Unterhaltsame Familiensaga und historisches Sittengemälde in einem. Ein packender zweiter Teil der „Pilger“-Reihe
Das Geheimnis des PilgersKoblenz 1379:
Für Conlin von Langenreth hält das Schicksal einige Überraschungen bereit und die folgen Schlag auf Schlag. Kaum hat er sich mit der schönen Reinhild verlobt, überschlagen sich die Ereignisse. ...
Koblenz 1379:
Für Conlin von Langenreth hält das Schicksal einige Überraschungen bereit und die folgen Schlag auf Schlag. Kaum hat er sich mit der schönen Reinhild verlobt, überschlagen sich die Ereignisse. Ausgerechnet sein älterer Bruder und Titelträger, der zeitweilig geistig umnachtet ist, erzählt ihm ungeheuerliche Dinge über Reinhild. Allerdings steckt Oswald selbst in großen Schwierigkeiten. Nach einem tätlichen Angriff auf einen Geistlichen, droht ihm Kerkerhaft oder gar Schlimmeres, denn Oswald verlangte eigentlich nach einem Exorzisten.
Conlin gelingt es jedoch größeres Übel abzuwenden und Oswald zu retten. Doch Oswald ist sich selbst über seine gesundheitlich heikle Situation im Klaren und will nur noch eines- seine Familie vor sich selbst schützen. Und so gibt er Titel und Besitz an seinen jüngeren Bruder Conlin weiter.
Es ist genau das, was Conlin eigentlich nicht wollte- Verantwortung- doch schließlich wächst man an seinen Aufgaben und dank Reinhilds cleverem Verhandlungsgeschick und Conlins neuen Händlertätigkeiten, kann womöglich auch der drohende finanzielle Ruin abgewendet werden. Der Haken an der Sache- Reinhild hat sich zunächst heimlich an eine Geldverleiherin gewandt, obwohl Conlin sich jedwede Einmischung verbeten hat…
Währenddessen lernt Palmiro einen attraktiven Fremden kennen, der ihm zunächst nicht geheuer ist. Benedikt von Heidenstein ist clever, geschickt, ein ehemaliger Soldat, geübt in der Kampfeskunst und wird dem jungen Pelzhändler praktisch vor die Nase gesetzt. Benedikt soll helfen, Palmiros Besitz zu bewachen. Doch die beiden Männer streiten sich vom ersten Moment an wie die Kesselflicker und zudem umgibt Benedikt, im Gegensatz zu allen anderen Menschen und Lebewesen keine Aura, aus der Palmiro, der gewisse Fähigkeiten besitzt, lesen könnte. Palmiro hadert mit seiner Gabe, doch zumindest das Kreuz des Zachäus scheint Benedikt zu vertrauen. Und dennoch, Benedikt verbirgt ein großes Geheimnis, dass allen teuer zu stehen kommen könnte…
Der zweite Band der neuen Pilger-Reihe von Petra Schier schließt praktisch nahtlos an, an den Vorgängerband und so erfährt man nun endlich, wie es mit den Freunden aus Kindertagen weitergeht und wie Conlin reagiert, als er Reinhilds und Palmiros bislang gut gehütetes Geheimnis erfährt.
Obwohl auch dieser Teil als Familiensaga und historisches Sittengemälde angelegt wurde, steht dieses Mal Palmiro ein wenig mehr im Fokus, als die übrigen Figuren. Und mit Benedikt hat Petra Schier einen weiteren interessanten Romanakteur geschaffen, der den Lebensweg des jungen Pelzhändlers kreuzt.
Es macht Spaß den beiden Kampfhähnen (sozusagen) über die Schulter zu schauen und kann sich gut in Benedikts zusehens verwirrte Gedanken- und Gefühlswelt hineindenken. Dazu erfährt man wieder einiges über Gepflogenheiten von einst und was die Menschen damals umtrieb. Vor allem aber, wie sehr die Religion das Leben und Lieben bestimmte, wie sehr die Angst vor biblischen Strafen die Menschen beherrschte und wie schnell man von der Gesellschaft geächtet wurde, wenn man verpönte Ansichten vertrat oder gleichgeschlechtlich liebte.
Ein erschreckend tumbes Verhalten, dass sich durch die Jahrhunderte zieht, wie ein roter Faden und leider bis heute noch von vielen gelebt wird.
Dass das Mittelalter durchaus nicht in jeder Hinsicht rückständig war, kann die Autorin aber ebenso interessant vermitteln (hinsichtlich starker Frauen, die damals schon berufstätig waren und sich in der dominanten Männerwelt zu behaupten wussten), aber vor allem dient ein Satz aus dem dritten Buch Mose, des Markusevangeliums, gleich zu Beginn der Geschichte, als mögliche Ermahnung und Gedankenanstoß zugleich, der durchaus heute noch Gültigkeit besitzt und der unsere Welt gleich ein Stück weit besser machen könnte, wenn sich denn jeder, auch Nichtgläubige, daran halten würde.
„ Du sollst Deinen Nächsten lieben, wie dich selbst. Es ist kein anderes Gebot größer als dieses.“
Die Geschichte Palmiros wird in diesem Band also auch zur romantischen Liebesgeschichte, wobei sich beide Protagonisten jedoch schon ein Stück weit aufführen wie in „Der widerspenstigen Zähmung“ und die Leserschaft mit zahlreichen amüsanten Wortduellen unterhalten. So kommen dieses Mal auch alle romantisch veranlagten Leser auf ihre Kosten und man bangt vor allem mit Palmiro mit, der einerseits sehr gewitzt, andererseits aber oftmals zu vertrauensselig ist.
Conlins und Reinhilds Werdegang wird ebenfalls unterhaltsam geschildert, allerdings fand ich, dass Conlins mögliche Stolpersteine, gegen Ende des Romans, zu zügig aus dem Wege geräumt wurden. Anders dargeboten, hätte sein Kampf die Familienehre zu retten, für zusätzliche Spannungselemente sorgen können.
Dennoch möchte ich für diesen Minikritikpunkt keinen Punktabzug vornehmen, weil mir der zweite Teil der Pilger- Reihe ansonsten so gut gefallen hat. Petra Schier hat einfach ein Händchen für historischen Romanstoff und kann sowohl unterhalten, als auch nebenher Wissen vermitteln, ohne dass man das Gefühl bekommt, man säße inmitten einer drögen Unterrichtsstunde. Und nun bleibt gespanntes Abwarten auf den noch ausstehenden dritten Teil der Reihe, der hoffentlich bald erscheinen wird.
Kurz gefasst: Unterhaltsame Familiensaga und historisches Sittengemälde in einem. Ein packender zweiter Teil der „Pilger“-Reihe.
Kreuz-Trilogie:
1. Teil: Die Eifelgräfin
2. Teil: Die Gewürzhändlerin
3. Teil: Die Bastardtochter
Pilger- Reihe:
1. Teil: Das Kreuz des Pilgers
2. Teil: Das Geheimnis des Pilgers