigur. Mit Benedict Bridgerton konnte ich mich allerdings nur langsam anfreunden, sodass diese Regency-Romanze leicht hinter Band 1 zurückbleibt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.06.2022

Eine unterhaltsame, moderne und humorvolle erzählte Geschichte in bester Regency-Manier

Wie man sich einen Lord angelt
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Handlung: "Wie man sich einen Lord angelt" ist genau zur richtigen Zeit für meinen aktuellen Bridgerton-induzierten Regency-Hype erschienen. Die Geschichte aus der Feder der britischen Autorin Sophie Irwin ...

Handlung: "Wie man sich einen Lord angelt" ist genau zur richtigen Zeit für meinen aktuellen Bridgerton-induzierten Regency-Hype erschienen. Die Geschichte aus der Feder der britischen Autorin Sophie Irwin bildet den Auftakt der neuen Lady´s Guide-Reihe, welche ins romantische London des frühen 19. Jahrhunderts entführt. Gelesen habe ich das Buch in den letzten Tagen mal wieder als Buddyread zusammen mit Sofia von @SofiasworldofBooks (wie immer ein kleines Shoutout an dieser Stelle - schaut unbedingt mal auf Ihrem Blog oder Instagram vorbei!). Da ich die Geschichte parallel zur "Bridgerton"-Reihe von Julia Quinn gelesen habe, kam ich leider nicht darum herum, die beiden Romane miteinander zu vergleichen und musste schon sehr früh feststellen, dass die Handlung von "Wie man sich einen Lord angelt" das Rad alles andere als neu erfindet. Tatsächlich sind mir gleich mehrere Parallelen zu den Bridgerton-Romanen aufgefallen (wir lesen hier von beinahe derselben Konstellation wie in "The Viscount Who Loved Me" nur mit umgekehrte Geschlechterrollen), da Sophie Irwins Debüt die bekannten Elemente aber so charmant verpackt, kann man dies der Geschichte nicht übelnehmen.

Schreibstil:
Dazu kommt, dass die Autorin genau wie Julia Quinn eine sehr humorvolle Art zu Schreiben gewählt hat, bei der teilweise ein sarkastischer Unterton durchblitzt. Besonders die Konfrontationen der beiden Hauptfiguren Kitty und Radcliffe haben mich immer wieder grinsen lassen und lassen die Geschichte eine gute Balance aus modernem, lockeren Esprit und historischer Glaubwürdigkeit finden. Die Londoner Ballsaison wird dabei mit Bällen, Soirées, Tees und allerlei anderen sozialen Events zum Leben erweckt und versprüht den typischen, oberflächlichen Regency-Glamour. Dabei bleibt jedoch leider London als Setting recht blass. Bis auf wenige Ballsäle und kurze Spaziergänge bekommen wir nicht so viel von der Stadt mit, wie das angesichts des ersten Aufenthalts der beiden Frauen in London möglich gewesen wäre.

Figuren:
Erzählt wird die Geschichte von einem auktorialen Erzähler, der hauptsächlich von den Gefühlen und Gedanken der beiden Hauptfiguren Kitty und Radcliffe berichtet, aber auch den ein oder anderen Blick in die Köpfe von Nebenfiguren wirft und zusätzliche Informationen bereithält. Kitty - eigentlich Katherine Talbot - hat dabei einige widersprüchliche Gefühle in mir ausgelöst. Auf den ersten Blick wirkt sie mit ihrem Plan, sich so schnell wie möglich einen vermögenden Ehemann zu angeln, um die Schulden ihrer Familie zu tilgen rücksichtslos, herzlos, manipulativ und unsensibel. Je länger man ihre Bemühungen verfolgt, desto mehr bemerkt man, dass ihre Beweggründe über jeden Zweifel erhaben sind und beginnt, sie für ihren Starrsinn und ihre Cleverness zu bewundern. Sie ist sich nicht zu schade ihre eigenen Wünsche zurückzustecken und genau zu dem zu werden, was ihr Gegenüber von ihr will, um sich so berechnend ihren Weg nach oben in die High Society zu erschleichen. Auch wenn ich sie mit ihrer schlagfertigen Art immer mehr bewundert habe, konnte ich sie über die 352 Seiten aber nicht vorbehaltlos ins Herz schließen. Radcliffe ist mit seinen Motiven, seine Familie zu beschützen ein gut nachvollziehbarer und sympathischer Charakter. Was ihm ein wenig an Tiefe fehlt, macht er mit seinen dunklen Locken und seiner eiskalten Art, Kitty zu durchschauen wieder wett. Gut gefällt mir auch, dass die Liebesgeschichte zwischen den beiden nicht im Vordergrund steht und sich dem Genre und der Epoche entsprechend sehr langsam und züchtig entwickelt. Leider werden die vorhandenen Enemies to Lovers Vibes hier dementsprechend nur oberflächlich ausgereizt und ich hätte mir gerne mehr vertraute Momente zwischen den Beiden gewünscht, bevor sie ihre Zukunft dann endgültig besiegeln. Von der unspektakulären Liebesgeschichte und den teilweise sehr eindimensional agierenden Nebenfiguren (zum Beispiel Archie wirkte durchgängig wie ein 14jähriger Junge auf mich und hat mich teilweise ein bisschen genervt) können charmante Nebenhandlungsstränge rund um Kittys kleine Schwester, Radcliffs Geschwister und Tante Dorothy ablenken.


Die Zitate:


Erster Satz: "Ihr werdet mich nicht heiraten?", wiederholte Miss Talbot ungläubig."

“Menschen, die sich aus Gewohnheit unerreichbare Ziele setzen, trifft man recht häufig. Menschen dagegen, die es sich zur Gewohnheit gemacht haben, diese Ziele auch zu erreichen, sind selten. Doch genau zu dieser zweiten Gruppe gehörte Miss Talbot."

“Radcliffe knallte geräuschvoll die Tür hinter ihr zu, aber Kitty hüpfte zufrieden mit Sally die Stufen hinunter. Sie hatte das Gefühl, alles mitgenommen zu haben, was sie für einen aufsehenerregenden Einstand in die Gesellschaft brauchte."



Das Urteil:

Insgesamt ist "Wie man sich einen Lord angelt" also eine unterhaltsame, moderne und humorvolle erzählte Geschichte in bester Regency-Manier, welche aber dennoch hinter der Bridgerton-Reihe zurückbleibt. Auch wenn ich Sophie Irwings Debüt sehr gerne gelesen habe, ist ihre Handlung ist nicht ganz so skandalös, ihr Schreibstil nicht annähernd so flüssig und amüsant und auch ihre Figuren leicht weniger liebenswert als bei Julia Quinns Vorlage.

  • Einzelne Kategorien
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  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.06.2022

Eine unterhaltsame, moderne und humorvolle erzählte Geschichte in bester Regency-Manier

Wie man sich einen Lord angelt
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Handlung: "Wie man sich einen Lord angelt" ist genau zur richtigen Zeit für meinen aktuellen Bridgerton-induzierten Regency-Hype erschienen. Die Geschichte aus der Feder der britischen Autorin Sophie Irwin ...

Handlung: "Wie man sich einen Lord angelt" ist genau zur richtigen Zeit für meinen aktuellen Bridgerton-induzierten Regency-Hype erschienen. Die Geschichte aus der Feder der britischen Autorin Sophie Irwin bildet den Auftakt der neuen Lady´s Guide-Reihe, welche ins romantische London des frühen 19. Jahrhunderts entführt. Gelesen habe ich das Buch in den letzten Tagen mal wieder als Buddyread zusammen mit Sofia von @SofiasworldofBooks (wie immer ein kleines Shoutout an dieser Stelle - schaut unbedingt mal auf Ihrem Blog oder Instagram vorbei!). Da ich die Geschichte parallel zur "Bridgerton"-Reihe von Julia Quinn gelesen habe, kam ich leider nicht darum herum, die beiden Romane miteinander zu vergleichen und musste schon sehr früh feststellen, dass die Handlung von "Wie man sich einen Lord angelt" das Rad alles andere als neu erfindet. Tatsächlich sind mir gleich mehrere Parallelen zu den Bridgerton-Romanen aufgefallen (wir lesen hier von beinahe derselben Konstellation wie in "The Viscount Who Loved Me" nur mit umgekehrte Geschlechterrollen), da Sophie Irwins Debüt die bekannten Elemente aber so charmant verpackt, kann man dies der Geschichte nicht übelnehmen.

Schreibstil:
Dazu kommt, dass die Autorin genau wie Julia Quinn eine sehr humorvolle Art zu Schreiben gewählt hat, bei der teilweise ein sarkastischer Unterton durchblitzt. Besonders die Konfrontationen der beiden Hauptfiguren Kitty und Radcliffe haben mich immer wieder grinsen lassen und lassen die Geschichte eine gute Balance aus modernem, lockeren Esprit und historischer Glaubwürdigkeit finden. Die Londoner Ballsaison wird dabei mit Bällen, Soirées, Tees und allerlei anderen sozialen Events zum Leben erweckt und versprüht den typischen, oberflächlichen Regency-Glamour. Dabei bleibt jedoch leider London als Setting recht blass. Bis auf wenige Ballsäle und kurze Spaziergänge bekommen wir nicht so viel von der Stadt mit, wie das angesichts des ersten Aufenthalts der beiden Frauen in London möglich gewesen wäre.

Figuren:
Erzählt wird die Geschichte von einem auktorialen Erzähler, der hauptsächlich von den Gefühlen und Gedanken der beiden Hauptfiguren Kitty und Radcliffe berichtet, aber auch den ein oder anderen Blick in die Köpfe von Nebenfiguren wirft und zusätzliche Informationen bereithält. Kitty - eigentlich Katherine Talbot - hat dabei einige widersprüchliche Gefühle in mir ausgelöst. Auf den ersten Blick wirkt sie mit ihrem Plan, sich so schnell wie möglich einen vermögenden Ehemann zu angeln, um die Schulden ihrer Familie zu tilgen rücksichtslos, herzlos, manipulativ und unsensibel. Je länger man ihre Bemühungen verfolgt, desto mehr bemerkt man, dass ihre Beweggründe über jeden Zweifel erhaben sind und beginnt, sie für ihren Starrsinn und ihre Cleverness zu bewundern. Sie ist sich nicht zu schade ihre eigenen Wünsche zurückzustecken und genau zu dem zu werden, was ihr Gegenüber von ihr will, um sich so berechnend ihren Weg nach oben in die High Society zu erschleichen. Auch wenn ich sie mit ihrer schlagfertigen Art immer mehr bewundert habe, konnte ich sie über die 352 Seiten aber nicht vorbehaltlos ins Herz schließen. Radcliffe ist mit seinen Motiven, seine Familie zu beschützen ein gut nachvollziehbarer und sympathischer Charakter. Was ihm ein wenig an Tiefe fehlt, macht er mit seinen dunklen Locken und seiner eiskalten Art, Kitty zu durchschauen wieder wett. Gut gefällt mir auch, dass die Liebesgeschichte zwischen den beiden nicht im Vordergrund steht und sich dem Genre und der Epoche entsprechend sehr langsam und züchtig entwickelt. Leider werden die vorhandenen Enemies to Lovers Vibes hier dementsprechend nur oberflächlich ausgereizt und ich hätte mir gerne mehr vertraute Momente zwischen den Beiden gewünscht, bevor sie ihre Zukunft dann endgültig besiegeln. Von der unspektakulären Liebesgeschichte und den teilweise sehr eindimensional agierenden Nebenfiguren (zum Beispiel Archie wirkte durchgängig wie ein 14jähriger Junge auf mich und hat mich teilweise ein bisschen genervt) können charmante Nebenhandlungsstränge rund um Kittys kleine Schwester, Radcliffs Geschwister und Tante Dorothy ablenken.


Die Zitate:


Erster Satz: "Ihr werdet mich nicht heiraten?", wiederholte Miss Talbot ungläubig."

“Menschen, die sich aus Gewohnheit unerreichbare Ziele setzen, trifft man recht häufig. Menschen dagegen, die es sich zur Gewohnheit gemacht haben, diese Ziele auch zu erreichen, sind selten. Doch genau zu dieser zweiten Gruppe gehörte Miss Talbot."

“Radcliffe knallte geräuschvoll die Tür hinter ihr zu, aber Kitty hüpfte zufrieden mit Sally die Stufen hinunter. Sie hatte das Gefühl, alles mitgenommen zu haben, was sie für einen aufsehenerregenden Einstand in die Gesellschaft brauchte."



Das Urteil:

Insgesamt ist "Wie man sich einen Lord angelt" also eine unterhaltsame, moderne und humorvolle erzählte Geschichte in bester Regency-Manier, welche aber dennoch hinter der Bridgerton-Reihe zurückbleibt. Auch wenn ich Sophie Irwings Debüt sehr gerne gelesen habe, ist ihre Handlung ist nicht ganz so skandalös, ihr Schreibstil nicht annähernd so flüssig und amüsant und auch ihre Figuren leicht weniger liebenswert als bei Julia Quinns Vorlage.

  • Einzelne Kategorien
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  • Handlung
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Veröffentlicht am 12.06.2022

Eine unterhaltsame, moderne und humorvolle erzählte Geschichte in bester Regency-Manier

Wie man sich einen Lord angelt
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Handlung: "Wie man sich einen Lord angelt" ist genau zur richtigen Zeit für meinen aktuellen Bridgerton-induzierten Regency-Hype erschienen. Die Geschichte aus der Feder der britischen Autorin Sophie Irwin ...

Handlung: "Wie man sich einen Lord angelt" ist genau zur richtigen Zeit für meinen aktuellen Bridgerton-induzierten Regency-Hype erschienen. Die Geschichte aus der Feder der britischen Autorin Sophie Irwin bildet den Auftakt der neuen Lady´s Guide-Reihe, welche ins romantische London des frühen 19. Jahrhunderts entführt. Gelesen habe ich das Buch in den letzten Tagen mal wieder als Buddyread zusammen mit Sofia von @SofiasworldofBooks (wie immer ein kleines Shoutout an dieser Stelle - schaut unbedingt mal auf Ihrem Blog oder Instagram vorbei!). Da ich die Geschichte parallel zur "Bridgerton"-Reihe von Julia Quinn gelesen habe, kam ich leider nicht darum herum, die beiden Romane miteinander zu vergleichen und musste schon sehr früh feststellen, dass die Handlung von "Wie man sich einen Lord angelt" das Rad alles andere als neu erfindet. Tatsächlich sind mir gleich mehrere Parallelen zu den Bridgerton-Romanen aufgefallen (wir lesen hier von beinahe derselben Konstellation wie in "The Viscount Who Loved Me" nur mit umgekehrte Geschlechterrollen), da Sophie Irwins Debüt die bekannten Elemente aber so charmant verpackt, kann man dies der Geschichte nicht übelnehmen.

Schreibstil:
Dazu kommt, dass die Autorin genau wie Julia Quinn eine sehr humorvolle Art zu Schreiben gewählt hat, bei der teilweise ein sarkastischer Unterton durchblitzt. Besonders die Konfrontationen der beiden Hauptfiguren Kitty und Radcliffe haben mich immer wieder grinsen lassen und lassen die Geschichte eine gute Balance aus modernem, lockeren Esprit und historischer Glaubwürdigkeit finden. Die Londoner Ballsaison wird dabei mit Bällen, Soirées, Tees und allerlei anderen sozialen Events zum Leben erweckt und versprüht den typischen, oberflächlichen Regency-Glamour. Dabei bleibt jedoch leider London als Setting recht blass. Bis auf wenige Ballsäle und kurze Spaziergänge bekommen wir nicht so viel von der Stadt mit, wie das angesichts des ersten Aufenthalts der beiden Frauen in London möglich gewesen wäre.

Figuren:
Erzählt wird die Geschichte von einem auktorialen Erzähler, der hauptsächlich von den Gefühlen und Gedanken der beiden Hauptfiguren Kitty und Radcliffe berichtet, aber auch den ein oder anderen Blick in die Köpfe von Nebenfiguren wirft und zusätzliche Informationen bereithält. Kitty - eigentlich Katherine Talbot - hat dabei einige widersprüchliche Gefühle in mir ausgelöst. Auf den ersten Blick wirkt sie mit ihrem Plan, sich so schnell wie möglich einen vermögenden Ehemann zu angeln, um die Schulden ihrer Familie zu tilgen rücksichtslos, herzlos, manipulativ und unsensibel. Je länger man ihre Bemühungen verfolgt, desto mehr bemerkt man, dass ihre Beweggründe über jeden Zweifel erhaben sind und beginnt, sie für ihren Starrsinn und ihre Cleverness zu bewundern. Sie ist sich nicht zu schade ihre eigenen Wünsche zurückzustecken und genau zu dem zu werden, was ihr Gegenüber von ihr will, um sich so berechnend ihren Weg nach oben in die High Society zu erschleichen. Auch wenn ich sie mit ihrer schlagfertigen Art immer mehr bewundert habe, konnte ich sie über die 352 Seiten aber nicht vorbehaltlos ins Herz schließen. Radcliffe ist mit seinen Motiven, seine Familie zu beschützen ein gut nachvollziehbarer und sympathischer Charakter. Was ihm ein wenig an Tiefe fehlt, macht er mit seinen dunklen Locken und seiner eiskalten Art, Kitty zu durchschauen wieder wett. Gut gefällt mir auch, dass die Liebesgeschichte zwischen den beiden nicht im Vordergrund steht und sich dem Genre und der Epoche entsprechend sehr langsam und züchtig entwickelt. Leider werden die vorhandenen Enemies to Lovers Vibes hier dementsprechend nur oberflächlich ausgereizt und ich hätte mir gerne mehr vertraute Momente zwischen den Beiden gewünscht, bevor sie ihre Zukunft dann endgültig besiegeln. Von der unspektakulären Liebesgeschichte und den teilweise sehr eindimensional agierenden Nebenfiguren (zum Beispiel Archie wirkte durchgängig wie ein 14jähriger Junge auf mich und hat mich teilweise ein bisschen genervt) können charmante Nebenhandlungsstränge rund um Kittys kleine Schwester, Radcliffs Geschwister und Tante Dorothy ablenken.


Die Zitate:


Erster Satz: "Ihr werdet mich nicht heiraten?", wiederholte Miss Talbot ungläubig."

“Menschen, die sich aus Gewohnheit unerreichbare Ziele setzen, trifft man recht häufig. Menschen dagegen, die es sich zur Gewohnheit gemacht haben, diese Ziele auch zu erreichen, sind selten. Doch genau zu dieser zweiten Gruppe gehörte Miss Talbot."

“Radcliffe knallte geräuschvoll die Tür hinter ihr zu, aber Kitty hüpfte zufrieden mit Sally die Stufen hinunter. Sie hatte das Gefühl, alles mitgenommen zu haben, was sie für einen aufsehenerregenden Einstand in die Gesellschaft brauchte."



Das Urteil:

Insgesamt ist "Wie man sich einen Lord angelt" also eine unterhaltsame, moderne und humorvolle erzählte Geschichte in bester Regency-Manier, welche aber dennoch hinter der Bridgerton-Reihe zurückbleibt. Auch wenn ich Sophie Irwings Debüt sehr gerne gelesen habe, ist ihre Handlung ist nicht ganz so skandalös, ihr Schreibstil nicht annähernd so flüssig und amüsant und auch ihre Figuren leicht weniger liebenswert als bei Julia Quinns Vorlage.

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