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Veröffentlicht am 25.07.2022

Lesenswerter Auftakt der Reihe

Das Lied der Störche
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Ostpreußen 1920: Frederike wächst auf dem Gut ihres Stiefvaters tief in der Provinz auf. Dort lernt sie mehr und mehr das Landleben zu genießen, und erfährt, was es bedeutet, ein Gut zu führen. Dennoch ...

Ostpreußen 1920: Frederike wächst auf dem Gut ihres Stiefvaters tief in der Provinz auf. Dort lernt sie mehr und mehr das Landleben zu genießen, und erfährt, was es bedeutet, ein Gut zu führen. Dennoch ist ihr Glück nicht ungetrübt, denn ihr Erbe ging durch den großen Krieg verloren und so muss sie um ihre Zukunft bangen. Um so mehr freut es sie, dass es mit Ax von Stieglitz jemanden gibt, der Interesse an ihr zeigt und um sie wirbt. Doch gleichzeitig umgibt den Mann eine mysteriöse Aura, die Frederike zögern lässt.

In Erwartung von leichter und flotter Unterhaltung trat ich an das Buch heran, und wurde auch nicht enttäuscht. Allerdings konnte mich das Buch auch nicht besonders überraschen. So ist das Buch grob gesehen in zwei Abschnitte unterteilt. Der erste beschreibt eindrucksvoll das Leben und Aufwachsen auf einem Ostpreußischen Gut in der Zwischenkriegszeit. Hier bekommt die Leserschaft einen sehr eindrucksvollen Einblick darin, wie abgehängt dieser Teil des Landes im Vergleich zum Reich immer noch war. So hatte ich persönlich nur selten das Gefühl, mich in den goldenen Zwanzigern zu befinden. Im zweiten Teil rückt dann das Liebesleben, bzw. dahingehende Versuche der mittlerweile Erwachsenen Frederike in den Vordergrund. Smit nimmt die Geschichte deutlich an Fahrt auf, denn durch die fehlende Liebesgeschichte oder eines anderen, ähnlich stark ausgebauten Plots im ersten Teil, fehlt diesem ein wenig der Wind in den Segeln. Diese eher flaue Stelle wird allerdings durch den flotten und lockeren Schreibstil auf alle Fälle wett gemacht. So wird man sehr sanft und rasch durch das Buch getragen, eine pageturner-artige Sogwirkung entsteht. Auch bei der Gestaltung der Protagonist:innen hat die Autorin nicht besonders viel falsch gemacht. Besonders Frederike ist sehr facettenreich und sympathisch gestaltet, allerdings kam es mir bei manchen der Randcharakteren oft vor, als sollten mit diesen gezielt Klischees bedient werden. An und für sich nicht besonders schlimm oder verwerflich, allerdings wirkten diese dann recht eindimensional. Besonders positiv aufgefallen ist mir aber, dass gesellschaftliche und politische Entwicklungen der Zeit thematisiert wurden - in einem gesunden Maß - was mir im Vergleich zu anderen Büchern, die ich aus diesem Genre in dieser Epoche gelesen habe, deutlich gefehlt hat.

Insgesamt aber eine lesenswerte und vor allem unterhaltsame Geschichte für zwischen durch. Sicherlich auch für Einsteiger:innen in das Genre sehr gut geeignet.

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Veröffentlicht am 11.07.2022

The Old Dominion State

Virginia
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Peggy, eine überzeugte Lesbe besucht ein Frauencollege im Virginia der Sechziger. Dort unterrichtet auch Lee, schwuler Literaturprofessor und Sohn einer wohlhabenden und alteingesessenen Familie. So weit ...

Peggy, eine überzeugte Lesbe besucht ein Frauencollege im Virginia der Sechziger. Dort unterrichtet auch Lee, schwuler Literaturprofessor und Sohn einer wohlhabenden und alteingesessenen Familie. So weit so gut, doch plötzlich beginnen die beiden eine stürmische Liebesbeziehung, aus der rasch eine Ehe und zwei Kinder, Byrdie und Mickie, hervorkommen. Doch die Ehe scheint ein einziger Interessenkonflikt und dementsprechend lange hält die Ehe auch. Peggy bricht aus, packt ihre Tochter Mickie ein, und flieht in den Südosten Virginias, um sich dort ein neues Leben als schwarze Mutter mit einer schwarzen Tochter aufzubauen.

Das Reizvolle an dem Buch war für mich von Anfang an, die Aussicht, dass das angestammte Bild von Vorstadtleben mit Mutter, Vater, Kind, das wir alle beim Gedanken an das Amerika der Sechziger und Siebziger vor Augen habe, rasch auf radikale Art und Weiße auf den Kopf gestellt werden würde. Und dementsprechend dauerte es nicht lange, bis die Autorin ihre Leserschaft mit unkonventionellen Gedankengängen und Taten ihrer Protagonistin schockiert. Das Faszinierende dabei ist dann aber auch, dass Nell Zink darauf verzichtet, sich intensiver damit zu beschäftigen, den Finger in die Wunde der damaligen konventionellen Missstände zu legen, sondern einfach mit rasantem Tempo im Leben Peggys weiter voranschreitet. Ungewöhnlich und stilistisch einzigartig. Im Generellen schafft es Nell Zink ihre Protagonist:innen so zu gestaltet, dass diese zwar als lebensechte und nahbare Sympathieträger erscheinen, auch wenn ich beim Lesen immer wieder das Gefühl hatte, dass diese bewusst ein wenig auf Distanz gehalten werden, um so Gefäße für die Rebellion und das Dasein einer ganzen Generation an Menschen zu schaffen, die aus der Norm ihrer jeweiligen Mehrheitsgesellschaft fallen und deren Leben deshalb in jeglicher Weiße aus der Norm fällt. Und dies ist meiner Meinung nach gut gelungen. Und so findet man auf der einen Seite dutzende Denkanstöße darauf, was in den Köpfen der damaligen Amerikaner:innen, aber auch in denen vieler noch heute lebenden, eigentlich falsch läuft. Darüber hinaus findet man sich auch immer wieder Stellen, an denen man sich selbst in den Protagonist:innen wieder erkennt. Das Ende hat mich allerdings ein wenig enttäuscht, denn dieses erschien mir viel zu rasch abgehandelt und ich fand mich stellenweise ein wenig ratlos und alleingelassen. Kurzum: das Ende war für meinen Geschmack zu kurz, gehetzt und ein wenig realitätsfremd - also auf dem Level, bei dem bei mir eine unsichtbare Grenze des Wohlbefindens überschritten wurde.

Dennoch ist das Buch definitiv ein must read und ich bin beinahe rundum begeistert.

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Veröffentlicht am 26.06.2022

Der Schatten der amerikanischen Gesellschaft

Der Mann, der vom Himmel fiel
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Thomas J. Newton taucht scheinbar aus dem nichts in Kentucky auf. Schon bald beginnt der Mann, den niemanden kennt, durch den Verkauf von neuartigen, zuvor nie dagewesenen Technologien Massen an Geld zu ...

Thomas J. Newton taucht scheinbar aus dem nichts in Kentucky auf. Schon bald beginnt der Mann, den niemanden kennt, durch den Verkauf von neuartigen, zuvor nie dagewesenen Technologien Massen an Geld zu verdienen. Dabei zeiht er zwei Personen magisch in seinen Bann: die Alkoholikerin Betty Joe, die rasch Gefühle für den mysteriösen Fremden entwickelt, und den Chemiker Nathan Bryce, der viel mehr an den Hintergründen hinter den neuen wissenschaftlichen Produkten interessiert ist.

Walter Tevis scheint ja die literarische Wiederentdeckung des letzten Jahres zu sein. Dementsprechend war ich sehr gespannt auf das Buch. Und seinem Ruf als begnadeter Literat wird er mit seiner poetischen und einnehmenden Sprache durchaus gerecht. Dementsprechend war es für mich beim Lesen ein wahrer Genuss, vor allem, da der Autor immer wieder gesellschafts- und politisch relevante Aspekte und Kritikpunkte an der amerikanischen Gesellschaft mit einfließen lässt, die bis heute nichts an Aktualität verloren haben, was im Hinblick darauf, dass die Originalfassung des Buches bereits in den 60ern erschien, wirklich beeindruckend ist. Dennoch war ich nach den ersten siebzig Seiten des Buches vom bisherigen Fortgang der Geschichte ein wenig enttäuscht. Zwar zog es sich nicht, allerdings empfand ich es so, dass das Potential der Geschichte nicht vollends ausgeschöpft wurde. Zu viele und zu große Sprünge in die Zukunft, aus denen man durchaus noch verwertbares, solides Material herausholen konnte. Allerdings verbesserte sich das mit dem Fortlauf der Geschichte immer weiter, der Plot wurde engmaschiger und für mich besser nachvollziehbarer und nahbarer. Das letzte Drittel machte dann alles hervorgegangene Wett. Hier findet sich ein wirklich solide ausgearbeiteter und vor allem überraschender Spannungsbogen.

Auch auf Ebene der Charaktergestaltung war ich vorerst ein wenig enttäuscht, hatte mir mehr erhofft. Denn sowohl Newton, Bryce als auch Betty blieben mit anfangs sehr unnahbar und kalt. Bei Betty änderte sich dies im restlichen Buch nicht, sie ist für mich rückblickend weniger, als der Klappentext verspricht, auch wenn sie zweifelsfrei vielschichtig gestaltet ist und vor allem einen wichtigen, gerne vergessenen Aspekt der amerikanischen Leistungsgesellschaft widerspiegelt. Mit Newton und vor allem Bryce wurde ich bis zum Ende der Geschichte aber durchaus warm, auch wenn bei ihnen weiterhin Luft nach oben besteht.

Insgesamt ein durchaus gutes Buch, auch wenn in Sachen Plot und Protagonisten der Anfangt noch sehr tapsig wirkt.

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Veröffentlicht am 02.05.2022

solide japanische Literatur

Das Leben eines Anderen
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Akira Kido ist eigentlich Scheidungsanwalt. Doch nachdem er von einer ehemaligen Klientin um Hilfe gebeten wird, begibt er sich auf eine ungewöhnliche Spurensuche. Bei diesem interessanten Fall handelt ...

Akira Kido ist eigentlich Scheidungsanwalt. Doch nachdem er von einer ehemaligen Klientin um Hilfe gebeten wird, begibt er sich auf eine ungewöhnliche Spurensuche. Bei diesem interessanten Fall handelt es sich nämlich um die gestohlene Identität des Mannes der Klientin. Denn nach dessen frühzeitigen Tod stellte sich heraus, dass dieser in Wirklichkeit ganz jemand anderes ist, als es schien. Fasziniert davon, seine eigene Identität aufzugeben und das bisherige Leben komplett hinter sich zu lassen, versteift sich Akiro immer mehr auf die Suche nach der Wahrheit und den Hintergründen des Identitätswechsels.

Für mich persönlich fällt es schwer, das Buch in eine bestimmte Schublade zu stecken. Den einerseits erinnert es an das typische Katz-und-Maus-Spiel eines Kriminalromanes und dieses zu verfolgen brachte einerseits eine unterschwellige und sanfte Spannung in die Geschichte, da dieser Aspekt des Buches nicht zu deutlich und tonangebend. Darüber hinaus erinnern sehr viele Elemente an einen Gesellschaftsroman. So setzt sich das Buch einerseits mit Sippenhaftung auseinander, aber auch mit anderen wichtigen Aspekten der japanischen Gesellschaft, wie der koreanisch-japanischen Geschichte oder den Vorurteilen gegenüber der koreanischstämmigen Minderheit im Japan. Hier gibt das Buch einen äußerst interessanten und wichtigen Einblick, der mir als Europäer recht unbekannt war. Darüber hinaus konnte mich auch der Schreibstil des Autors überzeugen, wenn auch nicht begeistern. Denn bei meinen bisherigen Erfahrungen mit ostasiatischer Literatur habe ich gemerkt, dass mir der recht nüchterne Schreibstil, nicht immer zusagt. Dieses mal aber war dieser weniger trocken, auch wenn er nicht voll und ganz meinen Geschmack traf.

Letztendlich ist der Roman ein solides Stück japanischer Literatur, das definitiv lesenswert ist, auch wenn ich leider nicht ganz überzeugt werden konnte.

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Veröffentlicht am 12.09.2023

Sie ist ein Vorbild für jede gewaltbereite Frau

Magdalena Sünderin
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Magdalena, eine unabhängige Frau und siebenfache Männermörderin, kurzum der Schrecken der katholischen Welt, entführt einen Priester in einem österreichischen Alpendorf. Sie braucht ihn als Beichtvater, ...

Magdalena, eine unabhängige Frau und siebenfache Männermörderin, kurzum der Schrecken der katholischen Welt, entführt einen Priester in einem österreichischen Alpendorf. Sie braucht ihn als Beichtvater, damit ihr endlich einmal ein Priester zuhört, damit sie endlich ihre Geschichte erzählen kann. Für den artigen Pfarrer ist seine Entführung anfangs eine komplette Katastrophe, aus der sich zu befreien er versucht, doch nach und nach, nachdem er mehr aus dem Leben der Sünderin erfahren hat, wandeln sich seine Emotionen hin zu einer für ihn bisher komplett neuen Empfindungswelt.

Lilian Faschinger schafft mit diesem Roman ein urösterreichisches Buch, dass den Finger in die Wunde der Probleme der ländlichen Regionen Österreichs liegt. Fehlende Frauenemanzipation, familiärer Druck und der Umgang mit denjenigen, die nicht in die Vorstellungen der Mehrheitsgesellschaft passen werden hier minutiös aufgearbeitet, und der Gedanke liegt nahe, dass hier auch autobiographische Hintergründe eine Rolle spielen, da es sich bei der Autorin ja um eine Kärntnerin handelt. Darüber hinaus werden anhand der Lebensgeschichte und der unterschiedlichen Männer, denen Magdalena begegnet, die unterschiedlichsten menschlichen Emotionen aufgerollt und deutlich vor Augen geführt, wie diese die menschliche Psyche beeinflussen können. Denn Obwohl Magdalena eine Sünderin ist, 7 vor dem Gesetz unschuldige Männer getötet hat, ist sie die Heldin der Geschichte, das aber ungezwungen, die Leserschaft hat es selbst in der Hand sich ein Urteil zu fällen. Das Interessante hierbei ist nämlich der stilistische Aspekt. Leserschaft und der Priester geraten in eine passive, zuhörende Rolle, während auf beinahe zeitdeckende Art und Weise mittels ewig langen Monologen Magdalenas die Geschichte erzählt wird. Nur ab und zu werden Gedanken des gefesselten Priesters mit eingeschoben, in denen dessen schleichender Geisteswandel festgehalten wird. Darüber hinaus bedient sich die Autorin einer komplexen und intellektuellen Sprache, die mich sehr stark an diejenige Thomas Bernhards erinnert hat. Generell habe ich hin und wieder Parallelen zwischen den beiden gezogen, da sie abgesehen von ihren komplexen sprachlichen, von Übertreibungen und Neologismen strotzenden Wortgebilden, auch in ihrer Österreich-, Gesellschafts- und Katholizismuskritik übereinstimmen.

Das Buch bietet demnach sehr viele Einblicke in einen intellektuellen, inneralpinen Geist, regt zum Nachdenken an und fasziniert, hat dennoch einige langatmige Stellen und erfordert bei der Lektüre hohe Konzentration.

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