Sehr moderne „Stolz & Vorurteil“ Adaption für „Chick-lit Fans, über weite Strecken leider aber auch recht belanglos und unromantisch geschrieben
Cincinnati USA:
Die Familie Bennet, lebt in Saus und Braus und das obwohl der Patriarch der Familie, Mr. Bennet keine großartigen Einkünfte hat und lediglich von seinem schwindenden Erbe zehrt. Besonders ...
Cincinnati USA:
Die Familie Bennet, lebt in Saus und Braus und das obwohl der Patriarch der Familie, Mr. Bennet keine großartigen Einkünfte hat und lediglich von seinem schwindenden Erbe zehrt. Besonders seine Frau, liebt es unnütze Einrichtungsgegenstände und anderen Nippes zu kaufen und macht aus diesem Grunde regelmäßig die Shoppingkanäle im TV unsicher. Als Mr. Bennet einen Herzanfall erleidet, von dem er sich schnell wieder erholt, türmen sich weitere Schulden auf, denn außer Jane und Liz, besitzt keiner der übrigen Bennets eine Krankenversicherung. Und auch das Haus der Familie ist bereits mit einer Hypothek belastet. Rat tut also Not. Und dieser kommt ausgerechnet von Liz, die aus allen Wolken fällt, als sie von ihrem Vater die unschöne Wahrheit erfährt. Liz beschließt, alles in die Hand zu nehmen, damit das Haus möglichst bald und zu einem guten Preis verkauft werden kann, denn auf ihre Familienangehörigen, die sie liebt, von denen sie jedoch weiß, dass sie in geschäftlichen Belangen absolut unfähig sind, kann sie nicht zählen.
Dabei schlägt sich Liz schon mit genug anderen Problemen herum. Ihre Mutter möchte sie mit einem Cousin verkuppeln, der zwar reich aber absolut nerdig ist und so gar nicht Liz Geschmack entspricht, Liz verheirateter Geliebter Jasper Wick macht keine großartigen Anstalten, einen Schritt weiterzugehen und sich endlich von seiner Frau zu trennen, mit der ihn angeblich nur noch eine rein platonische Beziehung verbindet und zu allem Überfluss muss sie sich auf einer Party auch noch die snobistischen Bemerkungen eines Chirurgen namens Fitzwilliam Darcy anhören, der kein gutes Haar an der Damenwelt Cincinnatis lässt. Immerhin hat Mr. Darcy auch einen gutaussehenden Freund namens Chip Bingley, der sich wiederum in Jane, Liz älteste Schwester verguckt. Und auch Jane verliebt sich Hals über Kopf in den sensiblen Mann, der vor Jahren bekannt wurde, als er an der Dating-TV-Show „Vermählung“, teilnahm. Dadurch, dass Jane und Chip sich nun regelmäßig treffen, muss auch Liz bei diversen Veranstaltungen immer wieder Darcy begegnen, der ihr mit seiner selbstgerechten Art so ziemlich den letzten Nerv raubt. Als Darcy ihr dann auch noch erzählt, dass Jasper Wick und er einst zur gleichen Zeit die Schulbank drückten und Jasper nach einem Skandal die Universität verlassen musste, reicht es Liz. Sie kann nicht glauben, dass Jasper ihr so einen einschneidenden Vorfall verschwiegen hat. Und in der Tat, Jasper hat eine ganz andere Version auf Lager. Wem soll Liz nur glauben?
Derweil hat Jane ganz andere Probleme, sie ist schwanger, allerdings ist das Kind nicht von Chip…
„Vermählung“, von Curtis Sittenfeld, gehört zu einer bislang vierbändigen Reihe, „The Jane Austen Project“ genannt. Vier Autoren/Autorinnen haben sich Jane Austens Klassikern angenommen und jeweils zu einer modernen Adaption umgeschrieben. Dazu gehört natürlich auch, dass alle Romane in der heutigen Zeit spielen. Vor einiger Zeit erschien mit „Jane Austens Northanger Abbey“ von Krimiautorin Val McDermid, bereits ein Teil des Projektes, welchen ich ebenfalls las. Besagter Roman war eher etwas für Fans des Young Adult Genres und konnte mich leider nicht hundertprozentig überzeugen, zumal die Akteure teilweise auch recht blass blieben.
Curtis Sittenfeld dagegen, ist es gelungen, Jane Austens Bennetfamilie, oder zumindest sämtliche Eigenarten, die jeder von ihnen aufweist, überzeugend in die Neuzeit zu übertragen, was mir zunächst einmal sehr gut gefallen hat. Ob Mr. Bennets beißender Sarkasmus, Janes Zurückhaltung und Vernunft oder aber auch Liz Neigung voreilige Schlüsse zu ziehen- selbst für die übrigen Bennet Geschwister findet sie den passenden Rahmen, um deren urtypischen, übersprudelnden, teils peinlichen Charaktereigenschaften beibehalten zu können. Und auch Curtis Sittenfelds Mr. Darcy konnte mich überzeugen.
Auf 576 Seiten erzählt die Autorin „Stolz & Vorurteil“, auf eine sehr moderne Art und Weise. Auch die Akteure besitzen einen sehr lockeren Umgangston, der mir manchmal sogar etwas zu leger geraten ist. Denn immerhin sind die Bennets, laut der Autorin, allesamt studierte Menschen, die eine elitäre Schulbildung genossen haben und von denen man also annehmen darf, dass sie sich auch dementsprechend ausdrücken, was hier aber leider kaum der Fall ist. Selbst Liz hat ein lockeres Mundwerk und ihren Meinungsverschiedenheiten mit Mr. Darcy, fehlt es zudem eindeutig an Jane Austens Witz und Esprit, so leid es mir auch für die Autorin tun mag. Dazu fand ich Curtis Sittenfelds Ideen manches Mal etwas zu überfrachtet. Etwa aus den jüngeren Bennetschwestern überzeugte Ernährungsgurus zu machen, Jane eine Schwangerschaft auf den Leib zu schreiben oder aber etwa den völlig unromantisch wirkenden One Night Stand zwischen Liz und Darcy zu inszenieren. „Stolz & Vorurteil“, gehört zu meinen Lieblingen von Jane Austen, weil Liz und Mr. Darcys Liebesgeschichte so besonders ist. Die Romantik ergibt sich unterschwellig und behutsam, mit viel Zurückhaltung. Zugegeben, unsere Zeit mag diesbezüglich schnelllebiger und offener sein, doch hätte ich der Autorin gerade bei erwähntem Punkt ein besseres Händchen gewünscht. Liz unmoralisches Angebot wirkt so plump dargeboten, dass ich mich ehrlich gesagt fremdgeschämt habe für sie. Vor allem aber, konnte ich nicht nachvollziehen, wieso sich Curtis Sittenfelds Liz und Darcy überhaupt zueinander hingezogen gefühlt haben. Denn dieser Punkt wird völlig vernachlässigt. Vor allem aber zickt Liz Darcy zunächst dermaßen übertrieben an, dass sie dabei völlig unsympathisch wirkt. Und dann reichen zwei, drei belanglose Gespräche plötzlich aus, um Liz von ihrer totalen Ablehnung Darcys abzubringen und sich ihm Knall auf Fall anzubieten? Sehr unglaubwürdig!
Abgesehen von meinen Kritikpunkten, lässt sich „Vermählung“, an sich gut lesen, was am eingängigen Schreibstil der Autorin liegt. Dazu stellt sie auch die übrigen Familienmitglieder, wie etwa Mary, etwas mehr in den Fokus, als es Jane Austen einst machte. Curtis Sittenfeld hat mit ihrer Adaption sicherlich einen Roman geschaffen, den viele Liebesromanfans unterhaltend finden werden. Doch für eine bessere Bewertung meinerseits fehlte mir „mehr Substanz“; also mehr Tiefe und vor allem mehr unterschwellige Romantik. Und vor allem fehlt Jane Austens Humor an allen Ecken und Kanten; selbst wenn Curtis Sittenfeld anfangs durchaus gut beginnen mag; wenn ich hier etwa an Liz Gespräche mit ihrem Vater denke. Leider verliert sich der amüsante Unterton im Laufe der Story- vieles wirkt recht seicht inszeniert und manches Mal habe ich mich dabei ertappt, wie ich diverse Belanglosigkeiten nur überflogen habe. Richtig fesseln konnte mich „Vermählung“ daher leider nicht.
Erwähnenswert ist aber auf alle Fälle die optische Aufmachung des Romans. Genau solch eine geschmackvolle, unaufdringliche und wunderschöne Covergestaltung würde ich mir in Zukunft wünschen, wenn es um die optische Verpackung einer Historical Romance geht.