Profilbild von Anti81

Anti81

Lesejury Profi
offline

Anti81 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Anti81 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.08.2022

Ein ruhiger, düsterer Kriminalroman

Sturmrot
0

~ Olof Hagström wagt sich nach mehr als zwanzig Jahren zurück in seine Heimatstadt. Doch statt einem Wiedersehen mit seinem Vater Sven erwartet ihn dessen Leiche im Badezimmer seines Elternhauses.
Auch ...

~ Olof Hagström wagt sich nach mehr als zwanzig Jahren zurück in seine Heimatstadt. Doch statt einem Wiedersehen mit seinem Vater Sven erwartet ihn dessen Leiche im Badezimmer seines Elternhauses.
Auch die Polizistin Eira Sjödin ist in die nordschwedische Region Ådalen zurückgekehrt, um ihre demente Mutter zu unterstützen. Und sie kann sich nur zu gut an Olof erinnern. Denn bevor er damals verschwand, hat er die Vergewaltigung und den Mord an der jungen Lina Stavred gestanden. Eira beginnt in dem Mordfall Sven Hagström zu ermitteln und stößt auf eine Wahrheit, die für alle zum Alptraum wird. ~

Aller Anfang ist schwer. So auch bei „Sturmrot“ von Tove Alsterdal. Die Handlung plätscherte dahin, zog sich in die Länge und hüpfte hin und her. Ich verlor beim Lesen immer wieder den Faden bis, ungefähr ab der Hälfte, der Aha-Effekt einsetzte. Denn ab da fügt sich alles ineinander. Und auch wenn die Spannung etwas fehlte, hat es in der zweiten Hälfte dann doch noch richtig Spaß gemacht. Insgesamt bleibt es aber düster und am Ende werden mit Sicherheit viele Leser enttäuscht aufschreien. Warum darf ich natürlich nicht verraten. Nur so viel: Ich persönlich fand den Schluss sehr gut gemacht. Aber ich mag es einfach, wenn es nicht so läuft, wie erwartet. Und es wird ja noch zwei weitere Teile geben.

Kurz: Ein ruhiger, düsterer Kriminalroman, der mich zu Beginn etwas verwirrt, zum Ende hin dann aber doch begeistert hat. Und ein Schluss, der den Leser bestürzt zurücklässt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.07.2022

Ein toller Roman über Einsamkeit, Freundschaft, Verlust und Chancen.

Der Gesang der Flusskrebse
0

Niemand kennt Kya Clark. Aber alle „kennen“ das Marschmädchen. Von ihrer Familie verlassen und von den anderen Bewohnern Barkley Coves isoliert, wächst sie ganz allein in der Flussmarsch auf. Ihre einzigen ...

Niemand kennt Kya Clark. Aber alle „kennen“ das Marschmädchen. Von ihrer Familie verlassen und von den anderen Bewohnern Barkley Coves isoliert, wächst sie ganz allein in der Flussmarsch auf. Ihre einzigen Begleiter sind die Muscheln und Seevögel. Bis sie auf Tate trifft, der ihrem Leben eine neue Richtung gibt und auf Chase, dessen Tod Kyas Leben zu zerstören droht.


Meine Erwartungen an „Der Gesang der Flusskrebse“ waren groß. Schließlich zierte das Buch eine Ewigkeit die Spiegel-Bestsellerliste und erobert ab August sogar die deutschen Kinos. Und tatsächlich ist der Roman von Delia Owens außergewöhnlich.
Mit Kya Clark lernt der Leser eine Protagonistin kennen, die es schafft, der Einsamkeit zu trotzen und unter den widrigsten Bedingungen in der Flussmarsch zu überleben. Dabei ist die Natur ihre wichtigste Stütze. Und genau das ist das Kernstück dieses Romans. Der Leser spürt auf jeder einzelnen Seite die Liebe und Verbundenheit zur Natur. Delia Owens bedient sich hier eines besonderen, fast ausschließlich beschreibenden Schreibstils, an den ich mich zugegebenermaßen erst einmal gewöhnen musste. Mir fehlten zu Beginn die Dialoge. Doch ich konnte mich, dank der einfühlsamen Stimme der Sprecherin Luise Helm, schnell rein hören. Die Faszination für Kya als Person und die Flussmarsch als Setting haben mich gefesselt. So konnten auch einige Längen mein Hörvergnügen nicht schmälern. Der Kriminalfall um den Tod von Chase gab der Geschichte noch mal etwas Spannung, störte aber gleichzeitig die Ruhe. Obwohl ich gerne Krimis lese, sehnte ich mich in diesem Fall, ähnlich wie Kya, aus dem Gerichtssaal zurück in die Marsch. Dennoch sorgten die Ermittlungen für eine interessante Abwechslung.


Kurz: Ein toller Roman über Einsamkeit, Freundschaft, Verlust und Chancen. Über Menschen in all ihren Facetten und die Liebe zur Natur. Ich werde noch eine lange Zeit gedanklich mit dem Boot durch die Flussmarsch fahren, um mit Kya Federn zu sammeln.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.07.2022

Eine schaurig schöne Horror Story

Whispering Fields - Blutige Ernte
0

„Whispering Fields - Blutige Ernte“ von Thomas Finn ist wirklich spooky.
Kornkreise, verschwundene Menschen und kopflose Leichen in der Lausitz - die Kommissarin Sarah Richter und ihr sorbischer Kollege ...

„Whispering Fields - Blutige Ernte“ von Thomas Finn ist wirklich spooky.
Kornkreise, verschwundene Menschen und kopflose Leichen in der Lausitz - die Kommissarin Sarah Richter und ihr sorbischer Kollege Antonin Schultkas stehen vor einem Rätsel. Auch Tim Opitz will, zusammen mit seinen Freunden, die gruseligen Ereignisse im Zusammenhang mit seinem vermissten Zwillingsbruder aufklären. Dabei stoßen sie auf eine alte, sorbische Sage und auf ein eigentümliches Dorf, in dem nicht alles mit rechten Dingen zuzugehen scheint.

Hört sich spannend an, oder? Ist es auch. Ich mag ja so düstere Horror-Storys.
Die Geschichte ist echt fesselnd, das Thema der sorbischen Sage toll umgesetzt. Dann sind die Charaktere auch noch interessant und sympathisch. Was will man mehr? Okay, den ein oder anderen Schocker hatte man in ähnlicher Form schon mal woanders gesehen oder gelesen. Aber was solls? Auch hier haben sie wieder bestens funktioniert.
Einziges Manko: Die Dialoge in den unterschiedlichen Dialekten. Sie machen das Ganze zwar besonders authentisch, waren für mich, als Leser, aber kaum zu verstehen. Im eBook ist es sehr lästig, sich bis zur Legende durchzublättern. Aber zum Glück hielt sich das in Grenzen.

Kurz: Ein solider und spannender Horror-Thriller, der dem Leser die ein oder andere Gänsehaut beschert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.06.2022

Ein außergewöhnliches Leseerlebnis

Der Sohn des Orkschamanen
0

~ Ich wollte etwas anderes, ich bekam etwas anderes. ~

Ab und an lese ich ja Fantasy, aber aus der Sicht eines Orks habe ich noch nie etwas gelesen. Und ich muss zugeben, Sharshuk und ich haben einige ...

~ Ich wollte etwas anderes, ich bekam etwas anderes. ~

Ab und an lese ich ja Fantasy, aber aus der Sicht eines Orks habe ich noch nie etwas gelesen. Und ich muss zugeben, Sharshuk und ich haben einige Kapitel gebraucht, um uns aneinander zu gewöhnen. Aber dann fluppte es plötzlich und ich werde den Orkschamanen sogar etwas vermissen.

Aber jetzt erstmal zum Inhalt:
Im Leben des jungen Orks Sharshuk läuft es nicht rund. Sein Vater ist von ihm enttäuscht, seine Angebetete verachtet ihn, der Oger seines Stammes würde ihn am liebsten umbringen und zu allem Überfluss duftet er auch noch nach Flieder.
Doch als sein Dorf von einer Gefolgschaft aus Elf, Zwerg, Magier und Mensch nahezu ausgelöscht wird, scheint Sharshuks große Stunde gekommen zu sein.
Denn der Sohn des Orkschamanen ist der Einzige, der sein Volk rächen kann.

Mein Einstieg in das Reich der Orks war etwas holprig. Mal ehrlich, wer kann sich schon mit einem Ork identifizieren? Auch fehlte mir der Background aus der Geisterwelt der Schamanen. Was z.B. ist ein Tooru und wer bitteschön soll dieser Sho sein? Ich konnte mich aber glücklicherweise relativ schnell mit dieser außergewöhnlichen Welt vertraut machen und dann den Rest von Sharshuks Reise richtig genießen.

„Der Sohn des Orkschamanen“ von @lewmarschall ist schon etwas Besonderes. Es ist dreckig, es ist brutal, es ist magisch, es ist schockierend, irgendwie traurig, aber auch stellenweise richtig lustig. Ich habe die Dialoge zwischen Sharshuk und seiner Keule Ingashkuk geliebt. Stellenweise war ich fasziniert und interessiert. Stellenweise habe ich mir gedacht: Wer kommt nur auf sowas Beklopptes (im positiven Sinn)? An Wissen über die Welt der Orks habe ich auf jeden Fall ordentlich zugelegt und kann damit beim nächsten Bier mit den Rollenspielern unter meinen Freunden angeben.
Ich bin mir sicher, dass dieser High-Fantasy Roman die Rollenspieler-Herzen höher schlagen lässt. Und auch ich habe mich, nach dem ersten Schock, ganz ausgezeichnet unterhalten gefühlt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.05.2022

Eine exzellent recherchierte Reportage über den 2. Weltkrieg

Versteckt vor aller Augen
0

„Versteckt vor aller Augen“ von Pieter van Os habe ich schon vor längerer Zeit gelesen, häppchenweise und in kleinen Abschnitten, doch erst jetzt habe ich Worte für eine Rezension gefunden. Denn die Überlebensgeschichte ...

„Versteckt vor aller Augen“ von Pieter van Os habe ich schon vor längerer Zeit gelesen, häppchenweise und in kleinen Abschnitten, doch erst jetzt habe ich Worte für eine Rezension gefunden. Denn die Überlebensgeschichte von Mala ist nichts, was man einfach mal so weg liest, es ist kein Roman. Es ist eher eine exzellent recherchierte Reportage über den 2. Weltkrieg, die die volle Konzentration und Aufmerksamkeit des Lesers erfordert.
Anhand von Malas Erinnerungen, Reisen zu wichtigen Stationen aus ihrem Leben, Gesprächen mit betroffenen Personen und weiterführenden Informationen aus Archiven und Sachbüchern zeichnet Pieter van Os Malas beeindruckende Geschichte nach.
Dabei legt der Autor sein Augenmerk hauptsächlich auf seine Recherchearbeit, was Malas Schicksal etwas in den Hintergrund drängt, dafür aber viele andere Schicksale und Fakten zutage bringt. Dadurch habe ich unheimlich viel Neues und sehr Interessantes über den 2. Weltkrieg gelernt, es hat das Lesen aber auch mühsam gemacht. Teilweise fühlte ich mich von den Fakten etwas erschlagen und ich hätte mir mehr „Mala“ gewünscht.
Wenn man sich aber von Malas Überlebensgeschichte löst und das Buch als das sieht, was es ist, dann wird man es gern und mit großem Interesse lesen.
Denn in „Versteckt vor aller Augen“ erfährt man nicht nur, was im Zweiten Weltkrieg alles passiert ist, man lernt “Krieg“ zu verstehen. Soweit man so etwas Absurdes überhaupt verstehen kann. In keinem Buch vorher habe ich so viel über das Gedankengut, die Hintergründe und den geschichtlichen Zusammenhang eines Krieges erfahren.
Und mir wurde klar, dass es kein Gut und Böse in einem Krieg gibt, keinen Schuldigen und keinen Unschuldigen, es gibt nur jemanden, der der Auslöser war. Oft unter einer fadenscheinigen Rechtfertigung wie Religion oder Ortsanspruch. Ist ein Krieg erst einmal angefangen, bedroht, verfolgt und tötet jeder jeden auf die gleiche grausame Weise, unabhängig davon zu welcher Bevölkerungsgruppe er gehört oder in welchem Land er wohnt. Ein Krieg macht aus "unschuldigen" Menschen "Schuldige" und aus "guten" Menschen "Böse". Die Gründe dafür mögen verschieden sein, einige aus moralischer Sicht eher zu verstehen, einige eher zu verurteilen. Aber alle Gründe lassen Menschen zu Monstern werden. Das hat mir dieses Buch ganz klar gezeigt. Es klagt niemanden an, es gibt niemanden die alleinige Schuld, außer dem Krieg selber.
Zwei Zitate aus dem Buch möchte ich euch an dieser Stelle gerne zeigen, die (hoffentlich) zum Nachdenken anregen.
~ „Ich habe mich oft gefragt“, sagte Mala eines Tages, “wenn es umgekehrt gewesen wäre, wenn die Deutschen alle Katholiken hätten umbringen wollen und nicht die Juden, was hätten die Juden dann gemacht? Hätten sie den Deutschen gesagt, wo sich die Katholiken versteckt hielten? Hätten die Juden die Katholiken genauso verraten, wie unzählige Katholiken Juden verraten haben? (...)“ ~
~ In einem Satz gesagt, erst wenn der oder die Andere sich erfolgreich als eine der Unseren darstellen kann, darf sie mit einer gewissen Menschlichkeit, einem gewissen Mitgefühl rechnen. ~
Gerade in der jetzigen Situation würde ich mir wünschen, dass viele Menschen dieses Buch mit Verstand und Herz lesen, so wie auch viele andere gute Bücher zum 2. Weltkrieg. Vielleicht wird dann der allseits bekannte Spruch endlich einmal war.
Stellt euch vor irgendein Idiot sagt, es ist Krieg. Und KEINER geht hin...
Es könnte doch so einfach sein!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere