Über alles Fassbare hinweg
Liebes KindEinen atemberaubendes Thriller-Debüt, der weit über das Fassbare hinausgeht, hat Romy Hausmann mit „Liebeskind“ geschaffen. Ihre Idee für diese Geschichte kam ihr während eines Spazierganges mit ihrer ...
Einen atemberaubendes Thriller-Debüt, der weit über das Fassbare hinausgeht, hat Romy Hausmann mit „Liebeskind“ geschaffen. Ihre Idee für diese Geschichte kam ihr während eines Spazierganges mit ihrer Familie im Wald. Sie entdeckten eine abgeschlagene, verrammelte Hütte. Was darin wohl vor sich geht? Herrlich zu sehen, wie bei alltäglichen Dingen solch faszinierende Buchideen entstehen können.
Das Cover ist in schwarz-weiß Nuancen sehr schlicht gehalten, lediglich ein Hauskonstrukt ist im untern Teil abgebildet. Sehr gelungenes Cover, denn so ist der Leser auf den Inhalt gespannt und nicht auf das Cover fokussiert, denn meine Neugierde hat sie auch auf diese Weise erreicht.
14 Jahre hält er sie gefangen. Alles verläuft unter strengster Einhaltung der Regeln und wiederkehrender Abläufe: Toilettengänge, Mahlzeiten, einfach alles hat seine Uhrzeit. Die Mutter unterrichtet die Kinder und spielt mit ihnen, der Vater sorgt für die Familie und beschützt alle. Er macht den Tag. Und die Nacht. Nur gelingt ihm das so gut, weil niemand weiß, wo sie sich befinden...
Ein Thriller, dessen Thema man sich nicht vorstellen kann, obwohl wir zurzeit alle wegen der Coronapandemie den Verzicht zu spüren bekommen. Über Jahre gefangen in einer Hütte und keine sozialen Kontakte, völlig abgeschottet - unvorstellbar. Aber auch ein solches Handeln des Mannes, dessen abgeschlagene Deckung weit über der Gesundheit steht, ist nicht denkbar. Das Buch verursachte mir des Öfteren Gänsehaut, weil Romy Hausmann so absurd geschrieben hat. Und doch ist dort ein Fünkchen, das alles hätte so geschehen sein können. Der Schreibstil ist flüssig und liest sich aufgrund der einfachen Sätze schnell. Die Kapitel sind in Lena, Hannah, Matthias und Jasmin unterteilt, welche für Abwechslung und Spannung sorgen.
Der Thriller ist sehr gelungen und ich kann das Buch jedem empfehlen. Trotzdem hätte ich gedacht, das der Leser mehr über den Tag in der Hütte erfährt. Romy Hausmann hat sich dazu entschieden, im Laufe des Buches Zeitsprünge einzubauen und zwischendurch das Leben in der Hütte zu schildert. Dies gerät dann aus meiner Sicht allerdings etwas zu kurz.
Zu Beginn schildert die Autorin sehr schnell die Unfallnacht und somit die Flucht aus der Hütte. Leider finde ich auch das Handeln von Jasmin nicht immer nachvollziehbar und frage mich, ob man so reagieren würde. Allerdings fiel mir rasch eine Geschichte zu einem Videodreh in der Schule ein, wo ich meine Mitschülerinnen nicht überzeugen konnte, das man sich nie auf ein Date mit seinem „Stalker“ einlassen würde und das widersprüchliche Verhalten von Jasmin wurde wieder ein Stück weit realer.
Zusammenfassend kann ich das Buch allen empfehlen. Romy Hausmann ist eine sehr sympathische Autorin, wie ich in einer kurzen Live-Vorlesung dieses Buches auf Instagram feststellen durfte, und schreibt gute Bücher. Dazu das Lieblingsheißgetränk und der Schmökerabend kann beginnen.