Cover-Bild Das Leuchten der Rentiere
(29)
  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
10,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Hoffmann und Campe
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Ersterscheinung: 04.10.2022
  • ISBN: 9783455012958
Ann-Helén Laestadius

Das Leuchten der Rentiere

Roman
Maike Barth (Übersetzer), Dagmar Mißfeldt (Übersetzer)

Die unvergessliche Geschichte eines Sámi-Mädchens, das in einer im Verschwinden begriffenen Welt für seinen Platz im Leben kämpft. Ein Roman, so fesselnd und bezaubernd wie die schneebedeckte Weite, in der er spielt.

 Die Sámi Elsa ist neun Jahre alt, als sie allein Zeugin des Mordes an ihrem Rentierkalb wird. Der Täter zwingt sie, zu schweigen. Sie kann nichts tun und fühlt sich doch schuldig, gegenüber ihrer Familie und allen, die ihr nah sind, denn wieder einmal sieht die Polizei keinerlei Anlass, in einem Verbrechen zu ermitteln. Elsas Rentier gilt schlicht als "gestohlen". Als die Bedrohung der Sámi und ihrer Herden dramatisch zunehmen und auch Elsa selbst ins Visier des Haupttäters gerät, findet sie endlich die Kraft, sich ihrer lange unterdrückten Schuld, Angst und Wut zu stellen. Aber wird sie etwas ausrichten können gegen die Gleichgültigkeit der Behörden und die Brutalität der Täter?  
»Was immer Sie sonst noch im Leben vorhaben: Diesen Roman müssen Sie lesen!« Dagens Nyheter

Weitere Formate

Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.07.2022

Schicksale

0

Elsa, ein junges Sami Mädchen, wächst mit den Traditionen ihres Volkes auf und wichtigster Bestandteil dieser Traditionen ist die Zucht der Rentiere. Obwohl ihr, als Tochter der Familie keine aktive Rolle ...

Elsa, ein junges Sami Mädchen, wächst mit den Traditionen ihres Volkes auf und wichtigster Bestandteil dieser Traditionen ist die Zucht der Rentiere. Obwohl ihr, als Tochter der Familie keine aktive Rolle bei der Arbeit mit der Herde zugedacht ist, entwickelt sie schon früh eine enge Bindung zu den Tieren. Als sie im Alter vonn neun Jahren einen bekannten Wilderer dabei beobachtet, wie er ihr Lieblingstier tötet, ist das ein brutaler Einschnitt in ihre kindliche Welt und leider erst der Anfang von jahrelangen Drohungen und Übergriffen.

Das Buch zeigt auf sehr eindrückliche Weise eine Sicht auf das, bei uns als sehr sozial bekannte, Schweden. Ein Land, das auch im 21.Jahrhundert noch massive Probleme mit der Akzeptanz der Sami, der indigenen Bevölkerungsgruppe zu haben scheint. Offiziell haben diese zwar ihre Rechte und dürfen ihre Traditionen leben, im Alltag sieht das aber ganz anders aus. Die Autorin beschreibt aus der Perspektive ihrer Hauptfigur Elsa, wie die Familien mit öffentlichen Bedrohungen leben müssen, wie es immer wieder, unter den Augen der Behörden zu Wilderei und Vandalismus kommt, wie die Rechte der Sami selbst von der Polizei unverholen ignoriert und Verfahren verschleppt werden. Aber sie beschreibt auch, wie es innerhalb der Familienverbände zugeht, wie gerade die junge Generation mit den starren Auslegungen der Traditionen zu kämpfen hat und sich nicht selten in Alkohol, Depression, oder gar Selbstmord flüchtet.

Die schwedische Autorin weiß durchaus wovon sie hier erzählt, ist sie doch selbst eine Angehörige der Sami. In ihrem wunderbar leise erzählten Roman lenkt sie den Blick des Lesers auf ein Problem, das vielen wahrscheinlich gänzlich unbekannt ist. Natürlich kennt man die Leidenswege der indigenen Bevölkerung in Amerika, oder auch die Thematik rund um die Rechte der Aborigines in Australien. Das es aber innerhalb Europas, in einem beliebten Urlaubsland derartige Probleme gibt, möchte man sicher gern verdrängen. Bei genauerer Betrachtung allerdings gibt es die unterschiedlichsten Völkergruppen, die innerhalb ihrer Herkunftsländer mit Hass und Hetze bedacht werden und die fast keine Lobby haben. Neben den nordischen Sami, abschätzig oft als Lappen bezeichnet zählen hierzu zb auch Sinti und Roma in Osteuropa, die verschiedenen Volksgruppen in Sibirien, aber auch die Uriguren.

Mich hat die Lektüre des Buches sehr bewegt, obwohl ich anfangs leichte Schwierigkeiten hatte meinen Rythmus zu finden. Die Geschichte ist in drei Abschnitte gegliedert, in jedem erlebt man Elsa in einer anderen Altersstufe und hat so eine differenziertere Sicht auf die Ereignisse und Entwicklungen. Auf diese Weise nimmt man auch Anteil an der wachsenden Hilflosigkeit der Figuren, dem immer größer werdenden Druck und erlebt wie Großeltern, Eltern, Kinder den immer gleichen Repressalien ausgesetzt sind. Das Buch beschämt mich als Leser, es macht nachdenklich, auch über das eigene Verhalten und es zeigt, wie tief der Rechtspopulismus in unserer Gesellschaft noch immer, oder leider, schon wieder Wurzeln geschlagen hat. Klare Leseempfehlung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.06.2022

Ein guter Lappe ist ein toter Lappe – ein spannender Kampf nicht nur ums Überleben der Samen.

0

Die Reihenfolge der Wörter kann auch vertauscht werden. ›Ein toter Lappe ist ein guter Lappe‹ könnte es auch heißen. Die Botschaft ist klar, trotz der Satzstellung auf dem Zettel am Informationsbrett in ...

Die Reihenfolge der Wörter kann auch vertauscht werden. ›Ein toter Lappe ist ein guter Lappe‹ könnte es auch heißen. Die Botschaft ist klar, trotz der Satzstellung auf dem Zettel am Informationsbrett in der Schule von Elsa. Robert, ein Wilderer aus der Nachbarschaft, erkennt die Rechte indigener Völker nicht an und meint, Schweden sollte die Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen (ILO) weiterhin nicht unterschreiben entsprechend seinem Aufkleber ‚ ILO 169 nicht ratifizieren.‘ Durch dessen häufigem, teils qualvollem Töten der Rentiere aus Elsa’s Sippe und diversen üblen Bedrohungen erleben diese Familienmitglieder ein auch psychisch sehr belastetes Miteinander, ohne dass die Polizei trotz hundert Strafanzeigen der juristisch nur als Diebstahl gewerteten Untaten Roberts Herr werden will.
Samisch zu sein bedeutet, seine Geschichte in sich zu tragen, als Kind vor dem schweren Rucksack zu stehen und sich zu entscheiden, ihn zu schultern oder nicht. Aber woher sollte man den Mut nehmen, sich für etwas anderes zu entscheiden, als die Geschichte der eigenen Sippe zu tragen und das Erbe weiterzuführen? Die Rentierhaltung ist so viel mehr als nur ein Beruf für die Samen, sie ist ein Teil ihres Lebensstils, bedrängt auch durch den dortigen Bergbau. Ihr Leben in alten Traditionen scheint sehr bedroht zu sein. So jedenfalls wirkt dieser sehr authentisch geschriebene Roman über das Leben der Samen auf mich.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.12.2022

bedrückend realistisch

0

"Das Leuchten der Rentiere" hat mich aufgrund des Klappentextes sehr angesprochen, lese ich doch sehr gerne Bücher über andere Kulturen und Breitengrade. Das Buch spielt am nördlichen Polarkreis und gibt ...

"Das Leuchten der Rentiere" hat mich aufgrund des Klappentextes sehr angesprochen, lese ich doch sehr gerne Bücher über andere Kulturen und Breitengrade. Das Buch spielt am nördlichen Polarkreis und gibt bedrückende Einblicke in das Leben der Sami.

Elsa ist erst 9 Jahre alt, als sie den brutalen Mord an ihrem Rentierkalb erfährt und der Täter ihr mit dem noch blutigem Messer mit dem Tod droht, sollte sie auch nur ein Sterbenswörtchen verraten. Dabei bleibt es jedoch nicht, es werden immer mehr Rentiere verstümmelt und gemordet. Elas schweigt aus Angst und die ortsansässige Polizei führt all diese ermordeten Tiere als verschwunden.
Als Leserin sehe ich die Welt durch Elsas Augen, tauche ein in die winterliche Landschaft und erfahre viel über das Leben der Samen.
Ihre Traditionen sind den Schweden ein Dorn im Auge und sie werden auch heute noch als Menschen zweiter Klasse gesehen.
Als ein Zeitsprung geschieht, ist Elsa eine junge Frau, die nicht mehr schweigt und offenlegt, was um sie herum geschieht.

Vorgestellt hatte ich mir ein friedliches Buch, doch weit gefehlt, es ist in vielen Momenten äußerst depremierend und bedrückend. Dennoch ist es äußerst stimmig und hat mir die Welt der Samen ein ganzes Stück weit näher gebracht.

Die Autorin hat in meinen Augen ein wichtiges Buch über ein Volk geschrieben und ich wünsche mir, dass viele Menschen es lesen und sich alles für die Samen ändern kann.

Veröffentlicht am 27.01.2024

Tiefgründiger Blick auf die Situation der Samen in Schweden in Romanform

0

Die junge Sami Elsa wird schon im Alter von nur neun Jahren mit einem der größten gesellschaftlichen Probleme in Schweden konfrontiert. Auf der einen Seite stehen die Samen, die traditionelle Rentierhaltung ...

Die junge Sami Elsa wird schon im Alter von nur neun Jahren mit einem der größten gesellschaftlichen Probleme in Schweden konfrontiert. Auf der einen Seite stehen die Samen, die traditionelle Rentierhaltung praktizieren und auf althergebrachte Weise ihren Lebensunterhalt bestreiten möchten. Auf der aderen Seite steht die schwedische Landbevölkerung, die ebenfalls traditionell dem Jagen und Fischen frönt und sich in ihren freiheitlichen Rechten eingeschränkt fühlt, wenn für Rentiere und die Belange der Samen besondere Regelungen gelten. Hier prallen unverhohlen Weltanschauungen aufeinander, die ein hohes Konflikt- und sogar Gewaltpotenzial bergen.

Elsa erlebt in diesem fiktiven Roman bereits als junges Mädchen, wie ein Wilderer ihr eigenes Rentier-Kalb tötet. Der Wilderer bemerkt sie und droht ihr mit dem Tod wenn sie etwas sagt. Elsa schweigt verängstigt, und damit beginnt ein jahrelanger Kampf mit Angst, Ungerechtigkeit und Hass zwischen verschiedenen Lebensstilen, der erschreckt, schockiert und betroffen macht.

„Das Leuchten der Rentier“ ist zwar fiktiv, aber die Autorin Ann-Helen Laestadius - selbst geborene Sami - hat viele reale Begebenheiten und Vorfälle in den Roman eingeflochten und damit ein realistisches Bild der tatsächlichen, noch immer herrschenden Problematik in der schwedischen Gesellschaft gezeichnet.

Ein lesenswertes Buch, wenn man sich für die Belange der Samen interessiert. Wenn man sich auch von manchmal etwas langatmigen Passagen und teils grauenvoll beschriebenen, aber wohl ebenso realistischen Szenen von Tierquälerei nicht abschrecken läßt und trotzdem durchhält, kann einem das Buch sehr viel geben.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.12.2022

Unna Oabba

0

Elsa ist gerade erst neun Jahre alt, als sie einen Mann dabei erwischt, wie er ein Rentier tötet. Ihr Rentier, um genau zu sein. Doch er bedroht sie unmissverständlich und sie wagt es nicht, darüber zu ...

Elsa ist gerade erst neun Jahre alt, als sie einen Mann dabei erwischt, wie er ein Rentier tötet. Ihr Rentier, um genau zu sein. Doch er bedroht sie unmissverständlich und sie wagt es nicht, darüber zu reden. Denn Elsa gehört zu den Sami, den indigenen Ureinwohnern am Nordpolarkreis, und diese werden auch heutzutage noch viel zu oft als Menschen zweiter Klasse angesehen. Rassismus und Diskriminierung stehen bei ihnen an der Tagesordnung und wenn jemand Verbrechen gegen sie begeht, zum Beispiel ihre Rentiere umbringt, wird das - wenn überhaupt - als Diebstahl behandelt und das Verfahren schnell eingestellt. Und so schweigt Elsa verängstigt, jahrelang, und kämpft mit einem schlechten Gewissen. Doch 2018, zehn Jahre später, ist sie eine junge Frau und sie beschließt, sich zu wehren. Sie geht zur Presse und sieht sich plötzlich nicht nur verbalen Drohungen des Täters gegenüber ...

Das hier ist kein Krimi, auch wenn das Buch Verbrechensanteile enthält. Es ist die Sozial- und Milieustudie eines Volkes, das mitten in Europa, in Nordeuropa um genau zu sein, lebt und viel zu wenige Stimmen hat, die sich für sie erheben. Mit dieser Handlung taucht man tief in ihr Leben ein und was man erfährt, macht wütend und traurig und fassungslos. Das Problem ist leider, dass sich auch die Sami untereinander nicht einig sind. Wer nicht zum eigenen Sameby - dem eigenen Zusammenschluss von Rentierzüchtern gehört, ist nie wirklich ein Teil der Gemeinschaft. Trotzdem ist das kein Grund oder gar eine Entschuldigung der Behörden und des Staates, Verbrechen gegen sie nicht zu untersuchen oder überhaupt aufklären zu wollen. All diese Sachen erfahren wir aus Elsas Sicht: zuerst als sie ein kleines Kind ist, das noch nicht alles versteht, was vorgeht, später als eine emanzipierte junge Frau, die ihren eigenen Weg finden will. Wirklich schlimm fand ich zusätzlich zu all den Dingen, die den Sami angetan werden, dass unter ihnen, gerade den jungen Menschen, eine sehr hohe Suizidrate besteht, weil sie einfach depressiv werden und ihnen nicht einmal psychische Unterstützung angeboten wird. Mich hat dieses Buch sehr berührt und wird mich wohl auch noch eine lange Zeit beschäftigen.