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Veröffentlicht am 15.08.2022

Eine intensive Geschichte über Familie, Zuhause, Suchen und Ankommen

With you I hope
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Nachdem mir mein erstes Buch von Justine Pust, der ich schon seit Jahren auf Instagram folge, wo sie als @justinethereadingmermaid unterwegs ist, so gut gefallen hat, war klar, dass ich die Belmont Bay ...

Nachdem mir mein erstes Buch von Justine Pust, der ich schon seit Jahren auf Instagram folge, wo sie als @justinethereadingmermaid unterwegs ist, so gut gefallen hat, war klar, dass ich die Belmont Bay Reihe dringend weiterverfolgen muss. Nach dem NA-Auftakt "With you I dream" ist nun Anfang August mit "With you I hope" Band 2 der Reihe erschienen und entführt abermals ins malerische Belmont Bay für eine intensive Geschichte über Familie, Zuhause, Suchen und Ankommen.

Megan: "Manchmal halte ich mich so sehr an den Erinnerungen fest, damit mir nicht schwindlig von den vielen Veränderungen in meinem Leben wird. Doch so spielt das Leben eben, oder? Alles verändert sich, auch wenn man selbst am liebsten stehen bleiben würde, und dafür bleiben genau die Dinge unbeweglich, von denen man sich wünscht, sie würden sich verändern."

Erstmal vorweg: ich liebe, liebe, LIEBE das Cover!!! Mit der karminroten Blume im Hintergrund, deren durchscheinende Blütenblätter stark an einen Klatschmohn erinnern, dem geschwungenen, weißen Titel und den vereinzelten, goldenen Sprenkeln ist es schlicht und einfach wunderschön gestaltet und passt perfekt zum blauen Band 1. Der Titel klingt auch ganz hübsch und anders als beim ersten Band wird hier auch eine klare Verbindung zum Inhalt gezogen. Positiv hervorheben möchte ich noch die toll gestalteten Leselaschen der broschierten Ausgabe, in denen Eindrücke aus der fiktiven Kleinstadt Belmont Bay zu sehen sind, welche das Setting für die gleichnamige Belmont-Bay-Reihe bildet. Was die Optik angeht, hat der Knaur Verlag sich hier also wirklich mal wieder selbst übertroffen!!!

Erster Satz: "Erinnerungen sind ebenso wertvoll wie zerbrechlich."

Wir steigen einige Zeit nach Band 1 zu einem Zeitpunkt in Megans Leben ein, an dem durch den Auszug ihrer Schwester Mia, die zu deren Freund Connor zieht, einiges ins Rollen kommt und die drohende Einsamkeit in ihr abermals den Wunsch weckt, ihre leiblichen Eltern ausfindig zu machen. Dieser Wunsch hat sie vor einiger Zeit in das lauschige Belmont Bay in der wild-romantischen Natur Idahos geführt, das für sie eine neue Heimat geworden ist. Als der Privatermittler Leo durch einen Auftrag in die Stadt kommt, sieht sie ihre Chance gekommen, das Geheimnis ihrer Herkunft endlich zu ergründen. Doch noch weiß sie nicht, dass Leo in mehr als nur einer Hinsicht der Schlüssel zu ihren Fragen ist...

Megan: "Ich bin vierundzwanzig. Wenn ich jetzt schon wüsste, wie der Rest meines Lebens aussehen soll, wäre das ziemlich langweilig, oder?" Obwohl es mir nicht gefällt, dass es mich schon wieder zum Lächeln gebracht hat, nicke ich. Wenn ich etwas verstehen kann, dann den Drang, nicht ständig den Erwartungen anderer zu entsprechen. Das ist wohl die größte Diskrepanz zwischen meiner Familie und mir. Mom ist eine Planerin, Mia ist eine Planerin, und ich sitze zwischen all diesen Plänen und weiß nicht, wo mir der Kopf steht. Pläne engen mich ein, Erwartungen machen mir Druck. Ich will kein durchgeplantes Leben. Keinen Zehn-Schritte-Plan zum Glück, sondern Abenteuer, die mich finden, und Tänze im Regen bei jedem Gewitter."

Mit der Suche nach der eigenen Herkunft und Enttäuschungen beim Treffen eines bisher unbekannten Elternteils hat Justine Pust genau wie in Band 1 wieder ein sehr persönliches und für sie ebenfalls relevantes Thema aufgegriffen. Für die Überwindung und die emotionale Arbeit, die die Autorin in diese Geschichte gesteckt haben muss, kann ich abermals nur den Hut vor ihr ziehen! Anders als das cozy Kleinstadtsetting vermuten lassen würde, sind die behandelten Themen hier also wieder alles andere als gemütlich. Wie die sehr umfangreiche Triggerwarnung schon vermuten lässt, schlägt die Autorin mit den Themen Adoption, Gewalt gegen Frauen, Traumata, Victim Blaming, häusliche Gewalt, Sexismus und Drogenkonsum eine gesellschaftskritische und emotional arbeitsintensive Richtung für ihre Geschichte ein und kombiniert dies mit einer spannenden und dramatischen Handlung. An einigen Stellen empfand ich die Handlung als eine Winzigkeit überzogen und konstruiert. Da das äußere Chaos aber wunderbar Megans inneren Aufruhr widerspiegelt, konnte ich darüber gerne hinwegsehen.

Megan:"Ich bin der vollen Überzeugung, dass alles an der Liebe einfacher wäre, wenn man nur wirklich miteinander sprechen würde. Ohne Zwang. Ohne auferlegte Ideale."

"With you I hope" ist also genau wie sein Vorgänger "With you I dream" mehr als eine Liebesgeschichte und besticht mit emotionaler Tiefe und wichtige Themen. Schade ist nur, dass dabei auf den 368 Seiten abermals vieles nur angerissen bleibt. Megans Aufwachsen, ihr Verhältnis zu ihrer Schwester, zu ihrer Mutter, zu ihrem Studium, ihre zurückliegende Beziehung, ihr Leben in Belmont Bay... da bleiben viele Fragen offen. Was hat Ihr außer dem Fotografieren Freude bereitet, hat sie irgendwelche anderen Hobbies oder Freizeitbeschäftigungen, hat sie prägende Freundschaften geschlossen? Ich kann gut verstehen, dass sich die Autorin hier ganz auf das Hier und Jetzt konzentrieren wollte, in dem Megan sich in die Suche nach Informationen und Halt stürzt, aber leider haben mir hier noch ein paar Details gefehlt, um sie als Figur richtig greifen zu können. Die Informationen über Leo sind hingegen noch spärlicher und der gesamte Handlungsstrang rund um das dunkle Geheimnis seiner Familie wird gegen Ende mehr schlecht als recht aufgelöst.

Megan: "Idahos Schönheit zeigt sich nach Sonnenuntergang. Erinnerungen sind wie Sterne in der Nacht, die in unseren Herzen funkeln, obwohl ihr Licht längst verloschen ist. Ich hoffe, dass dieser Abend eine der besonderen Erinnerungen wird, eine Seite in meinen Alben, über die ich zärtlich streiche, wenn ich alt bin und mich an das Gefühl erinnere, das ich jetzt in mir habe."

Auch andere Aspekte der Handlung werden für meinen Geschmack auf den letzten Seiten wieder zu schnell und zu einfach abgehakt im Vergleich zu den dramatischen Umständen zuvor. Das finde ich extrem schade und ich bin mir sicher, dass zusätzliche 100 Seiten der Geschichte gutgetan hätten, sodass alle losen Enden verstaut und die Figuren mit ein bisschen mehr Lebendigkeit und Details versehen hätten werden können. Im jetzigen Zustand finde ich die Geschichte sehr gut, mit ein bisschen mehr Umfang hätte sie aber grandios sein können. Denn beide Figuren sind mir sehr ans Herz gewachsen. Vor allem Megans innere Aufruhr und die Beweggründe hinter ihrer verzweifelten Suche sind mir sehr ans Herz gegangen, obwohl ich selbst mit dem Thema Adoption und Herkunft nur wenig anfangen kann. Grundsätzlich ist Megan eine spannenden, wenn auch nicht ganz einfache Protagonistin, da sie permanent in einem Wirrwarr an Emotionen gefangen ist und andere deshalb wild von sich stößt. Das macht sie aber nicht weniger liebenswert und verspricht eine interessante Dynamik für die Liebesgeschichte.

Megan: "Früher war mein Herz eine Straße, auf der jeder so weit gehen konnte, wie er wollte, doch nun ist es ein unüberwindbarer Gipfel, zu dem sich niemand mehr hochschlagen kann. Niemand"

Auch die langsame Annäherung und die prickelnde Chemie zwischen Megan und Leo hat mir sehr gut gefallen. Es gab einige Szenen, die habe ich beinahe als Filmsequenzen vor mir gesehen, weil sie so eine lebendige Dynamik hatten. Das mag vielleicht auch mit Justine Pusts Schreibstil zusammenhängen. Neben den Konflikten der Figuren und deren wachsender Nähe dürfen wir auch die Natur Idahos bewundern und abermals im Wohlfühlort Belmont Bay mit all seinen liebenswerten Schauplätzen und Originalen schwelgen. Genau wie beim Lesen von Band 1 habe ich deshalb wieder eine Menge schöner Zitate und Aussprüche markiert und gesammelt, von denen meine Highlights der Rezension beigefügt sind. Besonders der alte Bennett hat es mir ja insgeheim angetan. Ich freue mich also sehr darauf, im Januar 2023 wieder nach Belmont Bay zurückkehren zu können und dort dann die Geschichte von Bennetts Enkelin Sophia und dem genesenden Drogensüchtigen Arin zu lesen.

Megan: "Ich weiß, dass ich das Richtige tue. Nicht nur für mich selbst, sondern für uns alle. Für meine Familie. Die, mit der mich das gleiche Blut verbindet, und die, die mich schon mein ganzes Leben lang begleitet. Sie gehören beide zu mir, mit allen Schattenseiten und jedem Sonnenstrahl. Und wir werden das hier durchstehen. Gemeinsam."


Fazit:


"With you I hope" ist wie Band 1 eine cozy Kleinstadt-Romance mit nicht ganz so cozy Themen. Justine Pust entführt abermals für eine intensive Geschichte über Familie, Zuhause, Suchen und Ankommen ins malerische Belmont Bay und überzeugt mit emotionaler Tiefe, wichtigen Botschaften und wunderschönen Landschaftsbeschreibungen. Leichten Abzug gibt es für den in meinen Augen zu geringen Umfang, wodurch einige Fragen offen und das Ende zu überstürzt bleiben.

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Veröffentlicht am 23.07.2022

Auf ganzer Linie positiv überrascht

Bridgerton - Ein hinreißend verruchter Gentleman
2

Handlung: Mein Lesemarathon der Bridgerton-Reihe von Julia Quinn schreitet weiter voran und ich bin mittlerweile schon bei Band 6 angelangt. Da Francesca in den vorherigen Bänden am wenigsten vorkommt, ...

Handlung: Mein Lesemarathon der Bridgerton-Reihe von Julia Quinn schreitet weiter voran und ich bin mittlerweile schon bei Band 6 angelangt. Da Francesca in den vorherigen Bänden am wenigsten vorkommt, hatte ich geringe Erwartungen und Ansprüche an "When He Was Wicked". Im Gegensatz zum in meinen Augen bisher schwächsten Teil 5 der Reihe, bringt Julia Quinn mit der verwitweten Francesca Bridgerton und dem schottischen Edelmann Michael Stirling jedoch ordentlich frischen Wind in die Reihe und konnte mich positiv überraschen. Genau wie in einigen ihrer Vorgängerromane kann auch "When He Was Wicked" nicht unbedingt mit einer spannenden und abwechslungsreichen Handlung aufwarten, die Geschichte besticht stattdessen mit einer feinfühligen Friends-to-Lovers-Entwicklung und einigen toll geschriebenen erotischen Szenen.

Figuren:
Ich habe lange überlegt, weshalb mir dieser Teil 6 deutlich besser gefallen hat als die Vorgänger und bin zu dem Schluss gekommen, dass es an den beiden Figuren lag. Nicht nur, dass Francesca und Michael eine wirklich tolle Chemie haben, die beiden begegnen sich auch in mehrerlei Hinsicht deutlich mehr auf Augenhöhe als die Paare zuvor. Die beide sind Freunde, kennen sich schon seit Jahren, sind finanziell nicht voneinander angewiesen und anders als die weiblichen Figuren aus der Vorgängerbänden, ist Francesca als Witwe auch sexuell aufgeklärt und emanzipiert, sodass sie Michael ordentlich Kontra geben kann und die beiden sich gegenseitig gewachsen sind. Auffällig ist, dass aufgrund der Tatsache, dass die beiden sich über lange Teile der Handlung gemeinsam auf ihrem Landsitz in Schottland aufhalten, kaum eine andere Figur eine wirkliche Rolle spielt. Zwar dürfen wir einige der Bridgertons zu Beginn auf dem ein oder anderen Ball wieder begegnen, die meiste Zeit konzentriert sich die Handlung aber ausschließlich auf Francesca und Michael, wodurch die beiden eine deutlich stärkere emotionale Tiefe erhalten als beispielsweise Eloise und Phillip aus Band 5.

Schreibstil
: Der Schreibstil des sechsten Bandes ist gewohnt locker, humorvoll und atmosphärisch, weicht hier jedoch in einigen Aspekten von der Herangehensweise der Vorgänger ab. Zunächst weicht das Setting hier vom kultivierten London ab und entführt auf einen entlegenen Landsitz im ruralen Schottland des Regency. Außerdem beginnt die Autorin ihre Kapitel mit kurzen Ausschnitten aus den Korrespondenzen der Stirlings über die Jahre von Michaels Reise nach Indien und schneidet so das Leben in den Kolonien und unerwünschte Mitbringsel wie die Malaria-Krankheit an. Damit bringt Julia Quinn ordentlich Abwechslung in den 6. Band ihrer Reihe und bietet eine bodenständige Kulisse für das Näherkommen der beiden Figuren.


Die Zitate:


“Thou Shalt Not Covet Thy Cousin´s Wife. Moses must have forgotten to write that one down”

“It was something in the way she moved. Something in the way she breathed. Something in the way she merely was. And he didn’t think he was ever going to get over it.”

“Francesca,” he said, and he had no idea why he was saying it, just that her name was the most important thing in the world right then. Her name, and her body, and the beauty of her soul.”




Das Urteil:


"When He Was Wicked" hat mich nach dem Flop von Band 5 auf ganzer Linie positiv überrascht. Mit dem schottischen Setting, den sympathischen Figuren, die sich auf Augenhöhe begegnen und der prickelnde Chemie der beiden konnte mich die Geschichte mitreißen und überzeugen.

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Veröffentlicht am 19.07.2022

Ein intensiver, tiefgründiger und behutsam erzählter New-Adult-Roman

Nebelschimmer
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Mit "Regenglanz" begann letztes Jahr im Oktober die Sturm-Trilogie von Anya Omah um drei Freundinnen und drei Städte im Norden Deutschlands. Da der Erscheinungstermin der Fortsetzung einige Male nach hinten ...

Mit "Regenglanz" begann letztes Jahr im Oktober die Sturm-Trilogie von Anya Omah um drei Freundinnen und drei Städte im Norden Deutschlands. Da der Erscheinungstermin der Fortsetzung einige Male nach hinten verschoben wurde, feiert "Nebelschimmer" nun heute seinen Buchgeburtstag. Genau wie Band 1 hat auch die Geschichte um Calla und Jasper deutlich mehr Dramatik und Tiefe entwickelt, als man das auf den ersten Blick annehmen würde und mich in kürzester Zeit um den Finger gewickelt.

Die Sturm-Trilogie, zu der "Regenglanz" den Auftakt bildet, sticht geschlossen durch die wunderschöne Gestaltung hervor. Abgebildet auf den drei Bänden ist immer ein ähnliches geometrisches Motiv, welches die drei Freundinnen Calla, Leo und Alissa als Symbol ihrer Freundschaft als Tattoo über dem Herzen tragen. Variiert wird die Gestaltung durch einen anderen Hintergrund und unterschiedliche Farbgebungen. Auf "Nebelschimmer" ist ganz nach dem Titel ein See zu sehen, über dem sanfter Morgennebel schimmert und einen Farbverlauf von weiß zu violett-pink bildet. Abgerundet wird dieses stimmungsvolle Gesamtbild durch den roten Buchschnitt, der die erste Ausgabe verziert. Geht also unbedingt bald los, um Euch noch ein Exemplar der ersten Ausgabe zu sichern!

Erster Satz: "Sie haben Ihren Zielort erreicht."

Mit "Nebelschimmer" setzt die Autorin einige Zeit nach Band 1 an und erzählt von Callas Rückkehr nach Lübeck. 14 lange Monat war sie in L.A. und hat dort nach ihrer leiblichen Mutter gesucht - eine Zeit, die ihr nicht nur psychisch sehr zugesetzt, sondern die auch das Ende für ihre Beziehung zu ihrem Freund Jasper bedeutet hat. Auf zwei Zeitebenen und aus den Perspektiven der beiden Liebenden wird nun erzählt, wie Calla und Jasper sich in der 12. Klasse kennen- und lieben gelernt haben, sowie den steinigen Weg, den sie nach ihrer Wiederbegegnung nach ihrer Trennung vor sich haben. Obwohl von ihrer ersten Begegnung an eine eindeutige Anziehungskraft zwischen den beiden zu spüren ist, lässt sich Anya Omah eine Menge Zeit für die langsame Annäherung von Calla und Jasper, die nach 14 schmerzhaften Monaten der Trennung einiges zu klären und zu verarbeiten haben. Was genau zu ihrer Trennung geführt hat und was in L.A. wirklich vorgefallen ist, erfahren wir dabei ebenfalls Stück für Stück, während sich Calla wieder in Lübeck einlebt, eine neue Wohnung bezieht, einen Job annimmt und ihre Wurzeln wiederentdeckt.

Jasper: "Wenn du so lange und glücklich mit jemandem zusammen bist, wird er zu einem Teil von dir. Zur Luft, die du atmest. Calla war meine Luft, und als sie ging, bin ich beinahe erstickt."

Welche Thematik sich hinter der Geschichte verbirgt und welche Probleme durch die verschachtelte Erzählweise offenbart werden, kann ich aus Spoilergründen natürlich nicht verraten. Nur schonmal so viel: In "Nebelschimmer" geht es um rassistische Mikroaggressionen, Familie, Freundschaft, Liebe, gebrochene Herzen, dunkle Zeiten im Leben und hoffnungsvolle zweite Chancen. Damit erhält die Geschichte eine überraschende Tiefe, ohne dabei zu deprimierend zu werden. Callas und Jaspers Geschichte ist voller Fehler, gebrochenem Vertrauen und Verzweiflung, aber auch voller Liebe, Hoffnung und Licht, was die Geschichte zu einem intensiven Leseerlebnis macht.

Calla: "Ich muss diese Reise in meine Vergangenheit antreten, ohne dass mich meine Gegenwart oder meine Zukunft begleiten. Und das bist du, Jasper. Du bist das Heute und das Morgen, zu dem ich zurückkehre, wenn ich die Vergangenheit hinter mir lassen kann. Du bist mein Zuhause." Ich presse meine feuchte Wange an seine Brust. "Dein Herz ist mein Zuhause."

Sehr begeistert war ich von Anya Omahs Schreibstil. Dieser wirkt auf den ersten Blick gar nicht mal so spektakulär und fällt nicht durch Besonderheiten, sprachliche Kniffe oder andere Auffälligkeiten des Ausdrucks aus der Reihe. Bemerkenswert ist stattdessen, wie effizient sie ihrem Roman Leben einhaucht und man schon nach wenigen Sätzen Zugang zu der Geschichte und den Figuren findet. Egal ob bei anstrengenden Arbeitsschichten im Restaurant, in stillen, freundschaftlichen Momenten in der WG Küche, oder in den lauten, schmerzhaften Konfrontationen gegen Ende - man ist einfach ohne große Umschweife dabei und lebt, fühlt und fiebert mit. Toll fand ich auch den Schauplatz in Lübeck, den ich nicht zuletzt da ich erst vor etwas mehr als zwei Jahren diese wunderschöne Stadt besucht habe, sehr genossen habe. Anya Omah zeigt mit ihrer Settingwahl mal wieder, dass man als deutsche AutorIn die eigene Geschichte nicht an ferne, exotische Orte verlegen muss, um eine Atmosphäre von Urlaub, Entdeckung und Zuhause zu schaffen und auch deutsche Schauplätze ihren Charme haben! Nach den etlichen Geschichten, die in den USA oder Großbritannien spielen, bot "Nebelschimmer" also mal eine tolle Abwechslung!

Jasper: "Alle sagen immer, dass man in einer Beziehung auf einer Wellenlänge sein sollte. Aber weißt du, was ich an dir ... an uns so liebe, Jasper? Dass du mich meine eigenen Wellen schlagen lässt."

Spannend ist dabei wieder, dass man der Geschichte, dem Hauptkonflikt und den Figuren definitiv anmerkt, dass die Autorin Psychologin ist. Nicht nur, dass immer wieder einige Stichworte oder Theorien auftauchen, bei der sofort mein "Psychologie"-Detektor aufleuchtet - auch die Plausibilität und Tiefe, mit der die Probleme, Konflikte und zum Teil auch Störungen der Haupt- und Nebenfiguren geschildert sind sprechen für die fachliche Kompetenz der Autorin. Das sage ich leider immer wieder, aber im New Adult Genre, in dem es ja mittlerweile üblich ist, dass mindestens einer der Hauptprotagonisten einen mentalen Knacks in Form einer traumatischen Vergangenheit, einer Beziehungsstörung oder einem zerrütteten Familienverhältnis hat, ist es nicht selbstverständlich, dass diese Themen auch realistisch bearbeitet werden. Auch ganz von den Problemen abgesehen sind die Figuren sehr vielschichtig gestaltet und wachsen beim Lesen schnell ans Herz. Vor allem Calla hat mir als Protagonistin sehr gut gefallen, auch wenn neben ihr und der Auseinandersetzung mit ihrem Innenleben Jasper ein wenig zu sehr im Hintergrund bleibt. Dafür und angesichts der Tatsache, dass natürlich auch hier die Grenzen des Genres nicht neu erfunden werden, ziehe ich in der Gesamtbewertung einen Stern ab. Etwas schade finde ich nur, dass Callas Freundinnen, also Alissa aus Band 1 und Leo, um die es in Band 3 gehen wird, hier nicht allzu viele Auftritte haben. Da es im Oktober aber schon mit Leos Geschichte in "Gewitterleuchten" weitergeht, werde ich mich jetzt mal nicht beschweren...

Calla: "Wenn du dich bereit fühlst, darüber zu reden, werde ich da sein, okay? Ich werde jedes noch so kleine Stück, das aus deinem Herzen gebrochen ist, aufheben und an exakt der Stelle wieder einsetzen, an der es herausgebrochen ist."


Fazit:


"Nebelschimmer" ist ein intensiver, tiefgründiger und behutsam erzählter New-Adult-Roman über rassistische Mikroaggressionen, Familie, Freundschaft, Liebe, gebrochene Herzen, dunkle Zeiten im Leben und hoffnungsvolle zweite Chancen.

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Veröffentlicht am 19.07.2022

Ein intensiver, tiefgründiger und behutsam erzählter New-Adult-Roman

Nebelschimmer
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Mit "Regenglanz" begann letztes Jahr im Oktober die Sturm-Trilogie von Anya Omah um drei Freundinnen und drei Städte im Norden Deutschlands. Da der Erscheinungstermin der Fortsetzung einige Male nach hinten ...

Mit "Regenglanz" begann letztes Jahr im Oktober die Sturm-Trilogie von Anya Omah um drei Freundinnen und drei Städte im Norden Deutschlands. Da der Erscheinungstermin der Fortsetzung einige Male nach hinten verschoben wurde, feiert "Nebelschimmer" nun heute seinen Buchgeburtstag. Genau wie Band 1 hat auch die Geschichte um Calla und Jasper deutlich mehr Dramatik und Tiefe entwickelt, als man das auf den ersten Blick annehmen würde und mich in kürzester Zeit um den Finger gewickelt.

Die Sturm-Trilogie, zu der "Regenglanz" den Auftakt bildet, sticht geschlossen durch die wunderschöne Gestaltung hervor. Abgebildet auf den drei Bänden ist immer ein ähnliches geometrisches Motiv, welches die drei Freundinnen Calla, Leo und Alissa als Symbol ihrer Freundschaft als Tattoo über dem Herzen tragen. Variiert wird die Gestaltung durch einen anderen Hintergrund und unterschiedliche Farbgebungen. Auf "Nebelschimmer" ist ganz nach dem Titel ein See zu sehen, über dem sanfter Morgennebel schimmert und einen Farbverlauf von weiß zu violett-pink bildet. Abgerundet wird dieses stimmungsvolle Gesamtbild durch den roten Buchschnitt, der die erste Ausgabe verziert. Geht also unbedingt bald los, um Euch noch ein Exemplar der ersten Ausgabe zu sichern!

Erster Satz: "Sie haben Ihren Zielort erreicht."

Mit "Nebelschimmer" setzt die Autorin einige Zeit nach Band 1 an und erzählt von Callas Rückkehr nach Lübeck. 14 lange Monat war sie in L.A. und hat dort nach ihrer leiblichen Mutter gesucht - eine Zeit, die ihr nicht nur psychisch sehr zugesetzt, sondern die auch das Ende für ihre Beziehung zu ihrem Freund Jasper bedeutet hat. Auf zwei Zeitebenen und aus den Perspektiven der beiden Liebenden wird nun erzählt, wie Calla und Jasper sich in der 12. Klasse kennen- und lieben gelernt haben, sowie den steinigen Weg, den sie nach ihrer Wiederbegegnung nach ihrer Trennung vor sich haben. Obwohl von ihrer ersten Begegnung an eine eindeutige Anziehungskraft zwischen den beiden zu spüren ist, lässt sich Anya Omah eine Menge Zeit für die langsame Annäherung von Calla und Jasper, die nach 14 schmerzhaften Monaten der Trennung einiges zu klären und zu verarbeiten haben. Was genau zu ihrer Trennung geführt hat und was in L.A. wirklich vorgefallen ist, erfahren wir dabei ebenfalls Stück für Stück, während sich Calla wieder in Lübeck einlebt, eine neue Wohnung bezieht, einen Job annimmt und ihre Wurzeln wiederentdeckt.

Jasper: "Wenn du so lange und glücklich mit jemandem zusammen bist, wird er zu einem Teil von dir. Zur Luft, die du atmest. Calla war meine Luft, und als sie ging, bin ich beinahe erstickt."

Welche Thematik sich hinter der Geschichte verbirgt und welche Probleme durch die verschachtelte Erzählweise offenbart werden, kann ich aus Spoilergründen natürlich nicht verraten. Nur schonmal so viel: In "Nebelschimmer" geht es um rassistische Mikroaggressionen, Familie, Freundschaft, Liebe, gebrochene Herzen, dunkle Zeiten im Leben und hoffnungsvolle zweite Chancen. Damit erhält die Geschichte eine überraschende Tiefe, ohne dabei zu deprimierend zu werden. Callas und Jaspers Geschichte ist voller Fehler, gebrochenem Vertrauen und Verzweiflung, aber auch voller Liebe, Hoffnung und Licht, was die Geschichte zu einem intensiven Leseerlebnis macht.

Calla: "Ich muss diese Reise in meine Vergangenheit antreten, ohne dass mich meine Gegenwart oder meine Zukunft begleiten. Und das bist du, Jasper. Du bist das Heute und das Morgen, zu dem ich zurückkehre, wenn ich die Vergangenheit hinter mir lassen kann. Du bist mein Zuhause." Ich presse meine feuchte Wange an seine Brust. "Dein Herz ist mein Zuhause."

Sehr begeistert war ich von Anya Omahs Schreibstil. Dieser wirkt auf den ersten Blick gar nicht mal so spektakulär und fällt nicht durch Besonderheiten, sprachliche Kniffe oder andere Auffälligkeiten des Ausdrucks aus der Reihe. Bemerkenswert ist stattdessen, wie effizient sie ihrem Roman Leben einhaucht und man schon nach wenigen Sätzen Zugang zu der Geschichte und den Figuren findet. Egal ob bei anstrengenden Arbeitsschichten im Restaurant, in stillen, freundschaftlichen Momenten in der WG Küche, oder in den lauten, schmerzhaften Konfrontationen gegen Ende - man ist einfach ohne große Umschweife dabei und lebt, fühlt und fiebert mit. Toll fand ich auch den Schauplatz in Lübeck, den ich nicht zuletzt da ich erst vor etwas mehr als zwei Jahren diese wunderschöne Stadt besucht habe, sehr genossen habe. Anya Omah zeigt mit ihrer Settingwahl mal wieder, dass man als deutsche AutorIn die eigene Geschichte nicht an ferne, exotische Orte verlegen muss, um eine Atmosphäre von Urlaub, Entdeckung und Zuhause zu schaffen und auch deutsche Schauplätze ihren Charme haben! Nach den etlichen Geschichten, die in den USA oder Großbritannien spielen, bot "Nebelschimmer" also mal eine tolle Abwechslung!

Jasper: "Alle sagen immer, dass man in einer Beziehung auf einer Wellenlänge sein sollte. Aber weißt du, was ich an dir ... an uns so liebe, Jasper? Dass du mich meine eigenen Wellen schlagen lässt."

Spannend ist dabei wieder, dass man der Geschichte, dem Hauptkonflikt und den Figuren definitiv anmerkt, dass die Autorin Psychologin ist. Nicht nur, dass immer wieder einige Stichworte oder Theorien auftauchen, bei der sofort mein "Psychologie"-Detektor aufleuchtet - auch die Plausibilität und Tiefe, mit der die Probleme, Konflikte und zum Teil auch Störungen der Haupt- und Nebenfiguren geschildert sind sprechen für die fachliche Kompetenz der Autorin. Das sage ich leider immer wieder, aber im New Adult Genre, in dem es ja mittlerweile üblich ist, dass mindestens einer der Hauptprotagonisten einen mentalen Knacks in Form einer traumatischen Vergangenheit, einer Beziehungsstörung oder einem zerrütteten Familienverhältnis hat, ist es nicht selbstverständlich, dass diese Themen auch realistisch bearbeitet werden. Auch ganz von den Problemen abgesehen sind die Figuren sehr vielschichtig gestaltet und wachsen beim Lesen schnell ans Herz. Vor allem Calla hat mir als Protagonistin sehr gut gefallen, auch wenn neben ihr und der Auseinandersetzung mit ihrem Innenleben Jasper ein wenig zu sehr im Hintergrund bleibt. Dafür und angesichts der Tatsache, dass natürlich auch hier die Grenzen des Genres nicht neu erfunden werden, ziehe ich in der Gesamtbewertung einen Stern ab. Etwas schade finde ich nur, dass Callas Freundinnen, also Alissa aus Band 1 und Leo, um die es in Band 3 gehen wird, hier nicht allzu viele Auftritte haben. Da es im Oktober aber schon mit Leos Geschichte in "Gewitterleuchten" weitergeht, werde ich mich jetzt mal nicht beschweren...

Calla: "Wenn du dich bereit fühlst, darüber zu reden, werde ich da sein, okay? Ich werde jedes noch so kleine Stück, das aus deinem Herzen gebrochen ist, aufheben und an exakt der Stelle wieder einsetzen, an der es herausgebrochen ist."


Fazit:


"Nebelschimmer" ist ein intensiver, tiefgründiger und behutsam erzählter New-Adult-Roman über rassistische Mikroaggressionen, Familie, Freundschaft, Liebe, gebrochene Herzen, dunkle Zeiten im Leben und hoffnungsvolle zweite Chancen.

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Veröffentlicht am 19.07.2022

Ein intensiver, tiefgründiger und behutsam erzählter New-Adult-Roman

Nebelschimmer
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Mit "Regenglanz" begann letztes Jahr im Oktober die Sturm-Trilogie von Anya Omah um drei Freundinnen und drei Städte im Norden Deutschlands. Da der Erscheinungstermin der Fortsetzung einige Male nach hinten ...

Mit "Regenglanz" begann letztes Jahr im Oktober die Sturm-Trilogie von Anya Omah um drei Freundinnen und drei Städte im Norden Deutschlands. Da der Erscheinungstermin der Fortsetzung einige Male nach hinten verschoben wurde, feiert "Nebelschimmer" nun heute seinen Buchgeburtstag. Genau wie Band 1 hat auch die Geschichte um Calla und Jasper deutlich mehr Dramatik und Tiefe entwickelt, als man das auf den ersten Blick annehmen würde und mich in kürzester Zeit um den Finger gewickelt.

Die Sturm-Trilogie, zu der "Regenglanz" den Auftakt bildet, sticht geschlossen durch die wunderschöne Gestaltung hervor. Abgebildet auf den drei Bänden ist immer ein ähnliches geometrisches Motiv, welches die drei Freundinnen Calla, Leo und Alissa als Symbol ihrer Freundschaft als Tattoo über dem Herzen tragen. Variiert wird die Gestaltung durch einen anderen Hintergrund und unterschiedliche Farbgebungen. Auf "Nebelschimmer" ist ganz nach dem Titel ein See zu sehen, über dem sanfter Morgennebel schimmert und einen Farbverlauf von weiß zu violett-pink bildet. Abgerundet wird dieses stimmungsvolle Gesamtbild durch den roten Buchschnitt, der die erste Ausgabe verziert. Geht also unbedingt bald los, um Euch noch ein Exemplar der ersten Ausgabe zu sichern!

Erster Satz: "Sie haben Ihren Zielort erreicht."

Mit "Nebelschimmer" setzt die Autorin einige Zeit nach Band 1 an und erzählt von Callas Rückkehr nach Lübeck. 14 lange Monat war sie in L.A. und hat dort nach ihrer leiblichen Mutter gesucht - eine Zeit, die ihr nicht nur psychisch sehr zugesetzt, sondern die auch das Ende für ihre Beziehung zu ihrem Freund Jasper bedeutet hat. Auf zwei Zeitebenen und aus den Perspektiven der beiden Liebenden wird nun erzählt, wie Calla und Jasper sich in der 12. Klasse kennen- und lieben gelernt haben, sowie den steinigen Weg, den sie nach ihrer Wiederbegegnung nach ihrer Trennung vor sich haben. Obwohl von ihrer ersten Begegnung an eine eindeutige Anziehungskraft zwischen den beiden zu spüren ist, lässt sich Anya Omah eine Menge Zeit für die langsame Annäherung von Calla und Jasper, die nach 14 schmerzhaften Monaten der Trennung einiges zu klären und zu verarbeiten haben. Was genau zu ihrer Trennung geführt hat und was in L.A. wirklich vorgefallen ist, erfahren wir dabei ebenfalls Stück für Stück, während sich Calla wieder in Lübeck einlebt, eine neue Wohnung bezieht, einen Job annimmt und ihre Wurzeln wiederentdeckt.

Jasper: "Wenn du so lange und glücklich mit jemandem zusammen bist, wird er zu einem Teil von dir. Zur Luft, die du atmest. Calla war meine Luft, und als sie ging, bin ich beinahe erstickt."

Welche Thematik sich hinter der Geschichte verbirgt und welche Probleme durch die verschachtelte Erzählweise offenbart werden, kann ich aus Spoilergründen natürlich nicht verraten. Nur schonmal so viel: In "Nebelschimmer" geht es um rassistische Mikroaggressionen, Familie, Freundschaft, Liebe, gebrochene Herzen, dunkle Zeiten im Leben und hoffnungsvolle zweite Chancen. Damit erhält die Geschichte eine überraschende Tiefe, ohne dabei zu deprimierend zu werden. Callas und Jaspers Geschichte ist voller Fehler, gebrochenem Vertrauen und Verzweiflung, aber auch voller Liebe, Hoffnung und Licht, was die Geschichte zu einem intensiven Leseerlebnis macht.

Calla: "Ich muss diese Reise in meine Vergangenheit antreten, ohne dass mich meine Gegenwart oder meine Zukunft begleiten. Und das bist du, Jasper. Du bist das Heute und das Morgen, zu dem ich zurückkehre, wenn ich die Vergangenheit hinter mir lassen kann. Du bist mein Zuhause." Ich presse meine feuchte Wange an seine Brust. "Dein Herz ist mein Zuhause."

Sehr begeistert war ich von Anya Omahs Schreibstil. Dieser wirkt auf den ersten Blick gar nicht mal so spektakulär und fällt nicht durch Besonderheiten, sprachliche Kniffe oder andere Auffälligkeiten des Ausdrucks aus der Reihe. Bemerkenswert ist stattdessen, wie effizient sie ihrem Roman Leben einhaucht und man schon nach wenigen Sätzen Zugang zu der Geschichte und den Figuren findet. Egal ob bei anstrengenden Arbeitsschichten im Restaurant, in stillen, freundschaftlichen Momenten in der WG Küche, oder in den lauten, schmerzhaften Konfrontationen gegen Ende - man ist einfach ohne große Umschweife dabei und lebt, fühlt und fiebert mit. Toll fand ich auch den Schauplatz in Lübeck, den ich nicht zuletzt da ich erst vor etwas mehr als zwei Jahren diese wunderschöne Stadt besucht habe, sehr genossen habe. Anya Omah zeigt mit ihrer Settingwahl mal wieder, dass man als deutsche AutorIn die eigene Geschichte nicht an ferne, exotische Orte verlegen muss, um eine Atmosphäre von Urlaub, Entdeckung und Zuhause zu schaffen und auch deutsche Schauplätze ihren Charme haben! Nach den etlichen Geschichten, die in den USA oder Großbritannien spielen, bot "Nebelschimmer" also mal eine tolle Abwechslung!

Jasper: "Alle sagen immer, dass man in einer Beziehung auf einer Wellenlänge sein sollte. Aber weißt du, was ich an dir ... an uns so liebe, Jasper? Dass du mich meine eigenen Wellen schlagen lässt."

Spannend ist dabei wieder, dass man der Geschichte, dem Hauptkonflikt und den Figuren definitiv anmerkt, dass die Autorin Psychologin ist. Nicht nur, dass immer wieder einige Stichworte oder Theorien auftauchen, bei der sofort mein "Psychologie"-Detektor aufleuchtet - auch die Plausibilität und Tiefe, mit der die Probleme, Konflikte und zum Teil auch Störungen der Haupt- und Nebenfiguren geschildert sind sprechen für die fachliche Kompetenz der Autorin. Das sage ich leider immer wieder, aber im New Adult Genre, in dem es ja mittlerweile üblich ist, dass mindestens einer der Hauptprotagonisten einen mentalen Knacks in Form einer traumatischen Vergangenheit, einer Beziehungsstörung oder einem zerrütteten Familienverhältnis hat, ist es nicht selbstverständlich, dass diese Themen auch realistisch bearbeitet werden. Auch ganz von den Problemen abgesehen sind die Figuren sehr vielschichtig gestaltet und wachsen beim Lesen schnell ans Herz. Vor allem Calla hat mir als Protagonistin sehr gut gefallen, auch wenn neben ihr und der Auseinandersetzung mit ihrem Innenleben Jasper ein wenig zu sehr im Hintergrund bleibt. Dafür und angesichts der Tatsache, dass natürlich auch hier die Grenzen des Genres nicht neu erfunden werden, ziehe ich in der Gesamtbewertung einen Stern ab. Etwas schade finde ich nur, dass Callas Freundinnen, also Alissa aus Band 1 und Leo, um die es in Band 3 gehen wird, hier nicht allzu viele Auftritte haben. Da es im Oktober aber schon mit Leos Geschichte in "Gewitterleuchten" weitergeht, werde ich mich jetzt mal nicht beschweren...

Calla: "Wenn du dich bereit fühlst, darüber zu reden, werde ich da sein, okay? Ich werde jedes noch so kleine Stück, das aus deinem Herzen gebrochen ist, aufheben und an exakt der Stelle wieder einsetzen, an der es herausgebrochen ist."


Fazit:


"Nebelschimmer" ist ein intensiver, tiefgründiger und behutsam erzählter New-Adult-Roman über rassistische Mikroaggressionen, Familie, Freundschaft, Liebe, gebrochene Herzen, dunkle Zeiten im Leben und hoffnungsvolle zweite Chancen

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