Du hast den Farbfilm vergessen (Nina Hagen)
Ich selbst bin ein echtes Landkind und weiß, wie sich Dorfleben als Kind, Jugendliche und Erwachsene "anfühlt", welche schrägen Typen, echte Urgesteine und liebenswerte Menschen auf dem Dorf zu finden ...
Ich selbst bin ein echtes Landkind und weiß, wie sich Dorfleben als Kind, Jugendliche und Erwachsene "anfühlt", welche schrägen Typen, echte Urgesteine und liebenswerte Menschen auf dem Dorf zu finden sind und wie aus einer Dorfgemeinschaft schon die ein oder andere Fehde entstanden ist.
Wenn dann auch noch ein Buch erscheint, das das Dorfleben und seine Skurrilitäten genauer unter die Lupe nimmt, weckt das natürlich meine Neugier und mein Interesse, wie zwei Zugezogene aus der Stadt mit den Eigenarten des dörflichen Lebens umgehen und sich in die, meist homogene, Gemeinschaft der Bewohner:innen integrieren.
Aber in Stadt.Land.Dorf fehlt mir so ziemlich alles, was an Leben im Dorf vermittelt werden könnte. Angefangen von den Farben der Fotos, die einfach nicht vorhanden sind und alles trist und grau erscheinen lassen. Unweigerlich schleicht sich Nina Hagen mit "Du hast den Farbfilm vergessen, mein Michael" ins Ohr und dieser Song begleitet mich durch den ganzen Bildband.
Ja, es gibt sie, die Einsamkeit auf den Feldwegen, die immer größer werdenden Monokulturen, der Vormarsch der Biogasanlagen, der Zank und Streit um die Windräder - die zwar für die Energiewende notwendig sind, in deren Nähe aber niemand wohnen möchte. Nachhaltiges Leben zu gestalten fängt meist auf dem Reißbrett an und lässt sich nur schwer in die Tat umsetzen, da die vermeintlich guten Ideen aus der Stadt kommen und mit dem Landleben vor Ort kollidieren. Aber es gibt auch Kirmes, Schützen- und Sängerfeste, Waldgottesdienste, Dorfromantik mit Fachwerkhäusern,Schafweiden, Osterfeuer und Garagenfeten.
Irgendwie finden sie alle in diesem Buch ihre Erwähnung und werden abgelichtet, aber der echte Funke springt einfach nicht über. Ich hätte mir erhofft, in diesem Buch zu erleben, was den Menschen auf dem Land wichtig ist- nicht nur der klischeemäßig perfekte (Roll-)Rasen im (Vor-)Garten, die obligatorische Doppelgarage und das bewusste Umdenken zu regionalen Erzeugnissen im Einkaufskorb.
Der Bildband soll eine Liebeserklärung an all die Facetten des Landlebens sein, trifft aber weder ansatzweise mein Herz noch meine Liebe zum Dorfleben. Die Texte geben nur einen sehr vagen Einblick, stellen nicht wirklich die Herausforderungen und Kontraste in den Vordergrund und bleiben, wie auch die Fotos, weit hinter meinen Erwartungen zurück. So trist und fad, wie hier der Eindruck entsteht, ist es nämlich gar nicht auf dem Dorf.