Profilbild von Mama_liest_schon_wieder

Mama_liest_schon_wieder

Lesejury Profi
offline

Mama_liest_schon_wieder ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Mama_liest_schon_wieder über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.08.2022

Liebe zu Büchern, Buchhandlungen und Bibliotheken

Die Buchhändlerin von Paris
0

1920 eröffnet die Amerikanerin Sylvia Beach in Paris die Buchhandlung „Shakespeare & Company“. Sie wird schnell zu einem berühmten Treffpunkt für Schriftsteller und Verleger. Mit dem Entschluss, das in ...

1920 eröffnet die Amerikanerin Sylvia Beach in Paris die Buchhandlung „Shakespeare & Company“. Sie wird schnell zu einem berühmten Treffpunkt für Schriftsteller und Verleger. Mit dem Entschluss, das in den USA verbotene Buch „Ulysses“ zu verlegen, riskiert sie nicht nur ihre gesamte Existenz, sondern lässt sich auch in das komplizierte Leben von Joyce hineinziehen. Gleichzeitig findet sie mit Adrienne Monnier, ebenfalls Buchhändlerin, ihre große Liebe.
Dieses Buch lebt von der Darstellung der 1920er Jahre in Paris, dem Lebensgefühl, den inspirierenden berühmten Persönlichkeiten, die sich bei „Shakespeare & Co“ versammeln, dem historischen Kontext. Ich habe das Buch gelesen, weil ich mehr über Sylvia Beach, eine starke und mutige Frau, erfahren wollte, aber ich habe so meine Schwierigkeiten mit historischen Romanen, weil ich eben nie einschätzen kann, wo die Fakten aufhören und die Fiktion beginnt. Deshalb konnte ich mich vielleicht auch nicht voll auf dieses Buch einlassen, obwohl es gut geschrieben und gut zu lesen ist. Aber ich hatte eben immer die Zweifel im Kopf, ob die Personen tatsächlich so gefühlt haben, tatsächlich diese Motive hatten.
Wer aber historische Romane mag, wer sich einen ersten sehr unterhaltsamen Eindruck von diesen Jahren in Sylvia Beachs Leben machen möchte, dem kann ich dieses Buch bedenkenlos empfehlen!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.08.2022

Faszinierendes Debüt!

Snowflake
0

Debbie wächst auf einem Bauernhof in Irland auf, zwischen einem liebevollen, aber alkoholabhängigen Onkel und einer psychisch kranken Mutter. Mit 18 bekommt sie einen Studienplatz am TrinityCollege in ...

Debbie wächst auf einem Bauernhof in Irland auf, zwischen einem liebevollen, aber alkoholabhängigen Onkel und einer psychisch kranken Mutter. Mit 18 bekommt sie einen Studienplatz am TrinityCollege in Dublin, kann sich aber auf den notwendigen Abnabelungsprozess nicht wirklich einlassen. Sie pendelt zwischen dem Bauernhof und Dublin, zwischen ihrer Familie und ihrer Zukunft.
Dieses Buch ist zwar gut zu lesen, aber manches Mal schwer zu verdauen. Der Zusammenbruch der Mutter, der Selbstmordversuch des Onkels, Debbies unkontrollierte, alkoholgeschwängerte One-Night-Stands – das sind Szenen, die mir nachhängen. Ich bin selber mit 19 vom Dorf zum Studium in die Großstadt gezogen und weiß, dass das einiges an Umstellung und Anpassung abverlangt.
Debbie ist eine einsame junge Frau, die fast krankhaft schüchtern ist und sich regelmäßig auf Toiletten vor der Welt versteckt, aber am College lernt sie langsam, Beziehungen nicht nur in ihrem Kopf zu führen, sondern sich auf die Welt und die Menschen einzulassen. Ich habe sie sehr gern auf ihrem Weg begleitet und was ich aus diesem Roman mitnehme, ist die Erkenntnis, dass Menschen (auch mit psychischen Problemen) viel stärker sind, als die Welt und sie selbst glauben!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.07.2022

Intensiv und aufwühlend!

Der Geruch von Wut
0

Nachdem Alex bei einem Autounfall seinen Vater verliert und selber wochenlang im Koma liegt, will er in seiner Wut und Trauer den Unfallverursacher finden und sich rächen. Um Hilfe bei der Suche zu bekommen, ...

Nachdem Alex bei einem Autounfall seinen Vater verliert und selber wochenlang im Koma liegt, will er in seiner Wut und Trauer den Unfallverursacher finden und sich rächen. Um Hilfe bei der Suche zu bekommen, schließt er sich den „Black Boys“ an, einer faschistischen Jugendgruppe, die sich Gewalt und Terror gegen Migranten verschrieben hat. Als Alex einsieht, dass er seine Trauer nicht mit Gewalt gegen andere betäuben kann, wird er beim Versuch auszusteigen, selber schwer verletzt.
Eine sehr intensive, aufwühlende Geschichte, Alex‘ Wut und Trauer, aber auch seine Liebe zu seiner ebenfalls traumatisierten Mutter sind sehr greifbar beschrieben. Kurze Kapitel, präzise, schonungslose Beschreibungen, kein erhobener, moralischer Zeigefinger – das zeichnet dieses Buch aus. Am Ende steht die Einsicht, dass man manchmal falsche Entscheidungen trifft und mit den Konsequenzen leben muss, aber eben trotzdem weiterleben kann. Und zum Glück hat dieses Buch kein rosarotes Happy-End, sonder ein überraschendes, unerwartetes Ende, das dem Buch den letzten Schliff gibt. Für mich eine volle Empfehlung wert!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.07.2022

Guter Krimi mit schrägem Humor

Richter morden besser
0

Richter Buckmann macht schon lange Dienst nach Vorschrift – Bürokratie und das lasche Justizsystem haben seinen Idealismus schon vor langer Zeit zerstört. Doch dann stirbt ein Obdachloser an einer Überdosis, ...

Richter Buckmann macht schon lange Dienst nach Vorschrift – Bürokratie und das lasche Justizsystem haben seinen Idealismus schon vor langer Zeit zerstört. Doch dann stirbt ein Obdachloser an einer Überdosis, mit dem Buckmann eine persönliche Verbindung hatte. Er beginnt, sich in den Fall einzumischen und legt sich mit einem gewalttätigen Drogenboss an, die Situation eskaliert, aber Buckmann weiß: Richter morden grundsätzlich nicht…
Wer ein Buch sucht mit etwas schrägem Humor, bei dem man beim Lesen manchmal richtig fies grinsen muss, der ist hier genau richtig! Siggi Buckmann ist ein Schlitzohr, das unter jeder Menge Zynismus seine Werte wiederentdeckt und eine ziemlich individuelle Lösung für sein Problem findet… Sehr amüsant zu lesen, auch spannend, aber ebenso erschreckend, wenn man bedenkt, dass Thorsten Schleif selber Richter ist - das Justizsystem, das er beschreibt, wirkt mehr als marode! Wobei ich die moralische Frage, die hinter dem Buch steckt, schon interessant finde: Gibt es eine Rechtfertigung für Mord? Wie „schlecht“ muss ein Mensch sein, damit man ihn umbringen „darf“?
Der Schluss des Buchs lässt jedenfalls vermuten, dass es noch einen zweiten Band geben wird, auf den ich mich jetzt schon freue. Und für „Richter morden besser“ gilt: volle Empfehlung!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.07.2022

Lebensbeichte einer starken und unabhängigen Frau

Die karierten Mädchen
0

Klara, 91 und blind, spürt, dass ihr nicht mehr viel Zeit bleibt, ihrer Familie von ihrer Vergangenheit zu erzählen. Indem sie Kassetten bespricht, erlebt sie noch einmal, wie sie als junge Frau in den ...

Klara, 91 und blind, spürt, dass ihr nicht mehr viel Zeit bleibt, ihrer Familie von ihrer Vergangenheit zu erzählen. Indem sie Kassetten bespricht, erlebt sie noch einmal, wie sie als junge Frau in den 1930ern die Leitung eines Kinderheims übernimmt. Um die Finanzierung des Heims zu sichern, muss sie gemeinsame Sache mit den Nationalsozialisten machen, zumal sie heimlich eine jüdische Waise als Ziehkind aufgenommen hat. Im Inneren jedoch verabscheut sie die menschenverachtenden, frauenfeindlichen Ansichten des Hitlerregimes.

Alexa Hennig von Lange verarbeitet in diesem Buch das Schicksal ihrer eigenen Großmutter, die wie Klara in hohem Alter ihre Erinnerungen auf Kassetten aufgenommen hat. Das und der packende Erzählstil machen dieses Buch für mich zu einem sehr lebendigen, wahrhaftigen Bericht über das Leben während der NS-Zeit. Ich konnte mich problemlos in den Zwiespalt hineindenken, in dem viele Menschen damals lebten: Einerseits der Drang nach Freiheit und Menschlichkeit, andererseits die Notwendigkeit den Lebensunterhalt zu sichern und sich und seine Familie zu schützen.
Besonders bewegend fand ich die Beschreibung der Reichspogromnacht, die Klara und ihr Verlobter Gustav in Goslar miterleben, das Leid der Juden, aber auch die Scham der Menschen, die zusehen, aber nicht eingreifen können.
Es ist der erste Teil der Lebensbeichte einer sehr starken und unabhängigen Frau, ich freue mich schon auf die nächsten Bände!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere