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Veröffentlicht am 27.07.2022

Eine poetische Reise durch die Geschichte

Papyrus
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Es beginnt wie eine Abenteuergeschichte. Berittene Männer, die die Straßen Griechenlands durchstreifen, um ihre Beute aufzuspüren. Bücher, das ist, was sie suchen. Im Auftrag des Königs von Ägypten sollen ...

Es beginnt wie eine Abenteuergeschichte. Berittene Männer, die die Straßen Griechenlands durchstreifen, um ihre Beute aufzuspüren. Bücher, das ist, was sie suchen. Im Auftrag des Königs von Ägypten sollen sie alle Bücher der Welt in Alexandria zusammentragen. Was für eine Aufgabe! Eine Aufgabe, die heute so gar nicht mehr möglich wäre, trotz all der Technik, die uns zur Verfügung steht.

Irene Vallejo erzählt nicht nur von der Bibliothek von Alexandria, sondern auch davon, wie sich die Schrift, die schriftliche Erzählung und schließlich das Lesen von mehr als Auflistungen von Handelswaren zur Literatur entwickelt haben. Von der mündlichen Erzählung zu unseren heutigen Büchern war es ein weiter und aufregender Weg.

Es ist ein kluges Buch. Es ist eine nicht versiegende Quelle an Wissen und an dem, was man wohl als fundierte Allgemeinbildung bezeichnen kann. So viele Dinge hat Irene Vallejo zusammengetragen, die ich bislang nur ansatzweise wusste. Warum reden wir im Geschichtsunterricht nur über die Kriege und die Aufteilung von Land und nicht über diesen Teil unserer Kulturgeschichte?

So nimmt sie uns mit zu den griechischen Philosophen, ins mittelalterliche Kloster, wir treffen Kleopatra und erfahren, wie es römischen Kindern in der Schule ging und welche Rolle die Frau im Laufe der Geschichte spielte (Spoiler: überraschenderweise wurde sie im Hintergrund gehalten) und so vieles mehr. Man lernt im Vorbeigehen, so nebenbei, en passant.

Und sie hat es nicht einfach ganz sachlich zusammengefasst, sondern auf eine geradezu poetische Art. Eine Sprache, die mich gar nicht hat aufhören lassen zu lesen und manche Sätze immer wieder hat lesen lassen. Ihre Begeisterung an Büchern, am Lesen, an Sprache überträgt sich auf die Lesende. Ich habe selten ein Sachbuch gelesen, das mich so berührt hat.

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Veröffentlicht am 07.07.2022

Nach 30 Jahre noch frisch verliebt

Gebrauchsanweisung für die Niederlande
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Seit über 30 Jahren lebt Kerstin Schweighöfer in den Niederlanden und vermittelt in ihrer Gebrauchsanweisung für die Niederlande ganz viel Wissen mit kleinen Stadt- und Landschaftsbeschreibungen und erzählt ...

Seit über 30 Jahren lebt Kerstin Schweighöfer in den Niederlanden und vermittelt in ihrer Gebrauchsanweisung für die Niederlande ganz viel Wissen mit kleinen Stadt- und Landschaftsbeschreibungen und erzählt gleichzeitig von ihren persönlichen Erfahrungen, ohne dass es wie eine sachliche Gebrauchsanweisung wirkt. Während ich das Buch gelesen habe und jetzt, während ich diese Rezension geschrieben habe, sitze ich in der Ferienwohnung in Castricum, trinke ein Amstel und muss an verschiedenen Stellen, die ich mir markiert habe im Buch, lächeln. Denn es ist genau so, wie es dort steht.

Es ist ein Buch, das einen liebevollen Blick auf die Niederländer*innen und ihr Land wirft, kleine Details erklärt (wie zum Beispiel die Spuren des Niederländischen in der Welt) und einen guten Überblick liefert. Auch schwerere Themen wie die Zeit des Sklavenhandels, der Kolonialzeit und ihrer Folgen und der Umgang damit und die Zeit des zweiten Weltkriegs werden angesprochen. Es geht ums Ganze, nicht nur um die Sahnehaube.

So macht es das Buch für mich zum einen zu einer Gebrauchsanweisung für die Niederlande, aber gleichzeitig auch zu einer Liebeserklärung an ein Land, in dem ich bei jedem Besuche etwas Neues entdecke und jedes Mal einen weiteren Ort finde, zu dem ich reisen möchte. Wer also tiefer in die Materie einsteigen möchte, wird hier gut bedient und hat Lust, mehr von Land und Leuten kennenzulernen.

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Veröffentlicht am 26.05.2022

Vision für eine gerechte Mobilitätswende

Autokorrektur – Mobilität für eine lebenswerte Welt
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Verkehrswende, alternative Mobilität, Antriebswende und und und – all dies wird rauf und runter diskutiert und jede Seite listet ihre Argumente auf, warum nur die eine Lösung möglich ist. Katja Diehl hat ...

Verkehrswende, alternative Mobilität, Antriebswende und und und – all dies wird rauf und runter diskutiert und jede Seite listet ihre Argumente auf, warum nur die eine Lösung möglich ist. Katja Diehl hat für ihr Buch „Autokorrektur Mobilität für eine lebenswerte Welt“ einen anderen Ansatz gewählt. Sie hat über 40 Menschen in verschiedenen Lebenssituationen interviewt unter der Leitfrage „Willst du oder musst du Auto fahren?“.

Denn ihr Anliegen ist nicht, die Techniken zur Verkehrswende zu beleuchten. Sie möchte den Menschen ins Zentrum der Verkehrswende stellen und so das System dahingehend ändern, dass es weniger behindertenfeindlich, weniger sexistisch, weniger rassistisch und weniger patriarchal und somit auch weniger abhängig vom Auto ist.

Das Buch „Autokorrektur Mobilität für eine lebenswerte Welt“ kommt gerade zum richtigen Zeitpunkt. Denn es geht bei der zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels nötigen Verkehrswende nicht nur darum, eine Antriebswende durchzuführen, sondern um eine wirklich Mobilitätswende. Wenn wir dies nicht tun, stehen wir statt mit Verbrennerautos mit E-Autos im Stau und wollen wir das wirklich? Oder wollen wir etwas ändern, wo wir sowieso etwas ändern müssen, um etwas zu erreichen?

Hier setzt das Buch der Mobilitätsexpertin an. Sie stellt Fragen, die bislang noch gar nicht in der hauptsächlich auf Technik fokussierten Diskussion gestellt wurden. Und die Kernfrage, die sie im Buch stellt, ist: „Willst du oder musst du Auto fahren?“ Wir (mich eingeschlossen) sind so aufs Autofahren konditioniert, dass diese Frage erst einmal merkwürdig anmutet. Aber sie macht Sinn, denn nicht jeder Mensch, der ein Auto hat, hat es, weil er es möchte, sondern, weil es für ihn keine andere Möglichkeit gibt (kein ÖPNV, es ist ein sicherer Ort, Behinderung u.v.m.).

Diese Frage ist wichtig, denn es möchte nicht jede Person Auto fahren. Auto fahren bedeutet auch, dass es immer wieder überraschende Kosten geben kann, ein ÖPNV Ticket ist planbar. Menschen mit wenig frei verfügbaren Mitteln kann das ein ordentliches Loch in die Haushaltskasse reißen. Ältere Menschen, die mittlerweile unsichere Fahrer*innen sind, fahren weiter Auto, weil es keine Alternative, keine andere Wahl gibt. Die Interviews, die Katja Diehl geführt hat, machen klar, was nicht offensichtlich ist.

Katja Diehl schafft es mit „Autokorrektur Mobilität für eine lebenswerte Mobilität“ zum Nachdenken anzuregen, den Status quo in Frage zu stellen und macht Lust darauf, an einer Mobilität für alle mitzuarbeiten. Sie liefert Beispiele, unterlegt ihre Thesen mit Zahlen und liefert jede Menge Argumente dafür, warum dieser Weg gut ist und nicht nur etwas für die großen Städte, sondern auch und gerade für Städte wie meine Heimatstadt Hagen und die dazugehörigen Randgebiete. Eine Autokorrektur bedeutet auch für solche Städte einen Gewinn an Lebensqualität.

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Veröffentlicht am 14.05.2022

Freunde fürs Leben und darüber hinaus

Unerhörte Stimmen
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Schon auf den ersten Seiten hat mich die Geschichte oder vielmehr Elif Shafaks Sprache und ihre Art, eine Geschichte zu erzählen, in den Bann gezogen. Sie schreibt so herrlich ausufernd fantasievoll und ...

Schon auf den ersten Seiten hat mich die Geschichte oder vielmehr Elif Shafaks Sprache und ihre Art, eine Geschichte zu erzählen, in den Bann gezogen. Sie schreibt so herrlich ausufernd fantasievoll und gleichzeitig mit einem leicht ironischen Unterton, so dass es eine Freude ist, in die Erzählung einzutauchen.

Eine Leiche, die noch etwas mehr als zehn Minuten hat, um sich an ihr Leben zu erinnern und wie es passieren konnte, dass sie ermordet wurde. Jedes Kapitel beginnt mit einer Erinnerung Leilas, einem Geruch oder einem Geschmack und dann erzählt sie über einen wichtigen Abschnitt in ihrem Leben. Gleichzeitig beschreibt sie das Leben in der Türkei zu Leilas Lebzeiten. Man erfährt ganz viel über den zu dieser Zeit verbreiteten Aberglauben.

Leila musste einiges aushalten in ihrem Leben und wurde nicht gerade von Wärme umhüllt. Für die Wärme in ihrem Leben waren ihre fünf Freunde zuständig. Und das ist ein weiterer Punkt, der die Geschichte so lesenswert macht, diese besondere Freundschaft, die diese Menschen verbindet. Sie sind alle außerhalb der gesellschaftlichen Norm, ein erstes Band, dass sie miteinander verknüpft. Und ihre Freundschaft zu Leila ist ein weiteres Band ihrer Beziehung. Sie bilden eine Art Familie und geben Leila, aber auch einander Halt.

Sie versuchen mit allem, was ihnen zur Verfügung steht, Leila angemessen die letzte Ehre zu erweisen. Und der Teil des Buches, in dem dies beschrieben wird, ist natürlich ernst, aber auch so abstrus, dass ich einige Male laut lachen musste.

Ein ganz wunderbares Buch!

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Veröffentlicht am 22.03.2022

Dämonenjagd Down Under

Papier & Blut
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Al MacBharreis ist einer von fünf Siegelagenten und kann mit Tinte und Papier magische Siegel erstellen. Da er so langsam in die Jahre kommt, möchte er einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin ausbilden. ...

Al MacBharreis ist einer von fünf Siegelagenten und kann mit Tinte und Papier magische Siegel erstellen. Da er so langsam in die Jahre kommt, möchte er einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin ausbilden. Das Problem dabei ist, dass seine Auszubildenden nie lange genug bei ihm bleiben, um die Lehre abzuschließen. Sie versterben aus mysteriösen Gründen, was an einem Fluch liegt, der dafür sorgt, dass nach ungefähr einem Jahr diejenigen, die bei ihm arbeiten, sterben.

MacBharreis bekommt einen Anruf von Ya-ping, der Schülerin der australischen Siegelagentin. Darauf hin unterbricht er alles und macht sich zusammen mit dem Hobgoblin Buck Foi auf den Weg nach Australien, da dort mehr als mysteriöse Dinge vor sich gehen.

Es ist ein wenig anders als das erste Buch, was unter Umständen daran liegen kann, dass mehr gekämpft wird und es in Australien spielt. Aber das tut der Geschichte keinen Abbruch, denn es ist gespickt mit witzigen Anekdoten aus dem Leben der ganz leicht schrägen Figuren und spielt wieder gekonnt mit schwarzem Humor.

Die einzelnen Charaktere sind liebevoll spleenig ausgeschmückt. Buck, der Hobgoblin mit einer großen Vorliebe für Whisky und einem Hang zum Diebstahl, Nadia, Als Grufti-Managerin und dann noch Gladys, hinter der eine ganze Menge mehr steckt, als am Anfang gedacht. Sie bezeichnet sich als ein wenig überqualifiziert für ihren Job als Rezeptionistin. Mit dem Eisernen Druiden kommt noch eine interessante Persönlichkeit hinzu und da er Hunde hat, für mich natürlich eine willkommene Figur. Auch die Auszubildende Ya-ping ist freakig genug und es warten noch satte Überraschungen in dem Buch, die ich jetzt nicht verrate.

Auch der zweite Teil der Chronik des Siegelmagiers ist wieder gut und locker erzählt und schreit förmlich nach einer Fortsetzung.

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