Der Untertitel ist schon ein bisschen überheblich!
Hensslers schnelle Nummer 2Da mir das erste Buch mit den schnellen Nummern so gut gefallen hat, habe ich mich sehr auf „die Fortsetzung“ gefreut, also einen weiteren Band. Leider wurde die wunderbar gelungene Aufmachung des ersten ...
Da mir das erste Buch mit den schnellen Nummern so gut gefallen hat, habe ich mich sehr auf „die Fortsetzung“ gefreut, also einen weiteren Band. Leider wurde die wunderbar gelungene Aufmachung des ersten Buches nicht übernommen. Dafür gibt es jetzt zu einfach allem einen QR-Code. Sogar das Vorwort entfällt mit der Bemerkung: „Liest eh keiner! Lieber Video gucken!“. Finde ich nun echt nicht so klasse. Immerhin habe ich ein BUCH gewählt, eben weil ich einfach keinen Bock auf Smartphone oder Tablet in der Küche habe. Will ich Videos gucken, kauf ich kein Buch!
Ja, man merkt, besonders happy startet das diesmal nicht. Aber es endet auch nicht so happy. Mag an mir liegen, aber die am Ende des Buches angeblich zu findenden „Lesezeichen für Eure Top-10-Rezepte“ existieren schlicht nicht. Was soll das denn jetzt? Die Werbung für Henssler-Produkte bzw. seinen Shop verzeihe ich – ist ja verständlich, dass man Küchenutensilien und Gewürze von ihm kaufen soll.
Mir fehlen die drei Icons, die die Anzahl der Zutaten (plus Vorrat), die Zubereitungszeit und ob vegetarisch, wirklich. Im neuen Band sind die (maximal) fünf Zutaten regelrecht reißerisch aufgeführt, seitlich dann recht klein (jedenfalls im Vergleich dazu) die Zutaten aus der Vorratskammer. Mittig darunter dann die Zubereitungsschritte, wobei einige Stellen dann hin und wieder wie per Hand unterstrichen sind und es Notizen dazu gibt, z.B. eben „Anleitung im Video“, am QR-Code immer „Henssler macht’s vor!“ und direkt unter den Hauptzutaten ebenfalls „in Handschrift“ die Zubereitungszeit. Das alles soll sicher jung, frisch, dynamisch und modern sein, allerdings kommt es bei mir eher nervig, unruhig, unübersichtlich und negativ an. Positiv ist, dass seitlich eine Art „Fähnchen“ aufgedruckt sind, an denen man gleich die Kategorie erkennt, aus der es stammt: Brot / Salate & Suppen / Fisch & Meeresfrüchte / Gemüse / Fleisch / Pasta / vegan / Desserts. Während am Ende des Buches eine Übersicht der Rezepte nach Zutaten ist, findet man zu Anfang eine Übersicht nach diesen Kategorien – und alle vegetarischen Rezepte sind hier gleich mit einem X gekennzeichnet. Dieses X findet sich dann auch direkt beim Rezept bei/unter dem Namen des Gerichts. In sich also alles schon stimmig, doch mir gefiel die Aufmachung von Band eins einfach besser.
Die Rezepte selbst sind eben schon typisch Henssler. Aber auch hier tauchen „Scherze“ auf, die mir nicht mal ein müdes Grinsen entlocken. Beispiel gefällig? Gut: „Spaghetti aus dem Parmesankorb ohne Parmesankorb“. Na ja. Auch fragt man sich beim einen oder anderen Rezept, was das denn soll – das „Rezept“ für einen Toast Hawaii, mit aufgeschnittenen Erdbeeren verändert erscheint mir schon fast als „Füllstoff“, um die 100 voll zu bekommen. Das vegane Burger-Brötchen hat mich erst mal kurz entsetzt, aber da muss man einfach weiterblättern: hier geht es auf der nächsten Seite weiter. War wohl auch einer der „lustigen“ Gags. Beim Grilled Cheese Sandwich bin ich ein bisschen erstaunt – das mache ich ebenfalls sehr gerne, aber doch deutlich leckerer. Ob man dafür ein Rezept braucht? Ich denke, in Deutschland grillen nicht viele Leute ihren Toast in der Pfanne. Ganz so verkehrt ist da ein Rezept wohl nicht. Nur – es darf leckerer sein. Die meisten Rezepte sind aber wirklich ein Nachkochen wert – sie gehen ja schnell und wirklich ausgefallene Zutaten benötigt man auch nicht. Gut, nicht jeder kauft alle Tage Meeresfrüchte und Lammkoteletts, aber man kann auch nicht behaupten, das wären exotische Zutaten. Deshalb sage ich jetzt mal einfach, dass alles leicht zu bekommen ist. Meine persönlichen Favoriten finden sich erstaunlicher Weise nicht beim Fleisch, sondern bei der Pasta!
Der Arbeitsaufwand hält sich definitiv in Grenzen und selbst, wenn man langsamer als der Hektiker Henssler ist, schafft man alles in sehr kurzer Zeit. Nährwert- und Kalorienangaben findet man nicht. Ausgelegt sind die Rezepte immer für zwei Portionen. Also bei guten Essern für eine Person! Bei jedem Rezept ist auch ein ganzseitiges Foto. Mag ich an sich, hier hätte man alles auch eine Nummer kleiner und damit umweltfreundlicher gestalten können. Die Schrift ist so groß, dass eine Verkleinerung insgesamt nicht wirklich geschadet hätte.
Haptisch wurde auch gearbeitet: der hellbraune Teil des Covers hat die Haptik von einer Korktapete. Muss ich nicht haben, wollte es aber erwähnt haben. Dafür sind die Fotos von Henssler auch diesmal wieder nicht übermäßig viel eingestreut, sondern immer nur beim Start eines neuen Kapitels. Das finde ich prima, denn auch wenn Henssler nicht mein Lieblings-TV-Koch ist und ich ihn oft als nervig und stressig empfinde, ist er doch weniger Selbstdarsteller, als einige seiner Kollegen. Und: Seine Rezepte sind vielleicht nicht alle der Hit, aber doch alltagstauglicher, als viele der Rezepte seiner Kollegen.
Lange Rede, viel Gemecker, da wird es vielleicht ein wenig überraschen, dass dennoch vier Sterne dabei herauskommen. Nun, abzüglich aller Kritikpunkte bleiben die Rezepte ja doch richtig gut. Nein, ich werde im Leben nicht alles nachkochen (vegan geht für mich einfach gar nicht und Tofu verursacht mir Übelkeit), aber das schaffe ich bei gar keinem Kochbuch. Anregungen finde ich dennoch super viele und nicht wenige Rezepte machen mir enorm Appetit. Bisher hat auch jedes Rezept „funktioniert“. Das ist doch eindeutig vier Sterne wert!