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Veröffentlicht am 29.07.2022

Weltliche Macht der Geistlichkeit

Matrix
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Die siebzehnjährige Marie ist wahrlich keine Schönheit. Groß, von knochiger Statur, aber wachen Geist, eignet sie sich nicht, um am Heiratsmarkt im Reich Eleonore von Aquitanien verschachert zu werden. ...

Die siebzehnjährige Marie ist wahrlich keine Schönheit. Groß, von knochiger Statur, aber wachen Geist, eignet sie sich nicht, um am Heiratsmarkt im Reich Eleonore von Aquitanien verschachert zu werden. Und so wird sie vom Hof verbannt und von der Königin als Priorin im feucht-nebeligen Angleterre eingesetzt. Anfangs von ihrem ärmlichen Leben schockiert erkennt Marie schon bald, dass ihr neues Amt ihr die Möglichkeit bringt, um weltliche Macht zu erlangen. Ein dramatischer Höhenflug beginnt.

Ich war wirklich gehypt auf das Buch, da mich der sprachliche Stil der Autorin in der Leseprobe bereits vollends überzeugen. Und das blieb auch so das restliche Buch über. Denn Lauren Groff legt hier einen sehr experimentellen und anspruchsvollen Schreibstil an den Tag. So haben wir sehr lange und verschachtelte Sätze, mittels deren die Geschichte geschildert wird, und auch, findet sich keinerlei - oder kaum - direkte Reden. Dem geschuldet reduziert sich zwar das Lesetempo, was mich an und für sich nicht störte, und der Fokus verlegte sich vom Plot hin auf die Schönheit der Sprache. Und hier liegt auch der Hauptkritikpunkt meinerseits. Den das Buch ist weder Plot - noch Charaktergetrieben sondern lebt wirklich nur von der Sprache. Den auf beiden Seiten spart die Autorin sehr stark aus. Das Buch beschreibt einen Zeitraum von etwa 55 Jahren auf knapp 320 Seiten. Von der im Klappentext versprochenen Machtaufstieg merkt man nicht fiel. Zwar liest man darüber, was Marie macht, in die Wege leitet und welche Konsequenzen das mit sich zieht, allerdings nur in der Sparversion. Ich hätte mir da viel mehr Tiefe erhofft. Man nimmt alles nur am Rande war und kommt sich ein wenig so vor, als würde man eine Doku schauen, interessant, aber nur minder spannend. Das gleiche gilt auch für Marie. Auf emotionaler Ebene herrscht gähnende Leere. Mann nimmt Marie nur sehr blass, wie durch einen milchigen Schleier war. Und da ist auch das Problem. Sie und ihre Handlungen wirken nicht immer nachvollziehbar und auch ist es nicht so, dass Marie besonders nahbar und sympathisch wirken würde.

So ist hinterlässt mich das Buch wahrlich zwiegespalten. Schreibstil topp, Plot und Charakterstudie allerdings nicht überzeugend.

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Veröffentlicht am 26.05.2022

Teehändlerin mit wenig Teehändlerin

Der Weg der Teehändlerin
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Nun geht es weiter mit der nächsten Generation: Friederikes Kinder sind erwachsen geworden. Allen voran Carl und Elise tragen nun die Geschichte. Wie soll es weitergehen mit dem Teehandel? Sind Reformen ...

Nun geht es weiter mit der nächsten Generation: Friederikes Kinder sind erwachsen geworden. Allen voran Carl und Elise tragen nun die Geschichte. Wie soll es weitergehen mit dem Teehandel? Sind Reformen notwendig? Viel mehr beschäftigt sich das Buch aber mit den Wegen, die der Nachwuchs nun im gesellschaftlichen Leben versucht zu gehen.

Dieser Fokus auf die junge Generation war es, der mich am Anfang des Buches sehr stark irritiert hat. Frederike und die anderen Charaktere, die im ersten Teil der Reihe noch eine tragende Rolle gespielt haben, treten beinahe vollkommen in den Hintergrund. Per se nichts schlechtes und es ist für eine mehrteilige Reihe immer gut, wenn durch die Jugend neuer Wind ins Setting kommt. Allerdings hatte ich hier das Problem, dass ich mich auf ein Buch, das fast nahtlos an den Vorgänger anschließt, eingestellt hatte. Der Name suggeriert auch das. Ich habe mich dann allerdings sehr schnell umstellen können und fand gut in die Geschichte hinein. Allerdings vermisse ich im Gegensatz zu dem Vorgängerband die Dynamik, den fein ausgearbeiteten Spannungsbogen und den eindeutigen roten Faden, der mir hier leider abhanden gekommen ist. Stellenweise kam mir das Buch dann auch vor wie eine zufällige Aneinanderreihung der Schicksale der Kinder Friederikes und ihrer selbst. Auch die Protagonisten waren dieses mal auf emotionaler Ebene nicht so gut ausgearbeitet. Ich wurde von diesen einfach nicht in deren Bann gezogen. Trotz all dieser Kritikpunkte war es dennoch so, dass ich mich auf weiten Strecken des Buches über gut unterhalten gefühlt habe. Es kam ohne Zweifel Spannung auf und man wurde durch den immer noch sehr ansprechenden Schreibstil sanft durch das Buch geleitet. Allerdings gefiel mir das Ende des Buches dafür wieder überhaupt nicht. In meinen Augen wirkt es komplett aus dem Kontext gerissen, passt nicht zum Rest des Buches und wirkt viel mehr wie der Beginn eines weiteren Nachfolgebandes.

Alles in Allem weißt das Buch zwar einige Schwachstellen auf, dennoch habe ich mich beim Lesen recht gut unterhalten gefühlt. Ein solider und leichter historischer Roman also.

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Veröffentlicht am 10.02.2022

Debüt in Form von Kurzgeschichten

Damenbart
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Sarah Pines legt mit diesem Buch eine Sammlung von Erzählungen vor, denen eine melancholische Grundstimmung und Frauen in ihren mitt-Dreißigerjahren zugrunde liegen. Beziehungen bzw. deren Ende und und ...

Sarah Pines legt mit diesem Buch eine Sammlung von Erzählungen vor, denen eine melancholische Grundstimmung und Frauen in ihren mitt-Dreißigerjahren zugrunde liegen. Beziehungen bzw. deren Ende und und sich verändernde Lebensumstände sind es, mit denen die Leserschaft hier konfrontiert wird.

Zwar bin ich ein Fan von Kurzgeschichten bzw. Erzählungen, allerdings weiß ich mittlerweile, dass ich diese immer mit Vorsicht genießen muss. Denn nicht immer ist der beschränkte Rahme gut genug genutzt worden, um eine Botschaft klar und überzeugend zu transportieren. So war auch diese Sammlung wieder durchwachsenn. Einzelne Geschichten konnten mich sprachlich und vor allem von der Thematik und Atmosphäre her überzeugen - hier sind vor allem "Krabbencocktail" und "Buffalo" Empfehlungen - und begeistern. Speziell die beiden Geschichten transportieren eine unglaublich tiefgründige und authentische Atmosphäre, einmal Louisiana im August und einmal im Rustbelt des 21. Jahrhunderts. Im generellen war es aber so, dass die Geschichten von einer depressiven und melancholischen Grundstimmung geprägt waren, die die Stimmung beim Lesen immer gedrückt haben. Selten war ich so froh, ein Buch zu beenden, wie hier, da die Stimmung schon mit der Zeit auf mein Gemüt gedrückt hat. Thematisch aber waren die Geschichten ansprechend. Einsame Frauen, einsam in ihren Beziehungen und in ihrem sozialen Umfeld gefangen. Sexuelle Flucht in unglückliche Beziehungen scheinen das rettende Ufer zu sein. Dadurch, dass aber diese Flucht in ungezügelten Sex ein ständig wiederkehrender Begleiter wird, wird man auch davon wieder müde. Thematische Wiederholungen, immer in neuem Gewand.

Letztendlich bieten die Geschichten einen guten Einblick in die menschliche Seele, bieten tiefgründige Unterhaltung, auch wenn man sich die Zeit und die Ruhe nehmen muss, um sich auf diese Einlassen muss.

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Veröffentlicht am 02.11.2021

Ein Buch mit gewaltiger Message

Felix Ever After
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Felix hat eine große Sorge: sich niemals in jemanden zu verlieben und dass seine Liebe erwidert wird. Denn Felix ist trans, queer und PoC, Aspekte seiner Identität, die ihm es schwerer machen, ein normales ...

Felix hat eine große Sorge: sich niemals in jemanden zu verlieben und dass seine Liebe erwidert wird. Denn Felix ist trans, queer und PoC, Aspekte seiner Identität, die ihm es schwerer machen, ein normales Leben zu führen, als andere Menschen. Doch nicht nur seine Liebe bzw. deren nicht-vorhanden-sein macht ihm zu schaffen, sondern auch, dass sein Vater sich noch immer nicht ganz an seine neue Identität gewöhnt hat und er immer wieder gedeadnamed wird. Als ein anonymer Täter dann auch noch Bilder von der Person in der Schule aufhängt, die Felix einmal war, und er sich online mit Hassbotschaften konfrontiert sieht, platzt ihm der Kragen und er macht sich auf einen Rachefeldzug gegen die Ignoranten von New York.

Ich bin mit wirklich hohen Erwartungen an das Buch herangetreten, da ich seit dem Erscheinen der englischen Ausgabe darauf gewartet habe, dass es nun endlich auch auf deutsch erscheint. Schon der Klappentext versprach ein sprach- und bildgewaltiges Buch, das eine Botschaft von fundamentaler Bedeutung in die Welt hinausträgt. Das hat es dann auch getan, wobei die Umsetzung bei mir leider ein wenig zu Wünschen über ließ. Dennoch steht außer Frage, dass die Geschichte rund um Felix und seine Freunde ein großer Akt der Aufklärung hinsichtlich der trans-Community, aber auch vieler anderer Bereiche der Queer-Community ist. Aber auch Rassismus, typische Probleme von Jugendlichen und der Generationenkonflikt kommen nicht zu kurz. An dieser Stelle möchte ich auch ein großes Lob hingehend dessen aussprechen, wie they Autorin in ihrem Buch mit Drogen und Alkohol umgeht. In einem Buch, das seinen Schwerpunkt auf atheistische, urbane Jugendkultur und das Ausbrechenden aus alten Strukturen setzt, wäre es meiner Meinung nach komplett fehl am Platz, einen mahnenden und belehrenden Ton aufzusetzen, wenn Protagonist:innen Gras oder Alkohol - und das nicht zu knapp - konsumieren. In diesen Aspekt fühlt sich die Geschichte wirklich natürlich an. Die thematischen Hintergründe des Buches sind also außer Frage gut gelungen, allerdings bin ich mit der Umsetzung der Protagonist:innen nicht ganz glücklich. zwar wirken Felix und seine Freund:innen auf den ersten Blick recht sympathisch und die Figuren sind von ihren Gefühlen, Sorgen und verhalten her sehr authentisch geraten, allerdings haben sie für mich im Laufe der Geschichte immer mehr an Sympathie verloren. So ist Felix beispielsweise teilweise sehr herrisch, störrisch, egoistisch und legt ein sehr toxischen Verhalten an den Tag. In manchen Streitfragen wirke er wirklich unbedacht oder trampelte auf den Gefühlen der anderen herum. Auch fand ich sein Vorgehen wegen der Ausstellung mit den alten Bildern, seinen Rachefeldzug wirklich beängstigend intensiv. Zwar steht außer Frage, dass das, was ihm angetan wurde, unterste Schublade ist, doch gleich das Leben der Täter:in zu zerstören und von diesem einzigen Gedanken besessen zu sein, empfand ich dann doch als recht krass. Im Generellen kam es mir auch so vor, als habe die Queer-Community in Felix Umfeld ein massives Problem mit Hass und fehlendem Verständnis, dass mich - selbst ein Queer - stellenweise wirklich schockiert hat. Ein weiterer Punkt, der mich nicht ganz überzeugen konnte, war die Übersetzung. Stellenweise wirkte diese altbacken und holprig, manche wurden fehlerhaft Übersetzt. So wurde sehr schnell beispielsweise Eifersucht zu Neid. Gendern war auch so etwas, dass meinen Lesefluss stellenweise unterbrochen hat. Ich persönlich habe keinerlei Probleme damit, zu gendern, und aufgrund der Thematik des Buches und der Hintergrundgeschichte von they Autor, schreit die deutsche Übersetzung geradezu danach, das gegendert wird. Aber der Einsatz des Doppelpunktes in gesprochener Sprache hat sich für mich nicht immer natürlich angefühlt, da man beim Sprechen ja viel mehr mit Hilfe der Ausformulierung (z.B.: Lehrerinnen und Lehrer) gendert. So hatte diese Stellen in Monologen und Dialogen oft den steifen Charakter eines wissenschaftlichen oder erklärenden Textes. Allerdings weiß ich auch, dass diese Ausformulierung sich nur auf die binären Geschlechterformen bezieht, was wiederum der Thematik des Buches nicht gerecht werden würde. Unglücklicherweise ein Dilemma, das dem Fehlen einer geschlechtsneutralen Form in der deutschen Sprache geschuldet ist. Was mir dafür wiederum sehr gut gefallen hat, ist, wie im Text und auch mit Hilfe eines Glossars die Leserschaft sehr viel Hintergrundwissen zum Thema LGBTIAQ+ bekommt.

Letztendlich hat das Buch einen sehr großen Mehrwert, allerdings hielt sich bei mir der Lesegenuss leider in Grenzen.

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Veröffentlicht am 21.10.2021

koreanische Gesellschaftskritik in holpriger Verpackung

Vertraute Welt
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Jede große Stadt hat irgendwo an ihren Ausläufern eine Mülldeponie. So auch Seoul. Und so ist die sogenannte "Blumeninsel" Lebensgrundlage tausender Menschen, ausgestoßen von der der Wohlstandsgesellschaft ...

Jede große Stadt hat irgendwo an ihren Ausläufern eine Mülldeponie. So auch Seoul. Und so ist die sogenannte "Blumeninsel" Lebensgrundlage tausender Menschen, ausgestoßen von der der Wohlstandsgesellschaft der Hauptstadt. Unter ihnen auch der dreizehnjährige Glubschaug, der hier zusammen mit seiner Mutter angespült wird. Zuvor hatten die beiden noch in den städtischen Slums gewohnt, doch nachdem der Vater des Jungen in ein staatliches Umerziehungsprogramm gesteckt wurde, kommt für die beiden der soziale Abstieg. Nun bestimmt das Durchkämmen des Mülles nach widerverwertbaren Gegenständen das Leben des Jungen und zusammen mit glatzfleck, seinem neuen besten Freund, versucht Glubschaug nun das beste aus dem zu machen, was ihm geblieben ist.

Als ich von Slum und Elend in Südkorea gelesen habe, hatte ich eigentlich viel mehr eine städtische Armut, ein Elendsviertel erwartet, und nicht eine Pappkartonsiedlung am Rande einer Mülldeponie, wie man sie niemals in Südkorea, einem Land des Wohlstandes mit weltweitem Ansehen, erwarten würde, sondern viel mehr in südasiatischen Staaten. Nach meiner ersten Überraschung kam allerdings Interesse, da diese Form der Armut für mich in einem Land mit solch hohen Lebensstandards eigentlich komplett unbekannt und undenkbar war. Jedenfalls erweitert das Buch den eigenen Horizont und das Wissen über das Leben auf einer Mülldeponie unheimlich. Probleme hatte ich allerdings mit dem sprachlichen Stil de Autors, bzw. was der Übersetzer daraus gemacht hat. So wirkt die Geschichte auf mich trotz der berührenden Thematik sehr nüchtern und erzeugte kaum Emotionen bei mir, die über Interesse hinausgingen. Ich hatte beim Lesen stellenweise wirklich das Gefühl, dass ich mir einen mittelklassigen Dokumentarfilm über die Blumeninsel ansehen würde, bei dem man von den beiden Kindern durch ihren Lebensalltag begleitet wird. Sehr oft passierte es mir dann aber auch, dass ich über wirklich altbackene Formulierungen stolperte, ich immer wieder innehalten musste, und mich wunderte, was ich gerade gelesen habe. Die Arbeit des Übersetzers kann ich leider hier wenig wertschätzen.

Das Buch bietet zwar einen enorm wichtigen Beitrag auf eine Parallelgesellschaft am Rande des ertragbaren Lebens und zeigt Probleme des südkoreanischen Sozialstaates auf, kann mich allerdings weder emotional mitnehmen oder mit seiner teils grotesken Übersetzung überzeugen.

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