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Veröffentlicht am 26.08.2022

Spannende Fortsetzung der Anwaltskrimi-Reihe

Pirlo - Falsche Zeugen
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MEINE MEINUNG
Nach seinem packenden und erfrischend frechen Auftakt „Pirlo – Gegen alle Regeln“ hat der deutsche Autor und Strafverteidiger Ingo Bott mit dem zweiten Band seiner vielversprechenden Anwaltskrimi-Reihe ...

MEINE MEINUNG
Nach seinem packenden und erfrischend frechen Auftakt „Pirlo – Gegen alle Regeln“ hat der deutsche Autor und Strafverteidiger Ingo Bott mit dem zweiten Band seiner vielversprechenden Anwaltskrimi-Reihe „Pirlo – Falsche Zeugen“ erneut einen äußerst unterhaltsamen Roman vorgelegt, der mit seinem spektakulären neuen Fall für Hoch-Spannung sorgt.
Diesmal führen uns die Nachforschungen rund um den neuen höchst verzwickten Fall zwischen die Fronten der albanischen Maliki-Clan-Familie und einer Düsseldorfer Nazi-Rocker-Bande. Das ungewöhnliche Duo aus Strafverteidiger Pirlo und seiner Kollegin Sophie Mahler sollen dem jungen Faruk Maliki dabei helfen, zu beweisen, dass jemand ihm den Tod des Rockerbosses Rainer Waßmer in die Schuhe schieben will. Dumm nur, dass er am Abend zunächst eine Auseinandersetzung mit dem Erstochenen hatte, später am Tatortort war und zudem noch Fingerabdrücke auf der Tatwaffe hinterlassen hatte. Bei der bescheidenen Beweislage ein geradezu unmögliches Unterfangen Beweise für die Unschuld ihres Mandanten zu finden;P zudem will der Maliki-Clan sie nur bei einem Freispruch bezahlen.
Der Autor Ingo Bott hat sich wieder einen ziemlich speziellen Kriminalfall ausgedacht, der mich vor allem mit viel lebendigem Lokalkolorit, schrägen Episoden, scharfsinnigen, witzigen Dialogen und interessanten Hintergrundinformationen zur Rechtsprechung bestens unterhalten konnte.
Sprachlich wird der Roman sicherlich nicht allen zusagen, denn die Erzählweise ist zunächst etwas gewöhnungsbedürftig. Doch passt der lockere, bisweilen auch recht derbe Schreibstil perfekt in das entsprechende Clan-Milieu. Angereichert mit einer ordentlichen Portion Wortwitz, bissigem Humor und Situationskomik wird der Roman zu einem mitreißenden Lesevergnügen. Die kurzen Kapitel und damit verbundenen Szenenwechsel sowie ein hohes Tempo bringen von Beginn an ein enormes Tempo viel Spannung in die Geschichte.
Mit Strafverteidiger Dr. Anton Pirlo hat Bott einen interessanten, vielschichtigen und sehr ungewöhnlichen Protagonisten geschaffen, der als Strafverteidigern mit seiner coolen Art und unkonventionellen, nicht immer rechtskonformen Herangehensweise deutlich aus dem Rahmen fällt und ein wenig scheint er auch ein Alter Ego des Autors zu sein. Sehr geschickt gibt uns der Autor zu seinem charismatischen und ziemlich chaotischen Protagonisten Pirlo mit seinen sorgsam verborgenen familiären Wurzeln und seiner für einen angesehenen Anwalt etwas problematischen Familie wieder ausgiebige Einblicke in seinen spannenden privaten Backgrouind. Zudem lassen einen die Gastauftritte seiner impulsiven Brüder immer wieder schmunzeln.
Ein absolutes Highlight ist für mich aber die junge sympathische Anwältin Sophie Mahler, die sich kompetent und hochengagiert in den Fall reinhängt, hervorragend mit Pirlo umzugehen versteht und immer mehr zur Höchstform aufläuft – auch wenn sie im Laufe der schwierigen Recherchen von Pirlo wegen einer turbulenten Affäre mit der mysteriösen Alena komplett hängen gelassen wird.
Die Nachforschungen des Anwaltsduos zum kuriosen Fall gestalten sich recht zäh, zudem sorgen die ausführlichen Ausflüge in Pirlos Privatleben zur Mitte hin für einen Spannungsabfall und einen deutlichen Durchhänger. Doch dann wird es nach einigen unvorhersehbaren Wendungen und überraschenden Verwicklungen zunehmend packender, so dass man gespannt, dem Ausgang von Faruks Fall vor Gericht entgegenfiebert.
Schade allerdings, dass der Autor zum Ende hin noch einen ärgerlichen Plottingfehler übersehen hat, der im Widerspruch zum Beginn steht und mich recht verwirrt hat.
Dennoch ist Ingo Bott wieder ein packender Krimi gelungen, der mir trotz einiger Schwächen gut gefallen hat und mich schon sehr gespannt auf die Fortsetzung der tollen Reihe warten lässt.

FAZIT
Eine unterhaltsame und spannende Fortsetzung der Anwaltskrimi-Reihe rund um das ungewöhnliche Anwaltsduo Pirlo und Mahler - mit tollen charismatischen Figuren, derbem Humor und einem flotten Schreibstil!

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Veröffentlicht am 24.07.2022

Ruhiger Tessin-Krimi mit viel Lokalkolorit

Mord in Montagnola
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MEINE MEINUNG

Mit ihrem unterhaltsamen Urlaubskrimi „Mord in Montagnola“ hat die deutsche Autorin Mascha Vassena einen vielversprechenden Auftakt zu einer neuen Krimi-Reihe vorgelegt, die im idyllischen ...

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Mit ihrem unterhaltsamen Urlaubskrimi „Mord in Montagnola“ hat die deutsche Autorin Mascha Vassena einen vielversprechenden Auftakt zu einer neuen Krimi-Reihe vorgelegt, die im idyllischen Tessin angesiedelt ist.

Im Mittelpunkt steht die deutsche freie Übersetzerin Moira, die in ihr Heimatdorf zurückkehrt, um sich ein bisschen um ihren eigensinnigen, gesundheitlich etwas angeschlagenen alten Vater zu kümmern und eher zufällig in die Ermittlungen zu einem mysteriösen Todesfall eingebunden wird. Wie es der Zufall will, ist ihr ehemaliger Jugendfreund inzwischen leitender Rechtsmediziner der zuständigen Region, der dafür sorgt, dass sie als Dolmetscherin die Befragungen durch die örtliche Polizei unterstützt. Schon bald steckt Moira mitten drin in den Mordermittlungen rund um den Toten im historischen Eiskeller und muss erkennen, dass hinter der Fassade des harmonischen dörflichen Zusammenlebens jede Menge sorgsam verborgene Abgründe lauern Gespannt verfolgt man, wie Moira mit ihrer Neugier, untrüglichen Spürnase und guter Intuition beginnt auf eigene Faust Nachforschungen anzustellen, um die Wahrheit ans Licht zu bringen.

Gekonnt werden wir in die pittoreske Schweizer Urlaubsregion Tessin entführt, so dass beim Lesen des Krimis schon bald ein herrliches Urlaubsfeeling aufkommt. Neben der idyllischen Tessiner Landschaft und interessanten Schauplätzen beschreibt die Autorin auch das beschauliche Dorfleben sehr lebendig und anschaulich. Man merkt deutlich, dass die am Luganer See lebende Autorin die Gegend und lokale Mentalität hervorragend kennt und zudem die regionale Küche mit ihren kulinarischen Köstlichkeiten zu schätzen weiß.

Die Autorin versteht es, mit ihrem lebendigen Schreibstil und atmosphärisch dichten Beschreibungen die Handlung abwechslungsreich und unterhaltsam zu gestalten, wozu vor allem die sympathischen Figuren sowie die ausgiebigen Einblicke in ihr bewegtes Privatleben und persönliche Probleme beitragen. Da gerät der eigentliche, clever angelegte und zum Miträseln bestens geeignete Kriminalfall bisweilen etwas ins Hintertreffen.

Auch wenn die eher ruhige Geschichte zum Ende hin immer mehr an Fahrt aufnimmt, hätte ich mir insgesamt etwas mehr Spannungsmomente gewünscht. Nach einigen unerwarteten Wendungen zieht der Spannungsbogen schließlich deutlich an und gipfelt in einem packenden Showdown. Die Auflösung des Mordfalls ist in sich schlüssig und glaubhaft.
Die verschiedenen Charaktere wurden abhängig von ihrer Rolle recht vielschichtig und lebendig ausgearbeitet, und wirken sehr glaubhaft. Viel Raum wird vor allem der ansprechenden Protagonistin Moira und ihrer unkonventionellen Art sowie den amourösen Verwicklungen mit ihrem ehemaligen Jugendfreund eingeräumt, Ich bin schon gespannt, auf eine Fortsetzung der Reihe und vor allem, wie die Autorin die nicht ganz glaubwürdige Lösung weiterführt, wie es möglich ist, dass eine deutsche Dolmetscherin zu weiteren Kriminalermittlungen hinzugezogen werden kann.

FAZIT

Ein unterhaltsamer Krimi-Auftakt im pittoresken Tessin - mit einem interessanten Fall, viel Lokalkolorit und sympathischen Charakteren. Ein netter, eher ruhiger Urlaubskrimi!

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Veröffentlicht am 29.06.2022

Faszinierendes Leseabenteuer

Orwells Rosen
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MEINE MEINUNG
In ihrem hochinteressanten Buch „Orwells Rosen“ beschäftigt sich die bekannte US-amerikanische Essayistin und Aktivistin Rebecca Solnit mit dem bewegten Leben und Schaffen von Eric Arthur ...

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In ihrem hochinteressanten Buch „Orwells Rosen“ beschäftigt sich die bekannte US-amerikanische Essayistin und Aktivistin Rebecca Solnit mit dem bewegten Leben und Schaffen von Eric Arthur Blair alias George Orwell (1903 - 1950), der mit seinen berühmten Werken „1984“ und „Animal Farm“ zweifellos zu den einflussreichsten englischen Schriftstellern des 20. Jahrhunderts gerechnet werden kann. Und doch umfasst die Lektüre auf bemerkenswerte Weise noch so viel mehr, beleuchtet sie doch in einem vielfältig zusammengetragenen Kaleidoskop etliche lose miteinander zusammenhängende Themenbereiche und unterhaltsame Anekdoten.
Ausgangspunkt ist die Entdeckung der Autorin, dass George Orwell 1936 bei seinem kleinen Cottage im idyllischen Örtchen Wallington in Hertfordshire einen Garten anlegte und dort auch Rosensträucher pflanzte. Inspiriert von George Orwells Liebe für das Gärtnern, begibt sich die Autorin auf eine mitreißende und sehr abwechslungsreiche Spurensuche, in der sie zu ergründen versucht, was Gartenarbeit für Orwell bedeutet haben mag.
„Als Orwell sich dafür aussprach, Bäume zu pflanzen, weil kaum ein Mensch etwas zu tun vermag, was länger Bestand hat, ging es ihm um die Zukunft und den Beitrag, den er dazu leisten konnte.“
Mit ihrem literarisch ansprechenden, assoziationsreichen Erzählstil spannt die Autorin einen weiten Bogen von einer vielschichtigen Analyse zur „Geste des Rosenpflanzens“, über Episoden aus George Orwells faszinierendem Leben, zeitgeschichtlichen Hintergründen bis hin zu so unterschiedlichen Themen wie beispielsweise Klimakrise, Stalinismus oder dem antiguanischen Schriftsteller Jamaica Kincaid.
In den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen stellt sie zudem immer wieder die Rosen als domestizierte Wildpflanze, die nicht nur das Ewige symbolisieren, sondern auch Freude, Glück und sinnliches Vergnügen –Themen, die erstaunlicherweise auch in Orwells Werken auftauchen. Die interessanten Exkurse der Autorin befassen sich von der kulturellen Bedeutung der Rosen über das berühmte Rosen-Foto der Revolutionärin Tina Modotti bis hin zur ertragsreichen, ausbeuterischen Rosenindustrie als Massenware und regen zum Nachdenken an.
Die Autorin hat sich sehr eingehend mit der Lebensgeschichte und dem Werk von Orwell beschäftigt – auch wenn sie uns keine eigentliche Biografie präsentiert, so erfährt man in ihren „Streifzügen“ doch viele fesselnde, eher unbekannte Details und Begebenheiten, wie beispielsweise Orwells familiäre Abstammung, aber auch seine politisch-sozialen Überzeugungen, die sich in seinen Werken wieder finden. Orwell verabscheute jede zentrale Autorität, warnte vor dem Totalitarismus als große Gefahr für Freiheit und Menschenrechte und war überzeugt davon, dass Sozialismus durch Veränderung der Macht- und Eigentumsstrukturen zu einer besseren Gesellschaft führen könne.
Ob nun beispielsweise die Episoden als er im Norden Englands hautnah die Ausbeutung, desolaten Zustände in der Kohleindustrie und bittere Armut in der Region miterlebte oder seine Zeit im spanischen Bürgerkrieg – die Autorin zeichnet ein faszinierendes, stimmiges Porträt des Autoren, Menschen und leidenschaftlichen Gärtners hinter seinen Werken in all seinen Facetten lebendig werden. So hatte ich am Ende der Lektüre das Gefühl, George Orwell von einer neuen Seite kennen gelernt zu haben, und habe richtig Lust bekommen, seine Bücher wieder zur Hand zu nehmen und darin auch das faszinierende Konzept von Lebenslust und Schönheit als einen Akt des Widerstands zu entdecken.
Abgerundet wird das Buch mit einem Anhang, der in den Anmerkungen einen Nachweis der verwendeten Zitate enthält, einen Bildnachweis und ein umfangreiches Register zum Nachschlagen umfasst.

FAZIT
Ein außergewöhnliches mitreißendes Leseabenteuer und eine faszinierende Abhandlung über George Orwell und sein Werk, das Gärtnern und die Rosen – nachdenklich stimmend, hochinteressant und abwechslungsreich erzählt.

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Veröffentlicht am 21.06.2022

Spannender Capri-Krimi mit tollem Lokalkolorit

In einer stillen Bucht
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MEINE MEINUNG
Mit „In einer stillen Bucht“ ist dem unter italienisch klingendem Pseudonym schreibende Krimiautor Luca Ventura ein spannender dritter Band seiner Capri-Krimi-Reihe gelungen, die vor dem ...

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Mit „In einer stillen Bucht“ ist dem unter italienisch klingendem Pseudonym schreibende Krimiautor Luca Ventura ein spannender dritter Band seiner Capri-Krimi-Reihe gelungen, die vor dem traumhaften Setting der berühmten italienischen Urlaubsinsel mitten im Golf von Neapel angesiedelt ist. Auch der neue interessante Fall für das sympathische Ermittlerteam auf der Insel -Enrico Rizzi und die Norditalienerin Antonia Cirillo – bietet als typischer Regionalkrimi neben den abwechslungsreichen Ermittlungen wieder viel Lokalkolorit und südländisches Flair, so dass schon bald ein tolles, sommerliches Urlaubsfeeling aufkommt. Zur besseren Orientierung finden sich auf der Innenseite der vorderen und hinteren Broschurklappen liebevoll gezeichnete Übersichtskarten von Capri sowie der Region vom Golf von Neapel mit den wichtigsten, im Roman erwähnten Schauplätzen.
Da jeder Fall in sich abgeschlossen ist, lässt sich auch dieser dritte Band problemlos ohne Vorkenntnisse lesen.
Mit seinem lebendigen Schreibstil und anschaulichen Schilderungen versteht Ventura es hervorragend, das besondere Flair dieser kleinen mediterranen Insel und die italienische Lebensart authentisch und stimmungsvoll einzufangen.
Mit einem häufigen Wechsel der Erzählstränge und Schauplätze ist es dem Autor gut gelungen, die Handlung abwechslungsreich zu gestalten und den Spannungsbogen trotz des insgesamt eher ruhigen Tempos immer mehr anzuziehen. Durch falsche Fährten, eine Vielzahl an möglichen Tatmotiven und Verdächtigen sowie einigen unerwarteten Wendungen eignet sich der Krimi hervorragend zum Mitermitteln und Spekulieren. Neben den fesselnden Ermittlungen zum verzwickten Mordfall erhalten wir auch wieder interessante Einblicke in das Privatleben der beiden Hauptfiguren, Details aus ihrer Vergangenheit und ihren privaten Problemen. Die verschiedenen Charaktere sind mit ihren Eigenarten sehr lebensnah, vielschichtig und insgesamt glaubhaft angelegt.
Seht gut hat mir wieder die sympathischen Hauptfigur Enrico Rizzi von der lokalen Polizeistation auf Capri und seine bodenständige Art gefallen. Durch die unverschämten Einmischungen der Mordkommission in Neapel lässt er sich nicht aus der Ruhe bringen und treibt seine eigenen Ermittlungen unbeirrt voran. Die junge, aus dem Norden strafversetzte Kollegin Antonia Cirillo hat sich inzwischen mit Rizzi und dem Inselleben arrangiert und trägt mit ihrer Erfahrung, Intuition und ihrem scharfen Verstand maßgeblich zur Aufklärung des Falls bei.

Zum Ende hin nimmt der Fall immer mehr an Fahrt auf und gipfelt in einem fesselnden Finale. Die überraschende Auflösung des Mordfalls und das Tatmotiv sind in sich schlüssig und glaubhaft, die Aufklärung des Tathergangs wirkte jedoch auf mich etwas nebulös und konstruiert und konnte mich nicht vollkommen überzeugen.

Dennoch bin schon sehr gespannt auf den nächsten Band und einen neuen Kriminalfall für die beiden sympathischen Ermittler Rizzi und Cirillo und lasse mich gerne wieder auf die idyllische Urlaubsinsel Capri entführen.


FAZIT
Ein ruhiger, aber spannender Regionalkrimi - mit viel Lokalkolorit und tollem Insel-Flair. Ein idealer Urlaubskrimi!

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Veröffentlicht am 09.06.2022

Agatha Christies mysteriöses Verschwinden

Mrs Agatha Christie
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Die amerikanische Autorin Marie Benedict hat in ihrem spannenden historischen Roman "Mrs Agatha Christie" eine wahre Begebenheit aus dem Leben der berühmten englischen Krimiautorin Agatha ...

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Die amerikanische Autorin Marie Benedict hat in ihrem spannenden historischen Roman "Mrs Agatha Christie" eine wahre Begebenheit aus dem Leben der berühmten englischen Krimiautorin Agatha Christie aufgegriffen, die im Dezember 1926 für elf Tage auf mysteriöse Weise verschwand und in ganz England eine großangelegte Suche nach sich zog. Die genaueren Hintergründe für das, was damals wirklich geschah, wurden niemals aufgeklärt. Geschickt hat Benedict aus den wenigen bekannten Fakten und naheliegenden Spekulationen ihre eigene Version für Agatha Christies Verschwinden ersonnen und präsentiert uns eine durchaus plausible Erklärung für ihre Beweggründe damals.
Herausgekommen ist dabei eine spannende, für mich zwar nicht sonderlich überraschende aber insgesamt stimmige Geschichte über diese sehr rätselhafte Episode in Christies Leben – gekonnt inszeniert wie von der versierten Krimiautorin Christie höchstpersönlich.
Angelegt ist der Roman auf zwei unterschiedlichen Zeitebenen, die einander abwechseln und für Spannung und Abwechslung sorgen. In mit „Das Manuskript“ betitelten Kapiteln, die in der Vergangenheit ab 1921 angesiedelt sind, schildert Agatha Christie rückblickend aus der Ich-Perspektive, wie sie ihren späteren Ehemann Archibald Christie kennenlernt und von Szenen aus ihrem zunehmend angespannten Eheleben. Daneben erleben wir in der Gegenwart die Geschehnisse von 1926 rund um Agathas Verschwinden aus der Sicht des Ehemanns Archibald in der dritten Person, begleiten die Suche nach der Vermissten, die Ermittlungen der Polizei und erfahren von Schuldzuweisungen, seinem sorgsam gehüteten Geheimnis sowie sich schließlich verdichtenden Verdachtsmomenten gegen ihn.
Es ist sehr fesselnd, die aus den unterschiedlichen Perspektiven geschilderten Entwicklungen mit zu verfolgen. Sehr gut haben mir die aufschlussreichen Einblicke in Agathas Leben, ihren familiären Hintergrund und das Eheleben mit ihrem ersten Mann gefallen. Erstaunt erlebt man eine intelligente, durchaus selbstbewusste junge Frau, die erste Erfolge als Schriftstellerin feiert, aber aufopferungsvoll in einem gänzlich traditionellen Rollenbild verharrt, ihrem angehimmelten Archie eine perfekte Ehefrau sein möchte und sogar bereit ist, ihre Tochter Rosalind für ihn hinten anstehen zu lassen. Ihr allmählicher Entwicklungsweg von einer bisweilen devoten, in gesellschaftlichen Konventionen gefangenen Frau, über die wütend-verzweifelte Ehefrau angesichts eines sich zunehmend distanzierenden bis hin zu der toughen Schriftstellerin, die schließlich alle Fäden in der Hand hat, bereit ihren eigenen Weg zu beschreiten, wird von der Autorin sehr anschaulich und nachvollziehbar beschrieben.
Den Charakter von Archie, der als sehr unsympathisch und egoistisch dargestellt wird, empfand ich leider als ziemlich blass und eindimensional. Gerne hätte ich noch mehr über die Hintergründe erfahren, die zur Zerrüttung der Ehe mit Agatha geführt haben.
Geschickt zieht die Autorin den Spannungsbogen an, lässt die beiden Handlungsstränge immer mehr aufeinander zulaufen und lässt ihre Geschichte schließlich in einem brillanten Finale münden - ganz in herrlicher Agatha Christie-Manier, in dem zum Ende die raffinierte Auflösung auf einen Schlag den Anwesenden präsentiert wird.
Mich hat dieser Roman neugierig gemacht auf diese faszinierende Frau und ihr schillerndes Leben und hat mich natürlich auch dazu angeregt, einmal wieder eines ihrer Bücher zu lesen!
FAZIT
Ein spannender und unterhaltsamer Roman über eine mysteriöse und nie aufgeklärte Episode aus dem Leben der erfolgreichen Krimiautorin Agatha Christie!

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