Abgelaufenes Gewürz
Honey & SpiceIch hatte das Buch angefordert, weil ich selten Bücher mit PoC lese und weil die Protagonistin in den Medien aktiv ist. Ich hatte mich auf eine leichte, interessante Liebesgeschichte gefreut. Und die ersten ...
Ich hatte das Buch angefordert, weil ich selten Bücher mit PoC lese und weil die Protagonistin in den Medien aktiv ist. Ich hatte mich auf eine leichte, interessante Liebesgeschichte gefreut. Und die ersten Seiten waren toll - bis mir der pseudo-freche Sprachstil der Hauptfigur auf den Keks ging. Nach 7 % nervte es mich, nach 20 % war sprachlich alles gesagt und klar, worauf die Geschichte hinausläuft. Ich wollte nur noch, dass es aufhört.
Es behandelt vermeintlich typische Probleme 20-Jähriger - Liebe und vor allem Gruppenzugehörigkeit. War mir zu klischeehaft.
Rezi enthält Spoiler!
Worum geht es?
Studentin Kiki hat nach dem Tod der Mutter und einem traumatischen Erlebnis soziale Ängste entwickelt, sie hat nur eine beste Freundin. Außerdem hat sie eine Affäre mit dem Fuckboy der Uni. Außerdem hat sie eine Radioshow und versteht sich als Sprachrohr der Schwarzen Community. Für ein Stipendium muss diese Sendung jedoch aufgepeppt werden, damit die Zuschauerzahlen steigen. Und da sie sich gerade in den neuen Studenten der Uni verliebt, bieten sich Synergien.
Die Figuren
Mein großes Problem mit Kiki war, dass ich mich nicht in sie hineingefunden habe. Sie war in der Highschool gut in ihre Gruppe integriert, geriet aber ins Abseits, weil ihre Freunde nicht verstehen konnten, dass sie die Krankheit der Mutter belastet. Später wurde sie vom Freund ihrer Freundin angebaggert, doch er schob das Kiki in die Schuhe. Diese Scham und die Ächtung hat sie so sehr deprimiert, dass sie soziale Ängste entwickelt. Daher hat sie auch an der Uni kaum Freunde. Trotzdem ist sie bestens über die Geschehnisse ihrer Gemeinschaft informiert und hat eine lockere Affäre. Außerdem wird sie nach dem Höhepunkt plötzlich von allen gemocht. All das passiert unglaublich schnell. Für mich waren weder ihrer Ängste nachvollziehbar, noch, warum sie so schnell gelöst wurden. Soziale Ängste können zum Problem werden und sie machen auch soziale Beziehungen manchmal schwierig. Hier tun sie das kaum.
Vor allem hat mich genervt, dass Kiki soviel Wert drauf legt, zu einer Gruppe zu gehören. Das Thema wer gerade in welcher Clique drinsteckt, ist ihr sehr wichtig. Und natürlich hat auch Kiki Vorurteile, die sich - magisch! - als falsch herausstellen.
Außerdem ergözt sie sich in sätze-langen Beschreibungen, wer welches Outfit trägt, welche Farbe der Nagellack hat etc.
Kiki wird uns als scheinbar perfektes Wesen mit Fehlern verkauft - das alles hat man schon x-mal gelesen, manchmal auch besser.
Malakai sieht göttlich aus - nicht ein bisschen göttlich, sondern wirklich göttlich. Was uns die Erzählerin in verschiedenen Formen nahebringt. Emotionale Qualitäten hat er auch - er schleppt sie auf ihre Lieblings-Convention. Er ist ein lieber, verständnisvoller Kerl, der für Dramaqueen Kiki vielleicht zu schade ist? Und er dreht Filme, die sie toll findet. Die Beschreibungen der Filme fand ich nicht besonders, auch wenn ich die Idee toll finde. Ich fand's auch doof, dass Kiki ihn am Ende vor dem Kopf stößt, aber ER den ersten Schritt macht. Das bestätigt wieder das bekannte Bild des Retters. Aber ich mochte seine Hintergrundgeschichte. Die letztlich leider abgekürzt wird. Trotzdem hat mich das berührt.
Kikis beste Freundin ist die dunkle Quintessenz Kikis. Als Freundin ist sie nett und der Protagonistin eine tolle Assistentin. Als Partnerin erwartet sie, dass der Mann ihr monatelang den Hof macht. Obwohl sie sich nicht sicher ist, ob sie mit ihm zusammen sein möchte. Am Ende kritisiert Kiki das auch. Ich konnte den Grund für das Verhalten nachvollziehen, aber nicht, warum der Mann das so lange mitmacht.
Allen dreien gemein ist, dass das Verhalten der Eltern das der Kinder beeinflusst. Während Kiki durch den Verlust der Eltern Bindungsängste hat, möchten die Freundin und Malakai es besser machen. Sie handeln entgegen der Eltern, stoßen damit ihre Flirtpartner:innen aber auch vor den Kopf. Ich fand das total interessant!
Dramaturgie
Der Text folgt der Dramenkurve, wie man es kennt: Es gibt ein zentrales Problem, das bis zum Höhepunkt gesteigert wird, parallel entsteht ein neues Problem, das am Ende gelöst wird. Wer sowas mag, wird seine Freude haben. Leider sind die Probleme nicht tief genug und die Handlung vorhersehbar.
Schreibstil
Kikis Ich-Perspektive ist "drüber" - sie dramatisiert vieles, alles wirkt wie im Neonlicht. Die Autorin erklärt, dass ihr Liebe wichtig ist - daher gibt es im Buch auch viele Metaphern, viele Beschreibungen der Liebe. Für meinen Geschmack zuviel, aber Romantik-Fans kommen total auf ihre Kosten.
Kulturelle Bezüge
Im Vergleich zu anderen Texten sind die Verweise auf "die Schwarze Community" eher subtil: Kiki hört gern R'n B aus den 90ern z.B. D'Angelo, aber auch Beyoncé. Am deutlichsten wird das bei den Klamotten, von denen ich überwiegend noch nicht gehört habe - hier ergeben sich viele Ansatzpunkte für Recherche. Probleme wie Rassismus werden angesprochen, sind aber nicht das zentrale Thema.
Das Buch ist ein Text, der PoC-Protagonist:innen eine Bühne gibt, ohne die "Colour" in den Mittelpunkt zu stellen. Das sie in einem Bereich präsent macht, der von vielen Leser:innen konsumiert wird. Ich hatte etwas anderes erwartet, finde es aber gut.
Fazit
Wenn ich das Nachwort lese und all die Arbeit und die Gedanken, die in den Text geflossen sind, dann würde ich gerne sagen, dass es ein toller Text war. War es aber nicht. Es ist ein klischeehaftes, oberflächliches Werk, das aus all den guten Ansätzen nicht mehr macht als einen Liebesroman für eine Zugfahrt bei Nacht. Es ist so schade, dass das Grundproblem cool und Malakais Persönlichkeit interessant ist. Aber das wird nicht ausgespielt, weil die Hauptfigur und ihr Hang zum Drama im Mittelpunkt stehen. Und nein, "spicy" war's überhaupt nicht.