Ein Kaiser mischt sich unters Volk
Kaiser Joseph II war mit seiner Sympathie für die Aufklärung und seinen Reformbestrebungen seiner Zeit teilweise weit voraus, konnte aber zahlreichen Widerständen zum Trotz doch Akzente setzen, die Österreichs ...
Kaiser Joseph II war mit seiner Sympathie für die Aufklärung und seinen Reformbestrebungen seiner Zeit teilweise weit voraus, konnte aber zahlreichen Widerständen zum Trotz doch Akzente setzen, die Österreichs weitere Entwicklung prägten.
Dieses Buch beleuchtet eine (zumindest für mich) weniger bekannte Facette seiner Herrschaft: Mehr als ein Viertel seiner Regierungszeit verbrachte er mit Reisen, sowohl bis in die entlegensten Winkel seines Reiches als auch in Nachbarländer, immer mit dem Ziel, die wahren Verhältnisse zu erkunden und die Lebensrealitäten der einfachen Menschen kennen zu lernen.
Monika Czernin hat neun solche Reisen herausgegriffen und beschreibt sie anhand zahlreicher Originaldokumente. Vor allem Zitate aus Briefen und Tagebucheintragungen des Kaisers und seiner Mitreisenden geben dabei sehr unmittelbare Eindrücke ihrer Erlebnisse und Gedanken.
Obwohl die Reisen nicht wirklich inkognito waren, weil sich doch meist schnell herumgesprochen hat, um wen es sich bei „Graf Falkenstein“ in Wahrheit handelt, kam er der Bevölkerung doch sehr nahe, konnte die Folgen von Währungsverfall, Leibeigenschaft oder Handelsblockaden direkt aus den Berichten von Betroffenen erfahren. Doch auch Treffen mit gekrönten Häuptern oder Mitgliedern seiner weit verzweigten Familie standen auf dem Programm.
Die Autorin ordnet die Ereignisse außerdem in ihren größeren historischen Zusammenhang ein, beschreibt beispielsweise, wie der eine oder andere Landstrich unter die Herrschaft der Habsburger kam, welchen Widerständen sich Joseph am Wiener Hof (nicht zuletzt von seiner Mutter und Mitregentin Maria Theresia) oder auch seitens des Adels in den verschiedenen Ländern ausgesetzt sah und wie vielfältig das Reich und damit die zu lösenden Probleme waren.
Insgesamt ein lesenswertes Portrait einer interessanten Persönlichkeit wie auch einer wegweisenden Epoche.