Cover-Bild Auf der Zunge
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20,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Suhrkamp
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 143
  • Ersterscheinung: 10.04.2022
  • ISBN: 9783518429945
Jennifer Clement

Auf der Zunge

Nicolai von Schweder-Schreiner (Übersetzer)

Eine Frau streift durch Manhattan. Mit jedem Schritt weiter weg von einem Zuhause, in dem die Liebe blass, der Ehemann sprachlos geworden ist, trotz der langen schönen Zeit. Auf ihren Streifzügen entlang der Brownstones und den emporragenden Feuertreppen begegnen ihr Männer, wie aus der Phantasie entstiegen: der Dichter, der Astronaut, der Räuber, der Löwenbändiger … In diesen Momenten findet sie etwas, das sie für immer verloren glaubte. Lebendigkeit, Sinnlichkeit, Mut, die Spuren unmissverständlicher Gegenwart. Was muss sie tun, damit diese Gefühle nie wieder fliehen? Damit sie nicht verloren geht, wie die Menschen um sie herum, wie der Charakter dieser Stadt, die vom ganzen Geld der Welt für sie so still geworden ist, wie der Ehemann, der jeden Abend fragt: „Wo bist du gewesen?“

Jennifer Clement hat eine Sehnsuchtshymne geschrieben. Mit Auf der Zunge beschwört sie das Aufbäumen einer Frau gegen den Verlust der Träume und der Leidenschaft. In sanft-lyrischen, in brutal-ehrlichen Bildern erschafft sie ein Denkmal für einen geliebten Ort, eine geliebte Zeit im Leben.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.10.2022

Träumereien

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Auf der Zunge
von
Jennifer Clement

Das Cover zeigt eine moderne jüdische Mutter, die offenbar kurz ausbricht.

Der Bucheinband zeigt die verschwommene Silhouette der Frau. Sie trägt ein ganz ...

Auf der Zunge
von
Jennifer Clement

Das Cover zeigt eine moderne jüdische Mutter, die offenbar kurz ausbricht.

Der Bucheinband zeigt die verschwommene Silhouette der Frau. Sie trägt ein ganz einfaches gestreiftes T-Shirt-Kleid. Gefangen und abhängig vom Mann.

Das Thema "Auf der Zunge" beginnt mit der Vorstellung eines langjährigen jüdischen Ehepaars, Eltern einer erwachsenen Tochter, bei ihrer geübten Routine: das Paar geht seit Jahrzehnten jeden Freitag auswärts essen. Ein oberflächliches Gespräch. Eine kleine Chance, wieder
mehr Nähe und mehr Verständnis von ihrem Mann zu erlangen. Sie erwartet jedoch, dass der Mann ihre Vorstellungen errät.

Die Geschichte wird aus der Perspektive der vernachlässigen Ehefrau entwickelt. Es ist ihr Monolog. Ihr Mann ist unsichtbar, abwesend, wohl in seiner Anwaltspraxis, nicht an ihrer Seite, nutzt seine Chance nicht. Seine Frau fühlt sich vernachlässigt und alleingelassen in der Wohnung mit seiner Kleidung, seinen Hüllen. Er wird wohl sehr bald zurück kommen.


Die Ehepartner sollten sich mehr umeinander kümmern. Bemerkt ihr Mann gar nichts?
Seine Frau versucht fehlende Zärtlichkeit zu kompensieren, durch oberflächliche Kontakte, fühlt sich schuldig, kann mit dem Mann nicht darüber sprechen. Das ist traurig. Er fragt immerhin etwas unbeholfen: wo warst du?

Die Frau erfährt flüchtige Begegnungen, Gespräche, und auch Zärtlichkeiten. Geschenke, auch gute Ratschläge, Gegenstände wie ein Ehering von einem fremden alkoholabhängigen Arzt. Die Heilkraft der Medizin. Ein Pfirsich, das Geschenk eines Strassenhändlers ist in der Phantasie plötzlich ein Apfel. Lebensmittel, eine Quelle der Kraft. Ein Vogel im Käfig erscheint wie eine Schlange, wie bei Adam und Eva. Ein Kieselstein versinkt im roten Meer, eigentlich ein städtischer Badebetrieb. Ein Gedicht auf einem dem abgenutzten Zettel, eines Veteranen. Ein Päckchen Drogen, begleiten sie auf ihrem weiteren Weg.

Sie "vermählt" sich mit einem alkoholabhängigen Arzt, schließlich mit einer obdachlosen Frau. Ein Verkehrspolizist sorgt sich um sie.
Ab Seite 125 folgen Zitate aus diversen Büchern.

Die Frau besucht verschiedene Plätze ihrer Heimatstadt New York. Das Ausbrechen aus ihrer Komfortzone ist nicht völlig ungefährlich. Sie begegnet zwielichtigen Gestalten. Sie traut sich nicht, ihre Gedanken laut zu äußern. Die ungesagten Wünsche liegen "auf der Zunge", bleiben ungesagt.

Vor der Rückkehr ins Zuhause zoomt sie ins Jahr 1896 zurück. Ein kleines Mädchen verunglückte tödlich, direkt vor dem Gebäude, kurz bevor seine Mutter völlig ahnungslos von der Arbeit zurück kehrte. Eine kleine tragische Zeitreise zurück. Wie schrecklich, wenn das Kind vor den Eltern stirbt.

Ursprünglich stammt die Mutter aus einer ukrainischen Stadt. Sie fühlt sich unattraktiv, hat Angst vor Vertreibung, ihr jüdisches Erbe denkt sie, vor gesellschaftlichem Abstieg. Ihre glückliche Jugendzeit mit ihren Eltern und ihrer bejahrten Grosstante, gibt ihr Kraft.
Wo ist die erwachsene Tochter der Frau inzwischen? Kann sie ihr Halt geben? Darüber wird nichts bekannt.

Schließlich betritt die Obdachlose auf Zeit, sie fühlt sich so, wieder ihren absicherte Wohnung, ihre Zuflucht. Dort hat sie viele Jahre gelebt und gearbeitet. Sie hat auch viele praktische Fähigkeiten und Talente.
Wird ihr Mann bald nach Hause kommen?

Der Schreibstil ist konkret hinsichtlich der Ortsbeschreibungen. Die Feuertreppen New York's, der Plätze und bekannten Straßen, die fast jeder gut aus New-York-Besuchen oder amerikanischen Filmen, kennt sind akribisch beschrieben. Ungewöhnliche Einzelheiten über die Lebendigkeit der Treppen
erfährt man im Buch.

Die Männer bleiben konturenlos, namenlos. Wie ihr Mann definiert über den Beruf. Erhalten diese etwas persönliche Ecken und Kanten. Letztendlich sind sie alle ohne größere Bedeutung für die Frau. Sie kommen und gehen.

Zur Authenzitaet: die Anonymität in der Großstadt New York wird treffend beschrieben. Man kommt sich zwar schnell nah, geht jedoch unverbindlich schnell wieder auseinander. Herzlich einerseits und offen, distanziert und verschlossen andererseits, auch sehr egoistisch und wenig sozial. Ein jeder hat seine Probleme, kommt irgendwie klar.

Die Hauptfigur des Romans arbeitet ehrenamtlich in einer Bibliothek. Sie liest viel. Eine durchaus sympathische und menschliche Person. Eine gute Zuhörerin.

Vermengt sie in den geschilderten Begegnungen reale Elemente mit Szenen aus Büchern mit Tagträumen. Lindern die Verquickungen wirklich ihren Schmerz. Inwiefern findet sie Trost in "ihrer Stadt", ist alles oder das meiste ein Trost spendendes Hirngespinst.

Die Phantasie gipfelt im Höhepunkt in einer intensiv erlebten Begegnung mit einem Astronauten mit dem sie zum Meeresgrund in ein Schiffswrack sinkt. Sie ist seine Ergänzung. Eine Reise vom All zum Meeresboden. Das ist Fiktion.

Sie wechselt nun sogar das Geschlecht in der nächsten Begegnung, mit einem jüdischen Musiker im Regen ist sie der Mann und er die Frau. Sie ist der Regen des Regenmannes. Die heilende Kraft der Musik.
In der Phantasie wird vieles Unmögliche möglich.

Sie denkt auch konkret über Scheidung nach, die Aufteilung des Hausrats, doch wie soll sie auf sich gestellt wirtschaften? Hilft ihr Arbeitgeber?

Das sind meine ganz persönlichen Eindrücke. Ich habe die Lektüre an zwei Tagen mitverfolgt. Der Titel "auf der Zunge".

Die Autorin, Jennifer Clement hat bereits erfolgreich Filmvorlagen verfasst.

Das Buch weckt nicht nur bei mir das Interesse für die weiteren Werke der Schriftstellerin.
Zwei Romane über Frauenschicksale in Mexiko. Beide Werke sind gesellschaftskritisch. Die Zustände in Mexiko müssen verbessert werden.

Dieser Roman hat ein anderes Thema. Die Frau zeigt uns ihre kleine Welt.
Vieles wird angerissen, nicht ausgearbeitet. Das Empty Nest Syndrom, die Qualität der Partnerschaft danach, Midlife-Crisis, Emanzipation, die heilende Kraft der Gemeinschaft und der Phantasie, der Religion, alles Kraftquellen.
Ob es ein Bestseller wird, gut möglich.

Ein Plädoyer für die Liebe.

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Veröffentlicht am 12.07.2022

Streifzüge durch Manhattan

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"In Büchern sprechen die Schatten miteinander. In Büchern wächst Gras auf dem Küchenfußboden, eine Kerze ist ein Stück Mond, und in ihrem Apfel ist eine Wolke."

In dem Roman "Auf der Zunge" ...

"In Büchern sprechen die Schatten miteinander. In Büchern wächst Gras auf dem Küchenfußboden, eine Kerze ist ein Stück Mond, und in ihrem Apfel ist eine Wolke."

In dem Roman "Auf der Zunge" von der amerikanischen Schriftstellerin Jennifer Clement begleitet man eine Frau auf ihren Weg durch New York. Sie lässt ihren Gedanken freien Lauf und träumt sich in eine Parallelwelt, in der sie auf die unterschiedlichsten Männer trifft mit denen sie spricht und interagiert. So flüchtet sie aus ihrem wohl eher langweiligen Alltag. Die Beschreibung der Stadt sind sehr sehr schön und sinnlich. Man fühlt und schmeckt die Großstadt schon fast selbst "auf der Zunge". Die Sprache ist sehr poetisch und der Text ist sehr sanft fließend geschrieben. Die Autorin lässt viele Bilder im Kopf entstehen.
Das Buch ist sicherlich nichts für jeden. Man muss sich darauf einlassen wollen und nicht zu rational an den Text herangehen, dann wird man mit einen wundervollen poetischen Spaziergang durch New York belohnt.

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Veröffentlicht am 25.04.2022

Traumpfad Manhattan

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Is this the real life? Is it just fantasy?

Eine Frau wandelt durch New York. Weg von ihrer Wohnung, weg von ihrer Ehe, weg von ihrem Leben. Sie sieht Menschen, trifft Menschen, berührt Menschen, die ihr ...

Is this the real life? Is it just fantasy?

Eine Frau wandelt durch New York. Weg von ihrer Wohnung, weg von ihrer Ehe, weg von ihrem Leben. Sie sieht Menschen, trifft Menschen, berührt Menschen, die ihr Geschichten erzählen, die ihr etwas geben, die ihr etwas nehmen, bis sie selbst wieder nach Hause findet, zu sich findet.

Jennifer Clements „Auf der Zunge“ ist ein reizvolles Buch. Ein poetisches Werk mit kurzen (Ab-) Sätzen, mit flackernden Momentaufnahmen, mit Beobachtungen dieser niemals schlafenden Stadt und ihrer bunten Mischung aus Menschen, die tagein, tagaus in ihr leben, arbeiten, flanieren.

Kein Roman, kein Gedicht, irgendetwas dazwischen, ganz einfach zu lesen und doch unglaublich komplex und vielschichtig, mit interessanten, verrückten Figuren, die gleichzeitig, wie es zu New York passt, komplett anonym bleiben, selbst die Hauptfigur, über die Leser:innen lediglich ihr Familienleben, ihren Beruf, ihr ungefähres Alter erfahren.

Nicht alle Episoden sind charmant, interessant, freundlich, manche sind gar etwas öde, andere beängstigend, aber „Auf der Zunge“ ist ein unglaublich fesselnder Spaziergang durch Manhattan, der nie klar real, nie klar ein Traum ist, der einen unglaublichen Interpretationsspielraum bietet und dabei doch ein durchaus passendes Bild von New York zeichnet.

Der fast schon surreale Erzählstil, der Aufbau, das alles wird anecken und kontrovers diskutiert werden, aber das macht Clements Werk zu einer der interessantesten Neuveröffentlichungen des Jahres. Not just another New York Story, obwohl dann irgendwie doch, denn die Figuren, die Orte, die Stadt, sie wirken vollkommen vertraut. Und genau das hat New York ja auch gemeinsam mit diesen Träumen, bei denen man nie weiß, ist das jetzt das echte Leben – oder passiert das alles doch nur in meinem Kopf?

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Veröffentlicht am 17.04.2022

Träumerisch

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Dieser Roman ist anders als andere Romane. Eine Frau läuft durch New York. Unzufrieden in ihrer Ehe, begegnet sie verschiedenen Männern. Dabei wird nicht explizit gesagt worum es sich hier handelt. Sind ...

Dieser Roman ist anders als andere Romane. Eine Frau läuft durch New York. Unzufrieden in ihrer Ehe, begegnet sie verschiedenen Männern. Dabei wird nicht explizit gesagt worum es sich hier handelt. Sind es Träume? Wunschvorstellungen? Oder durchaus wahre Begegnungen in phantasievolle Sprache gewickelt?
Beim Lesen entstehen auf jeden Fall Bilder im Kopf. Die Metaphern der Autorin und die poetische Sprache ist anregend, aber nicht immer einfach zu lesen.
Mir stellen sich dabei viele Fragen: leben wir das Leben, wie wir es uns wünschen? Würde es uns vielleicht auch gut tun, aus dem Alltag auszubrechen und uns das zu erlauben, von dem wir oft nur träumen und was nur in unseren Wunschvorstellungen lebt? In wiefern halten uns soziale Konventionen zurück? Auf wessen Erlaubnis warten oder hoffen wir? Wovor haben wir Angst?
Ein Buch, das viele Fragen aufwirft und die Antworten dabei uns überlässt.

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Veröffentlicht am 16.04.2022

Was ist Traum und was ist echt?

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Es ist ein Apriltag in New York, an dem eine Bibliothekarin ziellos durch die Stadt streift. Sie begegnet zahlreichen Männer, die sich durch ihre Berufung auszeichnen, wie ein Soldat, der seine Erfahrungen ...

Es ist ein Apriltag in New York, an dem eine Bibliothekarin ziellos durch die Stadt streift. Sie begegnet zahlreichen Männer, die sich durch ihre Berufung auszeichnen, wie ein Soldat, der seine Erfahrungen teilt und dem Zufall große Bedeutung beimisst, ein Polizist, der seine Bedenken äußert oder ein Dichter, der ihre Leidenschaft teilt. All diese meist männlichen Bekanntschaften hinterlassen Spuren, Erinnerungsstücke, Versprechen und zurück bleibt eine nachdenkliche Frau, die weiterzieht. Es sind Begegnungen wie aus einem Traum, Männer, die ihr Beachtung schenken, einfühlsam sind und auf sie eingehen - ihren Sehnsüchten und dem Wunsch nach körperlicher Intimität entspringen.
Was sie beobachtet weckt Erinnerungen, wie an ihre Urgroßmutter Annie oder „wie sie zum ersten Mal leise gelesen hat und in dem Moment ihren Verstand als Teil ihres Körpers Begriff“. Was sie fast alle gemeinsam haben, ist eine ungewöhnliche Vertrautheit, ein Mitteilungsbedürfnis und eine geheimnisvoll poetische Ausdrucksweise.

Die Autorin Jennifer Clement beobachtet genau die Umgebung und lässt ihre namenlose Protagonistin mit allen Sinnen ihre Umwelt wahrnehmen. Sie schaut an den Häusern empor, hört leises Heulen in der Ferne, spürt die kühle Brise auf der Haut, die durch die Straßen weht, riecht den Geruch von Papier, Leinen und Tinte, und schmeckt verbrannten Zucker und verbrannte Liebesäpfel. Diese Form der Achtsamkeit überträgt sich beim Lesen und hat einen entspannenden Effekt. Jennifer Clement verliert sich dabei nicht in Gefühlen und inneren Gesprächen, ganz gegenwärtig lässt sie die Frau zu Beginn durch die Stadt ziehen, bis die Grenzen immer mehr verschwimmen. Die Dialoge sind kurz, poetisch, vertraut und voller Andeutungen.

Ein Buch, wie ein lang andauernder Tagtraum. Man fragt sich, „was ist Traum und was ist echt?“ Sind es reale Inspirationen, erweckte Geschichten oder Geister aus der Vergangenheit? Es versteckt sich viel Weisheit in den Zeilen, Erkenntnisse, Andeutungen und Poesie. Es geht um die Regeln des Lebens, starke Gefühle, wie Reue und Sehnsucht, die Liebe zu Büchern, die innere Welt und die äußere. Und es geht um eine einsame Frau, die sich als Lügnerin beschimpft, aus der Schuldgefühle und Selbstzweifel sprechen, die sich in ihrem Leben gefangen fühlt und eine Möglichkeit sucht, zu entkommen. Ein ungewöhnliches Werk, das sich in ein paar entspannten Stunden lesen lässt. Aber man sollte Muße dafür haben und eine Schwäche für geruhsame Poesie und kleinen Fantastereien.

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