Aus dem Leben gefallen
BullaugeBullauge – bereits der Titel mehrdeutig und ich hätte beinahe gesagt: augenzwinkernd, doch das mag im Falle von Kay Oleander nicht angebracht sein. Der hat nämlich im Dienst während eines Polizeieinsatzes ...
Bullauge – bereits der Titel mehrdeutig und ich hätte beinahe gesagt: augenzwinkernd, doch das mag im Falle von Kay Oleander nicht angebracht sein. Der hat nämlich im Dienst während eines Polizeieinsatzes sein linkes Auge durch einen Flaschenwurf verloren. Und damit den Halt und die Orientierung im Leben. Der Roman ist in zwei Teile aufgeteilt, und tatsächlich besteht der erste Teil (Achtung: Wortspiel!) augenscheinlich aus einem ziellosen Herumirren, völliger Orientierungslosigkeit oder wie Oleander von sich selbst sagt: „mein inneres Herumstreunern“. Dabei kann der Autor glänzen mit lakonischem Tonfall, Andeutungen zwischen den Zeilen und knochentrockenem Humor.
Gespräch über Decknamen:
„Und du?“
„Ich bin die Apo.“
„Außerparlamentarische Opposition? Perfekt.“
„Apothekerin.“
Herrlich. Die Dame aus diesem Gespräch, Silvia Glaser, reißt Oleander dann auch aus seiner Lethargie und seinem Taumel, indem sie ihm von einem möglicherweise bevorstehenden Anschlag berichtet. Silvia Glaser ist selbst ein Opfer, eine Versehrte, und nun beginnen die beiden im zweiten Teil des Romans mit ihren Nachforschungen in der rechten Szene: Kay Oleander, der in den Reihen der Polizei bereits als verkappter Linker gilt, weil er „Zeitungen und ab und zu einen Roman oder ein Sachbuch zu aktuellen Themen“ liest, und Silvia Glaser, die von konspirativen Treffen und Kontakten zur Szene zu berichten weiß. Die Handlung kehrt sich im zweiten Teil nun von innen nach außen.
Leseempfehlung für alle Freunde atmosphärischer Geschichten mit kritischen Tönen – Zwischentöne mag man sie nicht mehr nennen; es ist ein gestandener kritischer Chor.