Zwei Familien – ein Jahrhundert
Über Carl reden wir morgenAnton und Rosa Brugger waren die einzigen überlebenden Kinder ihrer Eltern. Ihr Lebenslauf war bereits vorgezeichnet, Anton war der Erbe der Hofmühle im österreichischen Mühlviertel und sollte sie später ...
Anton und Rosa Brugger waren die einzigen überlebenden Kinder ihrer Eltern. Ihr Lebenslauf war bereits vorgezeichnet, Anton war der Erbe der Hofmühle im österreichischen Mühlviertel und sollte sie später an seinen Sohn übergeben, während Rosa heiraten sollte. Sie geht aber lieber als Dienstmädchen nach Wien, was ihr jedoch kein Glück bringt. Anton heiratet mit Mitte dreißig Alberta, die in rascher Folge drei Mädchen zur Welt bringt. Bei der Geburt des vierten Kindes, dem lang ersehnten Sohn und Erben Albert Brugger, stirbt Alberta. Jetzt kommt Rosa zurück um die vier Kinder des verwitweten Bruders aufzuziehen.
Als junger Mann zog es Albert Brugger in die Welt und als er nach zwölf Jahren zurück kam, war sein Vater tot. Er muss nun die Hofmühle übernehmen. Beim Willkommensfest zu seinen Ehren verliebt er sich in Franziska, die Tochter des verhassten Eder-Bauern. Da eine Heirat mit ihr nicht möglich ist, heiratet Albert kurze Zeit später Anna Svoboda, die Tochter eines Wiener Tischlermeisters, die wegen eines Skandals aus Wien verschwinden musste. Das Paar bekommt vier Kinder, die Zwillinge Carl und Eugen, Gustav und Elisabeth. Albert Brugger eröffnet neben der Mühle noch ein Handelsgeschäft mit Kaufhaus, das bald sehr gut floriert. Die Familie kommt zu Wohlstand, was viele Neider, so auch den Eder-Bauern, auf den Plan ruft. Als dann Albert gar Emil Wagner, Eders unehelichen Sohn, als Müllerburschen zu sich nimmt, kommt es zum Eklat. Zuerst brennt die Mühle, später auch das Kaufhaus.
Die dritte Generation der Bruggers ist zunächst weniger vom Glück gesegnet. Eugen zieht es nach Amerika, Carl muss im Ersten Weltkrieg an der Südfront kämpfen, Gustav fällt bereits in den ersten Kriegsmonaten und Elisabeth wird später seinen Kameraden Georg heiraten. Jetzt ist es endlich an der Zeit, dass sich die beiden zerstrittenen Familien aussöhnen. Als dann die Bruggers den Landarbeiter Thomás einstellen, wendet sich alles zum Guten …
Der österreichischen Autorin Judith W. Taschler, geb. 1970 in Linz, ist mit dem Roman „Über Carl reden wir morgen“ eine fesselnde Familiengeschichte gelungen, die eng an die Geschichte ihrer eigenen Familie angelehnt ist. Über drei Generationen begleiten wir die Bewohner der Hofmühle Brugger und des Ederhofs. Beide Familien bekriegen sich erbittert, obwohl ihre Schicksale eng miteinander verwoben sind. Der erste Weltkrieg schlägt erbarmungslos zu und hinterlässt bei allen seelische und körperliche Wunden.
Die fünf Kapitel des Buches sind nach Paaren benannt, die auf irgendeine Weise miteinander verbunden sind. So erfahren wir die Ereignisse aus verschiedenen Perspektiven, lernen die einzelnen Personen intensiv kennen und erleben hautnah die unterschiedliche Lebensweise zwischen Stadt und Land im 19. Jahrhundert. Durch die vielen Zeitsprünge und die große Anzahl immer neu auftretender Figuren ist jedoch das Lesen etwas anstrengend und bedarf einer gewissen Konzentration und Aufmerksamkeit. Intrigen, Heimlichkeiten, Missverständnisse und überraschende Wendungen, wie sie nun mal im Leben vorkommen, verleihen dem Geschehen eine kontinuierliche Spannung.
Fazit: Ein beeindruckender Familienroman, den ich gerne weiter empfehle!