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Veröffentlicht am 28.04.2023

Grandioses Worldbuilding und spannender Plot, aber Zugang zu 2/3 der Protagonisten fehlt

Drachenperle
1

Vielen lieben Dank an die Autorin für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.


Aufmachung:
Was ich in meiner Rezension ...

Vielen lieben Dank an die Autorin für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.


Aufmachung:
Was ich in meiner Rezension zu „Perlensplitter“ zur Aufmachung des ersten Bandes gesagt habe, kann ich hier nur wiederholen: Personen auf Covern sind grundsätzlich nicht mein Fall, aber hier finde ich die Covergestaltung einfach nur gelungen! Während auf dem ersten Band eine blonde Frau in einem hellen Glitzerkleid abgebildet ist, die augenscheinlich Sveja darstellen soll, sieht man hier nun eine brünette Frau, in einem ebenfalls hellen Glitzerkleid, die Yljasi ähnlichsieht. Beide Frauen haben eine ähnliche Pose: mit dem Rücken zum Betrachter schauen sie über die rechte Schulter, wobei die Frau auf dem Cover des Auftaktes dabei in die Ferne schaut, während die Frau auf diesem Cover ihren Blick auf den Boden gerichtet hat.
Die Cover sind auf den ersten Blick also gleich gestaltet, unterscheiden sich bei näherem Hinsehen jedoch durch solche Details; so ist der Grundton der Farben des Covers des ersten Bandes auch etwas wärmer gehalten als der dieses Covers. Diese minimalen Unterschiede verdeutlichen, dass es sich um eine fortgesetzte Geschichte innerhalb einer Reihe handelt.
Was gleich ist: Die Position des Titels, der zu leuchten scheint, auf einer stilisierten Silhouette eines Drachen, der so positioniert ist, dass es den Anschein hat, der Drache sei auf dem Rücken der Frau tätowiert und die Schwingen wachsen daraus hervor. Das und die Andeutung der Drachenschuppen unter den Flügeln des Drachen gefallen mir sehr gut!
Am Anfang des Buches gibt es im Übrigen ein Inhaltsverzeichnis, eine tolle Karte, ein Personenregister und ein „Was bisher geschah“ – lieben wir!

Meine Meinung:
Ich wünschte, ich könnte zu dem Inhalt des Buches ein ähnlich eindeutig begeistertes Feedback geben, aber da bin ich doch etwas zwiegespalten. Die Punkte, die mir hier negativ aufgefallen sind, sind dabei – wie ja eigentlich immer – stark Geschmackssache, und finden sich so tatsächlich schon im ersten Band. Wenn euch also da bereits nicht das aufgefallen ist, was ich in meiner Rezension zum Auftakt bemängelt habe, dann wird euch das hier vermutlich auch nicht negativ auffallen.


Ich rede hier von der Charakterisierung der Figuren und den zwischenmenschlichen Beziehungen.
Bereits in meiner Rezension von „Perlensplitter“ habe ich angesprochen, dass ich vor allem Yljasis Handlungen und insbesondere die Darstellung von Prinz Pasjeran nicht immer hundertprozentig nachvollziehen konnte: Er schien in meinen Augen zum Ende des Buches einen im Vergleich zum Anfang um 180° gewendeten Charakter zu haben, ohne dass sich diese Entwicklung im Laufe der Handlung abgezeichnet hätte, während Yljasi für mein Empfinden zu schnell zu krasse Gefühle für ihn entwickelt.

Nun spielen Yljasi und vor allem Pasjeran in diesem Band keine allzu große Rolle, sodass ich beim Lesen von „Drachenperle“ schon gar nicht mehr daran gedacht habe, dass ich das im ersten Band etwas unschlüssig fand. Stattdessen konnte ich hier überraschenderweise die Gefühle Yljasis für Pasjeran schon eher nachvollziehen und habe stärker mit ihr auf ihrer Suche nach ihrem Prinzen mitgefiebert, als ich es in Band 1 vermutlich für möglich gehalten hätte.
Ich kann mir gut vorstellen, dass das daran gelegen hat, dass Yljasis Gefühle hier eher durch ihre Handlungen und ihre Aussagen deutlich werden, anstatt dass immer nur gesagt wird, wie sehr sie Pasjeran liebt und vermisst. Das erwähnt Yljasi zwar auch nicht selten, aber das ist insoweit auch in Ordnung, da ich anhand ihres Verhaltens hier erkennen kann, dass sie es auch so meint. Sie ist davon getrieben, Pasjeran wiederzufinden und den Fängen ihres Vaters und Bruders irgendwie zu entkommen. Durch den Kontrast, den man hier vor allem in ihrem Sicherheitsgefühl zuhause im Vergleich zu ihrer Zeit, die sie kurz mit Pasjeran verbringt, erlebt, würde man, auch wenn sie es nicht erwähnen würde, merken, dass sie sich nach ihm sehnt und bei ihm sicher fühlt. Ihre Emotionen werden dadurch leichter nachvollziehbar und ich kann mich besser in sie hineinversetzen.
Das sowie zusätzlich ihre ruhige Stärke und die intelligente Art und Weise, wie sie sich gegenüber den Männern in ihrem Leben zu Wehr zu setzen weiß, sind der Grund dafür, weshalb sie hier meine Lieblingsfigur ist. Deshalb fand ich es zwar besonders schade, dass sie in diesem Buch neben Elusyan und Sveja nur wenig Aufmerksamkeit bekommt, aber inhaltlich macht das natürlich sehr viel Sinn, weshalb sich dieser Aspekt keinesfalls negativ ausgewirkt hat.


Was ich allerdings viel weniger nachvollziehen konnte, war die Beziehung zwischen Sveja und Elusyan. Die hat sich zum Ende des Auftaktes bereits abgezeichnet und ist ja so gesehen auch bereits dem Klappentext von „Perlensplitter“ zu entnehmen (ein Junge und ein Mädchen gehen zu zweit auf die Suche nach einer magischen Perle….).
Trotzdem hat mir einfach die Entwicklung gefehlt. Ich hatte hier den Eindruck, dass es von starker Abneigung auf beiden Seiten urplötzlich in ebenso starke sexuelle Anziehung überspringt und dann genauso urplötzlich in tiefe, ewigliche Liebe, die es sogar wert ist, alles, was man kennt, aufzugeben.
Wie es allerdings erst dazu kommt, dass Elusyan Sveja bspw. jeden Morgen einen „Elusyan Special“ macht, oder dass sie ihm überhaupt erst so weit vertraut, dass sie ihn – einen für sie zunächst fremden Mann – neben sich im Bett schlafen lässt, hat sich mir nicht erschlossen.
Die ganze Beziehung hat sich für mein Empfinden zu schnell und zu intensiv von praktisch nichts in zu viel gewandelt.
Das wiederum hat dazu geführt, dass mir fast vollständig der Zugang zu den beiden Protagonisten gefehlt hat. Ich sage hier „fast vollständig“, da ich mich in den Situationen, in denen die beiden getrennt voneinander waren, durchaus in sie hineinversetzen und mich in das aktuelle Geschehen fallenlassen konnte. Sobald die beiden jedoch zusammen waren und gemeinsam auf Wolke Sieben schwebten, habe ich ihnen ihre Empfindungen nicht mehr abgekauft und saß skeptisch vor dem Buch.
Angesichts dessen, dass Sveja und Elusyan den größten Teil der Handlung miteinander verbringen, wirkt sich das – zumal ich eine Leserin bin, die sehr auf die Figuren fokussiert ist – im Gesamten natürlich stark aus.

Abgesehen davon, dass ich die Gefühle der beiden füreinander nicht wirklich nachvollziehen konnte, hat aber noch ein weiterer Aspekt dafür gesorgt, dass mir der Zugang insbesondere zu Elusyan gefehlt hat: Ich habe sein Verhalten Sveja gegenüber nicht selten als übergriffig und respektlos empfunden.
Bereits, dass er sie „Kleines“ nennt, hat mich jedes Mal gestört – würde mich ein Mann so nennen, würde ich mich herabgesetzt fühlen und den Eindruck haben, dass er mich nicht als ebenbürtig ansieht. „Kleines“ kann man ein niedliches Kind nennen, auf das man noch aufpassen muss, aber in meinen Augen nicht seine Partnerin. Nun ist die Wertung eines solchen Kosenamens aber sehr subjektiv, das ist mir bewusst. Während sich bei mir alle Nackenhaare aufstellen, gibt es sicher genug, die es sehr süß finden, dass Elusyan Sveja so nennt – ich weiß jedenfalls, dass er es liebevoll meint und dass Sveja das auch so auffasst und sich nicht daran anstößt. Deshalb spreche ich bloß an, dass mir dieser Aspekt nicht gefällt, aber – losgelöst von allem anderen! – kann ich das nicht negativ bewerten.
Was ich dagegen nicht einfach so akzeptieren kann, ist, dass er sehr oft über ihren Kopf hinwegbestimmt und ihr manche Dinge verbietet und dabei Svejas Protest einfach übergeht.
Ich verstehe, dass er für ihre Sicherheit verantwortlich ist, weil sie für sein Königreich von großer Wichtigkeit ist, und daher verstehe ich auch, dass er ihr hin und wieder sagen muss, wenn irgendetwas nicht geht – sie ist nunmal ein Ziel für Laturas Feinde und kann sich zwar durchaus verteidigen, ist aber in den meisten Fällen doch einfach unterlegen. Was ich aber überhaupt nicht verstanden habe, ist, wieso er ihr nicht einfach erklärt, was sein Plan ist und welche Rolle sie darin einnimmt. Oft genug befiehlt er ihr einfach, irgendwo zu bleiben oder irgendetwas nicht zu tun, und verschwindet dann, um seinen Teil des Plans auszuführen. Warum weiht er sie nicht ein, warum provoziert er stattdessen unnötigen Konflikt?
Was mir gut gefallen hat, ist dass Sveja jedes Mal versucht, sich dagegen zu wehren und ihren eigenen Kopf durchzusetzen. Elusyan zeigt da jedoch keinerlei Verbesserungspotenzial, sondern geht über ihren Protest einfach hinweg. Und genau das ist es, was ich respektlos finde: Sie ist eine erwachsene Frau, die eigene Entscheidungen treffen kann!
Aufgestoßen hat mir beispielsweise auch, dass er ihr verbieten will, sich mit ihrem Kollegen zu treffen. Eifersucht verstehe ich, aber nur solange sie nicht übergriffig wird. Ich glaube, Elusyan und ich werden keine Freunde mehr.


So viel also zu meiner Kritik an den Figuren.
Vor allem das Worldbuilding konnte mich aber auch hier wieder restlos überzeugen! Allzu viel kann ich hier gar nichts Neues schreiben, was ich nicht auch in meiner Rezension zum Auftakt bereits geschrieben habe, deshalb hier nur so viel: Ich finde es einfach zauberhaft und bemerkenswert, mit wie viel Liebe zum Detail die Autorin die Parallelwelt der Vaskys geschaffen hat. Sie hat gefühlt alles Mögliche berücksichtig und an alles gedacht – die Art, wie die Magie, die gesellschaftlichen Strukturen und auch die Umgebung in Lytrien erklärt und beschrieben sind, ist so natürlich, dass man gar nicht mehr darüber nachdenkt, dass es diese Parallelwelt in der Realität ja eigentlich gar nicht gibt. Vielmehr hält man es beim Lesen durchaus für möglich, dass neben einem plötzlich ein Vasky auftaucht, der von einem verlangt, sieben verlorengegangene Perlensplitter aufzufinden, damit die Prinzessin Laturas zurückkehren kann. Genau das macht für mich gelungenes Worldbuilding aus!

Zwar hatte ich gerade im Mittelteil durchaus das Gefühl, dass so manche ereignislose Tage in Svejas Leben nicht unbedingt erwähnenswert gewesen wären und dem Buch deshalb gut 100 Seiten weniger bestimmt nicht geschadet hätten, aber trotzdem konnte mich die Handlung von Anfang bis Ende mitreißen. Zusammen mit den Protagonisten rätselt man unentwegt mit, was es mit den Trommelsteinen, der verschollenen Prinzessin, den Mythen um die Drachen und vor allem mit der Rolle von Svejas Familie auf sich hat, und wohin sich das Ganze noch entwickeln wird.
Zu keinem Zeitpunkt konnte ich einen Teil der Handlung bereits im Voraus erahnen, im Gegenteil: Die Autorin hat es immer wieder aufs Neue geschafft, mich zu überraschen und am Buch zu halten!
Ohne jetzt darauf herumreiten zu wollen, aber angesichts dessen, dass mir der Zugang zu den Figuren gefehlt hat, betont das meines Erachtens die starke Qualität von Worldbuilding und Plotline in besonderem Maße – normalerweise verliere ich schnell das Interesse an einem Buch, wenn ich mit den Figuren nicht klarkomme. Hier eben nicht!
Das Ganze gipfelt dann in einem spannenden Finale, das allerdings unfassbar fies endet und mich ganz hibbelig zu erfahren macht, wie es denn nun mit Sveja, Elusyan und Yljasi weitergeht.


Fazit:
„Drachenperle“ hat es mir mit meiner Bewertung nicht leicht gemacht, da mir schlicht der Zugang zu zwei Dritteln der Protagonisten gefehlt hat. Das lag vor allem daran, dass ich die Beziehung zwischen Sveja und Elusyan nicht nachempfinden konnte, aber auch an dem in meinen Augen teils übergriffigen und respektlosen Verhalten Elusyans Sveja gegenüber. Traten die beiden alleine auf, konnte ich mich dann aber doch in sie hineinversetzen.
Vor allem aber Yljasi und natürlich das grandiose Worldbuilding und der von vorne bis hinten spannende Handlungsaufbau haben mich trotz der fehlenden Bindung zu den Protagonisten fesseln können – bei jemandem, der bei einem Buch viel davon abhängig macht, ob ihm die Figuren zusagen oder nicht, ist das nicht leicht! Man rätselt mit, erfährt immer mehr, und gleichzeitig werden neue Fragen aufgeworfen. Das gipfelt dann in einem fiesen Finale, das einen fassungslos zurücklässt und ganz hibbelig die Fortsetzung erwarten lässt!
3/5 Lesehasen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.10.2022

Interessant, aber würde eher das (gekürzte) Hörbuch als das Buch empfehlen.

Freiheitsgeld
1

Vielen lieben Dank an Bastei Lübbe und die #bloggerjury für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Mit ...

Vielen lieben Dank an Bastei Lübbe und die #bloggerjury für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Mit dem platinenähnlichen Gebilde in der Mitte sieht das Cover sehr futuristisch aus – es ist also gleich ersichtlich, dass „Freiheitsgeld“ nicht in der Gegenwart spielt. Die vier verschiedenfarbigen Kreise erinnern zum einen entfernt an eine Münze – der Bezug zum Inhalt ist offensichtlich –, zum anderen wie vier verschiedene Zonen. Auch das spiegelt sich im Inhalt wider, wie man beim Lesen merkt! Insofern eine gelungene Aufmachung.
Gekrönt wird das ganze von dem schwarzen Farbschnitt, der das helle Cover im Kontrast noch mehr hervorstechen lässt, und ein Lesebändchen hat es auch (das bei meinem Exemplar allerdings nicht am Buchrücken sondern mitten auf einer Seite angeklebt war?).


Meine Meinung:
Mit „Freiheitsgeld“ habe ich mich ausnahmsweise mal aus meiner Fantasy-NA-Comfort-Zone herausgetraut, und auch wenn es mir im Großen und Ganzen ganz gut gefallen hat, würde ich jetzt wohl nicht sagen, dass ich mich ein weiteres Mal diesem Genre widmen werde – auch wenn ich dystopische Thriller grundsätzlich ganz interessant finde.

Auch „Freiheitsgeld“ konnte mich zumindest in den ersten zwei Dritteln von sich überzeugen. Man befindet sich hier in Deutschland im Jahr 2064 – viele kleinere Städte wurden zugunsten von Naturschutzgebieten abgerissen bzw. verlassen, das Leben in der Gesellschaft ist vollständig technologisiert, was sich vor allem in den vielen Robotern, die insbesondere Dienstleistungen übernommen haben, zeigt und ausnahmslos jeder Bürger erhält einmal monatlich sein „Freiheitsgeld“ unabhängig davon, wie seine berufliche, private oder soziale Situation aussieht. Dass letzteres offensichtlich an die Diskussion zum bedingungslosen Grundeinkommen angelehnt ist, ist offensichtlich. Der Autor spinnt hier diese Idee weiter und fragt sich, was passiert, wenn einerseits viele Arbeiten wirklich von Robotern übernommen werden, sodass es alleine deshalb vielleicht gar nicht so sinnlos ist, jedem ein Grundeinkommen zukomme zu lassen, und wenn es andererseits für jeden eine völlig freie Entscheidung ist, arbeiten zu gehen oder nicht – man kann sich seinen Lebensunterhalt durch das „Freiheitsgeld“ ja ohnehin leisten.

Dabei hat die Auszahlung dieses Grundeinkommens natürlich seine Vorteile – so muss niemand fürchten zu verarmen, man ist nicht gezwungen, in einem Beruf zu arbeiten, der einen nicht erfüllt und so weiter. Hier hat das „Freiheitsgeld“ darüber hinaus die Folge, dass sich dadurch herauskristallisiert, welche Arbeiten tatsächlich systemrelevant sind und diese Berufe auch mehr wertgeschätzt werden.
Das im Zusammenspiel mit dem technischen Fortschritt, den der Autor ausgehend vom heutigen Standpunkt weitergesponnen hat, sodass man bspw. alle wichtigen Dokumente und auch das Geld über seinen „Pod“ (also sein Smartphone) verwaltet, es fast ausschließlich selbstfahrende Autos gibt oder Medikamente personalisiert werden, stellt ein Gedankenexperiment dar, dass gerade deshalb so interessant ist, weil das alles eben nicht allzu weit hergeholt scheint und man sich durchaus vorstellen kann, dass die Zukunft in 40 Jahren so ähnlich aussehen mag.

Trotzdem habe ich mich auch in den ersten zwei Dritteln zwischendurch ein wenig gelangweilt. „Freiheitsgeld“ wird nämlich nicht nur aus Ahmads Sicht erzählt, sondern auch die beiden Ehepaare Valentin und Lina sowie Kilian und Therese berichten aus ihrem Leben. Im Nachhinein ist deutlich, weshalb der Autor so weit ausholt, und gerade zwischen den Paaren lassen sich rückblickend viele Parallelen erkennen. Allerdings holt Eschbach hier wirklich weit aus, sodass es unheimlich lange dauert, bis deutlich wird, weshalb die einzelnen Handlungsstränge für die jeweils anderen relevant sind, und worauf der Autor eigentlich hinaus möchte. Ich bin immer für einen soliden Handlungsaufbau und gutes Worldbuilding zu haben und nehme dafür auch gerne ein etwas langsameres Erzähltempo in Kauf. Hier ging es mir dann aber doch zu langsam. Ich möchte nicht sagen, dass innerhalb der ersten hundert Seiten nichts passiert, denn dem ist nicht so. Trotzdem braucht man hier einen sehr langen Atem, da man ab irgendeinem Punkt immer stärker das Gefühl hat, der Autor komme einfach nicht auf den Punkt.

Sobald aber endlich alles zusammenläuft, habe ich dann relativ schnell gemerkt, dass ich dem Buch nicht mehr als drei Sterne geben kann. Was während der ersten zwei Drittel noch ein interessantes Gedankenexperiment war, auf dessen Auflösung ich sehr gespannt war, hat sich „Freiheitsgeld“ dann im letzten Drittel überraschender-, meiner Meinung nach aber im Verhältnis zur restlichen Geschichte sehr unpassenderweise zu einem wilden Verschwörungsthriller entwickelt, der mehr wie ein auf den letzten Metern aus den Fingern gesaugter, verrückter Plottwist als das logische Ende, auf das die Geschichte zwangsläufig hinauslaufen muss. Versteht mich nicht falsch: Im Nachhinein ist es durchaus so, dass der Autor offensichtlich auf genau dieses Ende hingearbeitet hat, insofern passt es also durchaus zusammen. Allerdings hatte ich beim Lesen gerade nicht das Gefühl, dass das Ende zum Rest des Buches passt. Anders als der Rest, der nämlich sehr nahe an aktuelle Diskussionen ist und gerade deshalb, wie gesagt, das Buch so spannend ist, wirkt die Auflösung verglichen damit sehr unglaubwürdig.
Darüber hinaus ist das Ende nicht wirklich ein „Ende“ und während mir bewusst ist, dass so etwas in diesem Genre nicht so leicht ist, hätte ich mir trotzdem einen richtigen Abschluss gewünscht. So blättert man die letzte Seite in der Erwartung um, dass da noch etwas kommen müsste, aber das Buch ist eben zu Ende und man geht mit einem sehr unzufriedenen Gefühl aus der Geschichte.
Es war also eben nicht das, was ich bei dem Anfang erwartet hätte, insofern war ich persönlich dann sehr enttäuscht. Das ist aber jetzt natürlich auch wieder sehr subjektiv und ich kann mir gut vorstellen, dass andere davon mehr abgeholt werden. Meins war es aber nicht.


Fazit:
Interessantes Gedankenexperiment, das zumindest in den ersten 2/3 gar nicht mal so weit hergeholt und deshalb auch durchaus spannend ist. Dann wurde es mir persönlich doch etwas zu wild und das Ende fand ich völlig unzufriedenstellend, daher wurden es dann 3 statt 4⭐️. 😅
Den anderen Stern ziehe ich ab, weil ich den Einstieg und es auch zwischendurch immer mal wieder etwas zu langatmig fand - man wartet einfach sehr lange, bis die einzelnen Fäden mal zusammenlaufen.
Abgesehen davon ist es aber, wie gesagt, mal sehr interessant. Würde aber eher die (gekürzte) Hörbuch-Version zum Nebenherhören empfehlen als das geschriebene Buch.
3/5 Lesehasen.

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Veröffentlicht am 09.07.2022

Tolle Grundidee, aber der Rest bleibt blass

Die Blutkönigin
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Vielen lieben Dank an den penhaligon-Verlag und das Penguin Random House-Bloggerportal für das Rezensionsexemplar!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
„Die ...

Vielen lieben Dank an den penhaligon-Verlag und das Penguin Random House-Bloggerportal für das Rezensionsexemplar!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
„Die Blutkönigin“ ist mal wieder ein klassischer Fall von „Ich wollte es eigentlich nur wegen des Covers lesen“. xD
Aber es sieht ja auch unheimlich cool aus! Die weißen Äste, die sich durch den roten Titel ranken, zusammen mit den wenigen blutroten Blüten und dem neblig anmutenden Hintergrund wirken sehr düster und suggerieren eine unbequeme, dunkle High Fantasy. Das Originalcover finde ich vom Motiv her zwar tatsächlich hübscher anzusehen und dort tritt auch der Bezug zum Wald stärker hervor. Das deutsche Cover finde ich stimmungstechnisch allerdings stärker (wenn ich auch im Nachhinein sagen muss, dass es nicht die Stimmung des Inhalts einfängt).
Der Titel ist die deutsche Übersetzung des Originaltitels „The Queen of Blood“ und trifft das Thema des Auftaktes der „Die Königinnen von Renthia“-Reihe entsprechend gut.


Meine Meinung:
Inhaltlich konnte mich „Die Blutkönigin“ leider nicht so sehr von sich überzeugen, wie ich es mir bei dem Cover erhofft hatte.
Das liegt gar nicht mal unbedingt daran, dass es nicht so düster ist, wie das deutsche Cover suggeriert (auch wenn ich grundsätzlich mal wieder Lust auf Dark Fantasy hätte). Zwar ist es durchaus ein wenig irreführend, aber man sollte ja ohnehin nicht allzu viel vom Cover auf den Inhalt schließen, insbesondere bei einer Übersetzung, daher kreide ich das dem Buch mal nicht an.
Es wird nämlich durchaus auch mal blutig und der Erzählton ist generell etwas ernster, von daher ist die Düsternis des Covers gar nicht mal so weit hergeholt.


Dass ich dem Buch eher zwiegespalten gegenüberstehe, liegt vor allen Dingen daran, dass es keine konstante Steigerung in der Spannungskurve gibt.
Die Geschichte geht relativ actionreich los, man wird in das Geschehen hineingeworfen und muss sich erstmal zurechtfinden. Der Einstieg ist also direkt spannend; sobald sich dieser erste Konflikt jedoch beruhigt hat, plätschert „Die Blutkönigin“ erstmal so vor sich hin. Vielleicht liegt das daran, dass die erste Hälfte das behandelt, was sich gut zehn Jahre, bevor der eigentliche Plot beginnt, zugetragen hat. Dabei bedient sich die Autorin einiger größerer Zeitsprünge, bis sie irgendwann an diesem Punkt angekommen ist. Ganz abgesehen davon, dass ich den Zeitsprüngen zunächst nur schwer folgen konnte, da sie nicht durch Überschriften o. Ä. gekennzeichnet sind, sondern sich aus dem Kontext ergeben, hat das hat zur Folge, dass sich vor allem die erste Hälfte von „Die Blutkönigin“ eher wie ein Prequel denn wie ein Reihenauftakt liest. Das ist grundsätzlich nicht schlimm, wäre aber hier meines Erachtens nicht wirklich notwendig gewesen, da viele der Szenen, die die ersten paar Hundert Seiten des Buches ausmachen, keine allzu relevanten Schlüsselszenen sind, die man wirklich in der gegebenen Breite hätte ausführen müssen. Ich glaube, es hätte den Lesefluss um einiges erleichtert, wenn die Autorin das, was der Auslöser für den Weg, den die Protagonistin wählt, als Prolog genommen hätte, und andere wenige relevante Szenen aus dieser ersten Hälfte dann im Laufe der eigentlichen Handlung an den passenden Stellen als Rückblende eingefügt hätte.
So weiß man zwar nicht von Anfang an, wie es zu dem großen Konflikt in der zweiten Hälfte gekommen ist, aber genau diese Unwissenheit des Lesers kann viel zur Spannung beitragen. Die hat nämlich während der Zeitsprünge die meiste Zeit gefehlt, da man einfach nahezu durchweg gemerkt hat, dass man sich noch in der Einführung in die Geschichte befindet. Man wartet die ganze Zeit darauf, dass es endlich richtig losgeht, wird dabei aber fast nur mit wenig relevanten Beschreibungen von Daleinas Lernweg abgespeist, bei denen man schnell das Interesse verliert.

Darüber hinaus hat man dabei dann auch noch viel Zeit, sich über den Rest des Plots Gedanken zu machen und kommt dann auch relativ schnell zu einem Ergebnis. Die Autorin folgt mit ihrer Handlung einem klaren Muster, das man schnell durchschaut hat und das dann dazu führt, dass man im Laufe der Geschichte nicht mehr überrascht werden kann. Es ist vieles vorhersehbar und abgesehen vom Magiesystem mit den Geistern sticht „Die Blutkönigin“ damit durch nichts Besonderes hervor.


Das Magiesystem ist dagegen die eine große Stärke des Buches!
Die Idee mit den Geistern, die die Natur kontrollieren, die aber wiederum von der Königin kontrolliert werden, weil sie ansonsten böswillig Schaden anrichten, konnte mich sofort überzeugen. Die Beschreibungen der einzelnen Geister ist sehr detailliert und vielseitig; man kann sie sich gut bildlich vorstellen und hat trotz der schieren Menge unterschiedlicher Arten schnell einen Überblick darüber, welche es gibt, und was ihre Fähigkeiten sind.
Auch die Art und Weise, wie die Magiebegabten wie auch die Königin die Geister kontrollieren müssen, wie sie aufeinander angewiesen und mit der Natur verbunden sind, ist gut verständlich und sehr interessant beschrieben.
Auch der Weltenbau an sich und das gesellschaftliche System dahinter sind ähnlich komplex gestaltet, aber so beschrieben, dass sie sich gut nachvollziehen lassen und man sich zügig in Renthia zurechtfindet. Etwas schade finde ich hier noch, dass Renthia zwar aus vier Ländern besteht, man aber nur ein wenig über Aratay erfährt. Wie die anderen Länder mit den Geistern verbunden sind und wie sie mit ihnen umgehen, wird hier noch gar nicht erläutert. Da hätte ich mir, obwohl „Die Blutkönigin“ erst der Auftakt ist, doch einige wenige Informationen mehr erwünscht – Elhim, Belene und Chell noch nicht einmal erwähnt. Einzig über das Land Semo und seine Königin wird in der zweiten Hälfte ein bisschen das angeteasert, was in der Fortsetzung geschehen könnte. Ich kann mir also schon vorstellen, dass die Autorin in den Folgebänden auf die Nachbarländer Aratays noch weiter eingeht, hätte mir hier aber trotzdem bereits ein paar Details mehr gewünscht.


Abschließend habe ich noch ein wenig Kritik an der Protagonistin Daleina sowie an den einzelnen Beziehungen in „Die Blutkönigin“.
Daleina ist zwar durchaus eine sympathische Protagonistin, für mein Empfinden bleibt sie allerdings durchweg zu blass und zu distanziert, als dass man sich wirklich gut in sie hineinversetzen könnte. Durch die Zeitsprünge begleitet man sie durch fast zehn Jahre, ich hatte allerdings trotzdem nicht das Gefühl, dass sie sich im Laufe der Handlung groß weiterentwickelt oder erwachsen wird. Geht man von ihrem Verhalten und ihrer Denkweise aus, ist sie vielleicht zwei oder drei Jahre älter geworden, mehr aber nicht. Sie ist nach wie vor zwar stark entschlossen, Königin zu werden und ihre Schwester zu beschützen, aber wird trotzdem von ihren Unsicherheiten und mangelnden Fähigkeiten in der Geisterbeschwörung beherrscht. Ich habe bei ihr vor allem in der Hinsicht keine Entwicklung gesehen; ab einem gewissen Punkt hat es mich sogar fast schon genervt, dass sie immer wieder auf ihre Unzulänglichkeiten hinweist und nicht lernt, sich selbst zu vertrauen und ihre Stärken mehr auszunutzen. Sie ist nämlich sehr gewieft, stellt schnell Zusammenhänge her und findet unkonventionelle Lösungen. Das weiß sie zwar, aber sie spielt es nicht aus, was dazu geführt hat, dass ich sie zunehmend weniger angefeuert habe, bis sie mir letztlich egal wurde.

Egal waren mir im Übrigen auch jegliche Beziehungen der Figuren untereinander, was daran gelegen hat, dass sie nicht etwa langsam aufgebaut werden, sodass man mitfiebert und sie mitfühlt. Stattdessen waren sie plötzlich einfach da, dann wieder weg und manchmal doch wieder da, ähnlich wie die Gefühle der Figuren. Vor allem die Beziehung zwischen Fara und Ven, aber auch alle anderen werden nicht konstant entwickelt und sind daher wenig nachvollziehbar. Die Figuren handeln in Bezug aufeinander oft widersprüchlich und nicht konsequent, sodass mir manchmal sogar nicht einmal klar war, wie sie denn nun zueinanderstehen – hassen sie sich oder lieben sie sich doch?
So kann man sich auch in der Hinsicht nicht wirklich auf das Buch einlassen. Da ich beim Lesen oftmals sehr viel Wert darauf lege, wie die Figuren und die Beziehungen ausgebaut werden, hat das hier natürlich viel dazu beigetragen, dass ich nicht so stark von „Die Blutkönigin“ eingenommen wurde und auch noch nicht weiß, ob ich mich der Fortsetzung widmen werde, trotz der interessanten Grundidee.


Fazit:
„Die Blutkönigin“ ist mal wieder so ein Buch, das mir nicht ganz so gut gefallen hat, wie ich es mir eigentlich erhofft hatte.
Zwischendurch war es durchaus sehr spannend, und die Idee mit den Geistern, die die Natur kontrollieren, die aber wiederum von der Königin kontrolliert werden, weil sie ansonsten böswillig Schaden anrichten, hat mir super gefallen! Allerdings fand ich die Handlung gerade am Anfang, aber auch zwischendurch immer wieder sehr zäh und vorhersehbar, die Protagonistin war für mich nicht wirklich greifbar, und jegliche Beziehungen in dem Buch wirkten in meinen Augen unausgereift und nicht richtig entwickelt.
3/5 Lesehasen.

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Veröffentlicht am 28.06.2022

Atmosphärische Halloween-Vibes, ansonsten insgesamt zu blass

Die Hexen von Woodville - Rabenzauber
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Vielen lieben Dank an den Heyne-Verlag und das Penguin Random House-Bloggerportal für das Rezensionsexemplar!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Meine Meinung:
Wie ...

Vielen lieben Dank an den Heyne-Verlag und das Penguin Random House-Bloggerportal für das Rezensionsexemplar!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Meine Meinung:
Wie ihr an dem Titel der Rezension erkennen könnt, hat „Rabenzauber“ eine große Stärke: Die düsteren Halloween-Vibes! Mit den Vogelscheuchen und der Hexerei hat der Autor ein wunderbar gruselig-atmosphärisches Buch für die kühlere Jahreszeit geschaffen. Auch wenn das Buch im Frühling/ Frühsommer spielt, verleihen das typisch englische Regenwetter, die Kleinstadt-Mystik und das Rätsel um Pumpkinhead und seine Anhänger dem Buch eine eher düstere Grundstimmung, die hervorragend in die Halloween-/ Herbstzeit im Oktober bzw. November passt. Normalerweise bin ich eher keine Jahreszeiten-Leserin, aber ich glaube, bei dieser Geschichte würde ich eine Ausnahme machen – wenn man das Buch, wie ich, bei eher sommerlichen 20-25 Grad liest, kann die Atmosphäre nicht so richtig wirken. :D

Abgesehen davon konnte mich der Rest allerdings nicht besonders überzeugen, auch wenn ich letztlich nur einen tatsächlich wirklich negativen Kritikpunkt habe (dazu gleich mehr).
Dass ich dem Buch eher gleichgültig gegenüberstehe, liegt vor allem daran, dass lange Zeit wirklich wenig passiert. Der Autor braucht gut 2/3, um in die Geschichte überhaupt erst einzuführen, was, anders als bei anderen Urban Fantasy-Romanen (ganz zu schweigen von High Fantasy) hier gar nicht wirklich nötig gewesen wäre. Denn „Rabenzauber“ lebt gerade davon, dass der Leser ähnlich wie Faye nicht wirklich viel weiß und stattdessen damit arbeiten muss, was er vorgesetzt bekommt. Dadurch, dass Faye ihre Kräfte gerade selbst erst entdeckt, und weil auch das Worldbuilding hier kaum eine Rolle spielt, ist eine ausführliche Einführung hier eigentlich relativ entbehrlich – das könnte der Autor, ohne, dass die Geschichte an Qualität einbüßt, auch gut „nebenher erledigen“, während er den Fall voranbringt. Stattdessen hat man hier aber in etwa 200 Seiten Vorgeplänkel, während derer der Fall vor sich hindümpelt, was bei einem 350-seitigen Taschenbuch, das man ohnehin schnell weglesen kann, schnell negativ auffällt.
Zwar ist das auf Grund des Scharfsinns der Protagonistin, der karikaturistisch im starken Kontrast zur Einfältigkeit der restlichen Dorfbewohner steht, nicht annähernd so öde, wie es sich zunächst anhört – Fayes schlauen Beobachtungen und ihre Schlagfertigkeit sorgen zwischendurch durchaus für Unterhaltung. Allerdings könnte „Rabenzauber“ mit einem etwas höheren Erzähltempo mit Leichtigkeit zu einem Pageturner werden – so fehlte bei mir durchweg die Motivation, weiterzulesen, weshalb ich dann letztlich hierfür auch länger gebraucht habe, als es eigentlich nötig gewesen wäre.
Darüber hinaus ist die Auflösung zum Ende für mein Empfinden zu einfach und zu lapidar, als dass sie mich doch noch umhauen könnte – auch in Retrospektive ist „Rabenzauber“ daher allenfalls okay.

Der Aspekt, der mich, wie eben erwähnt, aber wirklich tatsächlich gestört hat, ist die Protagonistin. Zwar kann ihre Spitzzüngigkeit und Intelligenz zwischendurch durchaus überzeugen, das will ich gar nicht leugnen. Sie ist sehr clever, lässt sich nicht zum Narren halten und bietet jedem, der sich mit ihr anlegt, die Stirn, ohne dabei ausfallend oder respektlos zu werden.
Trotzdem konnte ich mit ihrem Verhalten insgesamt nicht wirklich warmwerden, was vermutlich hauptsächlich an der Art und Weise, wie sie dargestellt wird, liegt. Laut Beschreibung sollte sie 17 Jahre alt sein, in meinen Augen passt das aber überhaupt nicht zu ihrem Auftreten; sie ist mir dafür einfach zu kindlich, zu naiv gewesen.

Das Ende deutet schließlich einen nächsten Konflikt an, aber ich bin nicht so neugierig, dass ich unbedingt weiterlesen muss. Ich weiß noch nicht, ob ich zur Fortsetzung greifen werde; vermutlich eher nicht.

Fazit:
„Rabenzauber“ ist in Ordnung für ein kurzweiliges Lesevergnügen, das ich aufgrund seiner tollen mystischen Atmosphäre vor allem für die Halloweenzeit empfehlen kann.
Man darf allerdings keinen überwältigenden Pageturner erwarten: Wegen des langen Vorgeplänkels braucht das Buch sehr lange, bis die Ermittlungen in Schwung kommen, und die Auflösung zum Ende ist demgegenüber fast schon antiklimaktisch.
Mit der Darstellung der Protagonistin muss man klarkommen; mir war ihre Art zu kindlich, als dass ich ihr ihre 17 Jahre wirklich abkaufen konnte.
3/5 Lesehasen.

  • Einzelne Kategorien
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Veröffentlicht am 30.04.2022

Hochspannende Thematik, Umsetzung eher nicht so

Die sieben Schalen des Zorns
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Vielen lieben Dank an den benevento-Verlag und Literaturtest für das Rezensionsexemplar!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Wie auch bereits ...

Vielen lieben Dank an den benevento-Verlag und Literaturtest für das Rezensionsexemplar!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Wie auch bereits bei „Die Wahrheit der Dinge“ ist die Aufmachung auch dieses Buches der Autor ein absoluter Hingucker. Der Titel ist im Fokus, ansonsten ist das Cover eher schlicht, aber nichtsdestotrotz ein Blickfang. Unter dem Umschlag ist das Negativ des Covers, was mir auch hier wieder sehr gefallen hat. Die Aufmachung ist (nicht zuletzt durch das Lesebändchen) sehr hochwertig, was den stolzen Preis von 22 € rechtfertigt.
Der Titel ist sehr prägnant. Ohne den Inhalt zu kennen, sagt er einem nicht viel (oder wenn man, wie in meinem Fall, die Bibel nicht kennt, und daher vor dem Lesen auch nicht bemerkt, dass es eine Anspielung daraus ist), aber im Anschluss muss man zugeben, dass er sehr raffiniert gewählt ist.


Meine Meinung:
„Die Sieben Schalen des Zorns“ behandelt die hochspannende Problematik der Sterbehilfe und die Frage danach, wann eine solche in Ordnung d. h. erlaubt ist, und ab welchem Punkt sie strafbar ist oder sein sollte, welche Grenzen ihr gesetzt sind und inwiefern diese Grenzen willkürlich sein könnten.
Diese Diskussion ist nicht nur für mich als Jurastudentin sehr interessant, sondern angesichts der Häufigkeit, mit der Fälle wie der behandelte im deutschen Alltag auftauchen, die sich oftmals im grauen Bereich, in dem die Handlung des Arztes ihm zumindest moralisch nicht zwingend vorzuwerfen ist, bewegen, generell relevant und sehr aktuell.


An dem Buch hat mir dabei sehr gut gefallen, wie der Autor die Diskussion anhand verschiedener Standpunkte, der Rechtsprechung und der Probleme und der Schwierigkeiten in solchen Sterbehilfe-Fällen dargestellt hat. All dies hat er sehr gut in die Handlung eingebaut, sodass man auch als juristischer Laie gut den einzelnen Argumenten folgen und sich eine eigene Meinung bilden kann.

„‚Ich glaube, ich habe was dazugelernt. Ich glaube, dass die Würde beim Sterben nicht aufhört. Sie ist nicht kleiner oder größer als zu Lebzeiten. Sie ist genauso da, also muss sie auch bis zum Schluss respektiert werden. Und wenn es bei mir mal so weit ist, will ich mich frei entscheiden können, ob ich meinem Leben ein Ende setze oder nicht. Und dann soll mir meine Ärztin auch helfen dürfen, ohne gleich dafür in den Knast zu kommen.‘“ (S. 227)

Dabei werden im Rahmen der Geschichte zunehmend mehr Handlungsstränge relevant, womit wir auch schon bei meinem ersten Kritikpunkt wären.
Zwar ist von Anfang an ersichtlich, dass der Autor auf etwas hinauswill, und beim Lesen kann man sich auch denken, welche Funktionen die einzelnen Subplots haben sollen, welche Rollen die vielen Figuren einnehmen und wohin das Ganze führen wird. Allerdings holt Thiele viel zu weit aus. Gerade im Mittelteil gibt es sehr viele Momente, in denen ich mich gefragt habe, ob es wirklich nötig ist, dass er uns so viele Details, so ausführliche Dialoge und viele augenscheinlich irrelevanten Informationen gibt. Ich denke, dem Buch hätte es sehr gut getan, wenn er sich gerade in diesen Szenen wesentlich kürzer gefasst und vielleicht auch das eine oder andere ausgelassen hätte.
Am Ende ergibt alles durchaus einen Sinn und alle gedanklichen Knoten lösen sich, aber durch diesen komplizierten, fast schon wirren Aufbau verliert man beim Lesen schnell den Fokus und das Interesse an der eigentlich relevanten Fragestellung des Buches. Die vielen interessanten Gedanken, die der Autor diesbezüglich hat, geraten dadurch mitunter zu sehr in den Hintergrund, und das Buch wird langweilig.


Hinzu kommt, dass die Figuren durchweg eher eindimensional bleiben. Ich habe das Buch vor zwei Wochen beendet und könnte jetzt weder die Protagonisten und schon gar nicht die Nebenfiguren näher charakterisieren. Zwar stehen sie im Rahmen der Diskussion stellvertretend für unterschiedliche Ansichten, was ich durchaus raffiniert fand, aber dabei bleiben sie durchweg blass und austauschbar. Über ihre Funktion in der Sterbehilfe-Problematik hinaus haben sie nämlich kaum nennenswerte Charakterzüge, sodass sie die Handlung nicht wirklich tragen können.


Gegen Ende kommt Thiele zu einem schönen Abschluss des Falles und fasst die Diskussion noch einmal zusammen, ohne ein endgültiges Schlussfazit zu ziehen. Das hat mir hier wiederum sehr gut gefallen, da man so auf den letzten Seiten noch einmal erneut dazu angeregt wird, über das Gelesene nachzudenken und sich seine eigene Meinung zu bilden. Die 200 Seiten davor, in denen sich die Handlung zu sehr gezogen hat, kann dieses Fazit jedoch nicht vollständig aufwiegen.


Fazit:
Der Autor überzeugt hier mit einer spannenden Diskussion der strafrechtlich und rechtspolitisch höchst relevanten Frage, ab wann Sterbehilfe strafbar ist bzw. sie es sein sollte, welche Grenzen dafür gelten und ob oder inwiefern diese Grenzen willkürlich gesetzt sind.
Er bedient sich dabei eines fiktiven Falls, der so ähnlich aber sicherlich in Deutschland an der Tagesordnung sein könnte.
Vor allem im Mittelteil wird das Lesen hier jedoch etwas anstrengend, da man zwischenzeitlich nicht wirklich den Eindruck hat, dass der Autor noch den Überblick behält, so viele verschiedene, scheinbar nebensächliche Handlungsstränge laufen nebenher. Am Ende ergibt alles durchaus einen Sinn und alle gedanklichen Knoten lösen sich, aber durch diesen komplizierten, fast schon wirren Aufbau verliert man beim Lesen schnell den Fokus und das Interesse an der eigentlich relevanten Fragestellung des Buches. Kurz: Die Idee ist hochspannend, die Umsetzung eher weniger.
3/5 Lesehasen.

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