Was, wenn man urplötzlich bestimmen muss, wann das Leben eines lieben Angehörigen endet?
Die Schuhe meines VatersWoher kommen wir?
Weshalb sind wir so wie wir sind?
Können wir den Spuren unserer Ahnen folgen und diese ausfüllen?
Andreas Schäfer gelingt mit seinem aktuellen Roman "Die Schuhe meines Vaters" ein ...
Woher kommen wir?
Weshalb sind wir so wie wir sind?
Können wir den Spuren unserer Ahnen folgen und diese ausfüllen?
Andreas Schäfer gelingt mit seinem aktuellen Roman "Die Schuhe meines Vaters" ein unheimlich tiefgründiges und auch emotionales Werk und gewährt uns sehr intime Einblicke in die familiären Verhältnisse, in denen er selbst aufgewachsen ist und die ihn geprägt haben.
Dreh- und Angelpunkt der Handlung ist dabei der Vater des Autors. Dieser wird von einer bereits überwunden geglaubten Krebserkrankung wieder heimgesucht und stellt sich den notwendigen Untersuchungen. Dabei gibt es Komplikationen, er erleidet eine Hirnblutung und fällt ins künstliche Koma, ohne nach Meinung der behandelnden Ärzte eine reelle Überlebenschance zu haben. Diesen tragischen Umstand teilt der Oberarzt der Neurochirurgie dem Autor mit.
Mehr möchte ich zur Story gar nicht mehr verraten sondern verweise hier nochmals auf den Klappentext.
Das Buch gliedert sich in drei Teile auf.
Im ersten steht klar der Kampf um das Leben des Vaters im Vordergrund.
Wie reagiert man, wenn einem eine solche Diagnose gestellt wird?
Vor allem wie reagiert man als nahestehender Angehöriger, der schlussendlich bestimmen muss, wann die lebenserhaltenden Maßnahmen mithilfe der Maschinen dann abgestellt werden und der letztendliche Sterbeprozess eingeleitet wird?
Dieser Teil ist unheimlich emotional geschildert und für mich der stärkste Teil im ganzen Buch. Ich wähnte mich persönlich sehr schnell mittendrin statt nur dabei und auch bei mir machte sich das beklemmende Gefühl breit, wie man wohl in einer solchen Situation dann selbst reagieren und vor allem entscheiden würde.
Ein Pfleger in der Klinik des Vaters kommt dann in breitem hessisch zu folgendem Ergebnis, ohne den Autor bei der Entscheidung drängen zu wollen:
"… aber isch wüsst, was isch tät, wenn des mein Vadder wär."
Ist die Entscheidung, einen geliebten Mitmenschen einfach von jetzt auf gleich per Befehl gehen zu lassen, wirklich so einfach?
Welche Gedanken gehen einem dabei im Kopf herum bzw. welche Umstände versucht man abzuwägen?
Im zweiten Teil spürt der Autor dann dem Leben seines Vaters entsprechend nach und geht in Gedanken nochmals einige wichtige Stationen seines Lebens durch. Genau dabei lernt man dann den Vater nochmals aus einer ganz anderen Perspektive kennen. Für den Autor selbst ist es vielleicht auch eine Art mit seinem Vater reinen Tisch zu machen und sich mit ihm und seinem damaligen nicht immer galanten Verhalten auszusöhnen.
Zum Schluss bricht der Autor dann zu einer insgesamt versöhnlichen Reise auf.
Das autobiographische Werk ist unheimlich gut umgesetzt, ohne allzu voyeuristisch zu wirken. Der Blick des Autors auf seinen Vater ist nicht verklärt sondern er schildert aus den eigenen Erinnerungen heraus und anhand der Aufzeichnungen seines Vaters, von dessen Leben in seiner kompletten Fülle mit allen Höhen und Tiefen.
Insgesamt ist es ein Werk, das einen selbst über die eigenen familiären Beziehungen nachdenken lässt. Insbesondere die gottgleiche Entscheidung im ersten großen Teil des Romans, wann ein Leben dann wirklich zu Ende ist, lässt mich persönlich arg nachdenklich zurück.