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Veröffentlicht am 02.08.2022

Familiengeschichte über eine starke, übergewichtige Frau

Lügen über meine Mutter
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In diesem Buch setzt sich die Autorin autobiografisch mit der Ehe ihrer Eltern und deren eigenem Erleben als Kind auseinander.
Die Familie lebt in den 1980er Jahren in einem kleinen rheinland-pfälzischen ...

In diesem Buch setzt sich die Autorin autobiografisch mit der Ehe ihrer Eltern und deren eigenem Erleben als Kind auseinander.
Die Familie lebt in den 1980er Jahren in einem kleinen rheinland-pfälzischen Dorf. Der Vater hat den sozialen Aufstieg vom Bauernkind zum Angestellten geschafft und legt zum weiteren Emporkommen Wert auf totalen Rückhalt seiner Frau, vor allem ein ansprechendes Äußeres. Diese, Kind schlesiendeutscher Zuwanderer, gerät gewichtsmäßig allerdings völlig aus den Fugen. Ihr extremes Übergewicht ist omnipräsentes Thema in der Familie und führt zu permanenten Erniedrigungen der Mutter durch den Vater. Dabei ist letztlich sie es, die das Unternehmen Familie ganz dem damaligen Zeitgeist entsprechend schmeißt. Irgendwann gewinnt dann auch die Mutter die Oberhand, ohne dass ihr Mann es wahrhaben will. Die kleine Daniela gibt mit ihrem kindlichen Beobachtungsvermögen das auch sie sehr belastende Familienleben über einen Zeitraum von etwa vier Jahren wieder. Unterbrochen werden die Schilderungen von Einschüben, in denen die erwachsene Daniela eigene Überlegungen zu ihrer Kindheit anstellt, den möglichen Ursachen für die Gewichtsprobleme der Mutter nachgeht und Gespräche mit der Mutter über deren Ehe führt.
Der Roman ist unglaublich fesselnd und durch die gewählte Erzählperspektive der kleinen Daniela angenehm zu lesen. Er spricht ein auch aus heutiger Sicht noch so wichtiges Thema an: Den Druck auf Frauen, schön zu sein und dem arbeitenden Ehemann den Rücken freizuhalten. Während der gesamten Lektüre habe ich mit der übergewichtigen Mutter mitgelitten und mich gefragt, wann diese endlich wagt, sich vom Mann zu trennen angesichts all seiner Erniedrigungen. Doch auch Daniela lässt einen mitfühlen. Als Kind steht sie zwischen den Stühlen und ihr wird so manches Mal die Rolle der überhaupt nicht altersgerechten erwachsenen Vermittlerin zwischen den Eltern zugewiesen.
Das Buch erhält von mir eine klare Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 21.07.2022

Totalabsturz eines Erfolgsmenschen

Ein Sommer in Niendorf
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Der erfolgreiche Wirtschaftsrechtsanwalt Dr. Roth mietet vor einem Jobwechsel für drei Monate ein Ferienapartment in dem Ostseedorf Niendorf, um ein Buch über seine Familiengeschichte zu schreiben. Nach ...

Der erfolgreiche Wirtschaftsrechtsanwalt Dr. Roth mietet vor einem Jobwechsel für drei Monate ein Ferienapartment in dem Ostseedorf Niendorf, um ein Buch über seine Familiengeschichte zu schreiben. Nach anfänglichem Unwillen verbringt er mehr und mehr Zeit mit dem Hauswart, Spirituosenverkäufer und Strandkorbverwalter Breda. Immer häufiger frönen beide gemeinsam dem Alkohol, so dass aus Roths ursprünglichem Plan nichts wird und er den Totalabsturz zum Alkoholiker vollzieht. Was am Ende der drei Monate steht, ist dann völlig überraschend. Jedenfalls wird Roth zu einem völlig neuen Menschen, auch dank Bredas Freundin Simone, für Roth geradezu eine Nicht-Traumfrau.
Der Wandel Roths im Laufe seines Arbeitsurlaubs ist faszinierend zu lesen. Am Anfang ist er arrogant, lässt an nichts und niemandem ein gutes Haar, jedenfalls in seinen ausschweifenden Gedanken. Es folgt dann eine Phase der Einsamkeit, in der Roth geradezu nach menschlicher Gesellschaft lechzt. Als er dann bereits dem Alkohol verfallen ist, steht seine Verwirrtheit im Vordergrund und liest sich alles recht konfus. Es gibt viele spaßig anmutende Szenen.
Alles in allem eine schöne Lektüre.

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Veröffentlicht am 16.07.2022

Ossis und Wessis

Gewittergäste
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Die Geschichte ist im Jahr 2019 angesiedelt und noch immer scheinen die in der ehemaligen DDR einerseits und in den westdeutschen Bundesländern andererseits geborenen und aufgewachsenen Menschen gespalten ...

Die Geschichte ist im Jahr 2019 angesiedelt und noch immer scheinen die in der ehemaligen DDR einerseits und in den westdeutschen Bundesländern andererseits geborenen und aufgewachsenen Menschen gespalten zu sein. Diese Botschaft jedenfalls vermittelt der vorliegende als Novelle bezeichnete Roman anhand seiner Romanfiguren. Die aus dem Westen stammenden und seit zehn Jahren in Ostdeutschland lebenden Eheleute Jenny und Friedrich haben einen ostdeutschen Arbeitskollegen nebst Ehefrau sowie die Ex-Freundin des Mannes zum Abendessen eingeladen, das aber völlig aus dem Ruder läuft, vor allem aufgrund der Reden des auf Krawall gebürsteten Rolfs, der die DDR immer noch hochhält. Alkohol, schwüle Sommerhitze und ein aufziehendes Gewitter tun ein Übriges, um die Stimmung anzuheizen. Zuletzt wendet sich die Geschichte zum Skurrilen und Surrealen. Denn mit dem Auftauchen eines syrischen Pizzaboten, eines ehemaligen Sowjetsoldaten und im Manöver befindlichen NATO-Hubschraubers werden neue Themen angesprochen.
Das Buch beschert angenehme Lesestunden.

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Veröffentlicht am 14.07.2022

Autobiografische Familiengeschichte

Die Schuhe meines Vaters
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In der jüngeren Vergangenheit schreiben Autoren, Schauspieler und ähnlich bekannte Personen gerne ihre Familiengeschichten in Buchform. Und alle sind sie sehr besonders, weil jede Familie ihr eigenes Schicksal ...

In der jüngeren Vergangenheit schreiben Autoren, Schauspieler und ähnlich bekannte Personen gerne ihre Familiengeschichten in Buchform. Und alle sind sie sehr besonders, weil jede Familie ihr eigenes Schicksal hat. Das gilt auch für das vorliegende Buch von Andreas Schäfer. Anlass für es war der unerwartete Tod seines Vaters vor einigen Jahren, als er vor die Entscheidung gestellt wird, wann die Maschinen abgestellt werden. Auch ein ärztlicher Behandlungsfehler und sogar eine eigene Mitschuld stehen im Raum. Zwei Jahre später versucht der Autor dann beim Schreiben herauszufinden, wer sein Vater war, zu dem er aufgrund seiner Charakterzüge immer ein schwieriges Verhältnis hatte. Wir lesen interessante Etappen – die Kindheit im nationalsozialistischen Berlin mit eher distanzierten eigenen Eltern, die Ausbombung des elterlichen Wohnhauses, dem Studium als erstem aus seiner Familie, der von den Eltern missbilligten Ehe mit einer Griechin, dem Familienleben, und immer wieder von den Wutanfällen sowie der auf sich selbst bezogenen Eloquenz des Vaters. Aber auch sehr viele schöne Momente finden Eingang in die Schilderungen. Am Ende kann der Autor das Tun des Vaters sehr viel besser nachvollziehen und verstehen, so dass eine Versöhnung der beiden gelungen ist.
Sehr lesenswert.

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Veröffentlicht am 09.07.2022

Auf den Spuren des Großvaters

Beifang
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Dieser Roman spricht all diejenigen mit Interesse an Familiengeschichten an. Ich finde ihn sehr gelungen.
Worum geht es? Frank, Anfang 40, hadert mit seinem eigenen Leben. Studiert ohne einkömmliche Anstellung, ...

Dieser Roman spricht all diejenigen mit Interesse an Familiengeschichten an. Ich finde ihn sehr gelungen.
Worum geht es? Frank, Anfang 40, hadert mit seinem eigenen Leben. Studiert ohne einkömmliche Anstellung, noch während der Schwangerschaft von seiner Freundin verlassen, nur selten persönlichen Kontakt zum Sohn, der eigene Vater eher verschlossen bzgl. seiner familiären Herkunft, von der verheirateten Geliebten schließlich dazu gedrängt, der Familiengeschichte auf den Grund zu gehen. So beginnt Frank eine Rundreise zu einigen der elf Geschwister seines Vaters und lässt sich von ihnen deren Erinnerungen an einen Vater erzählen, die sie ihm fast schon als Anekdoten präsentieren und bei ihnen durchaus auch voneinander abweichen, denn jeder hat seine ureigene Sicht von den Eltern. So erfährt er, dass sein Großvater nach dem Zweiten Weltkrieg als Zechenhilfsarbeiter mit seiner Ehefrau und den zwölf Kindern in beengten und ärmlichen Verhältnissen in dem Zechendorf Selm-Beifang gelebt hatte. Hunger und Gewalt gegenüber den Kindern sind an der Tagesordnung, alle sind als Asoziale verschrien. Doch ist einer von ihnen in Not, so halten sie zusammen, auch später noch. Eine Frage besonders treibt Frank um – wie haben die Kinder, insbesondere sein Vater, das aushalten können? Und haben die traumatischen Erlebnisse seiner Angehörigen Spuren auch in den nachfolgenden Generationen, also auch bei ihm selbst, hinterlassen? Ob er hierauf Antworten erhält, sollte jeder selbst lesen. Überaus lesenswert ist das Buch allemal.

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