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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.07.2022

Wie Bücher unsere Entscheidungen beeinflussen

Mit Moby Dick aufs Containerschiff
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Autor Roland Schwarz hat insgesamt 27 Anekdoten über Lieblingsbücher, die entscheidend die Leben deren Leser beeinflusst haben, gesammelt. So hat sich Martin aus Graz, nach der Lektüre von Moby Dick, den ...

Autor Roland Schwarz hat insgesamt 27 Anekdoten über Lieblingsbücher, die entscheidend die Leben deren Leser beeinflusst haben, gesammelt. So hat sich Martin aus Graz, nach der Lektüre von Moby Dick, den Wunsch Kapitän Ahab nachzueifern, erfüllt. Martin fährt nun als Kapitän eines Containerschiffs über die Weltmeere.

Auch Kinder- und Jugendliteratur gibt unterschwellig Ratschläge zur Berufswahl: Ein Salzburger Mädchen war von Thomas Brezinas „Knickerbocker-Bande“ so begeistert, dass sie nun als rasende Reporterin ihre Brötchen verdient.

Doch nicht nur aktueller Lesestoff wie Harry Potter beeinflusst Berufswahl oder Selbstwahrnehmung, nein auch Klassiker wie Schiller und Goethe prägen unsere Gedanken. Zahlreiche Leser aus mehreren Jahrzehnten haben sich auf Goethes Spuren nach Italien begeben und ihre Liebe zu unserem südlichen Nachbarland entdeckt.

Meine Meinung:

Was man schon immer über Bücher wusste: Sie können das Leben nachhaltig verändern!

Ich habe mich während des Lesens gefragt, welches Buch meinem Leben eine entscheidende Wendung gegeben hat, bin aber auf keinen Titel gestoßen, der aus meiner mehr als 5.500 Bücher umfassenden Bibliothek, so besonders herausgestochen hat. Vielleicht Mario Puzos „Der Pate“, der mich schon in jungen Jahren ein Krimi-Fan hat werden lassen.

Eine nette Idee des Autors ist es, weitere Geschichten über Bücher, die einem eine neue Welt eröffnet oder nachhaltigen Einfluss auf das eigene Leben haben, zu sammeln und in einer Fortsetzung zu veröffentlichen.

Fazit:

Gerne gebe ich dieser Sammlung von Anekdoten 4 Sterne.

Veröffentlicht am 27.07.2022

Einblick in eine längst vergangene Welt

Kuriositäten aus der Reisetasche
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Boris Sandler entführt seine Leser in eine längst versunkene Welt: in die jiddische Welt. Er ist vielen Lesern unbekannt, schreibt er doch auf jiddisch, quasi der Alltagssprache (alt)österreichischer Juden. ...

Boris Sandler entführt seine Leser in eine längst versunkene Welt: in die jiddische Welt. Er ist vielen Lesern unbekannt, schreibt er doch auf jiddisch, quasi der Alltagssprache (alt)österreichischer Juden. Die gelungene Übersetzung stammt von Andrea Fiedermutz.

Der Autor ist 1942 in Beltz, damals Bessarabien heute Moldawien, geboren und ist ein Meister der Erzählkunst. In 21 Essays blickt er in die Seele jüdischer Familien, die seit je her zum Spielball der Politik geworden sind. Dabei fördert er skurrile Geschichten, historische Fakten sowie die Traumata, die durch die Shoa entstanden sind zu Tage.

Mit der dem für das Jiddische so eigenem Humor eröffnet Boris Sandler einen interessanten, für manche Leser, neuen Blickwinkel auf die Reisen der Juden, die jene häufig nicht freiwillig unternommen haben. Selbst die Auswanderung ins Gelobte Land (Israel) oder in die USA hat sich oft zwangsläufig ergeben.

Der Schreibstil ist feinsinnig, humorvoll, mit der für das Jiddische so übliche Ironie. Ein Beispiel dafür ist jene Geschichte („Der schwarze Teller“) der Mutter des Ich-Erzählers, die sich für das „Konzert laut ihren Bestellungen“ von Radio Moskau ein jiddisches Lied wünscht. Tatsächlich wird dann das Lied „Itzig hat schon Hochzeit gehalten“ gespielt. Allerdings bleibt das nicht ohne Folge für die Bestellerin und in der Folge hat Radio Moskau nie wieder ein jiddisches Lied gespielt.

Für Leser, die sich bislang nur wenig oder gar nicht mit dem Jiddischen beschäftigt haben, finden sich Erläuterungen im Anhang.

Fazit:

Diesem Buch, das einen tiefen Einblick in eine verloren gegangene Welt eröffnet, gebe ich gerne 5 Sterne.

Veröffentlicht am 27.07.2022

Wohnen & Arbeiten im gesunden Mix

Wie ein lebendiges Stadtviertel entsteht
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Gleich vorab: Dieses interessante Buch ist für Politiker, Stadtplaner und Architekten gedacht. Es holt 18 große Wiener Wohnsiedlungen vor den Vorhang, die nach dem Prinzip „Wohnen & Arbeiten“ in den 80er ...

Gleich vorab: Dieses interessante Buch ist für Politiker, Stadtplaner und Architekten gedacht. Es holt 18 große Wiener Wohnsiedlungen vor den Vorhang, die nach dem Prinzip „Wohnen & Arbeiten“ in den 80er und 90er Jahren errichtet worden sind.

Diese 18 Wohnsiedlungen sind:

Assanierungsgebiet Ottakring
Wohnpark Alt-Erlaa
Wohnpark Sandleiten
Wohnpark Rennweg
Wohnpark Kornäusl
Wohnpark Handelskai
Wohnpark Dresdner Straße
Wohnpark Erdberg
Meiselmarkt
Zentrum Muthgasse
Wohnpark und Hochhaus Neue Donau
Wohnpark Kreuzgasse
Trillerpark
Millenium City
Wohnpark Molkereistraße
Kabelwerk
Liesinger Brauerei
Schloss Liesing

Allen Projekten ist gemeinsam, dass sie unter der Ära von Finanzstadtrat Hans Mayr initiiert und durchgeführt wurde, der Ansatz eine gute Mischung zwischen Wohnen, Arbeiten und Freizeit anzustreben. In der Vergangenheit haben ja reine Wohnschlafstadtteile für mehr Verkehr und gettoähnliche Zustände gesorgt, die nicht mehr anzustreben waren.

Meine Meinung:

Autor Manfred Wasner, selbst Architekt und in einige Projekt eingebunden, berichtet in insgesamt sieben Abschnitten über die Erkenntnisse dieser Wohnbauära. Leider sind die ersten Kapitel ziemlich trocken und voller Statistiken, was keine leichte Kost ist, aber für den Erkenntnisgewinn (Kapitel 5), wie ein gelungener Mix aus Wohnen & Arbeiten aussehen kann und soll, wichtig ist.
Interessant sind dann Kapitel 6 und 7, in der zahlreiche Anekdoten aus der Arbeitsweise der Wiener Stadtpolitik eingeflochten sind.

Als Wienerin, die mehrere Arten zu wohnen kennengelernt hat, hat mich dieses Buch sehr interessiert, vor allem deswegen, weil ich einige Zeit einem Architekten gearbeitet habe.

Man kann aus diesem Buch Erkenntnisse gewinnen, warum das eine Stadtviertel lebendiger als so manch anderes ist. Daher sei dieses Buch den Stadtplanern ans Herz gelegt.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Buch, dessen Zielgruppe sich eher aus Stadtplanern, Architekten und Politikern zusammensetzt als aus „normalen“ Lesern, 4 Sterne.

Veröffentlicht am 27.07.2022

Eine gelungene Fortsetzung

Salzburger Dirndlstich
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Mit diesem zweiten Fall für die Arzthelferin Rosemarie Dorn ist Autorin Katharina Eigner ein herrlicher Mix aus Krimi, Informationen zu Land und Leuten sowie das doch ein wenig schräge Gewese um eine Modenschau ...

Mit diesem zweiten Fall für die Arzthelferin Rosemarie Dorn ist Autorin Katharina Eigner ein herrlicher Mix aus Krimi, Informationen zu Land und Leuten sowie das doch ein wenig schräge Gewese um eine Modenschau gelungen.

Worum geht‘s?
Zu Beginn der Abschlussmodenschau der Modeschule Hallein hört das gesamte Auditorium den Streit zwischen Ella Krimbichler und Susi Dorn, Rosemaries Tochter, bei dem Susi ihrer Kontrahentin wünscht, auf der Bühne umzufallen. Man weiß ja aus der Literatur, dass man mit Wünschen vorsichtig umgehen sollte, denn blöderweise klappt Ella nur wenig später bei der Präsentation ihres Dirndls tot zusammen. Für den Dorfpolizisten Roderich ist Susi natürlich die Verdächtige der ersten Wahl.

Doch Ellas Tod ist nicht das einzige Verbrechen, das Roderich der Susi anhängen möchte: Denn nahezu zeitgleich verschwindet das „Urdirndl“ aus der alarmgesicherten Vitrine. Auch wenn das Kleidungsstück wie ein Bodenwischtuch (auf gut Österreichisch „Ausreibfetzn“) aussieht, ist das Exponat von unschätzbarem Wert.

Wer den ersten Krimi „Salzburger Rippenstich“ gelesen hat, wird wissen, dass Roderich nicht unbedingt die hellste Kerze auf der Torte ist. Denn eigentlich haben ja Rosi und ihre beste Freundin Vroni die Verbrechen damals aufgeklärt.

Und so bleibt Rosemarie nichts anderes übrig, als gemeinsam mit Vroni selbst zu recherchieren, um ihre Tochter zu entlasten, zumal auch noch der Schulausschluss droht.

Meine Meinung:

Die Fortsetzung ist gut gelungen, weil auch der rote Faden, nämlich Rosis unbekannte Herkunft wieder aufgenommen wird. Gleichzeitig erhalten die Leserinnen zahlreiche Informationen zu Tracht und Dirndl. Unsere Frau Autorin hat dazu sogar bei der Doyenne der Dirndlschneiderinnen Gexi Tostmann recherchiert. Mit solchen Fakten können Autoren bei mir immer punkten.

Herrlich sind auch wieder die Charaktere ausgearbeitet. Typisch für den Arztberuf ist, dass die Patienten nach ihrer Krankheit tituliert werden. Diesmal finden wir ein Furunkel, eine Hämorrhoide oder einen eingewachsenen Zehennagel unter den Menschen, die in der Praxis nach Hilfe (und Unterhaltung) suchen.

Dem Gebot der Zeit nach, spielt auch das Thema Nachhaltigkeit eine Rolle. Wobei, eine echte Tracht, eine Lederhose oder ein echtes Dirndl sind von Natur aus nachhaltig. In vielen Gegend Österreichs (und Deutschlands) werden die kostbaren, oft mit Goldfäden bestickten Trachten samt Zubehör wie eine Goldhaube, innerhalb der Familie weitergegeben. Die Schicki-Micki-Dirndl, die beim Oktoberfest oder ähnlichen Gelegenheiten getragen werden, zähle ich jetzt nicht dazu.

Während Roderich nach wie vor an Susi als Täterin für beide Verbrecher festhält, können die Leser an der Seite von Rosi und Vroni andere Spuren erahnen. Die Auflösung ist überraschend und dennoch stimmig.


Fazit:

Alles in allem ein gelungener Regionalkrimi, der jetzt nicht extremer Spannung daherkommt, sondern durch ein Humor und zahlreichen schrägen Typen - wie die Postlerin und Rosemaries Schwiegermutter Hermi - besticht. Gerne gebe ich diesem Salzburger Krimi 4 Sterne.

Veröffentlicht am 17.07.2022

EIne gelungene Romanbiografie

Im Dienst der Hoffnung
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Friederike Fliedner, geborene Münster, lebte von 1800 - 1842. Sie ist mir durch einige historische Romane bekannt.

Nun hat Brigitte Liebelt sich dieser bemerkenswerten Frau angenommen und eine Romanbiografie ...

Friederike Fliedner, geborene Münster, lebte von 1800 - 1842. Sie ist mir durch einige historische Romane bekannt.

Nun hat Brigitte Liebelt sich dieser bemerkenswerten Frau angenommen und eine Romanbiografie verfasst, in der Fliedners Verdienste gewürdigt werden.

Als Friederike Münster den Pastor Theodor Fliedner heiratet ist sie bereits 28 Jahre alt und hat eine Menge Berufserfahrung als Krankenschwester, Lehrerin und Erzieherin.

Sie wird elf Kinder zur Welt bringen, von denen nur drei das Erwachsenenalter erreichen werden. Bei der Geburt ihres letzten Kindes stirbt sie mit 42 Jahren.

Obwohl sie gemeinsam mit ihrem Mann das Diakonissen-Mutterhaus gründen, sind sie nicht immer einer Meinung. Während Friederike, trotz ihres tiefen Glaubens und Gottvertrauens, die Trennung zwischen Krankenpflege und seelsorgerischem Dienst befürwortete, muss sie sich hier ihrem Mann beugen.

Dieses Buch gibt einen genauen Einblick in das 19. Jahrhundert. Die Napoleonischen Kriege sind noch nicht allzu lange vorbei. Das Elend, das sie verursacht haben, deutlich spürbar. Vor allem auf das Leid der unverheiratet gebliebenen Frauen wird hier hingewiesen. In der Krankenpflegeschule von Kaiserswerth erhalten die Frauen eine fundierte Ausbildung, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die Diakonissinnen werden in wenigen Jahren wieder Verwundete von Kriegen pflegen. Ihr Ruf als hervorragende Krankenschwestern wird auf der ganzen Welt bekannt sein.

Meine Meinung:

Brigitte Liebelt erzählt die Lebensgeschichte von Friederike chronologisch geordnet. Der Roman ist penibel recherchiert und, dort wo historische Fakten fehlen, werden die sorgfältig und einfühlsam durch schriftstellerische Ergänzungen gefüllt.

Wohltuend finde ich, dass Friederike Fliedner nicht mit Lobhudelei überschüttet wird. Brigitte Liebelt kann ihrer Leserschaft den Spagat zwischen Mutterschaft und Arbeit in einer Pfarrgemeinde gut vermitteln, ist sie doch selbst sechsfache Mutter, ausgebildete Krankenschwester, Bibliothekarin und Frau eines Pastors.

Eine kleine Kritik muss ich dennoch anbringen: Dass nach einer Einführung noch ein Vorwort gibt sowie ein Nachwort, in dem einiges nochmals zusammengefasst wird, halte ich ein wenig für überflüssig. Das wirkt auf mich, als ob die Autorin (oder der Verlag?) den Lesern nicht viel zutraut. Durch den gelungenen Schreibstil ist alles, was hier mehrfach zusammengefasst wird, ohnehin sehr gut dargestellt. Diese „Bevormundung“ der Leser kostet den 5. Stern.

Fazit:

Eine gelungene Romanbiografie, die geschickt Fakten und Fiktion verbindet. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.