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Veröffentlicht am 20.06.2017

Das Teleskop

Das Schicksal der Sterne
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Der junge Adib kommt als Flüchtling aus Afghanistan nach Berlin. Dort lernt er den über 80jährigen Karl, der als Jugendlicher nach dem zweiten Weltkrieg ebenfalls nach Berlin kam. Karl, der gerade einen ...

Der junge Adib kommt als Flüchtling aus Afghanistan nach Berlin. Dort lernt er den über 80jährigen Karl, der als Jugendlicher nach dem zweiten Weltkrieg ebenfalls nach Berlin kam. Karl, der gerade einen kleinen Schlaganfall überstanden hat, ist Adib gegenüber zunächst etwas skeptisch. Doch bald merkt er, dass der junge Mann sehr intelligent ist und in Deutschland ankommen will. Karl ist noch nicht wieder ganz gesund und deshalb ist er sehr froh, dass Marie, die Enkelin seiner Schwester, nach Berlin kommt und sich ein wenig um ihn kümmert.

Zwei Flüchtlinge, deren Erlebnisse völlig unterschiedlich sind und sich doch ähneln. Der Verlust der Heimat, ein beschwerlicher Weg, der von leidvollen Erfahrungen geprägt ist. Die Väter der Familien fehlen, die Mütter haben viel Mühe, ihre Familien zusammen zu halten. Wie schnell kann ein Kind verloren gehen oder umkommen. Wie leicht kann man sich auf der Flucht Krankheiten zuziehen, die lebensbedrohlich sind, weil einfach keine Hilfe da ist. Wie verächtlich behandeln einen die Alteingesessenen, die ja nicht auf die Flüchtlinge gewartet haben.

Ein berührende Story eines alten Mannes und eines Jugendlichen, die sich kennen und mögen lernen, obwohl die Vorzeichen dafür schlecht sind bzw. es eigentlich kaum Berührungspunkte gibt. Leider fehlt eine klare Aussage zu Karl späterer Einstellung zum Nazi-Regime. Immerhin hat er als junger Mensch die Energie besessen Abitur zu machen und Jura zu studieren. Dass er als Jugendlicher durch das System indoktriniert wurde ist wohl verständlich, doch es wäre schön gewesen, zu wissen, dass er sich mit der Sache beschäftigt hat und sich bewusst davon gelöst hat. So stehen einige Aussagen unwidersprochen im Raum, die in der Zeit vielleicht tatsächlich so gang und gäbe waren, von denen man sich aber wünschen würde, dass sie von Zeitzeugen wie Karl ins richtige Licht gerückt werden und deutlich wird, dass es falsch war, einem Tyrannen hinterher zu rennen und unsägliche Verbrechen an der Menschheit zu begehen.

Diese beiden gegensätzlichen und doch ähnlichen Flüchtlinge können einen sehr gut daran erinnern, dass vielleicht in der eigenen Verwandtschaft vor nicht allzu langer Zeit Eltern, Großeltern oder Urgroßeltern geflohen sind, vertrieben wurden, ihre Heimat verlassen mussten. In diesem Gedanken könnte mehr Verständnis für die Lage der heutigen Flüchtlinge aufbringen. Keiner wird seine Geburtsstadt, seine gewohnte Umgebung, seine Freunde und Familie leichten Herzens verlassen. Viele werden mit Hoffnungen auf ein besseres Leben losziehen. Hoffnungen, die sich vielleicht nicht schnell und nicht komplett erfüllen lassen. Doch eine Chance auf die Erfüllung seiner Hoffnungen, Wünsche und Träume sollte doch jeder haben.

Ein Roman mit einer ausgesprochen lesenswerten Grundidee, durch die man erinnert wird, dass wie schnell man selbst ein Flüchtling sein könnte, von dem man sich in Teilbereichen allerdings eine deutlichere Aussage wünsche würde.


Veröffentlicht am 06.06.2017

Heimkehr

Die Kalte Sofie
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Einige Jahre hat die Rechtsmedizinerin Sofie Rosenhuth in Berlin gearbeitet. Nun kehrt sie in ihre Heimatstadt München zurück. Gleich an ihrem ersten Arbeitstag findet Sofie eine tote Maus, die tatsächlich ...

Einige Jahre hat die Rechtsmedizinerin Sofie Rosenhuth in Berlin gearbeitet. Nun kehrt sie in ihre Heimatstadt München zurück. Gleich an ihrem ersten Arbeitstag findet Sofie eine tote Maus, die tatsächlich so aussieht als sei sie keines natürlichen Todes gestorben. Nun könnte eine Maus ihr eigentlich egal sein, aber Sofies Neugier ist geweckt und sie nimmt den kleinen Leichnam mit. Etwas derangiert kommt sie an ihrem Arbeitsplatz an und erhält eine Ansprache von ihrer neuen Chefin. Na, das fängt ja gut an. Sofie kann zum Glück bald einigen Boden gut machen, denn ein kleines Mädchen bricht zusammen und Sophie hat das richtige Näschen, um eine mögliche Ursache zu erkennen.

Die Heimkehr an ihre alte Wirkungsstätte bringt Sofie, die vor ihrem Studium als Polizistin tätig war, viel Gutes. Aber nicht alles ist eine reine Freude, denn auch ihr Ex-Mann Joe tritt wieder in ihr Leben ein. Er ist der ermittelnde Kommissar und Sofie muss mit ihm zusammenarbeiten, ob es ihr nun gefällt oder nicht. Dann gibt es da aber auch den Lichtblick von Polizeireporter und seinem Auto, denen Sofie gerne einen zweiten Blick widmet. Eine Stütze für Sofie ist auch ihre Tante Vroni. Ja, daheim ist es doch am schönsten. Und nun gilt es herauszufinden, wieso das kleine Mädchen erkrankt ist und welches Geheimnis die tote Maus in sich birgt.

Ein Lokalkrimi mit viel Münchner Hofart. Sofie ist eine freundliche gewitzte Rechtsmedizinerin, der man so leicht nichts vormachen kann. Ihre ursprüngliche Polizeiausbildung hilft ihr beim Aufspüren kleinster Spuren. Doch manchmal ermittelt sie auch in Joes Zuständigkeit hinein, was diesem nicht immer passt. Aber wenn es noch eine Zukunft für Sofie und Joe geben soll - das hätte Vroni gerne - muss er natürlich über einiges hinweg sehen. Insbesondere über die Anwesenheit dieses Reporters, der seine neugierige Nase überall hineinsteckt. Ja, man kann sich Sofies Heimkehr mit Wohlfühlfaktor gut vorstellen. Zwar hat sie es nicht ganz leicht, aber grundsätzlich ist es in ihrer Umgebung doch eher kuschelig. Und so unterhält die Lesung mit viel Mundart auf kurzweilige Art und Weise. Als Hörer, der in Mundarten keine besonderen Fähigkeiten besitzt, hat man glücklicherweise keine Verständnisprobleme, aber man sehnt sich schließlich doch ein wenig nach dem Hannoveraner Zungenschlag.
3,5 Sterne

Veröffentlicht am 02.01.2025

Der letzte Job

Billy Summers
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Billy Summers übernimmt Mordaufträge. Im Laufe der Zeit ist er seine Tätigkeit über geworden. Der Auftrag, den er jetzt angenommen hat, bringt so viel Geld, dass er endlich aufhören kann. Doch er hat ein ...

Billy Summers übernimmt Mordaufträge. Im Laufe der Zeit ist er seine Tätigkeit über geworden. Der Auftrag, den er jetzt angenommen hat, bringt so viel Geld, dass er endlich aufhören kann. Doch er hat ein ungutes Gefühl. Absagen will er die Sache aber nicht. Er fragt sich aber schon, wieso er sich im Vorfeld so lange vor Ort bewegen, sich in Arbeitsplatz und Nachbarschaft einfügen soll. Ein oberflächlicher, aber netter Bekannter. Da sein Fluchtweg gut organisiert ist, lässt er sich darauf ein. Damit alles echt wirkt, beginnt er, seine Lebensgeschichte niederzuschreiben. Jedoch zieht sich der Auftrag so lange hin, dass Billy sich eine eigene Fluchtmöglichkeit organisiert.

Von Stephen King kann man immer mal was lesen. Die Lebensgeschichte von Billy Summers ist schon ungewöhnlich und tragisch. Aber er ist auch klug. Und er weiß, dass es manchmal besser ist, sich dumm zu stellen. Aber Gedanke, seine Erlebnisse aufzuschreiben, ist einfach zu verführerisch, obwohl er nicht sicher sein kann, dass seine Auftraggeber mitlesen. Auch ist ihm bewusst, dass dieses freundliche sich Einfügen in die Nachbarschaft eigentlich nicht gut sein kann. Zwar fällt er so nicht auf, aber wenn alles gelaufen ist, wird man sich an ihn erinnern.

Mit Romanen von Stephen King ergeht es einem mitunter so oder so. So: Man verschlingt sie. Oder so: sie sind doch etwas langatmig. Billy Summers fällt leider eher in die zweite Kategorie, jedenfalls für die Leserin. Zu Beginn - und dieser Beginn dauert recht lange - passiert einfach nichts, man wartet mit Billy darauf, dass es losgeht. Und in der Zeit hat man schon einen Teil des Interesses verloren. In der Folge gibt es auch Wendungen, die einfach nicht den Geschmack der Leserin treffen. Dennoch nimmt das Buch irgendwann fahrt auf und wie bei King üblich, ist es intelligent geschrieben und weist ein paar Überraschungen auf.

Veröffentlicht am 02.11.2024

Unbeschwerte Jugend

Schatten der Welt
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Sie sind um die vierzehn Jahre, Carl, Artur und Isi, im westpreußischen Thorn des Jahres 1910. Alle drei kommen aus eher einfachen Verhältnissen. Carl ist der Sohn des Schneiders Friedländer, Artur Vater ...

Sie sind um die vierzehn Jahre, Carl, Artur und Isi, im westpreußischen Thorn des Jahres 1910. Alle drei kommen aus eher einfachen Verhältnissen. Carl ist der Sohn des Schneiders Friedländer, Artur Vater ist eine Art Fuhrmann und Isis Vater arbeitet als Lehrer. Während Carl und Artur sich aus der Schule kennen, trifft Isi später zu ihnen. Mit ihren Ideen und frechen Sprüchen passt sie ausgezeichnet zu Arturs Unternehmergeist. Carl dagegen ist eher ruhig und bedacht, aber auch er kann sein Herz mal über die Hürde werfen. Zusammen sind sie ein unschlagbares Team, dem die Welt offen steht. Wenn da nach ein paar Jahren nicht ein Krieg drohen würde.

Dies ist der erste Band einer bisher dreibändigen Reihe. Hier bildet sich die kleine Clique bestehend aus den drei Jugendlichen Carl, Artur und Isi. Artur heckt manchmal Streiche aus, die beinahe schon gefährlich sein könnten. Und irgendwie ist Carl immer mit dabei. Als dann auch Isi dabei ist, schafft diese es mitunter, Artur noch zu übertrumpfen. Wenn es doch ewig so weitergehen würde, dann stünde ihnen eine große Zukunft bevor. Der Ausbruch des ersten Weltkriegs macht jedoch alles zunichte. Die Träume platzen, denn Carl und Artur werden eingezogen und Isi kämpft um ihre Unabhängigkeit.

Gerade zu Beginn besticht dieser historische Roman durch die Personenzeichnung und die frechen Ideen, bei deren Ausführung gegen alle Umstände doch irgendwie alles gutgeht. Leider und doch verständlicherweise verliert sich das, wenn der Krieg ausbricht. Die Jugend endet dann jäh und die Art des Berichts ändert sich zwangsweise, weil sie die Wege der Protagonisten trennen. Die Wahl der Personalpronomen ist dann nicht immer nachvollziehbar und ihre einzelnen Schicksale, obschon schwer und auch tragisch, berühren nicht so wie zuvor. Dennoch verfolgt man den Weg der Drei weiterhin. Zusätzlich erschwert wird die Lektüre ein wenig, wenn beim Kauf nicht klar ist, dass es sich um einen Reihenbeginn handelt. Dann nämlich erwartet man eine größere Abgeschlossenheit und weniger offene Fragen. Natürlich sieht man dass Ganze anders in dem Wissen, dass, wenn man es wünscht, es mehr über die weiteren Schicksale von Carl, Artur und Isi zu erfahren gibt.

Veröffentlicht am 21.08.2024

Unsterblich

Das Buch Anderswo
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Er ist unsterblich, dass heißt, wenn er irgendwie stirbt, ist er bald wieder da. So hat er Jahrtausende miterlebt und nichts vergessen. Von allen, die ihn kennen wird er „B“ genannt. Zwar will er nicht ...

Er ist unsterblich, dass heißt, wenn er irgendwie stirbt, ist er bald wieder da. So hat er Jahrtausende miterlebt und nichts vergessen. Von allen, die ihn kennen wird er „B“ genannt. Zwar will er nicht sterben, aber er will sterblich sein. Viele haben über die vielen Jahre schon versucht, ihm dazu zu verhelfen. Alle sind sie gescheitert. Das US-Militär hat ihm ein Angebot gemacht, ihm bei der Beantwortung der Fragen zu helfen. Nach und nach ergeben sich tatsächlich einige Spuren. Doch verfolgen einige hier auch ihre eigenen Ziele.

Im Regal fällt das Buch sofort auf durch das farblich auffällig gestaltete Cover und natürlich die Namen der Autoren. Wobei vorher nicht unbedingt bekannt sein muss, dass Keanu Reeves in Verbindung mit den BRZRKR-Comis (Berserker) und einer Serie in diesem Universum steht. China Mièville steht für Science Fiction oder Fanstasy. Das ist eine tolle Mischung, die ein bemerkenswertes Buch hervorbringen kann. Die Idee eines B, der nach seiner Geschichte sucht, der Sterblichkeit erreichen will, ist sehr ansprechend. Auch das Hörbuch mit den unterschiedlichen Sprechern klingt vielversprechend. Leider kann man die Geschichte nur als Hörbuch nicht vollständig erfassen. Zu elegisch sind einzelne Passagen und zu gering sind die Hinweise gestreut, so dass man es irgendwie nicht richtig schafft, den roten Faden zu finden. Vielleicht funktionieren Hörbuch und Buch im Zusammenhang besser, dann besteht die Möglichkeit nachzulesen oder zurück zu blättern, wenn man nicht sicher ist, ob man alles richtig erfasst hat. Beim Download eines Hörbuch ist leider auch kein Booklet vorhanden, mit dem einiges erläutert werden könnte. Dennoch sind einige Passagen mitreißend geschrieben bzw. vorgetragen und zum Ende hin bekommt man doch den Hauch einer Ahnung. Auch die tollen Sprecher reißen einiges heraus. Im Ergebnis bleibt allerdings der Eindruck, dass man nicht alles erfasst hat, was natürlich auch an der eigenen mangelnden Aufmerksamkeit liegen kann.