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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.09.2022

Herrlich schräg und unkonventionell

Wer mit den Toten spricht
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ist der Auftritt der Londoner Assistentin für Rechtsmedizin Cassie Raven. Aber nur optisch. Denn mit ihrem nicht mehr lebendigen Besuch geht sie überaus achtsam um, hält mit diesem sogar Zwiesprache.

Über ...

ist der Auftritt der Londoner Assistentin für Rechtsmedizin Cassie Raven. Aber nur optisch. Denn mit ihrem nicht mehr lebendigen Besuch geht sie überaus achtsam um, hält mit diesem sogar Zwiesprache.

Über jede Leiche, die ihr auf den Tisch kommt, macht sie sich ihre Gedanken und zwar überaus empathische, die ihr so mancher angesichts ihrer mannigfaltigen Tattoos und der vielen Piercings gar nicht zutrauen würde.

Doch ist Cassie eine sanfte und zarte Seele, die bei ihrer Großmutter aufgewachsen ist, die noch immer einer der wichtigsten Menschen für sie ist. Und das, obwohl sie sie mit der Information schockiert hat, dass ihre Eltern nicht, wie bisher kommuniziert, vor vielen Jahren bei einem Autounfall ums Leben kamen, sondern dass ihre Mutter umgebracht wurde - von ihrem eigenen Vater, der bis vor wenigen Jahren im Gefängnis saß.

Umso heftiger, als sie ihm eines Tages gegenüber steht. Zunächst voller Ablehnung, doch gibt es Gründe, seinen Beteuerungen, den Mord nicht begangen zu haben, zu glauben - Cassie fängt an, nach Beweisen für seine Unschuld zu suchen. Und zieht dazu ihre Bekannte von der Polizei, Phillyda Flyte, eine im Gegensatz zu ihr stets sehr gepflegt und gefasst auftretende Dame, hinzu - eine Aufforderung, der diese nicht so ganz freiwillig folgt.

Wie die beiden den Ereignissen auf den Grund gehen - das fasziniert, berührt und überzeugt zugleich. Ein wunderbarer Krimi - Thriller würde ich ihn gar nicht unbedingt nennen - mit Pfiff, aber auch mit Anspruch.

Der Leser sollte sich auf Cassie wie auch auf die weiteren Figuren einlassen, sonst geht ihm so viel vom Geschehen durch die Lappen. Ein Krimi für aufmerksame Leser, die menschliche Wertschätzung, Würde und Achtung im Krimi goutieren!

Veröffentlicht am 05.08.2022

Ein ganz besonderer Road-Roman

Für immer, oder was?
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Denn Blumenhändlerin Laura sucht nach ihrer Vergangenheit. Endlich soll es klappen mit dem Mann fürs Leben. Dafür entwickelt sie - with a little help of her friends - ihre ganz besondere Methode: sie fährt ...

Denn Blumenhändlerin Laura sucht nach ihrer Vergangenheit. Endlich soll es klappen mit dem Mann fürs Leben. Dafür entwickelt sie - with a little help of her friends - ihre ganz besondere Methode: sie fährt mit dem Motoroller geradewegs in ihre Vergangenheit und sucht ihre Exfreunde auf. Die sollen sie darauf bringen, woran es ihr hapert. Richtig, sie hofft, so zu erfahren, warum es mit dem Mann fürs Leben noch nicht geklappt hat.

Ich konnte das ja überhaupt nicht nachvollziehen, will ich doch meine Vergangenheit zumindest in der Hinsicht keineswegs noch einmal aufleben lassen. Meine Ehemaligen würde ich nicht einmal von hinten wiedersehen wollen! Und auch Laura hat ein ziemlich mulmiges Gefühl. Zumal während ihrer Reise ein ganz bestimmter Gedanke in ihrem Kopf immer dominanter wird - und gerade diesen hätte sie vorher nicht einmal im Traum in Erwägung gezogen.

Entschuldigung, das war gelogen: im Traum schon, aber sie hat es diesem bisher nicht erlaubt, konkrete Gestalt anzunehmen.

Ein warmherziger Roman über Träume, Schäume und die wahre Liebe. Autorin Ellen Berg schreibt wie immer mit viel Herzenswärme und mit noch mehr orginellen Ideen. Einmal mehr bringt sie mich gedanklich zurück in Zeiten, hinter die ich längst schon einen Haken gesetzt habe. Glücklicherweise, wie ich mir wieder und wieder bestätigen kann! Und natürlich gibt es ein paar Überraschungen, sonst wäre dies kein "echter" Ellen Berg.

Was braucht es für die große Liebe - vor allem in Laura selbst? Ein überaus vergnüglicher Roman über Blumenhändlerin und Genießerin Lena, die sich mutig ihrer Vergangenheit stellt!

Veröffentlicht am 29.07.2022

Von Norden nach Süden, von Osten nach Westen

Yes we camp! Einfach losfahren
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Und darüber hinaus!

Dieses Buch macht selbst Campingmuffeln Lust auf das Reisen im Wohnmobil und zwar durch wunderbare, herrlich abwechslungsreiche Anregungen und verheißungsvoll klingende Adressen, ...


Und darüber hinaus!

Dieses Buch macht selbst Campingmuffeln Lust auf das Reisen im Wohnmobil und zwar durch wunderbare, herrlich abwechslungsreiche Anregungen und verheißungsvoll klingende Adressen, sowohl von Campingplätzen als auch von dem ein oder anderen in jedweder Hinsicht beachtenswerten rechts und links der Strecke. Oder an deren Ende.

Ein gelungener Band, der auf jeden Fall einen festen Platz im Wohnmobil bekommen sollte, um die ein oder andere Tour noch spannender zu gestalten!

Veröffentlicht am 22.07.2022

Campen und Schlemmen an einem Ort

Yes we camp! Der kulinarische Campingführer
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Wer hat nicht schon davon geträumt, lecker essen - und natürlich auch trinken - zu gehen und sich danach gleich an Ort und Stelle lang auszustrecken und das wohlverdiente Verdauungsnickerchen zu machen!

Dieser ...

Wer hat nicht schon davon geträumt, lecker essen - und natürlich auch trinken - zu gehen und sich danach gleich an Ort und Stelle lang auszustrecken und das wohlverdiente Verdauungsnickerchen zu machen!

Dieser völlig neuartige Campingführer macht es möglich: durch ihn erlangt man die Möglichkeit, kostenlos an einem Gasthof zu nächtigen. Die Häuser, die dies möglich machen, sind alle in diesem Band aufgelistet. Eine Nacht darf man bei jedem von ihnen im eigenen Wohnmobil stehen bleiben, um dann gleich zum nächsten weiterzuziehen.

Registrieren kann und muss man sich natürlich auch, was eine im Buch enthaltene und entnehmbare Gästevignette ermöglicht. Diese ist auf die Jahre 2022/2023 beschränkt.

Auch so ist das Buch hilfreich, stellt es doch viele schöne Gasthäuser über Deutschland wie auch Österreich (naja, ein paar jedenfalls) vor, die man möglicherweise noch nicht kennt. Sogar ein paar Ausflugstipps sind enthalten.

Veröffentlicht am 22.07.2022

Ebenso verstörend wie vertraut

Das Leben vor uns
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Anja, eine Frau, nicht viel jünger als ich, die zur Zeit der Perestrojka eine Jugendliche war. Deren Zuhause die Sowjetunion war, auch wenn sie sich in vielerlei Hinsicht dort nicht daheim fühlte. Mit ...

Anja, eine Frau, nicht viel jünger als ich, die zur Zeit der Perestrojka eine Jugendliche war. Deren Zuhause die Sowjetunion war, auch wenn sie sich in vielerlei Hinsicht dort nicht daheim fühlte. Mit einer intensiven, nahezu zerstörerischen (einander und jeweils sich selbst), aber mehr noch erfüllenden Freundschaft zu Milka, die sich immer bei ihr aufhielt. Im Sommer sogar wochen-, ja monatelang in der Datscha von Anjas Familie wohnte.

Ein Beziehung, die sich, wie auch andere, die zu den Eltern beispielsweise, nicht durch das Miteinanderreden definiert, sondern durch gemeinsame Unternehmungen, Erlebnisse, Wagnisse. Der Grund dafür wird erst später deutlich.

Der Leser begleitet Anja in ihren Erinnerungen an ihre Jugend in den letzten Jahren der Sowjetunion. Ich fühle mich ihr unendlich nah, auch wenn ich nicht in der Sowjetunion aufwuchs.

Doch der Blick meiner Familie war ständig dorthin gerichtet, meine Vorfahren waren von dort geflüchtet - aus einem Teil der UdSSR, wenn auch nicht in Russland liegend, blieb dieser ein Sehnsuchtsort für sie. Den ich kannte wie meine Westentasche - jahrelang nur aus Erzählungen, doch ab Mitte der 1980er Jahre, genau der Zeit, in der Anjas Geschichte einsetzt, auch von Besuchen.

Nur zu oft sah ich die Dinge anders als Anja, als ihre Freunde, doch ist mir ihre Perspektive vertraut wie meine eigene. Und so erkenne ich, dass die Autorin Kristina Gorcheva-Newberry ehrlich ist - offen im Begreifen wie auch im Unverständnis ihrer literarischen Charaktere. Und in Teil 2 des Romans, nach ihrem Umzug in die Vereinigten Staaten, ändert sich ihre Sichtweise, nähert sich viel mehr der meinigen.

Nach einigen Jahren erfolgt der besagte Bruch - Anja zieht fort, kehrt jahrzehntelang nicht zurück in ihre Heimatstadt Moskau - und ist doch noch eine der Ihrigen, wie sich zeigt, als sie nach zig Jahren zurückkehrt. Dieses Buch hat sich mir geöffnet, es hat geschmerzt, vor allem aber hat es die Zeit der Perestrojka wieder zurückgebracht, das Gefühl, die Empfindungen, ja die Werte, die mich damals antrieben. Alles eins zu eins, wenn nicht von mir, dann von engen Freunden oder Verwandten erlebt.

Es gibt wenige Bücher, von denen ich das Gefühl habe, dass sie exakt für mich geschrieben wurden, aber dies ist eines davon: Es hat mich schlicht und einfach umgehauen.