Profilbild von Susi

Susi

Lesejury Star
offline

Susi ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Susi über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.08.2017

Asyl oder Abschiebung

Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen
0


Ich finde unsere Abschiebepolitik sehr schlimm (vor allem diese Nacht und Nebel Aktionen, die Menschen betreffen, die schon lange hier geduldet und integriert sind), aber auch, dass die Politik den Familiennachzug ...


Ich finde unsere Abschiebepolitik sehr schlimm (vor allem diese Nacht und Nebel Aktionen, die Menschen betreffen, die schon lange hier geduldet und integriert sind), aber auch, dass die Politik den Familiennachzug erschwert und dann noch diese absurden Behauptungen, manche Länder seien sicher...

Seit vielen Jahren begegne ich immer wieder Menschen, die lieber sterben wollen, als in Länder zurückkehren zu müssen, wo sie vor dem Sterben noch gefoltert werden und die wegen Suizidversuchen zu uns in die Klinik kommen. Daher interessiert mich das Thema sehr, zumal es jetzt ja viel mehr Menschen betrifft und man in den Medien immer wieder von diesen ungerechten Abschiebepraktiken hört. Es ist unfassbar, welche unmenschlichen Entscheidungen da oft getroffen werden. Insofern wollte ich gerne wissen, wie die andere Seite aussieht und was in den Menschen vorgeht, die solche Entscheidungen treffen. Wie schaffen sie es , Nachts zu schlafen, wenn sie Familien auseinander gerissen haben ? Haben sie kein Herz ? Oder sind unsere Politiker und Gesetze schuld ?

Ich habe durch ehrenamtliche Hilfe hier und in den Flüchtlingslagern auf Lesbos viele der Flüchtlinge kennengelernt, ihre Verzweiflung und Not, aber auch ihre Demut, Dankbarkeit unnd Bescheidenheit. Die tiefe Erleichterung und Erlösung, wenn sie es bis nach Lesbos geschafft haben, werde ich nie vergessen. Und die Vorstellung, wie sie wieder zurück in die Hölle geschickt werden, macht mich krank.

Ich bin also mit großer Neugier an dies Buch heran gegangen und wurde nicht enttäuscht. Ich fand allein schon den Anfang sehr stark. Erst diese Zitate, die schon sehr erschrecken und nachdenklich machen, wie die Politik mit Menschen umgegangen ist und es jetzt wieder tut, und dann der Alptraum der Asylentscheiderin, die ja eigentlich Postbeamtin ist. So sollte es eigentlich allen Entscheidungsträgern gehen, vor allem auf politischer Ebene, damit nicht so eiskalt über Menschenleben entschieden wird. Viele Fragen der Hauptperson stelle ich mir auch. Mit welchem Recht entscheiden Menschen, die die Situation der anderen nicht wirklich kennen, über das Schicksal und das Leben der anderen ? Wie kann ich wissen, ob ein Land wirklich für alle sicher ist, wenn ich selbst nicht den Altag erlebt habe? In dem Buch wird sehr anschaulich geschildert, wie man in so einen Job reinrutschen kann. Allerdings ist die Figur etwas blauäugig und glaubt brav, was ihr eingeredet wird, nämlich, dass nicht genug Ressourcen für alle da seien und man daher "Wirtschaftsflüchtlinge" abschieben müsse. Sie geht da in meinen Augen von einer falschen Prämisse aus und ich hätte es spannender gefunden (und aufschlußreicher), wenn sie nicht die Möglichkeit gehabt hätte, glauben zu können, etwas Gutes zu tun. Wie ist das also mit den anderen Asylentscheidern ? Dachten diese auch zu Anfang etwas Gutes zu bewirken und sind dann lediglich abgestumpft ?

Besonders erschreckend und erschütternd fand ich den Lehrgang, den die Postbeamten im Eilverfahren absolvieren und die Dogmen, die sie dort eingetrichtert bekommen. Das ist wirklich harter Stoff und ich bin entsetzt darüber, aber anders kann man wohl auch nicht verstehen, was Menschen dazu bewegt, andere in die Hölle zurückzuschicken. Diese Sätze "Spüren Sie die Lüge auf!" und "wer einmal lügt, lügt immer" sind eine unglaubliche Unterstellung und Gemeinheit allen anständigen Flüchtlingen gegenüber und legen den Grundstein für Mißtrauen und Ablehnung. Ich selbst hatte einen Patienten mit völlig vernarbten und verkrüppelten Füßen, was eindeutig auf mehrmaliges Foltern zurückzu führen war und er berichtete, wenn er abgeschoben würde, würde er direkt vom Flughafen wieder ins Gefängnis kommen und dort hingerichtet werden. Ich fand schon schlimm, was er bereits durchgemacht hatte, dann zeigte er mir seinen Abschiebebescheid. Als Begründung stand da, er hätte sich die Wunden auch selbst zufügen können, um Asyl unrechtmäßig zu erschleichen. Ich war fassungslos über diese Unterstellung und Wortwahl. Und selbst wenn, wie groß muß die Verzweiflung und das Leid sein, um sich soetwas anzutun ? Er wird nie wieder laufen können und es hätte gar nicht selbst zugefügt sein können. Auch wurde kein Arzt zur Beurteilung hinzugezogen. Wenn die Behördenangestellten aber so gedrillt werden...Nein, eigentlich kann ich diese eiskalte Unmenschlichkeit auch dann nicht verstehen. Und dann diese Aufforderung, sich hinter den Gesetzen zu verstecken, wenn das Gewissen oder Mitgefühl in die Quere kommt. Da kriege ich eine Gänsehaut, denn sowas hatten wir schonmal. Eigentlich sollten die Gesetze für die Menschen gemacht werden und nicht gegen sie, aber ich schweife ab.

In dem Buch wird die menschlichre Not und Verzweiflung gut dargestellt, manchmal auch sehr drastisch, indem z.B. so nebenbei jemand erwähnt wird, der aus dem Fenster gesprungen ist, weil er keinen Ausweg mehr sah. Die Figur der Cochise stellt ein bißchen den Gegenpol oder das Gewissen dar und so langsam beginnt die Asylentscheiderin ihr Tun in Frage zu stellen. Die Wende in ihrem Denken und Handeln kommt durch einen Traum, den sie sehr realistisch erlebt. An ihrem Denken, dass Menschen, die mitansehen müssen, wie ihre Kinder verhungern, weil kein Geld für Essen da ist, die sterben, weil sie sich keine medizinische Versorgung leisten können, die niemals eine Arbeit im Heimatland finden werden, weil sie einer bestimmten Minderheit angehören, nur "Wirtschaftsflüchtlinge" sind und dass wir überfordert seien diesen Menschen zu helfen, hat sich nichts geändert. Aber sie hat sozusagen die menschliche Seite der Not gesehen, die Verzweiflung, die Menschen dazu bringt, sich auf den gefährlichen Weg in eine unsichere Zukunft zu machen. Nun bekommt sie diesen Spagat zwischen Gestzesauflagen und Gewissen nicht mehr hin und dekompensiert.

Was mich etwas gestört hat, ist, dass es in diesem Buch schon wieder eine lesbische Beziehung gibt. Ich finde, das nervt etwas, weil es den Eindruck macht, als würde die Autorin sich diesbezüglich auf einem Kreuzzug befinden. Das hat irgendwie nichts mit dem Thema zu tun. Wenn die Asylentscheiderin sich wenigstens Gedanken darüber machen würde, wie offen, frei und ohne Angst sie das Verlieben in eine Frau ausleben kann, ohne im Gegensatz zu den von ihr abgelehnten Afrikanern um Leib und Leben fürchten zu müssen, dann fände ich die Erwähnung dieser Beziehung sinnvoll. So finde ich das etwas überflüssig. Eigentlich stört mich das nicht, aber wenn es in 4 Büchern 3x vorkommt (im 4. Buch kommen Flüchtlinge selbst zu Wort), dann denk ich schon irgendwann ; "Nicht schon wieder ! Was hat das mit dem Thema zu tun ?" Aber sei´s drum. Es tut der Geschichte ja auch keinen Abbruch.

Erschütternd wieder am Schluß die einzelnen Schicksale und die haarsträubenden Begründungen für die Ablehnungen. Ich hatte immer gedacht, wir schützen Menschen, die in ihrer Heimat verfolgt werden und denen bei Rückkehr Folter und Tod droht, aber dem ist nicht so. Die Infos zu einzelnen Begriffen z.B. was ist subsidärer Schutz oder was besagt diese schwachsinnige Dublin Verordnung finde ich sehr hilfreich.

Insgesamt ein starkes, wichtiges und lesenswertes Buch und ich finde es klasse, dass sich die Autorin unermütlich bemüht, dieses Thema immer wieder von allen Seiten zu beleuchten. Wie wir mit diesen Menschen, die so dringend unsere Hilfe benötigen, umgehen, und wie blind wir für ihr Leid sind, aus Sorge, wir müßten kürzer treten, wenn wir ihnen helfen, ist ein solcher Skandal, dass die Bücher von Maria Braig an den Schulen gelesen werden sollten, um wieder so etwas, wie ein soziales Gewissen und Mitmenschlichkeit zu wecken.

Veröffentlicht am 18.06.2017

tolles Kinderbuch

Molly Moon
0

Ein kleines, mageres, häßliches Mädchen wird im Waisenhaus furchtbar schikaniert und leidet sehr unter den Ungerechtigkeiten und der Bosheit der Leitung. Einziger Lichtblick ist ihr Freund und Leidensgenosse ...

Ein kleines, mageres, häßliches Mädchen wird im Waisenhaus furchtbar schikaniert und leidet sehr unter den Ungerechtigkeiten und der Bosheit der Leitung. Einziger Lichtblick ist ihr Freund und Leidensgenosse Rocky, aber als sie mit diesem streitet und er dann adoptiert wird, ohne dass sie ihn nochmal gesprochen hat, ist sie völlig verzweifelt. Da führt sie der Zufall (?) zu einem besonderen Buch, welches Mollys Leben verändert. Leider ist aber ein unheimlicher, widerlicher und gefährlicher Mann ebenfalls hinter dem Buch her. Schafft Molly es, ihm mit Hilfe des Buches zu entkommen ?

Ein sehr spannendes und witziges Kinderbuch, mit immer neuen und überraschenden Wendungen. Man kann sich gut in die Kinder hineinversetzen und leidet, hofft und zittert mit ihnen. Es ist zwar sehr dick mit über 350 Seiten, liest sich aber sehr schön und flüssig. Ich finde das Buch hat viel positiven Einfluß auf den Leser, denn es wird Zuversicht vermittelt. Molly versucht mit jeder Situation fertig zu werden, egal wie wütend oder traurig sie ist und wie auswegslos das Schiksal oder die Situation auch ist. Sie beweist sowohl Köpfchen, als auch Mut und Einfallsreichtum. Ihre Fehler reflektiert sie, als sich ihr Gewissen meldet und sie versucht dann, alles wieder gut zu machen. Sie zeigt dann Mitgefühl, Vergebung und Reife und übernimmt Verantwortung für ihr Handeln und für das Wohlergehen anderer. Das klingt jetzt sehr steif, ist aber so geschickt in die Geschichte eingebaut, dass man eigentlich nur den witzigen und spannenden Teil mitbekommt.

Auf jeden Fall für jedes Kind zu empfehlen. Ich würde sagen am Besten für Kinder zwischen 9 und 12 Jahren.

Veröffentlicht am 18.06.2017

Jugendbuch

Heldentage
0

Ein Jugendbuch, in dem die fast 16jährige Ich-Erzählerin im Jugendjargon von ihren Problemen mit der alkoholkranken und dauerhaft auf dem Sofa liegenden Mutter und ihrer ersten Liebe Lenny erzählt. z.B. ...

Ein Jugendbuch, in dem die fast 16jährige Ich-Erzählerin im Jugendjargon von ihren Problemen mit der alkoholkranken und dauerhaft auf dem Sofa liegenden Mutter und ihrer ersten Liebe Lenny erzählt. z.B. " Das Kleid und die Omasandalen passen null zusammen, (...), aber was soll ich machen. Nochmal hoch und das Kleid gegen einen Kartoffelsack tauschen ? Never ever." S.91.

Lea hat Probleme mit ihrer Mutter, die Alkoholikerin ist, und um die sie sich wie um ein Kind kümmern muß, da diese selbst nichts mehr auf die Reihe kriegt. Lea erledigt alle Behördengänge, kauft ein, macht den Haushalt, hilft ihrer Mutter beim an-und ausziehen und bekommt Ohrfeigen, wenn sie ihr nicht Alkohol und Zigaretten besorgt.

Lea hat auch Probleme mit ihrem Asthma und damit, dass sie bei Stress rote Flecken in Gesicht und am Hals bekommt. Das ist ihr so peinlich, dass sie sich nicht traut, ihren ersten Freund Lenny zu küssen.

Leas subjektiv größtes Problem sind aber die häßlichen Klamotten aus der Kleiderkammer. Sie hat fast nur zu kleine Schuhe und das einzige Paar, das passt, ist grottenhäßlich. Sie schämt sich permanent dafür, was wiederum ihre Luftnot und die roten Flecken verstärkt.

Der einzige Lichtblick ist ihre Clique und ihre beste Freundin Pola. Aber nun ist sie sitzen geblieben und nicht mehr mit den Freunden in einer Klasse....

Und wie lange bleibt Lenny noch bei ihr, wenn sie jeden Kuß vermeidet ?

Ein gutes Jugendbuch, aber für Erwachsene eher langweilig. Es liest sich jedoch sehr schnell. Ich habe als Jugendliche von Jo Pestum "Auf einem weißen Pferd nach Süden" gelesen und fand mich und meine Gefühlswelt darin wieder. Dieses Buch ist ähnlich gut. Für Jugendliche Vielleser sehr empfehlenswert. Für Lesemuffel wohl zu langweilig, obwohl gerade, was die erste Liebe angeht, sich die meisten Teens darin wiederfinden werden. Das Gefühlsleben und die Gedanken bzgl. Freunde, Liebe, Unsicherheiten, Scham/Schüchternheit usw. ist sehr gut beschrieben und man kann sich leicht mit der Hauptfigur identifizieren.

Veröffentlicht am 22.09.2024

zu oberflächliche Charaktere

Vier Frauen - Jedes. Wort. Eine. Lüge.
0

Ein Mord und 4 Frauen, die alle behaupten, sie allein hätten den Mann umgebracht, der tot auf der Terrasse liegt. In einem Luxushotel feiert eine Frau eine Woche lang ihre pompöse Hochzeit. Unter den Gästen ...

Ein Mord und 4 Frauen, die alle behaupten, sie allein hätten den Mann umgebracht, der tot auf der Terrasse liegt. In einem Luxushotel feiert eine Frau eine Woche lang ihre pompöse Hochzeit. Unter den Gästen sind einige Collegefreundinnen, die aber z.T. zerstritten sind oder so keinen Kontakt zueinander mehr haben. Und dann ist da noch die 70jährige Millionärsgattin und eine junge Frau mit Baby. Sie alle haben ihre Probleme. Entweder mit ihren Freunden oder Männern oder mit den pubertierenden Kindern oder weil sie ein Kind verloren haben oder keins bekommen können. Im Hotel treffen sie aufeinander, trinken Unmengen an Alkohol, einige Beziehungen brechen auseinander, einige Freundschaften werden erneuert und alle sind trotz ihrer Probleme irgendwie oberflächlich. Ich möchte mit keiner von ihnen befreundet sein. Die einzige, die als Figur authentisch wirkt, ist Ginger, die 3fache Mutter. Die ist auch als einzige sympathisch. Die 70jährige Lulu mag ich zwar auch, aber auch bei ihr dreht sich alles um sich selbst und ihre kleine reiche abgeschottete Welt, genau wie bei den anderen. Dadurch, dass immer wieder die Vernehmungsprotokolle den einzelnen Kapiteln vorangestellt sind, hält sich die Spannung aufrecht, auch wenn die Protokolle inhaltlich nicht viel Neues bringen. Auch sonst plätschert die Geschichte so dahin, die Frauen trinken anscheinend ständig Alkohol, freuen sich über den Luxus und den Reichtum, in dem sie leben, Es gibt zwar Einblicke in ihre Probleme, Ängste und Verluste, aber ohne wirkliche Tiefe. Es bleibt beim Trinken und Smalltalk. Trotzdem möchte man wissen, was passiert ist und da das Buch flüssig geschrieben ist, liest es sich auch flott. Es gibt dann doch tatsächlich eine überraschende Wende und die Solidarität unter den Frauen gefällt mir, wenn sie auch blödsinnig ist, da unnötig. Das hätten sie auch wissen können. Aber vielleicht sind sie dazu zu überkandidelt. Auch die Anwältin schien wohl der Meinung zu sein, dass die Polizei anzulügen, eine gute Idee ist. Naja, dass die Figuren nicht überzeugend sind, sagte ich ja bereits.

Trotzdem hat das Buch Spaß gemacht zu lesen und war spannend. Mir hat der Aufbau gut gefallen und auch die Idee.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.07.2024

Als meine Großmutter Anfang 20 war

Menschen im Hotel
0

Geschrieben in den 1920ern liest sich der Roman dennoch gut. Anfangs fand ich den Schreibstil etwas gewöhnungsbedürftig, aber bald war man mitten drin. Es tut sich aus heutiger Sicht eine andere Welt auf. ...

Geschrieben in den 1920ern liest sich der Roman dennoch gut. Anfangs fand ich den Schreibstil etwas gewöhnungsbedürftig, aber bald war man mitten drin. Es tut sich aus heutiger Sicht eine andere Welt auf. Und das macht das Buch interessant. In einem Grand Hotel begegnen wir vielen Menschen, einem Mann, der vom Arzt eine tödliche Diagnose erhalten hat und der die letzten Wochen seines Lebens eine Erbschaft auf den Kopf hauen will, frei von allen Verpflichtungen, einem depressiven Kriegsverwundeten, der des Lebens überdrüssig ist und der nur noch vor sich hin vegetiert, einem Geschäftsmann, der wichtige Verhandlungen führen muß, die ihn überfordern, einer alternden Tänzerin, einer Sekretärin und einem Gauner. Sie alle treffen im Hotel auf die ein oder andere Art und Weise zufällig zusammen und ihre Wege verflechten sich für kurze Zeit. Einige der Begegnungen sind sehr schicksalshaft, geben Hoffnung oder sind zerstörerisch..

Ich fand es vor allem interessant einen Roman zu lesen aus der Zeit, in der meine Großmutter 20 Jahre alt war. Sie hat also das Berliner Nachtleben gekannt und war auf vielen Tanzveranstaltungen. Später ist sie mit meinem Großvater auch in solchen Nobelhotels abgestiegen und insofern habe ich ein bißchen ihre Welt entdeckt. Dass rausgestellte Schuhe nachts vom Personal geputzt wurden, es Liftboys gab, die einem die schweren Eisengitter des Aufzug öffneten und Kehraus das letzte Lied der Band beim Tanzen war wußte ich schon. Aber hier habe ich erfahren, dass die Liftboys oft einarmige Kriegsveteranen waren, die sonst keinen Job bekamen. Der erste Weltkrieg war ja grade vorbei und einarmig gab es nicht viele Arbeiten, die man verrichten konnte. Auch das die Putzfrauen die Eingangslobby mit feuchten Sägespänen auswischen hatte ich noch nie gehört. Auf jeden Fall kommt das Flair und die Athmosphäre der damaligen Zeit, die Nöte und Sorgen, das Pflichtgefühl, aber andererseits auch die Sorglosigkeit nachdem man den Krieg überstanden hatte, gut rüber.

Nach einigen Anfangsschwierigkeiten hat mir das Buch gut gefallen. Man hat mit allen Charakteren mitgefiebert und da auf dem Klappentext stand, einer würde sterben, einer würde verhaftet, einige reisen ab, andere kommen an, war es auch spannend. Große Liebe, große Dramen, grundlegende Wendungen im Leben einzelner Menschen, aber nie reißerisch, sondern eher zart und behutsam. Das Buch ist in den 30gern mit Greta Garbo verfilmt worden.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere