Nur für Piratenfans mit viel Geduld (3,5 Sterne)
Jack Bannister - Herr der KaribikVielen lieben Dank an den Knaur-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.
Aufmachung:
Ich bin ein bisschen ...
Vielen lieben Dank an den Knaur-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.
Aufmachung:
Ich bin ein bisschen verliebt in die Aufmachung! Bereits das Cover weist mit den verschiedenen Waffen um den Anker herum im Zentrum zwischen der Zeichnung zweier Schiffe, eins davon durch den Jolly Roger eindeutig als Piratenschiff erkennbar, eindeutig darauf hin, dass es sich hierbei um einen Piratenroman handelt. Auch die beige Farbgebung des Covers mit den schwarzen Rändern wirken wie eine alte Karte, was ebenfalls zur Thematik passt.
Darüber hinaus ist in der vorderen Innenklappe eine Karte der Karibik des 17. Jahrhunderts abgebildet, in der hinteren eine von Europa und Afrika derselben Zeit. So kann man beim Lesen immer nachverfolgen, wo sich Jack Bannister und seine Crew gerade befinden!
Die Abbildung der Segel eines Schiffs im 17. Jahrhunderts sowie das Personenregister vorne und das Glossar hinten helfen dazu beim Verständnis.
Meine Meinung:
Tatsächlich fällt mir diese Rezension viel schwerer, als ich zunächst gedacht hatte.
Ich liebe Piratengeschichten und alles, was auf dem Meer spielt, vor allem, wenn das Ganze noch einen historischen Hintergrund hat. Von daher war klar, dass ich das Buch unbedingt lesen muss!
Als ich mit dem Lesen angefangen habe, wurde mir aber schnell bewusst, dass ich trotz des spannenden Themas vermutlich nicht so schnell durch das Buch kommen würde, was einzig und allein am Schreibstil lag.
Zwar begrüße ich es gerade bei historischen Romanen, wenn sich der Erzählstil des Autors einer etwas altertümlichen Sprechweise der Figuren anpasst. Das hilft mir oftmals dabei, mich fallen- und auf die andere Zeit einzulassen.
Hier muss ich aber doch sagen, dass ich Lornes Stil die meiste Zeit als zu gezwungen empfunden habe. Ich hatte nie wirklich das Gefühl, dass die Figuren im 17. Jahrhundert sich wirklich so ausdrücken würden, sondern dass stattdessen der Autor der Meinung ist, die Figuren würden sich so ausdrücken. Also natürlich gehe ich davon aus, dass Lorne mehr Ahnung von dem Thema hat als ich und seine Ansicht schon richtig sein wird, aber beim Lesen möchte ich natürlich auch davon überzeugt werden und nicht stets das Bewusstsein beibehalten, gerade ein Buch zu lesen. Ich möchte mich eben fallenlassen, und das hat mir der Stil hier schwergemacht.
Das liegt aber nicht nur an der etwas gewöhnungsbedürftigen Ausdrucksweise, über die alleine ich noch hätte hinwegsehen können, sondern vor allem an der Langatmigkeit Lornes Stils und seinem Hang dazu, Alles und Jeden in der größtmöglichen Breite zu erklären und zu beschreiben.
Während ich es noch toll fand, dass man hier unglaublich viel über Galeonen und Schifffahrt im Allgemeinen im 17. Jahrhundert erfährt, dass lang und breit erklärt wird, wie die „Golden Fleece“ aufgebaut ist und all die richtigen Fachbegriffe verwendet werden, sodass man sich schon fast selbst wie ein Seemann fühlt, haben mich alle Beschreibungen, die darüber hinaus gingen, vor allem alles, was bei Marie-Claire und Nicholas Crispe in London passiert, doch eher gelangweilt.
Das lag hauptsächlich daran, dass ich in dem Punkt einfach in meinen Erwartungen enttäuscht wurde. Dabei finde ich nicht, dass man die Kapitel mit den Geschehnissen in London ganz streichen sollte, da sie durchaus Sinn machen und sehr viel zu Lornes Interpretation von Bannisters Entwicklung beitragen.
Allerdings hatte ich bei den Beschreibungen der Bälle, bei Marie-Claires ellenlangen Monologen ihrer Rechtfertigungen ihrer Taten und Crispes Pläneschmiederei oft das Gefühl, der Autor verliere hier ein wenig den Blick für das Wesentliche. Immerhin geht es in dem Buch ja um Jack Bannisters Leben, und natürlich könnte es sich so zugetragen haben, wie Lorne es hier schildert (man weiß ja gerade nicht, weshalb Bannister vom angesehenen Captain der Company zum Piraten geworden ist, der englische Schiffe überfallen hat), allerdings glaube ich, hätte es dem Buch gutgetan, wenn er nicht alles lang und breit erzählt, sondern den Leser ebenso wie Jack ein wenig im Ungewissen gelassen hätte.
So weiß man bereits im Vorfeld ziemlich genau, was wieso passieren wird, und während das bei einem auktorialen Erzähler im Normalfall gerade dafür sorgt, dass sich die Spannung steigert, hatte es hier genau den gegenteiligen Effekt.
Bereits kurz nach Beginn, noch bevor Jack im Buch überhaupt Captain geworden ist, konnte ich nämlich genau vorhersehen, was passieren würde, dass er sich schließlich dazu entscheidet, sich gegen die Company zu wenden und Pirat zu werden.
Das ist aber ja gerade die große Frage seines Lebens, weshalb ich finde, dass der Autor daraus ruhig ein größeres Geheimnis hätte machen können.
Stattdessen verrät er dem Leser viel zu viel und das mit seinen etwas über 600 Seiten ohnehin schon dicke Buch zieht sich unnötig in die Länge, sodass das Lesen anstrengend wird.
Dabei hilft es dann auch nicht, wenn immer mal wieder Dinge oder ganze Phrasen wiederholt werden, die an anderer Stelle bereits aufgetaucht sind und die dem Leser eigentlich nicht noch einmal ins Gedächtnis gerufen werden müssen. Selbst wenn man von Schiffen und den Fachbegriffen nicht groß Ahnung hat, findet man sich doch irgendwann damit zurecht, sodass das Buch nicht großartig komplex ist oder einem das Folgen schwerfallen dürfte.
Ich möchte aber ja nicht nur meckern, denn abgesehen davon fand ich das Buch wirklich gut.
Zwar schadet der Autor mit seinem ausholenden Erzählstil in meinen Augen dem Buch größtenteils, aber gerade in Bezug auf die maritimen Aspekte habe ich mich dann doch darüber gefreut. Man lernt hier praktisch nebenbei unglaublich viel über die Schifffahrt und Piraterie des 17. Jahrhunderts sowie die Dreiecksroute des Sklavenhandels hinzu, wobei gerade bei Letzterem nichts beschönigt wird.
Wer wie ich Schifffahrt und Piraterie unglaublich spannend findet, kommt hier also auf jeden Fall auf seine Kosten; auch die zahlreichen Seegefechte und Kampfszenen liefern genau das, was man bei einem Buch wie diesem erwartet!
Hätte es der Autor mit seinen ausschweifenden Beschreibungen in diesen Bereichen belassen, hätte ich ihn für seinen Schreibstil sogar gelohnt, denn das ist ja gerade das, was ich lesen will, wenn ich zu so einem Buch greife.
Schließlich hat mir auch die Charakterisierung des Piraten Jack Bannister hier sehr gut gefallen. Bei historischer Fiktion, die sich um einen Menschen handelt, der tatsächlich gelebt hat, finde ich es immer interessant, wie der Stempel aussieht, den der Autor ihm aufdrückt. Natürlich muss man sich bei so etwas immer in Erinnerung rufen, dass nicht wenig davon auf die Interpretation des Autors von historischen Quellen und ggf. auch auf seine eigene Fantasie zurückzuführen ist. Hier schafft Lorne es, aus einer historischen Figur eine greifbare Person zu machen.
„Keine der Wachen und vor allem niemand von der ausgelassenen Gesellschaft, die nur ihren Vergnügungen frönte, ahnte, dass soeben ein Mann geboren worden war, vor dem bald die ganze bekannte Welt zittern sollte und der bereit war, selbst einem Königreich und dessen gefürchteter Flotte den Krieg zu erklären.“ (S. 310/624)
Zwar wusste ich im Vorfeld nicht allzu viel über Jack Bannister, sodass ich beim Lesen nicht beurteilen konnte, wie viel von dem Geschilderten sich tatsächlich so zugetragen haben könnte und was der Autor eventuell hinzugedichtet hat, aber die Art und Weise, wie er ihn dargestellt hat, seine Handlungen und Überzeugungen wirkten so realistisch, dass ich ihm geglaubt habe. In seinem Nachwort geht der Autor dann noch einmal darauf ein, was man tatsächlich über Jack Bannister weiß und was er sich ausgedacht hat. Man erfährt auch, wie es mit dem berüchtigten Piraten zuende ging, was aus anderen relevanten Figuren geworden ist und welche anderen Gegebenheiten Lorne zu diesem Roman inspiriert haben.
Insgesamt erweckt sein Werk so einen fundierten, gut recherchierten Eindruck, bei dessen Lesen man an viel Wissen dazu gewinnt und gleichzeitig unterhalten wird. Ich habe während dieser 600+ Seiten richtig Lust bekommen, noch viel mehr über Piraten zu lesen und zu erfahren und mir direkt eine Liste mit Titeln angelegt, die ich mir einmal näher ansehen möchte!
Fazit:
Wer wie ich Schifffahrt und Piraterie unglaublich spannend findet, kommt hier auf jeden Fall auf seine Kosten; auch die zahlreichen Seegefechte und Kampfszenen liefern genau das, was man bei einem Buch wie diesem erwartet!
Die Charakterisierung des Piraten Jack Bannister hat mir hier sehr gut gefallen, der Autor schafft es, aus einer historischen Figur eine greifbare Person zu machen.
Allerdings habe ich den Schreibstil als sehr anstrengend empfunden. Es wird viel wiederholt, der Autor holt sehr weit aus und viele Beschreibungen kann man in meinen Augen auch einfach streichen, ohne dass es dem Buch schaden würde. Das schmälert den Lesespaß dann doch wieder erheblich, sodass ich letztlich 1,5 Punkte abziehen muss und „Jack Bannister: Herr der Karibik“ nur denjenigen unter euch empfehlen kann, die eingefleischte Piratenfans sind und ein wenig Geduld mitbringen. Wer nur oberflächliches Interesse aufbringt, wird hiervon vermutlich schnell gelangweilt sein.
3,5/5 Lesehasen.