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Veröffentlicht am 21.08.2022

Wer war Blanche Monet?

Blanche Monet und das Leuchten der Seerosen (Ikonen ihrer Zeit 6)
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Selbst die größten Kunstbanausen unter uns dürften den Namen Claude Monet kennen, welcher oftmals in einem Atemzug mit dem Begriff Impressionismus genannt wird. Von seiner Schwiegertochter (und Stieftochter) ...

Selbst die größten Kunstbanausen unter uns dürften den Namen Claude Monet kennen, welcher oftmals in einem Atemzug mit dem Begriff Impressionismus genannt wird. Von seiner Schwiegertochter (und Stieftochter) Blanche Hoschedé-Monet hingegen, die zwar offiziell nie von dem berühmten französischen Maler unterrichtet worden, jedoch eindeutig in ihrem Schaffen von seinem Kunststil beeinflusst worden ist, hört man - noch - viel zu selten. Claire Paulin, auch bekannt unter dem Pseudonym Petra Göbel, hat der mir bis dato gänzlich unbekannten Künstlerin nun mit ihrer Romanbiografie ein würdiges Denkmal gesetzt.

Das farbenfrohe Cover ist wunderschön gestaltet und passt perfekt zur Story!

Besonders positiv empfand ich die Darstellung des - im wahrsten Sinne des Wortes - malerischen Settings sowie die intensive und gründliche Recherche der Autorin, die gekonnt Fakten mit Fiktion angereichert hat.

Zu den Figuren blieb bei mir, trotz aller Sympathie, bis zum Schluss eine gewisse Distanz bestehen - einzige Ausnahme: Monets sanftmütige Ehefrau Camille. Zudem fehlte mir ein klein wenig der Fokus auf Blanches Kunst an sich bzw. ihre Kunstwerke, und auch über ihre unerfüllte Liebe zum amerikanischen Maler 'Jack' hätte ich gerne mehr gelesen. Die spannende Familiengeschichte (von welcher Blanches Kindheitsjahre einen bedeutenden, großen Teil des Buches ausmacht) um die vom Vater angehäuften Schulden, das Techtelmechtel der Mutter sowie die interessante und authentisch geschilderte Dynamik zwischen ihr und ihren Geschwistern hat mich dafür gut unterhalten.

𝐅𝐚𝐳𝐢𝐭: 4 ✰ ✰ ✰ ✰
Eine solide Romanbiografie, die eine zu Unrecht unbekannte Künstlerin endlich aus dem Schatten Monets hervorhebt. Gerne spreche ich eine Empfehlung für alle kunstinteressierten Leser:innen und Fans von historischen Romanen aus.

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Veröffentlicht am 06.08.2022

Süße Young-Adult-Romance

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Eigentlich hätte diese süße Young-Adult-Romance, deren Story-Grundlage (Haters-to-Lovers + Online-Flirt mit einer anonymen Person) mich entfernt an den Film "e-m@il für Dich" erinnert hat, durchaus das ...

Eigentlich hätte diese süße Young-Adult-Romance, deren Story-Grundlage (Haters-to-Lovers + Online-Flirt mit einer anonymen Person) mich entfernt an den Film "e-m@il für Dich" erinnert hat, durchaus das Zeug zum 5-Sterne-Read gehabt; insbesondere der Einstieg in die Handlung war mehr als vielversprechend - ein flotter, humorvoller Schreibstil, der nicht zu übertrieben mit vermeintlichem Jugend-Slang zu punkten versucht, sympathische Hauptfiguren und eine kreative Hintergrundgeschichte. Kurzum: Zunächst war ich sehr happy mit dem Buch.

Mit voranschreitender Handlung offenbarten sich jedoch ein, zwei kleine Schwächen.

Die Glaubwürdigkeit hat etwas gelitten. Natürlich kommen bei Unterhaltungsliteratur Fiktion und Fantasie ins Spiel, das ist mir bewusst und auch völlig okay (mehr als das sogar, ansonsten würde ich statt Romanen schlichtweg die Tageszeitung lesen und das Fantasy-Genre hätte gar keine Daseinsberechtigung). Es geht mir nicht darum, dass die Handlung eines Werkes 1:1 realistisch sein soll. Aber das Verhalten der Figuren sollte - im Hinblick auf die Welt, in der sie leben, und die Umstände, mit denen sie dort konfrontiert werden - Sinn ergeben. Dass Peppers nicht unfreundliche, doch toughe, gewinnorientierte Mutter (Typ ehrgeizige Boss-Lady) all about Business und Unternehmenserfolg ist, aber gleichzeitig Angestellte (wie z.B. Taffy) beschäftigt, die nicht fähig sind, eigenständig die mit ihrem Job einhergehenden Aufgaben zu erfüllen, und dass sie deren kontinuierliche, offensichtliche Überforderung lieber als gegeben hinnimmt, anstatt sie durch qualifiziertere Mitarbeiter:innen zu ersetzen oder ihnen zumindest professionelle Unterstützung ins Team zu holen, war in meinen Augen enorm unglaubwürdig. Stattdessen überträgt sie elementare Marketing-Aufgaben des Großunternehmens an ihre Teenager-Tochter - ist klar. (Jene Tochter, die eigentlich rund um die Uhr in Prüfungsvorbereitungen und Hausaufgaben vertieft sein sollte, weil sie auf eine knallharte Eliteschule geht, wo Bestleistungen vorausgesetzt werden.) Pepper wird im Minutentakt mit Nachrichten und Anrufen bombardiert, denn die PR-Abteilung von Big League Burger ist scheinbar komplett aufgeschmissen ohne die Ideen des jungen Mädchens. … - I don’t think so. Da es sich um einen Jugendroman handelt, sehe ich darüber hinweg, die Heldin braucht immerhin eine wichtige Rolle. ABER: Es wäre nicht nötig gewesen, dermaßen dick aufzutragen. Pepper schläft angeblich seit Monaten maximal 5 Stunden am Tag, ist allerdings fit genug für regelmäßigen Hochleistungssport und brilliert im Unterricht. - Als frischgebackene Mama, die selbst höchstens 5 Stunden Schlaf am Stück bekommt, habe ich mich bei dieser putzig-weltfremden Behauptung vor Lachen fast am Kaffee verschluckt.

Ich mag es nicht, wenn Figuren nicht mit den Folgen ihres Handelns konfrontiert werden. Jacks allseits beliebter Zwillingsbruder Ethan macht ständig Versprechungen, deren Einhaltung er Jack überlässt, drückt sich konsequent vor der Arbeit im Familienunternehmen und kommt permanent ohne Konsequenzen davon. Über das elterliche Verhalten konnte ich nur den Kopf schütteln; wenn ich mehrere Kinder habe, behandele ich sie alle gleich, Punkt. Auch Jack hätte ich gerne mal ins Gewissen geredet, damit er seinem Bruder nicht andauernd zur Rettung eilt, sondern auch mal an sich selbst denkt. So was ärgert mich einfach.

Gut gefallen hingegen haben mir der Aspekt des modernen Romeo-und-Julia-Hintergrundes (die Familien der beiden Hauptfiguren sind zwar verfeindet, allerdings nur auf geschäftlicher Ebene, nicht auf tragische "Westwell"-Weise), die Weazel-App, das NYC-Setting sowie die eingestreuten Tweets und Chatverläufe. Peppers legendären Monster-Cake hätte ich außerdem zu gerne mal probiert.

𝐅𝐚𝐳𝐢𝐭: 4 ✰ ✰ ✰ ✰
Von wegen 'alles Käse' - spannungstechnisch wartet das Werk mit einigen Überraschungsmomenten auf. Da ich 5 Sterne ausschließlich für Herzensbücher/absolute Highlights vergebe (= Bücher, bei denen inhaltlich alles für mich passt und die mich zudem auf emotionaler Ebene besonders intensiv ansprechen), sind es hier nur 4 Sterne geworden - aufgerundet aufgrund des nett gestalteten Covers und des zur Zielgruppe passenden, leicht verständlichen Schreibstils. Gerne spreche ich eine Empfehlung für alle Fans von lockeren Jugendromanen aus (Altersempfehlung des Verlags: ab 14 Jahren).

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Veröffentlicht am 01.08.2022

Tolle Tanzshow!

Love it up
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Bei diesem in knalligem Rot leuchtenden Cover und solch einem verlockenden Klappentext konnte ich einfach nicht widerstehen! Ich sage nur:

♥ Südkorea (- selbst wenn ich noch nicht gänzlich von der K-Pop-Welle ...

Bei diesem in knalligem Rot leuchtenden Cover und solch einem verlockenden Klappentext konnte ich einfach nicht widerstehen! Ich sage nur:

♥ Südkorea (- selbst wenn ich noch nicht gänzlich von der K-Pop-Welle erfasst worden war, reizte mich diese Thematik ungemein und ich war voller Neugier -),

♥ eine Castingshow (- Wie cool ist das denn!! -),

♥ Tanzen!

… das klang nach einer verheißungsvollen Kombination und viel Lesespaß!

Das außergewöhnliche Setting bzw. der kreative Handlungsrahmen war dann letztlich auch mein persönliches Highlight dieser New-Adult-Romance. Schon zu Beginn haben mich die atmosphärischen Beschreibungen absolut begeistert, mit denen die Autorin uns zur letzten Etappe von Ethans und Tysons Weltreise entführt. Ich war noch nie in Südkorea, aber genau so stelle ich es mir vor. (Sollte ich jemals dorthin reisen, hoffe ich allerdings, dass nie jemand eine Katze nach mir werfen wird.) Leider mussten wir uns von dieser trendigen Location schon nach wenigen Kapiteln verabschieden, da die Handlung in Las Vegas fortgesetzt wurde - diese Stadt wiederum kenne ich dank einiger Besuche recht gut und war ein klein wenig enttäuscht, dass vom Vegas-Flair nichts spürbar war. To be fair, der Fokus lag auf dem Trainingszentrum, welches Ethan ohnehin kaum verlassen durfte.

Erzählt wird (jeweils in der Ich-Form) aus der Perspektive der beiden Hauptfiguren. Ich mochte sowohl Payton als auch Ethan gerne, wobei ER mein klarer Favorit war. Ethan ist einer von den Guten, der nette Junge von Nebenan, dem man vertrauen und sein Herz ausschütten kann; ein attraktiver, hilfsbereiter, vernünftiger Mann, quasi der Traum einer jeden Schwiegermutter. Aufgrund eines gebrochenen Herzens (- klassischer Fall von Friendzone -) leidet er unter Selbstzweifeln, möchte nicht als Langweiler gelten. Ich hätte ihn so gerne des Öfteren mal getröstet, ihm ist überhaupt nicht bewusst, was für ein Catch er ist! Über seine Engelsgeduld gegenüber seinem liebenswert-chaotischen besten Freund Tyson, der sich als Nebenfigur zwar ziemlich amüsant las, mich im realen Leben mit seiner über-extrovertierten Art allerdings gewiss in den Wahnsinn treiben würde, konnte ich nur staunen.

Payton hat viele tolle Eigenschaften, ist energiegeladen, schlagfertig, flirty und verdammt gut in ihrem Job als Choreografin; vor allem bewunderte ich die Tatsache, dass sie nicht in Selbstmitleid versunken ist, nachdem bei einem Unfall in der Vergangenheit ihr Bein zertrümmert und ihre eigene Tanzkarriere beendet worden war. Ich weiß nicht, ob es daran lag, dass ich im Hinblick auf ihr Verhalten Ethan gegenüber mit einigen Szenen nicht so happy war, oder an der Tatsache, dass ihre Figur mir (im Vergleich zu den anderen Charakteren) blass bzw. oberflächlicher ausgearbeitet erschien, aber mit fortschreitender Handlung interessierten mich eigentlich nur noch Ethan, die Jungs aus seinem Team und die Tanzshow. Payton - ja, sie war da, und ich wünschte ihr nichts Schlechtes, aber sie war mir egal. Überhaupt erreichten mich die Emotionen zwischen ihr und Ethan nur direkt am Anfang der Handlung, statt einer Vertiefung blieb ihre Annäherung anschließend jedoch eher flach.

Ich wusste im Vorfeld, dass es sich bei "Love it up" um den 3. Band einer Reihe handelt, deren Bücher 1 und 2 ich noch nicht kannte, hatte diesbezüglich jedoch keine Bedenken, schließlich war es nicht das erste Mal, dass ich quer in eine Buchreihe einsteige (darin bin ich sozusagen ein alter Hase) und die Geschichte verfügt über eine in sich geschlossene Handlung. Nun kommt das ABER: Die Figuren der Vorgängerwerke waren dermaßen dauer-präsent, dass ich hier irgendwie das Gefühl bekam, außen vor zu sein - auf eine Clique zu stoßen, bei der es offensichtlich ist, dass man nicht dazugehört. Ich verstehe den Gedanken dahinter, dass es für Fans der Reihe sicher einen runden Abschluss bildet, all ihre Lieblingscharaktere nochmal zu erleben (- ich selbst freue mich auch immer über wiederkehrende Figuren bei anderen Buchreihen -), doch hier kamen mir die ganzen Verflechtungen mit jeder Enthüllung mehr und mehr wie ein exklusives Protagonistengrüppchen vor und ich fühlte mich nicht so richtig wohl.

Anfangs war ich sooo hin und weg vom humorvollen und mit realistischen Dialogen gespickten Schreibstil der sympathischen Autorin. (Insbesondere die Schilderungen in den Südkorea-Szenen waren echt WOW, ebenso die ersten gemeinsamen Szenen von Ethan, Tyson, Aaron, Payton. Die Behind-the-Scenes-Einblicke ins knallharte Entertainment-Business waren on point; es machte richtig Spaß, die Show zu verfolgen.) Mit zunehmendem Drama verlor sich diese Authentizität jedoch leider immer weiter, und im letzten Drittel erschien mir das Ganze beinahe schon leicht klamaukig-überspitzt, was ich mega schade fand.

𝐅𝐚𝐳𝐢𝐭: 4 ✰ ✰ ✰ ✰
Es war nicht mein bisheriges Stella-Tack-Highlight, aber trotz kleiner Schwächen ein gutes Buch, das mich insgesamt prima unterhalten hat.

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Veröffentlicht am 15.07.2022

Unterhaltsamer historischer Roman für Berlin-Fans

Die Galerie am Potsdamer Platz
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𝓥om Auftakt der Galeristinnen-Trilogie versprach ich mir eine fesselnde Story um Liebe, Familiengeheimnisse und Kunst, zudem hoffte ich auf ein wenig Berliner Lokalkolorit. Meine Erwartungen wurden größtenteils ...

𝓥om Auftakt der Galeristinnen-Trilogie versprach ich mir eine fesselnde Story um Liebe, Familiengeheimnisse und Kunst, zudem hoffte ich auf ein wenig Berliner Lokalkolorit. Meine Erwartungen wurden größtenteils erfüllt, allerdings blieb die Spannung zwischenzeitlich auf der Strecke.

𝗪𝗮𝘀 𝗶𝗰𝗵 𝗴𝗲𝗹𝗶𝗲𝗯𝘁 𝗵𝗮𝗯𝗲:

"𝓓ie helle Beleuchtung des nächtlichen Potsdamer Platzes, die finsteren Straßen Kreuzbergs, die funkelnden Vergnügungspaläste im Westen der Stadt, die billigen Spelunken um den Osthafen herum, die vornehmen Villen im Grunewald, der belebte Alexanderplatz, die feuchten Mietskasernen im Wedding, die neue Architektur, die ihre Bewohner mit Licht und Luft versorgen sollte […]" - als alte Berliner Großstadtpflanze freue ich mich generell immer über Romane, gleich welchen Genres, die in der Hauptstadt spielen.

𝓦eiterhin habe ich es genossen, wie die Autorin gelegentlich das einzigartige Flair der Metropole eingefangen hat, welches auch in den 1930ern schon unheimlich prägnant gewesen sein muss; so nennt sie es beispielsweise einen "[…] ununterbrochenen Wechsel von großmäuliger, aufdringlicher Pracht und kleinem, grauen Elend".

𝓓en hin und wieder aufblitzenden Berliner Dialekt habe ich gefeiert - ich bin einfach ein Fan davon.

𝗪𝗮𝘀 𝗶𝗰𝗵 𝗴𝗲𝗿𝗻𝗲 𝗺𝗼𝗰𝗵𝘁𝗲:

𝓓er dynamische Einstieg in die Handlung weckte meine Neugier auf den Fortgang der Handlung. Die um ihre kürzlich verstorbene Mutter trauernde Alice wird recht frostig in Berlin empfangen und ist sich unsicher, was sie von den einzelnen Waldmann'schen Familienmitgliedern halten soll. Von Anfang werden uns einige wesentliche Charakterzüge von Alice aufzeigt, z. B. ihr Temperament.

𝓐lice nimmt nicht alles Unrecht stillschweigend hin, akzeptiert nicht kommentarlos das Fehlverhalten anderer - sie ist in den passenden Augenblicken angemessen empört und kommuniziert dies auch; mit ihrer direkten Art konnte sie auf jeden Fall bei mir punkten.

𝓐ls Buchliebhaberin muss ich natürlich ihre Einstellung zu Büchern lobenswert erwähnen, diesbezüglich gehe ich vollkommen mit Alice d’accord: "Ihr erster Blick in einer fremden Wohnung galt immer den Bücherregalen. Menschen, die keine Bücher besaßen oder deren Regale nur zu Repräsentationszwecken mit Literatur gefüllt waren, waren ihr suspekt." Ebenso freute sich mein Hundemama-Herz über ihren liebevollen Umgang mit dem Hund Gentle. Trotzdem war es letztlich Alice' Onkel Johann, der aufgrund seiner charismatischen Art zu meiner Lieblingsfigur wurde.

𝓓ie schillernde Berliner (Kunst-)Szene der Dreißigerjahre wird stimmungsvoll eingefangen. Man spürt, dass die Autorin mit der Thematik vertraut ist. Dieser Aspekt der Story hätte gerne noch viel intensiver ausgebaut werden können.

𝓓er Schreibstil hat mir unterm Strich gut gefallen. Zwar gab es hin und wieder Passagen, in denen er an der Grenze zu langatmig und ausschweifend kratzte, aber insgesamt habe ich mich mit dem ausgeglichenen Wechsel von Beschreibungen und Dialogen, der glaubwürdigen, zeitgemäßen Wortwahl und insbesondere der manchmal schon fast poetisch schönen Art, mit der die weibliche Hauptfigur ihre Umgebung betrachtet, sehr wohlgefühlt.

𝓓ie Tatsache, dass der Roman nicht enorm politiklastig ist, fand ich herrlich erfrischend. Trotz des gewählten zeitlichen Rahmens ( = einer Epoche bedeutender Veränderungen ) hat die Autorin sich nicht auf politische Entwicklungen versteift. In vielen anderen historischen Romanen liegt mir der Fokus zu sehr auf Politik, was sich, wenn es nicht gekonnt in die Story eingebunden wird, oft trocken und laaaaangweilig liest. Das Thema Nationalsozialismus wird aufgegriffen, allerdings in Maßen.

𝗪𝗮𝘀 𝗺𝗶𝗿 𝗻𝗶𝗰𝗵𝘁 𝘀𝗼 𝗴𝘂𝘁 𝗴𝗲𝗳𝗮𝗹𝗹𝗲𝗻 𝗵𝗮𝘁:

𝓐lice wirkte zeitweise etwas launisch auf mich.

𝓓ie Zeitsprünge erschienen mir zu abrupt bzw. die Übergänge waren holprig. Wann immer ich mittendrin im Geschehen steckte, hieß es plötzlich: Zack, Monate später geht es nun weiter.

ℐm Mittelteil hat die Geschichte mich verloren. Spannungstechnisch war die Luft raus und ich habe das Buch ein paar Tage pausiert; schließlich überwogen dann aber mein Interesse für Kunst und meine Sympathie für John und Johann, sodass ich weitergelesen habe und mit einem tollen Ende belohnt wurde.


𝐅𝐚𝐳𝐢𝐭: 4 ✰ ✰ ✰ ✰
Ein kurzweiliger historischer Roman und insgesamt ein solides Debüt.

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Veröffentlicht am 08.07.2022

Gut geschrieben

Die verlorenen Kinder von Paris
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"»𝓑abys. Warum verhaften sie Babys?« […] Warum verhaften sie überhaupt Menschen? Mütter, Väter, Alte, Kranke? Sie kannte natürlich die Antwort. Weil sie alle des Verbrechens schuldig waren, Juden zu sein. ...

"»𝓑abys. Warum verhaften sie Babys?« […] Warum verhaften sie überhaupt Menschen? Mütter, Väter, Alte, Kranke? Sie kannte natürlich die Antwort. Weil sie alle des Verbrechens schuldig waren, Juden zu sein. Es gab keine rationale Antwort auf ihr Warum. Der Hass siegte über die Vernunft."

𝓑asierend auf dem Leben von Madeleine Lévy, der Enkelin von Alfred Dreyfus (der aufgrund eines Justizskandals im 19. Jahrhundert zu trauriger Berühmtheit gelangt war) und angereichert mit fiktiven Elementen, erzählt dieser eindrucksstarke Roman aus der Feder von Gloria Goldreich von einer unheimlich mutigen jungen Frau, die aktiv im französischen Widerstand tätig war.

𝓓ie studierte Sozialarbeiterin Madeleine, nach einer Scharlacherkrankung im Alter von 8 Jahren leicht schwerhörig, ist Mitglied der jüdischen Pfadfinder und bereitet zahlreiche Kinder auf eine Flucht aus Frankreich vor. Hitlers Armee rückt näher und mit jedem Tag hört man schrecklichere Berichte über die Grausamkeit der Deutschen. Madeleine ist selbst noch sehr jung, hat noch nie romantische Gefühle erlebt; in ihren guten Freund Claude könnte sie sich vielleicht verlieben - doch in Zeiten des Krieges ist Hoffnung auf ein späteres Glück ein Luxus, dem man sich nur bedingt hingeben darf.

𝖶𝖺𝗌 𝗂𝖼𝗁 𝗀𝖾𝗋𝗇𝖾 𝗆𝗈𝖼𝗁𝗍𝖾:

𝓓ie genretypische Covergestaltung, Madeleines Beziehung zu ihrer Schwester Simone (überhaupt ihre Verbundenheit zu ihrer Familie) sowie viele emotionale, beinahe schon poetisch formulierte Passagen, die zum Nachdenken anregen, haben mir sehr gefallen.

𝓜adeleine kann wundervoll mit Kindern umgehen, man spürt, wie sehr ihr ihre Schützlinge am Herzen liegen. "Sie dachte an ihre strahlenden Gesichter, ihre niedlichen Kinderstimmen, und die Angst erdrückte sie fast." Speziell in Anna sieht sie eine Art kleine Schwester. Die Rettung der Kinder bedeutet ihr alles - eine Tatsache, die ich so gut nachvollziehen konnte.

𝓓ie Nebenfiguren waren überzeugend ausgearbeitet und sympathisch.

𝖶𝖺𝗌 𝗆𝗂𝗋 (𝗇𝖾𝗎𝗍𝗋𝖺𝗅) 𝖺𝗎𝖿𝗀𝖾𝖿𝖺𝗅𝗅𝖾𝗇 𝗂𝗌𝗍:

𝓟atriotismus schön und gut, doch innerhalb der ersten paar Kapitel wurde mir die Marseillaise ein wenig zu häufig angestimmt.

𝓓en Buchtitel fand ich unpassend - nicht tragisch, aber eben leicht irreführend, da a) die jüdischen Kinder nicht klar im Vordergrund stehen und wir weniger von ihnen lesen (mit Ausnahme der kleinen Anna), als ich gehofft hatte, und b) ein Großteil der Handlung sich nicht in Paris abspielt.

𝖶𝖺𝗌 𝗆𝗂𝗋 𝗇𝗂𝖼𝗁𝗍 𝗀𝖾𝖿𝖺𝗅𝗅𝖾𝗇 𝗁𝖺𝗍:

𝓢o sehr ich Madeleines Mut wahrhaftig bewunderte, ich konnte beim Lesen keine richtige Beziehung zu ihrer Figur aufbauen (dasselbe gilt für die Dynamik, die aufkeimende Romanze zwischen ihr und Claude). Ich mochte Madeleine, ehrlich, sie hat ganz wundervolle, bemerkenswerte Charakterzüge, aber irgendwie wollte der Funke partout nicht überspringen. Vielleicht lag es daran, dass andere Figuren immer wieder (auch direkt im Dialog mit ihr) ihre Tapferkeit und Stärke betonten ("»Es ist bekannt, dass die Frauen der Familie Dreyfus stark sind. Stark und tapfer.«"; "[…] meine tapfere Madeleine" etc. - hinzu kommt, dass ich es generell nicht mag, wenn Figuren im Gespräch ständig den Vornamen des Gegenübers erwähnen) … irgendwann wurde es mir mit all dem Lob zu viel. Gut möglich, dass dies einfach etwas war, was mich schreibtechnisch nicht ansprach und sich indirekt auf meinen Gesamteindruck von Madeleine als Figur übertragen hat. Trotzdem tat es mir von Herzen leid, dass diese selbstlose, liebenswerte, aufrichtige, engagierte junge Frau sich aufgrund der sie umgebenden Kriegsgräuel beinahe schon schämte, wann immer sie einen schönen Moment erlebte; zu bedeutungslos erscheinen ihr die eigenen Belange im Vergleich mit jüdischen Flüchtlingen, die den Terror von Hitlers Schergen erdulden mussten.

𝐅𝐚𝐳𝐢𝐭: 4 ✰ ✰ ✰ ✰
Eine Empfehlung für alle Leser:innen von authentischen historischen Romanen. Das Buch ist definitiv gut geschrieben, an meine Lieblingswerke aus diesem Genre reicht es aber nicht ganz heran.

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