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Veröffentlicht am 22.08.2022

(Brot) Backen leicht gemacht

Das einfachste Brot der Welt
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Brot backen war eher nicht mein Ding. Bis ich dieses wirklich geniale Buch von Axel Schmitt gefunden habe. Brotsommelier – ich wusste gar nicht, dass es sowas gibt. Auch als Fernsehbäcker ist mir der Autor ...

Brot backen war eher nicht mein Ding. Bis ich dieses wirklich geniale Buch von Axel Schmitt gefunden habe. Brotsommelier – ich wusste gar nicht, dass es sowas gibt. Auch als Fernsehbäcker ist mir der Autor kein Begriff. Aber nun habe ich ihn oder besser gesagt seine Rezepte kennen und schätzen gelernt. Natürlich nicht alle, aber meine Familie hat sich auf so etliches darin geeinigt, das immer wieder auf den Tisch soll, und jeder hat noch seine absoluten Lieblingsrezepte.

Das Buch ist übersichtlich angeordnet, man findet sich sogleich zurecht. Zunächst habe ich es durchgeblättert und bin immer mal wieder länger hängen geblieben.

Selbst die Einführung, die Theorie, ist nicht trocken. An alle Backwütigen und solche, die dies werden sollen, richtet sich Axel Schmitts Brot-Buch. Die Rohstoffe, die Zutaten, sind gut und einfach erklärt. Getreide, Mehl und Hefe genauso wie Backpulver, Wasser, Öle, Eier, Gewürze und noch viel mehr.

Der Mensch lebt nicht vom Brot allein – auch Kuchen will er haben. Zumindest so ab und an. Und den Teig für Brot und Süßes herzustellen ist gar nicht so schwer.

Einfache Rezepte für Einsteiger (und Angeber - grins) sind ebenso zu finden wie z. B. Rhabarbertartelettes mit Baiser oder Obazda-Schiffchen, beides Favoriten von uns. Auch abgefahrene Sachen wie „Evil Eye“ oder „Sexy Brot“ und noch so einiges mehr sind zu finden.

„Das einfachste Brot der Welt“ - ein unterhaltsames, informatives, gelungenes und gut nachzubackendes Brot-Backbuch.

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Veröffentlicht am 22.08.2022

So rasant wie undurchsichtig

Fake – Wer soll dir jetzt noch glauben?
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Den Albtraum schlechthin durchlebt gerade Patrick Dostert. Sein bis vor kurzem geordnetes Leben gleicht immer mehr einem nie geahnten Chaos. Fassungslos muss er mit ansehen, wie ein anderer über ihn ...

Den Albtraum schlechthin durchlebt gerade Patrick Dostert. Sein bis vor kurzem geordnetes Leben gleicht immer mehr einem nie geahnten Chaos. Fassungslos muss er mit ansehen, wie ein anderer über ihn bestimmt. Eine Frau ist verschwunden, er soll sie misshandelt haben. Bald taucht ein Video auf, er ist für jeden erkennbar in einer für ihn entlarvender Situation zu sehen. Keiner glaubt ihm. Was wird ihm hier untergeschoben?

Der neue Arno Strobel – endlich ist FAKE da. Schon das zweideutige Cover lässt meinen Blutdruck in die Höhe schnellen. FAKT oder FAKE? Sofort bin ich ins Buch vertieft, leide mit Patrick und habe bald im Hinterkopf, wer es denn auf ihn abgesehen haben könnte - während des Lesens schleicht sich immer wieder dieser eine Gedanke ein. Ich bin aber auf Patricks Seite. Natürlich!

Jeder kennt sie, diese vermeintlichen „Nachrichten“, diese Fakes. Sie sind allgegenwärtig, man braucht nur einen Blick ins weltweite Netz zu werfen. Es wird manipuliert, was das Zeug hält und nicht immer hat man den Durchblick, die Grenze zwischen Fakten und Fake-News verschwimmt zusehends. Wir alle kennen zig Beispiele, sind anfällig dafür oder auch nicht. Strobel hat diese Thematik in diesem rasant wie undurchsichtigen Psychothriller verarbeitet, er lässt seinen Lesern keine Minute des Aufatmens. Denn nichts ist so, wie es den Anschein hat.

Eine ganz besondere Form des Erzählens hat der Autor gewählt. Er lässt Patrick seine Geschichte niederschreiben, von diesem für ihn unsäglichen Geschehen in der dritten Person berichten. Es wird ein Roman, ein Psychothriller, in das er ohne sein Zutun hineingeraten ist. Alles beginnt am Donnerstag, den 13. Mai…

Zwischendurch lese ich vom Ist-Zustand, von Patricks Gedanken und Gefühlen. Es sind immer nur ein paar Seiten, das Schriftbild ändert sich hier.

Patrick und sein Umfeld kenne ich mittlerweile sehr gut, er berichtet chronologisch. Alles spricht gegen ihn und doch agiert er zuweilen naiv, tappt blauäugig trotz seiner ausweglosen Situation in jede Falle. Warum? Ist er wirklich so töricht oder sollte sein Verhalten von etwas ablenken? Der Autor versteht es, Zweifel zu streuen. Wer ihn kennt, seine Bücher gelesen hat, weiß um den Sog, den er in jedem seiner Thriller erzeugt und das ist auch hier nicht anders – ich konnte FAKE nicht weglegen, musste unbedingt weiterlesen. Es geschehen unbegreifliche Dinge.

„Fakt (und nicht Fake) ist mittlerweile: Alles kann gefälscht werden.“ Im Nachwort spricht Strobel Deepfakes an, diese manipulierten Bilder, Audio- oder auch Videoaufnahmen, die mit Hilfe von KI erzeugt werden können. Ein brandaktuelles Thema, perfekt aufbereitet, spannend und mitreißend erzählt. Ein Horrorszenario, das unbedingt gelesen werden muss! An FAKE kommt kein Thrillerfan vorbei.

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Veröffentlicht am 12.08.2022

Ein jüdisches Leben – wunderbar erzählt

Isidor
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Die Autorin wandelt auf Isidors Spuren, sucht nach Antworten, versucht seine Lebenswege zu rekonstruieren. Ihr Großvater Walter hat ihnen Anekdoten über die Familie erzählt, über seine Zeit in Wien, über ...

Die Autorin wandelt auf Isidors Spuren, sucht nach Antworten, versucht seine Lebenswege zu rekonstruieren. Ihr Großvater Walter hat ihnen Anekdoten über die Familie erzählt, über seine Zeit in Wien, über die Flucht vor den Nazis und immer wieder kommt Isidor darin vor.

Als 16jähriger war Walter immer wieder sonntags bei Isidor, bestaunte seine vielen Bücher, all die exquisiten Erstausgaben, das handverlesene Mobilar, die Kunstschätze – Onkel Isidor war eine schillernde Persönlichkeit. In der vornehmen Canovagasse im I. Wiener Bezirk bewohnte er eine Etage im Palais des Freiherrn Eugéne de Rothschild. Jeden Sonntag traf sich hier halb Wien zum Mittagessen, wir schreiben das Jahr 1935.

Dr. Isidor Geller, seines Zeichens Kommerzialrat, Berater des österreichischen Staates, Opernfreund, Kunstsammler und noch vieles mehr, kam aus ärmlichen Verhältnissen, der Vater war ein jüdischer Gelehrter, der zwar seinen Glauben lebte, es aber der Mutter überließ, die Familie durchzubringen. Durch kluges agieren an der Börse erschuf sich der junge Isidor, der eigentlich Israel hieß, ein stattliches Vermögen, er war Multimillionär und bewegte sich in den einflussreichen obersten Kreisen Wiens. Auch seine Geschwister lassen die ärmlichen Verhältnissen hinter sich, alle legen sie ihre jüdischen Namen ab.

Der Antisemitismus war schon zu spüren, Isidor sah sich als assimilierten Juden, die religiösen Belange hatten für ihn wenig Bedeutung. Er hatte seinen Platz in der Wiener Gesellschaft, betrachtete sich als wenig angreifbar und dass die Nazis immer mehr an Macht gewinnen, hielt er schlicht für nicht möglich.

Es ist die Geschichte der jüdischen Familie Geller vor dem Hintergrund des Nationalsozialismus und dem einhergehenden Schicksal der Juden, sehr lebendig und anschaulich erzählt. Man weiß um die Geschichte und hier gibt die Autorin dem auch heute noch Unfassbaren ein Gesicht in Form von Isidor, dem schillernden Lebemann. Ich habe mich Seite für Seite immer mehr festgelesen. Was amüsant begann, wurde immer mehr zur bitteren Realität, die leider nicht immer sofort als tödliche Gefahr wahrgenommen wurde.

„Isidor. Ein jüdisches Leben“ ist das sehr lesenswerte Debüt von Shelly Kupferberg, die sich der Geschichte ihres Großonkels immer mehr annäherte, wie sie im Interview, das auf den letzten Seiten zu finden ist, verrät. Auch die Anekdote um das Titelbild, mit dem ich zunächst so gar nichts anfangen konnte, ist zauberhaft - wie entrückt.

„Isidor“ ist ein herausragendes Buch, gut recherchiert, wunderbar erzählt. Sehr empfehlenswert!

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Veröffentlicht am 08.08.2022

Sehr berührend

Findelmädchen
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Helga und Jürgen werden nach Kriegsende von einer französischen Familie aufgenommen. Auch wenn Tante Claire und Onkel Albert sie liebevoll umsorgen, so sind sie für die Franzosen die Boches, die verhassten ...

Helga und Jürgen werden nach Kriegsende von einer französischen Familie aufgenommen. Auch wenn Tante Claire und Onkel Albert sie liebevoll umsorgen, so sind sie für die Franzosen die Boches, die verhassten Deutschen. „Man fand uns im Sommer nach dem Krieg vor einem Hochbunker in Köln… und schätzte unser Alter auf sechs und sieben Jahre…“

Beim Kindersuchdienst des Deutschen Roten Kreuzes sind ihre Bilder seit mehr als sieben Jahren hinterlegt und nun hat ihr Vater nach Jahren in russischer Gefangenschaft sie endlich gefunden. Zurück in Köln findet Jürgen bei den Ford-Werken Arbeit, während Helga ihrem Traum, aufs Gymnasium zu gehen, nicht nachgehen darf. Vater ist strikt dagegen, er schickt sie auf die Haushaltungsschule und hier legt sie in einem Waisenhaus ihr Praktikum ab. Es herrscht ein strenges Regiment, die Nonnen lassen nichts durchgehen. Unter dem Deckmantel der Nächstenliebe werden all jene ausgegrenzt, die anders sind. Das Mischlingsmädchen Bärbel hat Helga ganz besonders in ihr Herz geschlossen, die Kleine möchte sich am liebsten ihre Andersartigkeit, ihre dunkle Hautfarbe, mit der Wurzelbürste abwaschen. Und sie ist fest davon überzeugt, dass ihre Mama sie bald zu sich holt.

Der Krieg ist vorbei, das zerbombte Köln befindet sich im Jahre 1955 in Aufbruchsstimmung. Die jungen Leute wollen Elvis Presley hören, so lässig sein wie James Dean, Blue Jeans und Petticoat sind angesagt. Und sie treffen sich bei Fanny, die sich ihren großen Traum einer eigenen Milchbar endlich erfüllt hat - mit tatkräftiger Unterstützung von Jürgen. Sie ist voller Herzenswärme, aber auch sie hat ein Schicksal, das sie verzweifeln lässt. Und nicht nur sie.

Helga und Jürgen leben mit ihrem Vater im renovierungsbedürftigen Haus ihrer verschollenen Mutter, deren Schwester Meta es nun als ihr alleiniges Eigentum betrachtet. Dementsprechend behandelt sie die Mitbewohner. Die Flüchtlinge Auguste und ihr Enkel Konradin werden einquartiert, Meta hat sie unters Dach verbannt. Und die alleinstehende, stets gut gelaunte Fanny übernimmt viele Hausarbeiten, dafür kann sie hier wohnen bleiben. Der Mietzins ist obendrein fällig.

Ich begleite Helga durch dieses für sie so ereignisreiche Jahr 1955, dazwischen lese ich Briefe ihrer Mutter, geschrieben 1945, als sie mit ihren beiden Kindern in einem Bunker ums Überleben kämpft. Während des Lesens nahm ein furchtbarer Verdacht immer mehr Raum ein, mein Glauben an das Gute bekam immer mehr Risse.

Lilly Bernstein hat mir eine sehr kurze Nacht beschert, ich konnte ihr „Findelmädchen“ nicht weglegen, bin mit ihren so authentischen Charakteren regelrecht abgetaucht. Es sind die Nachkriegsjahre, das Köln im Jahre 1955 ist im Wiederaufbau. Aus heutiger Sicht mutet vieles befremdlich an. Die Diskriminierung der Besatzungskinder ebenso wie die haltlosen Zustände in den Heimen und die Rechtlosigkeit der ledigen Mütter. Ohne Ehemann oder Vater kann eine Frau weder einen Arbeitsvertrag unterschreiben noch ein Konto eröffnen, auch wenn es sich um ihr eigenes Geld handelt. Auch die Sprachlosigkeit unter den Generationen und die erste Liebe sind anschaulich und gut nachvollziehbar geschildert.

„Findelmädchen“ ist ein berührendes Stück Geschichte. Die fiktionalen Figuren erzählen die gut recherchierten Fakten, alles zusammen gut lesbar aufbereitet. Die Autorin hat mit vielen ehemaligen Heimkindern gesprochen, nicht alle konnten sich öffnen. Aber doch so einiges kam ans Tageslicht, über das jahrzehntelang geschwiegen wurde. Denn je härter das Schicksal zuschlägt, je schlimmer die Erlebnisse, desto weniger kann man darüber sprechen.

Ein Buch, das ich nicht missen möchte. Ein zu Herzen gehender Roman vor historischem Hintergrund, das ich jedem an Nachkriegsgeschichte Interessierten ohne Wenn und Aber empfehlen kann.

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Veröffentlicht am 03.08.2022

Sehr lesenswerte Fortsetzung der Waldfriede-Saga

Leuchtfeuer
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Die Waldfriede-Saga geht mit „Leuchtfeuer“ in die zweite Runde.

Lilly ist in Not, wird von ihren Eltern aber eher weggeekelt denn unterstützt, also musste sie schon mit fünfzehn ihren eigenen Weg gehen. ...

Die Waldfriede-Saga geht mit „Leuchtfeuer“ in die zweite Runde.

Lilly ist in Not, wird von ihren Eltern aber eher weggeekelt denn unterstützt, also musste sie schon mit fünfzehn ihren eigenen Weg gehen. In der Charité wird sie ausgebildet, diese jedoch muss Mitarbeiter entlassen und so kommt sie ins Waldfriede. Bald ist sie für den Leiter der Kinderstation Rudolph Kirsch unentbehrlich und das nicht nur als Krankenschwester. Auch findet sie in Jungschwester Gerda eine sehr aufgeschlossene, dem Leben zugewandte Freundin. Es könnte alles perfekt sein, wären da nicht die zunehmend politischen Unruhen. Die stärker werdenden Nationalsozialisten schüren den Judenhass, die jüdischen Ärzte bekommen diesen vermehrt zu spüren. Aber nicht genug, auch Dr. Conradi hat seine Widersacher. Von einer schweren Krankheit gezeichnet muss er sich auch mit den Vorwürfen auseinandersetzen, dass ihre Religionsgemeinschaft dem Judentum nahe sei. Sie gehören den Siebenten-Tags-Adventisten an, die noch heute Träger der Klinik sind - eine evangelische Freikirche, die ihren Ursprung in den USA hat.

Die Chronik der Krankenschwester Hanna Rinder, die im Buch Hanna Richter heißt, inspirierte Corina Bomann, das Waldfriede mit Leben zu füllen. Der zweite Teil bringt uns die Jahre 1930 bis 1933 näher. Es sind schwierige Jahre, die zumindest das Gebäude unbeschadet übersteht.

Nachdem mich schon „Sternstunde“, der ersten Band, ganz tief in den Klinikalltag gezogen hat, musste ich unbedingt wissen, wie es mit Dr. Conradi, Hanna und all den anderen weitergeht. In „Leuchtfeuer“ bin ich ihnen wieder begegnet und auch der jungen Kinderkrankenschwester Lilly gefolgt. An ihrer Seite ist der Leiter der Kinderstation Dr. Rudolph Kirsch, eine Koryphäe auf dem Gebiet der Knochentuberkulose speziell bei Kindern.

Die Braunhemden marschieren auf, die Stimmung kippt, sie machen auch nicht vor den Toren der Klinik halt. In der Belegschaft sympathisiert so mancher mit denen, verweigert die Zusammenarbeit mit jüdischen Ärzten und fühlt sich berufen, Kollegen zu bespitzeln und anzuschwärzen.

Viel habe ich über das Waldfriede erfahren. Die Autorin nimmt ihre Leser ab der ersten Seite mit, ihr so mitreißender Schreibstil lässt einen regelrecht ins Buch versinken, ihre Charaktere sind allesamt authentisch. Corina Bomann bürgt für gute Unterhaltung, sie ist Garant für spannende Lesestunden, verbindet die historischen Fakten geschickt mit der fiktiven Geschichte.

„Leuchtfeuer – Die Schwestern vom Waldfriede“ ist ausgelesen. Es war eine sowohl informative als auch emotionale Reise zurück in die Jahre, als die NSDAP sich die Vorherrschaft sicherte.

Die Saga geht weiter - „Die Schwestern vom Waldfriede“ wird im Winter 2022 mit „Sturmtage“ fortgesetzt. Natürlich werde ich wieder dabei sein, den „mutigen Heldinnen“ über die Schulter schauen, sie ein Stück ihres Weges begleiten. Gerne empfehle ich diese so wundervolle wie lesenswerte Saga weiter.

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