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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.10.2022

Guter Auftakt

Sturmrot
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Olof Hagström gestand mit 14 Jahren, dass er ein junges Mädchen, Lina, vergewaltigt und ermordet hat. Daraufhin musste er von zuhause weg und kam in einem Jugendheim unter. Nun, mehr als zwanzig Jahre ...

Olof Hagström gestand mit 14 Jahren, dass er ein junges Mädchen, Lina, vergewaltigt und ermordet hat. Daraufhin musste er von zuhause weg und kam in einem Jugendheim unter. Nun, mehr als zwanzig Jahre nach dieser Tat, kehrt er zu seinem Elternhaus zurück, in dem sein Vater noch immer leb. Doch diesen findet er ermordet im Badezimmer vor - und gilt selbstverständlich als Hauptverdächtiger, gerade in Kombination mit seinem Verbrechen vor mehr als zwei Jahrzehnten.

Auch die Polizistin Eira Sjödin kehrt in ihre Heimat, in der Nähe von Ådalen zurück, denn ihre Mutter ist dement und braucht Unterstützung. Sie wird mit Olof Hagströms Fall betraut und erinnert sich noch an das Verschwinden von Lina damals - auch wenn sie zu dem Zeitpunkt erst neuen Jahre alt war. Doch nun findet sie heraus, dass ihr Bruder eng mit Lina befreundet war und muss sich nicht nur mit dem Tod von Olofs Vater, sondern auch mit dem Verbrechen von damals auseinandersetzen.

Wie es für skandinavische Krimis und Thriller oft üblich ist, lässt sich Tove Alsterdal Zeit, führt die Figuren recht detailliert ein und lässt in den ersten Kapiteln recht wenig geschehen. Für Olof Haström hatte ich zunächst kein gutes Gespür, Eira hingegen mochte ich auf Anhieb und war froh, dass sie kein Drogen- oder Alkoholproblem hat (was nicht unüblich gewesen wäre). An den Schreibstil musste ich mich tatsächlich etwas gewöhnen, da ich ihn als etwas ungelenk empfand.

Tove Alsterdal setzt auf wechselnde Perspektiven, Zeitsprünge und kombiniert Geschehen aus diversen Zeiten und mit involvierten Figuren, was mich zwischenzeitlich etwas herausgefordert hat, alle Namen und Geschehnisse korrekt im Gedächtnis zu behalten - gerade bei Lesepausen von mehreren Tagen war es nicht ganz leicht, wieder hineinzukommen. Doch nach gut der Hälfte hatte ich mich gut eingefunden, konnte den neuen Ermittlungen folgen, Vermutungen aufstellen und die Wendungen gebannt verfolgen.

Ein gelungener Auftakt für eine neue Reihe um Eira Sjödin, die der mit langsamem Spannungsaufbau und ausführlicher Figurenausarbeitung daherkommt, im Gesamten jedoch trotz einigen Längen überzeugt hat.

Veröffentlicht am 18.09.2022

Vorhersehbar und düstere Atmosphäre

Elternhaus
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Im Hamburger Elbvorort steht seit mehreren Jahren eine Villa leer, zu der Pianist Tobias Hansen jedoch in regelmäßigen Abständen fährt. So bekommt er auch mit, dass Yvette Winkler mit ihrem Mann und ihren ...

Im Hamburger Elbvorort steht seit mehreren Jahren eine Villa leer, zu der Pianist Tobias Hansen jedoch in regelmäßigen Abständen fährt. So bekommt er auch mit, dass Yvette Winkler mit ihrem Mann und ihren vier Kindern dort einzieht. Während die Ehe der Winklers in Österreich nicht die besten Entwicklungen durchgemacht hat, erhofft sich Yvette nun in Hamburg einen Neustart. Mit der Haushaltshilfe Consuelo und Klavierlehrer Tobias Hansen hat sie von Beginn an Unterstützung an ihrer Seite. Doch sie ahnt nich, dass das Haus eine düstere Vergangenheit hat.

Diese düstere Atmosphäre und die Vorahnung des Schreckens zieht sich tatsächlich durch das gesamte Buch hindurch. Denn während Yvette Winkler quasi bis zum Schluss nicht weiß, was ihr in der Villa blüht, haben die Leser*innen diese Aussicht schon nach wenigen Kapiteln. Zu Beginn sind die verschiedenen Charaktere, die vorgestellt werden, und wechselnde Perspektiven etwas verwirrend. Doch worauf der Plot hinausläuft und wie alles zusammenhängt, war mir längst klar, als die ersten Passagen aus der Vergangenheit erschienen. Daher finde ich "Thriller" als Bezeichnung auch etwas ungünstig gewählt. Auch wenn Spannung vorhanden ist, fehlt es an überraschenden Wendungen und der gleichwohl unvorhersehbaren Auflösung. Vielmehr handelt es sich um einen durchweg spannenden Roman, dessen Ende lange im Voraus bekannt ist.

Auch wenn ich mir unter "Thriller" etwas anderes vorgestellt habe, habe ich die Geschehnisse in der Villa gern verfolgt und konnte die düstere und aufgeladene Atmosphäre im Haus und zwischen den Figuren spüren.

Veröffentlicht am 14.09.2022

Leider recht vorhersehbar

Das Letzte, was du hörst
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Der Plot von "Das Letzte, was du hörst" hat mich sofort begeistert, da ich selbst gern Podcasts höre:
Sarah kann einfach nicht genug vom Podcast "Hörgefühlt" bekommen. Dessen Host, Marc Maria Hagen, hat ...

Der Plot von "Das Letzte, was du hörst" hat mich sofort begeistert, da ich selbst gern Podcasts höre:
Sarah kann einfach nicht genug vom Podcast "Hörgefühlt" bekommen. Dessen Host, Marc Maria Hagen, hat eine für sie so angenehme Stimme und hilft ihr mit seinen Überlegungen und spirituellen Gedanken, ihr Leben und vor allem ihre Beziehung zu Björn zu hinterfragen. Die daraus folgende Entzweiung und Entfremdung der beiden scheint nur er zu merken, Sarah ist noch immer Feuer und Flamme von Marc Maria Hagen, dessen Namen Björn schon gar nicht mehr hören kann.

Parallel dazu recherchiert die Journalistin Roya zu Podcastern, unter anderem zu "Hörgefühlt" und geht damit der Frage nach, ob er mit einigen Toten in Zusammenhang gebracht werden muss oder kann. Der Polizei ist sie dabei zunächst keine hilfsbereite Stütze.

Wie von Andreas Winkelmann gewohnt, ist der Schreibstil sehr flüssig, die Kapitel sind kurz und lassen sich flott lesen. Auch die wechselnden Erzählperspektiven gefallen mir und tun dem Spannungsbogen gut.
Allerdings ist der Zusammenhang bzw. die Auflösung sehr leicht zu erraten und arg vorhersehbar, sodass das Miträtseln, was ich bei Winkelmanns Thrillern bis jetzt immer erlebt habe, schnell weggefallen ist. Dafür gibt es einige Umwege, recht viele Details, die jedoch keinerlei Wendung oder Überraschungseffekt bereithielten.
Für Winkelman-Fans sicherlich ein solides Buch, aber keines seiner besten Werke.

Veröffentlicht am 31.08.2022

Nett, aber nicht überragend

I Kissed Shara Wheeler
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Chloe Green geht in einer Kleinstadt in Alabama zur Highschool und steht kurz vor ihrem Abschluss. Ihr Ziel, das ihr schon so lange vorschwebt: Das Schuljahr als Jahrgangsbeste abschließen. Doch ihr Vorhaben ...

Chloe Green geht in einer Kleinstadt in Alabama zur Highschool und steht kurz vor ihrem Abschluss. Ihr Ziel, das ihr schon so lange vorschwebt: Das Schuljahr als Jahrgangsbeste abschließen. Doch ihr Vorhaben gerät ins Wanken, als Shara Wheeler, die Tochter des Schuldirektors in der Nacht des Abschlussballs verschwindet. Shara Wheeler, die offenbar rundum perfekt ist, aber sowohl Chloe als auch Rory kurz vor ihrem Verschwinden geküsst hat. Als Hinweise, wo sie ist, hinterlässt sie rosa Karten mit rätselhaften Hinweisen und Chloe macht sich mehr oder weniger gezwungen auf die Suche nach Shara.

Ich kannte bisher noch kein Buch von Casey McQuiston, fühlte mich vom Klappentext jedoch sehr angesprochen und erwartete eine unterhaltsame queere Geschichte. Der positive Punkt: Es wurden hier diverse Sexualitäten und Lebensweisen der LGBTGIA Community genannt und repräsentiert. Allerdings stand bei einigen lediglich die Sexualität im Fokus und es gab keinen Raum hinter Oberflächlichkeiten, damit sich die Figuren weiterentwickeln konnten. Generell hat mir die Figurenentwicklung hier sehr gefehlt, obwohl es sich so angeboten hat.
Der Schreibstil wirkt sehr jugendlich und es hat eine Weile gebraucht, bis ich die Figuren und ihre Beziehungen zueinander sortiert habe. Die Auflösung ist ganz schön, aber recht vorhersehbar. Generell hat mir vor allem Tiefe gefehlt, die ich von diesem queeren Roman mehr erwartet habe.

Veröffentlicht am 02.08.2022

Vorhersehbar, viel Drama, aber angenehmer Schreibstil

A Place to Love
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Nach dem Tod ihres Vaters verlässt June ihren Studienort Portland und kehrt in ihre Heimat Colorado zurück, wo sie sich nun um den Familienbesitz, die Obstfarm, kümmert. In Portland lässt sie auch ihre ...

Nach dem Tod ihres Vaters verlässt June ihren Studienort Portland und kehrt in ihre Heimat Colorado zurück, wo sie sich nun um den Familienbesitz, die Obstfarm, kümmert. In Portland lässt sie auch ihre große Liebe Henry zurück. Dieser steht nun plötzlich vor ihr und möchte die Scheidung. Nicht nur June ist überrascht, auch ihre Mutter und ihre Schwestern können ihren Ohren nicht trauen, weil sie nie etwas von einer Hochzeit gehört haben.
Um die Scheidungsangelegenheiten zu klären, verweilt Henry einige Tage auf der Farm, wohnt den Familien-Abendessen bei, packt bei alltäglichen Aufgaben an und kommt June langsam wieder näher. Beide müssen sich die Frage stellen, ob ihre Liebe noch Bestand hat und sie aufgrund ihrer Familienbesitze wieder eine langfristige Beziehung führen können.

Den Schreibstil, die lockere und unterhaltsame Art von Lilly Lucas mochte ich sehr gern. Gerade zu Beginn wirkte alles recht unbefangen und leichtlebig trotz der Thematik von Krankheit und Tod der Eltern. Doch spätestens als June und Henry sich wieder annähern, hat sich die Atmosphäre für mich verändert. June ist dann total verkrampft, eifersüchtig und kontrollierend. Aus meinen Augen werden hier ganz viele Klischees und Stereotype thematisiert, obwohl June zu Beginn als eigenständige, verantwortungsvolle und resiliente Frau dargestellt wird. Plötzlich klammert sie und macht alles in ihrem Leben und ihrem Alltag abhängig von der Liebe und der Aufmerksamkeit eines Mannes. Auch die Art, wie über Henrys (Ex-)Freundin geschrieben wird, konnte ich nur mit kritischem Blick lesen.
Neben dem liebesdusseligen Verhalten hat mich auch das ewige Hin und Her zwischen Henry und June genervt. Alles war dramatisch und wirkte unüberwindbar - zum Ende hin war dann plötzlich eine Lösung da, für ein Problem, an dem June monatelang nagte und fast vieles aufgegeben hätte.

Dass die Handlung in solchen Romanen vorhersehbar ist und es viel Drama gibt, ist mir klar. Dennoch war mir das hier an vielen Stellen zu viel, gerade in Kombination mit der Reproduktion der sexistischen Zuschreibungen der Figuren. Dennoch mochte ich den Schreibstil der Autorin sehr und würde prinzipiell auch weitere Bücher von ihr lesen - eventuell dann mit einer anderen Erwartungshaltung.