Das Leben ist ein Abenteuer
Tage mit SamMit diesem Buch habe ich endlich mal wieder zu einem gegriffen, welches schon viel zu lange ungelesen in meinem Regal stand. Dabei ist es ein wirklich wundervolles Buch, mit einem großartigen Schreibstil, ...
Mit diesem Buch habe ich endlich mal wieder zu einem gegriffen, welches schon viel zu lange ungelesen in meinem Regal stand. Dabei ist es ein wirklich wundervolles Buch, mit einem großartigen Schreibstil, tollen Charakteren und einer zauberhaften Geschichte über ein Kind, das anders ist und einen Vater, welcher irgendwie neben sich steht und erst lernen muss, das Leben wieder zu meistern.
Aber fangen wir, wie immer, beim Schreibstil an. Ganz ehrlich, hätte ich nicht gewusst, dass es sich hier um ein Erstlingswerk handelt, dann hätte ich das niemals gemerkt. Keith Stuart hat nämlich einen Schreibstil, der, obwohl die Geschichte nicht wahnsinnig aufregend ist, es schafft, den Leser mitzureißen. Dieser ist leicht, flüssig und vor allem mit einer gewissen Prise Humor gespickt, welche die oft doch etwas emotionale Stimmung des Buches auflockert und mich mehrmals hat schmunzeln lassen.
Und auch die Geschichte konnte mich sofort in ihren Bann ziehen. Zwar ist diese, wie schon erwähnt, recht ruhig und verfügt auch nur ab und an über eine gewisse Spannung, dafür ist sie aber sehr intensiv und voller tiefgründiger Gedanken, sowie Kritik am System. Dabei steht vor allem die Beziehung zwischen Alex und seinem Sohn im Vordergrund, die Unsicherheit im Umgang mit einem autistischen Kind und das Zueinanderfinden. Aber auch die Probleme zwischen Alex und Jody, der tragische Verlust eines Menschen in dessen Vergangenheit und das etwas eingestaubte Verhältnis zu seiner Mutter sind große Themen, die in diesem Roman behandelt werden. Klingt im ersten Moment vielleicht viel, aber dennoch hat es Keith Stuart geschafft, alle diese Stränge geschickt miteinander zu verbinden und zu verknüpfen. Und auch das Thema Minecraft hat er sehr gut mit in die Geschichte eingebracht. Durch dieses Spiel bekommt man neben der realen Welt noch ein ganz anderes Setting geboten, welches wie ein Bubble wirkt, in der sich Alex und Sam erst so richtig entfalten können. Und ich persönlich habe damit plötzlich eine ganz andere Sicht auf dieses Spiel bekommen. Was mich aber am meisten beeindruckt hat ist, wie ich mich oft selbst in Alex wiedergefunden habe. Auch ich habe ein etwas anderes Kind und weiß, wie schwer es ist, die richtigen Hilfen zu bekommen. Auch ich weiß, wie schwer es sein kann, an dessen Welt teilzunehmen und auch ich weiß, wie es sich anfühlt, von anderen beurteilt zu werden. Und da ist es egal, wie man es nennt, denn wie der Protagonist schon gleich am Anfang des Romans sagt: „Das Dumme ist nur, dass Etiketten gar nichts bringen. Sie helfen nicht gegen Schlaflosigkeit oder gegen die Wut, wenn man beworfen wird oder etwas kaputt geht.“ Umso schöner war es für mich zu sehen, wie sich sowohl Alex als auch Sam im Laufe der Geschichte weiterentwickeln, wie beide auf ihre jeweils eigene Weise offener werden und sich was trauen. Aber auch die Dynamiken in Alex Ehe, Freundschaften und Familie fand ich sehr interessant und gut beschrieben. Und am Ende habe ich sogar ein paar Tränchen vergossen. Dennoch muss ich aber auch sagen, dass dem Roman hier und da ein paar Seiten weniger gut getan hätten, denn er zieht sich insgesamt doch ein bisschen.
Dafür habe ich aber auch die Charaktere geliebt. Nein, sie sind nicht immer wahnsinnig sympathisch und manchmal konnte ich mich nicht entscheiden, ob ich nun Alex oder Jody mehr mag und von Zeit zu Zeit konnte ich sie auch gar nicht leiden. Aber das macht sie aus. Sie sind lebendig, vielschichtig, haben Ecken und Kanten. Selbst Sam ist manchmal echt anstrengend und nur selten der strahlende Sonnenschein, was sich erst im Laufe der Geschichte mehr und mehr zum Besseren ändert. Deshalb war er für mich aber auch greifbar und ich konnte mir schon sehr bald vorstellen, wie er tickt und dass es gerade für ihn nicht leicht ist, in einer solch lauten und aufregenden Welt zu leben.
Bleibt mir nur noch zu sagen, dass ich nicht verstehen kann, warum dieses Buch so unbekannt ist. Klar, es geht mit Autismus auch um ein recht nischiges Thema, aber dafür ist es von jemandem geschrieben, der sich damit im wahrsten Sinne auskennt und das Buch hat zudem noch so viel mehr zu bieten. Es ist ein Buch für jeden und sollte, meiner Meinung nach, auch von jedem gelesen werden. Ich habe es jedenfalls geliebt und kann es nur weiterempfehlen. Lest dieses Buch!